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VII.
Bedeutung der Brennöfen für die Kunstfälschung

Fayence-Eulen. – Meißner AR-Vasen. – Robbia-Reliefs. 4 – Das Glas. – Das Backen der Bilder in Ofenröhren und die Behandlung der Sprünge. – Von der »Fabrikation« der falschen Holländer des 17. Jahrhunderts. – Zusammensetzungen falscher Holländer aus den Details echter Werke.


Die Brennöfen kehren in der Geschichte der Kunstfälschung immer wieder. Töpfereien sind ja ohne den »Brand« nicht zu denken, mag es sich um das wunderschöne »Antonosus«-Relief jener Tage handeln, da Agrippina als Tochter des Germanikus in der Stadt der Ubier, in Köln am Rhein, geboren wurde, oder um die restlichen von den Fayence-Eulen, diesen Inkunabeln der deutschen Fayence, die zwischen 1540 und 1560 irgendwo in Tirol, Franken oder Thüringen gemalt, glasiert und gebrannt worden waren, oder um eine stattliche Zahl von Augustus Rex-Vasen, die nach den ganz frühen alten Ausformungen der Meißner Porzellanmanufaktur, kurz nach Schluß der Dublettenauktionen des Dresdner Johannaeums (1919-1921) in frischer, aber wohltemperierter Bemalung aus den Öfen gekommen sind. Zwischendurch gab und gibt es noch immer Waggonladungen von alten italienischen Majoliken, unter denen die marktlich hochgeschätzten, vielleicht zu hoch geschätzten lüstrierten Gubbio-Teller am seltensten vorkommen, weil sie technisch schwerer zu fälschen sind als die in allen Farben schillernden Schüsseln und Schalen von Urbino. Und in der Reihe der Majoliken stehen gleich obenan die mehr oder minder mäßig gelungenen Madonnenreliefs der Robbia-Familie. Und daß auch beim Glas, dessen Gebiet einen sehr respektablen Umfang hat, der Ofen eins von den Hauptelementen ist, die für die Bereitung und Bearbeitung der Materie notwendig sind, wird wohl jedermann wissen. Daß aber der Ofen, der Backofen, auch bei der Fälschung alter Bilder in Frage kommt, dürfte schon weniger verständlich sein. Es ist aber so. Und mit dieser Frage will ich kurz den Komplex der Bilderfälschung streifen, sofern es nicht um Künstler-Fälschungen geht, von denen bereits die Rede war. Ich will von Durchschnittsfälschungen sprechen, deren Reihe sich bis zu der in betrügerischer Absicht durchgeführten Reproduktion moderner Meister erstreckt.

In den Öfen nämlich bäckt man die gefälschten Bilder, d. h.: man schiebt die Bilder in Ofenröhren, die eigens für bestimmte Formate eingerichtet sind. Es existieren da veritable Fabriken, die sich mit solchen Fälschungen abgeben. Wer diese »Kunstinstitute« gesehen hat, weiß, daß man dort in der Regel alte Malbretter verwendet oder Holz von alten Fässern, in das Schrotkörner hineingeschossen werden. Da aber jegliche Technik von Tag zu Tag fortschreitet, züchtete man vor Jahr und Tag schon den Holzwurm, damit die »Gänge« regelrecht wurmgemäß, also gekrümmt verlaufen, nicht aber gerade, wie dies beim Schießen von Schrotkörnern der Fall ist. Die gleiche Taktik wendet man selbstverständlich auch bei der Fälschung von Holzskulpturen an.

Sind nun die Malbretter richtig auf »altes Aussehen« hergerichtet, dann werden sie von Routiniers, die sich gewöhnlich aus den Kreisen geschickter akademischer Maler zusammensetzen, frei »nach berühmten Mustern« bemalt, z. B. nach den beliebten Darstellungen der Teniers, Ostade, Gerard Dou und anderen oder nach den holländischen Landschaften des gleichen 17. Jahrhunderts, nach van Goijen, Jacob und Salomon van Ruisdael, Aelbert Cuijp, M. Hobbema u. a. Das Backen in den Ofenröhren aber geschieht zur Schaffung der Craqueluren, der Sprünge und Sprüngelchen. Daneben nimmt man noch Ruß und Süßholzextrakte, um das Alter der Bilder deutlicher zu machen, und man räuchert die Interieurs und Landschaften auch ein. Während der Prozedur muß man schon daran denken, die Signaturen anzubringen, wozu mitunter schon eine gewisse Fertigkeit gehört.

