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Der Fall Marc-Antonio Raimondi. – Das Dürer-Monogramm. – Hans Hoffmann bei Rudolph II. in Prag. – Tizian und Calcar. – Rubens und seine Schule. – Van Dyck. – Die Auktion Lely und der Große Kurfürst von Brandenburg. – Das Jahr 1669.
Da ich aber gerade von Giulio Romano spreche, möchte ich darauf hinweisen, daß sich in der Erbschaft Raffaels auch das Geschenk befand, das Albrecht Dürer »als Tribut seiner Huldigung« an den Urbinaten gegeben hatte: »Sein eigenes Bildnis, mit Wasserfarbe auf ganz feiner Leinwand ausgeführt, so daß es sich«, so schreibt Vasari, »auf beiden Seiten zeigte; die Lichter waren durchschimmernd, nicht mit Weiß aufgesetzt, sondern auf Leinwand ausgespart, alles Übrige mit Aquarellfarben gemalt und schattiert«. Raffael, der dem deutschen Großmeister als Gegengabe eine Menge von seinen Zeichnungen gesandt hat, welche dieser »ungemein werthielt«, drang aber auch in das Wesen des Dürerschen Kupferstiches ein, und da er ebenfalls dartun wollte, »was er in dieser Kunst vermöge«, ließ er »seine ersten Sachen« durch Marco Antonio in Bologna drucken, »das Blatt mit dem Kindermord, das »Abendmahl, den Neptun und die Heilige Cäcilia, welche in Oel gesotten wird«.
Marc-Antonio (geboren um 1482) war der richtige Künstler-Fälscher. Als er in enge Beziehung zu Raffael trat und der Stecher des Urbinaten wurde, weil er »vermöge seiner seltenen Anpassungsfähigkeit an fremde Kunstweisen«, die ihm Friedrich Lippmann, der geborene Prager, zuerkennt, nach einer nur flüchtigen Skizze einen »im Geist der Vorlage abgerundeten und durchgebildeten Stich« schaffen konnte, hatte er schon mancherlei Arbeiten »im Geist der Vorlage« vollendet. Und der Erste, den er sehr ausgiebig bestohlen hat, ist Albrecht Dürer gewesen.
Schon 1506 fing die Sache an. Der Nürnberger malte gerade in Venedig sein »Rosenkranzfest« (jetzt: Galerie in Prag), als die ersten Nachstiche Marc-Antons nach Dürers »Marienleben« im Handel auftauchten. Der Meister wandte sich an die Signoria in Venedig, und diese verbot dem »Kopisten«, auf die Stiche das Dürer-Monogramm zu setzen. Monogramme galten als »geschützte Meistermarken«; doch gegen den Verkauf der Nachstiche ohne das Monogramm konnte man nichts tun. Und so handelten die Vertreter Marc-Antons mit den Blättern des »Marienlebens«, auf denen die für das Dürer-Zeichen bestimmten Täfelchen leer waren. Später gesellten sich noch zu den 17 Blättern des Marienlebens, die Marc-Anton haarscharf reproduziert hat, 37 Blätter der kleinen Holzschnitt-Passion, und die Dürer-Forschung gibt zu, daß der Bologneser es ausgezeichnet verstand, »den Charakter und die Wirkung des Holzschnitts im Kupferstich zu erreichen«.
Aber Dürer ist schon 1502, also noch vor der Entstehung der ca. 80 Kopien, welche Marc-Anton nach dem graphischen Werk des Nürnbergers verfertigt hat, gefälscht worden: Hieronymus Greff, genannt Hieronymus von Frankfurt, lieferte von Straßburg aus Kopien der Apokalypse, die in ihren beiden Ausgaben (lateinisch und deutsch) das Signum I. V. F. trug. Und obgleich zehn Jahre später, 1512, der Nürnberger Stadtrat, bei dem sich der Meister beschwert haben mag, daß seine »Handzaichen betruglich nachgedruckt seyndt«, die Dürer-Kopisten verwarnte, wurde Dürer dennoch in aller Welt gefälscht und verfälscht. Joseph Meder zufolge entlehnten Agostino de Musi (Veneciano), Giovanni Antonio da Brescia, Nicoletto da Modena, Benedetto da Montagna den Dürer-Blättern die Hauptfiguren und versahen sie mit neuem Hintergrund. In Deutschland selbst arbeitete man »nach« Dürer, – ich nenne bloß Hieronymus Hopfer und Virgil Solis –, und als der Meister 1528 die Augen schloß, mußte die Witwe Agnes sofort um den »Schutz« ihrer »Privilegien« bitten.
