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1924.

Deutschland am Ende der Inflation

Zwei Ansprachen beim Neujahrsempfang 1924 der Diplomaten und Minister.

I.

Herr Nuntius! Dankbaren Herzens begrüße ich die Worte des Mitgefühls, mit denen Sie der Not des deutschen Volkes und derjenigen unserer Volksgenossen gedacht haben, die in diesem schweren Winter unter bitterer Bedrängnis leiden. Mit aufrichtiger Genugtuung stellen wir fest, daß weite Kreise der fremden Nationen sich der in Deutschland herrschenden Not bewußt geworden sind, und vom Geiste wahrer Menschlichkeit beseelt, uns Hilfe und Beistand geleistet haben; manches Leid ist dadurch gemildert, und vielen ist auf diesem Wege wirksam geholfen worden. Mit Recht haben Sie auf diesen Geist allgemeiner Menschenliebe hingewiesen, der zusammen mit dem Gefühl der Gerechtigkeit gegenüber den anderen Nationen die stärkste Gewähr für den Fortschritt und das gedeihliche Zusammenarbeiten der Völker bietet. Es ist bei Beginn dieses neuen Jahres der sehnlichste Wunsch des deutschen Volkes in seinem harten und duldenden Ringen um sein Leben und seine Zukunft, daß auch ihm bald das hohe Gut ruhiger Arbeit und friedlichen Lebens im Kreise der Völker beschieden sei.

II.

Mit Recht wiesen Sie darauf hin, daß das abgelaufene Jahr dem deutschen Volke schwere Opfer auferlegt hat; insbesondere blicken unsere Brüder an Rhein und Ruhr auf ein Jahr harter Bedrängnis zurück. Dankbar erinnern wir uns aber auch heute des Opfermuts, mit dem alle Schichten der Bevölkerung das harte Los getragen haben und weiter tragen. Möge das neue Jahr diesen deutschen Gebieten eine Erleichterung ihres schweren Schicksals dadurch bringen, daß es gelingt, auf der Grundlage des wahren Friedens und des Rechts der Völker die Lebensmöglichkeiten und die wirtschaftlichen Kräfte ihrer Bewohner wieder zu entfalten.

Groß ist die wirtschaftliche Not in weiten Schichten unseres Volkes. Die Reichsregierung mußte zu tief einschneidenden Maßnahmen greifen, zu Maßnahmen, die den einzelnen schwer treffen, aber doch notwendig sind, um die Lebensfähigkeit des Landes zu erhalten. Bei allen Anstrengungen des Reiches ist dem schlimmsten Elend aber nur zu steuern, wenn jeder einzelne nach besten Kräften mithilft. Mit Befriedigung kann man feststellen, daß bei uns wie im Auslande sich viele menschenfreundliche Herzen und Hände regen. Aber noch sind unter uns viele, die unberührt von der Not des Volkes abseits stehen! An sie richtet sich unser dringender Appell zur Menschenpflicht!

Auch die Zukunft wird von uns allen schwere Opfer fordern, wenn wir unsere nationale Existenz erhalten und sichern wollen. Zur Erreichung dieses Zieles ist mehr denn je gerade heute der Wille des ganzen deutschen Volkes zur Zusammengehörigkeit notwendig. Nicht in dem Widerstreit der Interessen und Ideen, nicht in dem täglichen Betonen der bestehenden Gegensätze liegt der Weg zur Zukunft unseres Volkes, sondern im Hervorheben des Gemeinschaftlichen, im Willen zur Volkszugehörigkeit, die unser aller Schicksalsgemeinschaft ist. Daß dieser Wille und dieser Geist der Sammlung das deutsche Volk im neuen Jahre mehr als bisher leiten möge, ist mein herzlichster Wunsch am heutigen Tage, hierzu nach besten Kräften beizutragen, die aufrichtige Bitte, die ich an Sie richte!


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