Schließlich ist auch die Sache mit den Sprüngen nicht so einfach, wie sie aussieht. Man ritzt die Sprünge ein und macht sie dunkel, indem man sie mit Farbe einreibt. Aber das soll kein Rezept für die Fälscher sein. Es nützt nichts: ein gutes Auge kann die »Echtheit« der Craquelure unschwer erkennen, und ist sie noch so raffiniert hergestellt. Und schließlich erzeugt man die Sprünge auch auf anderem Wege. Merimée z. B. schildert, wie auf Leinwand sikkatives Öl dick aufgetragen wird. Seine Oberfläche wird bald trocken. Malt man jetzt mit Bleiweiß, so schlägt die Farbe bald ein, und sie trocknet »um so bälder«, als ein Teil ihres Ölgehalts sie verläßt, »um sich mit dem sikkativen Öl der unteren Lage zu vereinigen«. In diesem Zustand nun springt »wenn die Luft warm genug ist, um die Farbe auszudehnen, die weiße Farbenlage«.

Der Wiener Theodor v. Frimmel, dem die moderne Kunstwissenschaft die Lehre von den praktischen Grundlagen für die Gemäldekunde verdankt, ergänzt die von Hebra übersetzten Meriméeschen Ausführungen dahin, daß er mitteilt, die künstlichen Sprungbildungen, die 1893 auf der Münchener Ausstellung für rationelles Malverfahren zu sehen waren, seien mit Bestimmtheit als moderne Fälschungen erkannt worden. Als Bedingung für solche neue Sprungbildung sei in einem Falle angegeben worden: »Der Ölgrund war nicht ausgetrocknet, als schon wieder darauf gemalt wurde.« In einem anderen Falle sei der zwar trockene, aber glatte, eingeölte Grund der Sprungbildung günstig gewesen.

Wenn man sich eine Statistik der Fälschungen alter Gemälde anlegen wollte, dann würde man, glaube ich, zu dem Ergebnis kommen, daß in den letzten 50 Jahren am meisten die holländischen Meister des 17. Jahrhunderts gefälscht worden sind. Abgesehen davon, daß die holländische Malerei dieser Epoche das unvergleichliche Genie des Rembrandt hervorgebracht hat, und daß der zweite Großmeister Hollands Frans Hals und ein so großer Kolorist wie der Delfter Vermeer sich neben den zwei größten des Landes sehen lassen dürfen, wächst gerade aus der Gesamtheit des holländischen Schaffens des 17. Jahrhunderts eine derartige Vielfältigkeit und, ich möchte sagen, Masse von Temperamenten in die Höhe, daß sich kein anderer Erdenfleck damit messen kann. Selbst unter den ungemein zahlreichen kleinen Meistern Hollands sind Begabungen von so ausgeprägter Eigenart, daß die Forschung, die in dieser Richtung mit Bode, Bredius und Hofstede de Groot angefangen hat und innerhalb der jüngeren Generation von heute in Martin, Schmidt-Degener, Schneider, Glück, Plietzsch, ihre Hauptstützen nennt, wohl Mühe hat, in der Reihe der vielen Künstlerreihen den einen Künstlerkreis von dem andern zu scheiden. Und da, dank der Forschung, die Nachfrage nach den Bildern der großen Malerepoche Hollands stärker war und ist als das Angebot, mehrte und mehrt sich, – man muß schon sagen, naturgemäß –, die Zahl der Fälscher. Es sind aber fast durch die Bank Durchschnittsfälscher. Von den Künstler-Fälschern, die unter den Schülern des Rembrandt aufgetaucht sind, habe ich schon gesprochen.