Natürlich kamen auch viele Fälschungen und Verfälschungen von Bildern vor, die unter dem Namen des Dürer gingen. Nach Tausing schrieb Hans Hieronymus Imhoff in sein »Geheimbüchlein« (Stadtbibliothek Nürnberg): »Ein Marienbild auf Holz, von Ölfarben, mein Vater selig hat das Albrecht Dürer-Zeichen darunter malen lassen, man hat aber nicht eigentlich dafürhalten können, daß es A. Dürer gemalt hat« … Wenn das schon der alte Imhoff getan hat, der dem Dürer Modell gesessen war, – vielleicht ist es das Bildnis im Prado (Madrid), das vor dem »Hieronymus« in Lissabon (1521) entstanden war! –, was sollte man erst von jenen Menschen denken, die nicht diesen »fliegenden Geist«, nicht die Phantasie besaßen, wie sie der Kopf des süddeutschen Kunstfreundes hatte? Das Albrecht Dürer-Zeichen aber verwendete man mit Vorliebe für Zeichnungskopien oder für Originalentwürfe anderer deutscher Meister.
Das Dürer-Monogramm, allgemein bekannt wie kaum ein anderes, hatte, sagt Meder in Donaths »Kunstwanderer« (Berlin, 1922) »etwas Bestechendes und förderte die Kauflust«. Und 1920 publizierte Heinrich Wölfflin in meinem »Kunstwanderer« den Lockenkopf der graphischen Sammlung, München, der das Dürer-Monogramm und die Jahreszahl 1508 trägt, (Abb. 1) indem er darauf hinwies, daß Lippmann das Stück nicht in sein Corpus der Dürer-Zeichnungen aufgenommen habe. Es gebe Gründe, die seine Reserve verständlich erscheinen lassen. Immerhin mache das Münchener Exemplar »einen viel besseren Eindruck als sein Doppelgänger in englischem Privatbesitz (Gathorne Hardy), eine Federzeichnung, die von der Dürer-Society 1908 als Original veröffentlicht wurde, aber sehr steif und kalt wirkt. Wie immer man nun über die Originalität des Münchener Blattes denken mag, aus dem Vorhandensein von Wiederholungen darf man jedenfalls auf ein berühmtes Urbild zurückschließen«. Dieses Urbild aber sei keine freie Schöpfung gewesen, sondern ist hervorgegangen aus dem Eindruck eines Gemäldes von Cima da Conegliano (jetzt im Museum Poldi Pezoli, Mailand), das Dürer vermutlich in Venedig gesehen hat. (Abb. 2.) Beziehungen zu Cima sind ja auch sonst bekannt. Wölfflin meint nun, daß trotz der anderen Haartracht, der anderen Flächenfüllung usw. die Übereinstimmung schlagend sei, »die Schrägstellung, der Blick, der Mund mit sichtbaren Zähnen, die Untensicht des Kinns, das ist mehr als eine zufällige Ähnlichkeit«. Umso interessanter seien dann die Änderungen, die Dürer gemacht habe, damit die Zeichnung »in seinem Sinne« sprechender werde: »Die neue Modellierung von Kinn, die Lippen, Nasenkuppe usw. bis zur Umsetzung der Haare in sein Gelock«. Der schweizer Kunsthistoriker zeigt dann auf die Jahreszahl 1508 hin: 1508 war Dürer nicht mehr in Venedig. Schließlich könne das Blatt nach einer älteren Zeichnung ausgeführt worden sein. Aber dann kommt die Frage, daß die Form des Monogramms verdächtig sei. »Indessen auch auf einer echten Zeichnung kann sich ein falsches Monogramm finden«. Doch das Blatt habe nicht ganz die unmittelbar überzeugende Freiheit und Leichtigkeit des Dürerschen Striches. Was Dürer »mit langen durchlaufenden Linien modelliert, ist zerlegt in einzelne Lagen, es kommen Stockungen und Unregelmäßigkeiten in der Strichführung vor, kurzum, es läßt sich wohl begreifen, daß Lippmann das Stück nicht anerkannt hat.«