Es ist sehr anregend, zu beobachten, wie etwa W. Martin, der heute für den besten Kenner der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts gilt, mit der Materie sich abfindet und wie interessant einzelne Fälle scheinen, die er angibt. Der Direktor der Kgl. Gemäldegalerie, Mauritshuis im Haag, weist z. B. auf das bekannte Bild »Der Narr« im Rijksmuseum in Amsterdam hin. »Der Narr« hängt dort als alte Kopie nach Frans Hals. »Er stammt nicht von Frans Hals selber, sondern irgendein tüchtiger Meister, dessen Namen wir nicht kennen, hat ihn nach dem Original bei Gustave Rothschild in Paris kopiert. Auf dem Original, welches ein frühes, etwa 1620 gemaltes Bild ist und als solches eine gewisse Härte in der Färbung aufweist, ist die ganze Haltung unmittelbar nach der Natur beobachtet. Das Lachen von Augen und Mund ist geradezu bestechend. Bei der Kopie ist zwar der Gesamtton schön, sogar in malerischer Hinsicht anziehender als beim Original, hingegen ist das Gesicht viel weniger plastisch. Und scharf charakterisiert sind z. B. die Augen, auch hat der Kopist die Konstruktion der Laute nicht ganz verstanden.« Den Namen jenes tüchtigen Meisters wird Martin sicher noch einmal herausfinden, ebenso wie er u. a. in seinem Buch, »Altholländische Bilder« (Berlin, 1921, 2. erweiterte Auflage), mitteilt, daß Kopien und falsch bestimmte Bilder früher viel häufiger vorkamen als jetzt. »Aert Schouman (1710–1792) z. B. hat Metsu, van Miris, Teniers, Ostade, Schalcken, Potter, van den Burg, Hundecoeter, Rubens, W. van de Velde, van Dyck, Kneller, Steen und Netscher kopiert …«

Die einschlägige Kunstwissenschaft wird demnach noch eine Menge Arbeit haben, um die echten Metsus, Ostades usw. von den falschen zu trennen. Und der Blumenmaler Thijs beklagt sich, dergleichen Quelle zufolge, 1797 »über das gewissenlose Vorgehen seiner Kollegen«. In einem Briefe (1797) sagt er von einem gewissen Marneffe: »Er ist stets mit Gemälden von Cuijp versehen, die – unter uns gesagt – wie ich glaube, von van Strij gemalt sind. Es gibt also eigentlich eine Fabrik von Cuijp-Bildern, wie eine seinerzeit von Gemälden Potters bestanden hat. Im Hause des Marneffe wohnt augenblicklich ein gewisser Regemortel aus Antwerpen, der hier Bilder von Ruijsdael, Pijnacker, Both usw. macht. Er hat dort sehr viel zu tun, so daß wir wahrscheinlich in Bälde ein großes Sortiment von großen Meistern werden zum Vorschein kommen sehen, deren Namen er trefflich auf seinen nachgeahmten Stücken anzubringen weiß. Ich beklage es, daß ehrliche Leute damit so betrogen werden.«

Ja, die »betrügliche Kopie«, aus deren Geschichte der von Andrea del Sarto nachgemalte Raffael in meiner Abteilung der Künstler-Fälschungen (S. 17) erwähnt wurde, ist ein großer Schade für die Kunstwissenschaft, die sich um die alte Malerei bemüht, wobei man aber nicht auf dem Standpunkt stehen muß, daß Wiederholungen, wie sie selbst Großmeister à la Rembrandt durchgeführt haben, zu dem Kapitel der Fälschungen zählen. Wiederholungen von Bildern, Repliken, die nachgewiesenerweise vom Meister selbst angelegt, wenn auch nicht vollkommen zu Ende gemalt worden sind, gelten durchaus als Originalwerke. Sind es aber Arbeiten der Werkstatt des betreffenden Künstlers, dann wird ein geschultes Auge schon herausfinden, ob ausschließlich ein Schüler des Meisters daran beteiligt war, und welcher Schüler dafür in Betracht kommt. Das markanteste Exempel einer Schülerarbeit scheint wohl die »Madonna in der Felsgrotte« zu sein, um deren Pariser und Londoner Exemplar bereits vor hundert Jahren der Kampf geführt worden ist. Damals nagelte ein Mann wie Waagen das Bild des Louvre als »die« Kopie nach dem Londoner Leonardo an. Heute erscheint dem Leonardo-Forscher Hildebrandt das Eintreten für die »Londoner Fassung« als eine jener »Unbegreiflichkeiten«, die in der Geschichte aller Wissenschaften »als historische Kuriositäten weiterleben und nur gelegentlich aus pädagogischen Gründen einer aufgeklärten Epoche ins Gedächtnis gerufen werden. Denn nur in dem Pariser Exemplar vollzieht sich das Schauspiel des Bildens und Wachsens aller Formen im Raume sichtbarlich in jedem Moment vor dem Auge des Beschauers.«