Aus dieser ebenso knappen wie sachlichen Darstellung des Dürerschen Ductus werden Wissenschaftler wie Sammler manche Anregung schöpfen. Mehr ins Einzelne freilich geht der Dürer-Forscher Wölfflin in einem anderen Aufsatz, der sich über »Die Kopfzeichnungen zu Dürers Apostelbild« verbreitet und der in Band II von Donaths »Jahrbuch für Kunstsammler« (Frankfurt a. M., 1922) erschienen ist. Zwei von den Kreidezeichnungen zu dem Münchner Gemälde befinden sich in Berlin (der »Markus« und der »Paulus«). Der »Petrus« liegt in der Sammlung Bonnat, und alle drei sind mit dem Dürer-Monogramm versehen, sowie der Jahreszahl 1526. Die Paulus-Zeichnung zweifelte zwar schon Karl Voll an, aber Wölfflin nahm in seinem Dürer-Buch (1906) von Anfang an der ganzen Gruppe gegenüber einen ablehnenden Standpunkt ein. Am »Paulus« erscheint, nach den Ausführungen des berühmten Schweizers, am auffallendsten, daß garnicht der vollständige Kopf, sondern nur der obere Teil eines Kopfes dargestellt ist, der Abschluß des Kinns fehlt, und der angefangene Bart hört plötzlich auf, was gewiß ungewöhnlich ist. Beim Petrus wieder überrascht das Fremdartige der Behaarung. »Die spärlichen Haarreste des Glatzkopfes auf der Münchener Tafel sind hier durch einen vollen Haarwald ersetzt, in den aber nicht sehr vorteilhaft auf der einen Seite zwei große strähnige Büschel sich dem Auge aufdrängen.«
Dürer aber kennt man als einen Meister in der Behandlung des Haares und in der feinen Rhythmisierung der Linie. Auch ein technisches Motiv fällt im Besonderen auf: die Augenwimpern sind als Helligkeiten aus dem dunklen Grunde ausgespart. Der »Markus« der Zeichnung scheine allerdings »geistiger« als der »Markus« des Münchener Gemäldes, man stoße aber doch auf Stellen, die für Dürer äußerst befremdend wirken. Aufs neue seien es die Haare, und zwar die Locken der rechten Kopfseite, die zunächst zum Widerspruch reizen. Man begreift die Absicht, die starke Bewegung des Gesichts in der Bewegung der Locken weiterzuleiten; aber mußten es so ungefüge Bretzelformen werden, wo »man schlechterdings nicht weiß, was Wurzel und was Spitze oder Locke ist?« Wölfflin fragt zum Schlusse, ob die drei Köpfe Kopien nach Zeichnungen seien oder nach dem Gemälde. »Das Letztere hat mehr Wahrscheinlichkeit für sich.« Die Abweichungen vom Original wären dann vielleicht aus dem Interesse eines Fälschers zu erklären.
Einer von jenen, die den Dürer und namentlich seine Zeichnungen und Aquarelle so fleißig nachgeahmt haben, daß sie »für die Dürerschen Originalia verhandelt« wurden, ist ein Nürnberger der Nach-Dürer-Zeit gewesen: Hans Hoffmann. Etliche von den Bildern, die seine eigenen Arbeiten waren, wie Porträts, Blumenstücke, Insekten, hingen als Hans Hoffmanns im angesehenen Kabinett des Paulus Praun in Nürnberg (1548–1616). Diese Kunstkammer umfaßte neben den deutschen und italienischen Meistern des 16. Jahrhunderts eine Kollektion von Bronzen, – es sollen 81 gewesen sein –, 2.000 Gemmen und eine reiche Serie von Münzen. Praun war auch ein leidenschaftlicher Graphiksammler. Er hatte den Dürer komplett, erwarb auf seinen italienischen Reisen die rarsten Handzeichnungen von Raffael, Michelangelo, Correggio, und unter seinen Bildern waren, wie der Hamburger Neickel bemerkt, zwei Amberger, welche »die Portraits Kaysers Caroli V. und des Seb. Münster, des bekannten Cosmographen vorstellen, absonderlich sehenswürdig: da der graue Bart bey dem Letzten wegen seiner Natürlichkeit bewundert wird.«