Dieses Wort des Leonardo-Forschers kann seine Anwendung auf jegliches Gemälde finden, das im ersten Augenblick ursprünglich wirkt und vor dem man fühlt: hier ist ein Meister am Werk, hier lebt etwas, das ein Berufener schuf, hier ist eins aus dem anderen entstanden, ganz natürlich, ganz zwanglos, ganz echt, ohne Einfluß von außen. Bei den Großen Hollands hat man die gleiche Empfindung, bei Rembrandt oder Frans Hals, bei Vermeer, Hobbema oder Aelbert Cuijp. Wer einmal Originale des Jac. van Strij kennenlernte, und »nebenher« den Aelbert Cuijp, den er nachgemacht hat, merkt den Unterschied sofort. Obgleich man den Originalen des van Strij, von denen man wohl wußte, daß viele von seinen Arbeiten »als« Cuijp gekauft wurden, mehrfach nachrühmte, daß in ihnen die Sonne »ein magisches Spiel« treibe, und obgleich sie ein Jahr nach dem Tode des Malers 400 bis 600 holl. Gulden brachten, – das war 1816 bei dem Verkauf der Collektion Santheuvel –, fand Bode doch ein halbes Hundert von Bildern Cuijps, die einen »ganz mächtigen Zug« haben, und daß aus den Bildern des Meisters ein köstlicher herzerquickender Duft ausströmt, »wie er auch aus den Werken des oft mit ihm verwachsenen Claude Lorrain dringt«. Cuijp ist, sagt Bode, ein Maler des Lichtes, wie alle die großen Meister der holländischen Kunst, »bei keinem spielt aber das Sonnenlicht die Rolle wie bei Cuijp«, nicht einmal bei Rembrandt und bei Vermeer. Bei Cuijp, sagt Bode, ist alles in Sonne gebadet. Gerade an diesen gleichsam atmosphärischen Vorzügen der Cuijpschen Landschaften dürfte es einem Holland-Forscher kaum schwer fallen, einen falschen Cuijp von einem echten van Strij zu unterscheiden. Und was dann jenen Schouman anlangt, der Potter gefälscht hat, ist er nicht zu verwechseln mit jenem Martinus Schouman († 1848), der das »Bombardement von Algier am 27. August 1816« gemalt hat (Rijksmuseum, Amsterdam).

Selbst bei Rembrandt kommt es vor, daß er sich mitunter Details »entlehnt«. Ich glaube, Bode hat es gesagt, daß der holländische Großmeister im Anfang seines Wirkens die Motive der antiken Bauten von Pieter Lastman, seinem Lehrer, nahm, daß er damit aber in seiner Weise umging. Die Anregungen, die er von Lastman erhalten hatte, setzte er in Rembrandtsches Leben um. Er hat sich natürlich in den Mantegna, den er gesucht hat, ebenso scharf hineingesehen wie in den Dürer, den er gesammelt hat, denn er wollte nichts anderes als aufbauen, sich selbst aufbauen auf schon gewachsenen Grundmauern. Aber daß Rembrandt oder andere Große der Weltmalerei Bilder aus den Figuren und Scenen anderer Werke zusammengesetzt hätten, wäre Fälschung ihrer Eigenart gewesen.

Sonst freilich hängen in den Sammlungen mancherlei Hollandbilder, die nicht mehr oder minder als mehr oder minder geschickte Zusammensetzungen aus den Arbeiten anderer sind. Aus den Details von zwei oder drei Gemälden des Rembrandt-Schülers Gerard Dou wird ein falscher Dou konstruiert, aus den Motiven der Ruisdael-Familie und des Hobbema »macht« man einen Hobbema. Aus Dou's »Junger Mutter« im Mauritshuis, den Haag, aus der »Wassersüchtigen« des Louvre und dem Pariser »Bibellesenden Ehepaar« wird eine falsche »Bibellekture« von G. Dou, und was den Hobbema anlangt, so haben sich die Mühlen und Waldlandschaften dieses bedeutenden Holländers dadurch besonders verteuert, daß die Engländer für seine Bilder, die noch bis 1760 in Holland mit 12 bis 105 Gulden gehandelt worden waren, schon 1875 bei Christie's 3.100 Guineas und 1892 sogar 10.000 Guineas zahlten. Und diese Preise brachten die Fälscher so rasch in Bewegung, daß zu Beginn des Jahrhunderts mancher »Hobbema« auch in deutsche Privatsammlungen kam.