Hans Hoffmann nun, den Praun offenbar geschätzt hat, leistete es sich »zuweilen«, auch Aquarelle von Dürer zu »kopieren«. Die Kunstfreunde der Zeit bewunderten sie, und das war auch einer der Gründe, daß ihn Rudolph II. im Jahre 1584 nach Prag berief. Ein Jahr nachher kaufte ihm der Fürst einen »nach« Dürer gemalten »Hasen« für 200 Gulden ab. In der Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm, in der wir den Kern der heutigen Wiener Gemälde-Galerie sehen, befanden sich, neben anderen »Dürer«, zwei Darstellungen des Ecce homo, »die eine als Kopie nach Dürer bezeichnet«, mit zwei Juden, die andere als Original Dürers mit drei Juden, die den Heiland verspotten. »Diese Kompositionen sind«, so sagt Gustav Glück, »nicht leicht nachzuweisen«. Der Wiener Kunsthistoriker kann es, wie er meint, nicht beurteilen, ob die Christuszeichnung der Kunsthalle Bremen (von 1522), nach der das von Valentin Scherer reproduzierte Schabkunstblatt von Caspar Dooms (17. Jahrhundert) gemacht ist, die Vorzeichnung zu einem verlorenen Dürer von 1523 darstellt. Jedenfalls könnte man, um sich eine Vorstellung davon zu machen, an das mit dem falschen Dürer-Monogramm und der Jahreszahl 1520 versehene »Ecce homo« der Galerie Nostiz in Prag denken, das ohne Zweifel eine Fälschung aus der Zeit um 1600 sei. Das Bild habe mit den Arbeiten Hans Hoffmanns manche Verwandtschaft. Im neuen tschechoslowakischen Künstlerlexikon von Dr. Prokop Toman (Prag, 1936) ist es direkt als Arbeit Hoffmanns vermerkt. Und im Toman begegnen wir auch dem Augsburger Daniel Fröschel, der, gleich dem Hoffmann, zu Rudolph II. in die Moldaustadt gekommen war und hier Hofminiaturenmaler wurde. Auch Fröschel war Dürer-Kopist. Aber – der Künstler-Fälscher unter den Dürer-Fälschern ist und bleibt Marc-Anton, wenn er auch bloß Graphiker war.
Gerade Dürers Graphik, in der der Nürnberger, wie sein glänzendster Kenner, Max J. Friedländer, sagt, der Natur gegenüber »in Andacht« die Naivität zurückgewann, »die einer selbständigen und originalen Stilübung förderlich war«, gab dem schmiegsamen Talent des Bolognesers die Gelegenheit, auch die geniale Sentimentalität eines Raffael nachzuschaffen, und immer die Gelegenheit, als Dürer-Nachstecher zu brillieren. Er hatte dazu als Künstler schon genug eigenen Charakter. Daß aber Raimondi den Dürer »in Kupfer grub«, tat er halb aus Gewinnsucht, halb aus dem Nachahmungstrieb, der ihm angeboren war.
Als Marc-Anton Raimondi 1533 starb, hatte in Bologna gerade Tizian den Karl V. zum zweiten Mal porträtiert. Schon um 1531, da der große Venezianer im Auftrag des Federigo Gonzaga die »Magdalene« vollendete und dem Fürsten schrieb, er hätte »sich bemüht, in dem Bilde wenigstens zum Teil auszudrücken, was man von dieser Kunst erwarte«, hielt sich Johann Stephan von Calcar, der aus dem Cleveschen stammte, ganz an »die Art« des Tizian. Er war dessen Schüler. Und weil seine Malerei Qualitäten hatte, wie man sie an den Bildern des Tizian pries, segelten die Calcars öfter unter dem Namen des Venezianers. Einer, der sie geliebt hat, war übrigens Rubens. Wer Calcars Bildnis eines Mannes mit dem roten Vollbart kennt, das in der Gemäldegalerie Berlin hängt, wird die Zuneigung des flämischen Barockmeisters zu seinem, Ende der 40er Jahre des 16. Jahrhunderts verstorbenen Landsmann verstehen. Dieser sprechende Kopf des Ritters, der, in der Linken den Degen, in der Rechten den Handschuh, vor einem blattumsponnenen Ruinenpfeiler steht, ahnt vielleicht schon die »Kunst des Fabulierens«, die dem Rubens eigen war.