Als 1912 die hervorragende und überaus reiche Galerie Konsul Weber, Hamburg, bei Lepke in Berlin versteigert wurde, erzielten die Webersche »Westfälische Wassermühle« und »ein Bauernhaus unter Eichbäumen« 35.000 Mk. und 36.000 Mk. Und jene »Wassermühle« ist im Martinschen Holländerwerk als Fälschung publiziert. Das Bild, das Karl Wörmann beschrieben hat, wurde 1886 in der Auktion Brenken-Bechade in Köln erworben und im gleichen Jahre in der »Kunstchronik« von A. Bredius besprochen: »Wäre der große Baum links,« sagte dort der Senior der Holländer-Forschung, »etwas weniger unbehaglich, so würde dieses ganz rein erhaltene, echt bezeichnete Bild in England leicht 30–40.000 Mk. erzielen.«

Martin, der Nachfolger des Bredius in der Leitung des Mauritshuis, meinte dagegen 1921, daß man, wäre »die ganze Haltung von Hobbemas Oeuvre besser beachtet worden«, dieses Werk ihm niemals zugeschrieben hätte. »Die Fehler in der Perspektive und der Mangel an Kenntnis der Natur (z. B. im Baumschlag) sprechen doch eine Sprache, die deutlich genug ist. Die Malweise kann ja immer bis zu einem gewissen Grade nachgeahmt werden, aber der Gesamteindruck und die Eigenart eines Meisters kann der Schüler – und auch der Fälscher – nur ungefähr erreichen«. Soweit Martin. Wieso aber Bredius die Signatur als »echt« bezeichnen konnte, scheint in dem Augenblicke nicht verständlich, da man die bekannte Art des Signierens von Hobbema aus den Bildern von Amsterdam, Berlin usw. kennt, wobei sich feststellen läßt, daß die Signatur der Weberschen Wassermühle von den übrigen Signaturen des Meisters wesentlich abweicht. Ein Graphologe könnte hier seine Studien machen. (Abb. 15).

Um aber schließlich noch einmal auf die Zusammensetzung von Figuren und Scenen eines falschen Bildes aus den Details echter Bilder zu kommen, sei an ein sehr charakteristisches Beispiel erinnert, das von W. Martin in der »Internationalen Kunstwelt«, die ich 1934–1936 in Prag geleitet habe, veröffentlicht wurde. In einer Ausstellung erschien vor Jahren ein Gemälde einer hübschen Mutter mit einem etwas häßlichen Töchterchen. Als Meister wurde Thomas de Keyser genannt (Amsterdam, 1596 bis 1667), der Sohn des berühmten Utrechter Architekten und Bildhauers Hendrik de Keyser, dessen »Erasmus« auf dem Groote Markt in Rotterdam steht. Es war aber kein echter Thomas de Keyser, sondern ein Pseudo-de Keyser, offenbar in der Zeit 1840 bis 1860 gemalt. Das Kind erkennt man schon im ersten Moment: es ist eine verkleinerte Kopie nach dem Kinderbildnis des Gouvaert Flinck, des Rembrandt-Schülers (Mauritshuis, den Haag, 1641), aber die Mutter fehlte Martin noch, als er 1921 seine »Altholländischen Bilder« herausgab. Bis ihm plötzlich vor dem lebensgroßen Kniestück Ferdinand Bols der Sammlung des Captain Holford in London, die Ähnlichkeit auffiel. Der Pseudo-de Keyser hat aus dem Kniestück der Mutter eine große Figur gemacht, ohne die Schuhe mitzumalen, wovor er sich höchstwahrscheinlich, wie der große holländische Kenner sagt, »aus stilistischen und modistischen Gründen« fürchtete (Abb. 26/27/28).

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Abb. 21. Giovanni Bastianini (1830–1868).
Büste des Savonarola, Victoria and Albert Museum, London, mit dessen Genehmigung sie A. Donath in der ersten Auflage seiner »Psychologie des Kunstsammelns« (Berlin, 1911) publiziert hat.
Musterbeispiel einer Künstler-Fälschung hohen Ranges.

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Abb. 22. Giovanni Bastianini (1830 bis 1868). Der »Dichter Benivieni«.
Vom Louvre in Paris als »Quattrocento«-Arbeit erworben.
Ein italienischer Tabakarbeiter war das Modell für den Dichterkopf.

Ich selbst glaube noch ein anderes Vorbild zu kennen, das diesem Pseudo-de Keyser zugutekam. In der Sammlung Johannes Stumpf, die 1918 in Berlin bei Lepke versteigert wurde, und die Eduard Plietzsch katalogisiert hat, – Bode schrieb das Vorwort –, hing ein Gesellschaftsstück von Thomas de Keyser, zu dessen Namen aber die Anmerkung gemacht wurde, daß als Autor »vielleicht auch ein Maler in der Richtung I. M. Molenaers« in Betracht käme.


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