Rubens selber hatte eine Werkstatt und »Schule« von Umfang und Bedeutung. Und es mag selbst für die Rubens-Forschung nicht einfach sein, die Kopien nach dem Meister von den Repliken (Wiederholungen), die Werkstattarbeiten von den Schulbildern zu unterscheiden. Der Grund ist der, weil unter den Rubens-Nachahmern zu viele Künstler gewesen sind, die, indem sie den Meister bisweilen zu »verbessern« suchten, zu Künstler-Fälschern geworden sind. Rubens selber hatte »einst« kopiert, nach Raffael, Tizian, Correggio, – Correggios »Erziehung des Amor« für Rudolph II in Prag –, und er hatte schon damals mancherlei Rubens'sches in seinen Nachahmungen. Er hatte dann später auch »sich selbst« wiederholt. Aber als er schon für den großen Maler von Weltruf galt und diese und jene Skizze durch seine »Gehilfen« ausführen ließ, z. B. durch A. van Dyck, malte er eigenhändige Repliken bloß von den großen Landschaften, die Bode großstilig nennt. Bodes Verwandter, Rudolf Oldenbourg, der 1921 früh verstorbene Rubens-Forscher, weist besonders auf die Polder-Landschaft der Münchner Pinakothek hin und auf die Landschaft mit Kuhherde, Bauer und zwei Mägden, die bei Albert von Oppenheim in Köln war und in diese hervorragende Privatsammlung, die ich sehr gut kannte, aus Wien (Adolf Bösch) gekommen war. Diese Landschaften stammen einzig und allein von Rubens; an den Atelier-Wiederholungen aber war einst der Flame »ohne jeden Anteil«. Und über die Gehilfen des Meisters, über Jan Boeckhorst († 1644), über Jan Wildens († 1653), und andere Antwerpener, die in den Diensten des Rubens waren, existiert schon eine Literatur. Es wird aber, trotz allem, noch lange dauern, ehe das Rubens-Werk so gründlich gesäubert sein wird, daß man die eigenen Gemälde von den Werkstattarbeiten, die Atelierrepliken von den Schulbildern wird trennen können.
Das ist auch z. B. ungemein heikel, zu sagen, wo bei einem traditionellen Rubens der van Dyck anfängt und wo er aufhört. Van Dyck, der oft die Untermalungen und Hintergründe besorgte, hatte, wie manch anderer Gehilfe, auch die schwierige Aufgabe, die Rubens'schen Erfindungen, wie Gustav Glück es sagt, »gleichsam zu orchestrieren oder in Scene zu setzen«. A. van Dyck ist es übrigens ähnlich wie seinem Lehrmeister Rubens ergangen, wenn auch nicht in so reichlichem Masse. Manches Bild seines Schülers Sir Peter Lely verkaufte man in London als »echten« van Dyck, und als der Nachlaß des Lely, der, gleich Rubens, ein passionierter Kunstsammler gewesen war, versteigert wurde, befand sich in dem Kabinett des Malers auch einiges von van Dyck, von dem man nicht glaubte, daß es von van Dycks Hand wäre.
Zu dieser Londoner Auktion (1682), die 26.000 Pfd. erzielt hat, war auch der Einkäufer des Großen Kurfürsten von Brandenburg, der Maler Hendrick de Fromentiou aus Nymwegen gefahren. Die Zeitgenossen hielten Fromentiou, der sich rühmte, Bilder im Werte von 100.000 Reichstalern zusammengebracht zu haben, für einen Prahlhans. Ob er aber dem Großen Kurfürsten Fälschungen angehängt hat, gleichwie der Gerrit Uhlenborch, mit dem Friedrich Wilhelm von Brandenburg wegen etlicher falscher Raffaels, Michelangelos, Giorgiones und Tizians prozessiert hat, geht aus den alten Chroniken nicht klar hervor. Nicolai meint sogar, daß Fromentiou, »die Einführung des Geschmacks an Gemälden in Berlin hauptsächlich zuzuschreiben sei«. Übrigens hatte Berlin um die Zeit, da der Große Kurfürst sich um die Ausgestaltung der Kunstkammer bemühte, und um die der Bibliothek, die er 1661 nach seiner Rückkehr aus Holland »zum Gebrauch der Gelehrten« und im Jahre 1669 »zum allgemeinen Nutzen« einrichten ließ, noch kaum 10.000 Einwohner.
Abb. 1.
Dürer.
München, Graphische Sammlung.
Abb. 2.
Cima da Conegliano, Mailand, Museo Poldi-Pezzoli.
(Nach H. Wölfflin: vermutlich Wiederholung einer Dürer-Zeichnung mit verdächtigem Monogramm. D
as Urbild zu dem Dürer ist aber der Cima da Conegliano, der auch die gleiche Größe hat: 25:19 cm.)
Abb. 3. Die » laufende« Unterschrift, die der Nürnberger Meister unter seine Briefe setzte.
Abb. 4. Das Dürer- Monogramm.
Abb. 5.
Malerinschrift auf Dürers »Madonna mit dem Zeisig«, Berlin, Kaiser-Friederich-Museum.
Dieser Dürer wurde 1892 durch Bode erworben.
Abb. 6. Die Brief-Schrift des Lucas Cranach.
Abb. 7. Die bildliche Signatur Cranachs: die geflügelte Schlange.
Abb. 8. Das » redende« Monogramm von Dürers Schüler Hans Leonhard Schäufelin: die Schaufel.
Abb. 9. Die » redende« Signatur des Palma Vecchio: zwei ineinander verschlungene Palmenzweige.