Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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IV

Am nächsten Tage gingen der Vogt, die beiden Gerichtsschreiber, zwei Schöffen und ein Wundarzt in der Richtung nach Dudzele aus, um zu sehn, ob sie in dem Felde von Servaas Vander Vichte neben dem Deiche, der das Feld durchschnitt, den Leichnam eines Mannes fänden.

Nele hatte zu Katelijne gesagt: »Hans, dein Schatz, verlangt eine Hand Hilberts, die ihm abgeschnitten werden soll; heute abend wird er wie der Adler schreien, in die Hütte kommen und dir die siebenhundert Karolus bringen.« Katelijne hatte geantwortet: »Ich werde sie ihm abschneiden.« Und wirklich nahm sie ein Messer und ging weg, von Nele begleitet; die Diener der Gerechtigkeit folgten.

Sie schritt tüchtig aus, ebenso Nele, der die frische Luft das liebliche Gesicht rosig färbte. Die Diener der Gerechtigkeit, alte und hustende Männer, folgten ihr, erstarrt vor Kälte; und sie glichen schwarzen Schatten auf der weißen Flur. Und Nele trug einen Spaten.

Als sie auf das Feld von Servaas Vander Vichte und auf den Deich kamen, ging Katelijne bis zur Mitte vor und sagte, indem sie zu ihrer Rechten auf die Wiese deutete: »Hans, du hast nicht gewußt, daß ich hier verborgen war, zitternd beim Degengeklirr. Und Hilbert hat geschrien: ›Das Eisen ist kalt.‹ Hilbert war häßlich, Hans ist schön. Du wirst seine Hand bekommen, laß mich nur machen.« Dann stieg sie zur Linken hinunter, kniete im Schnee nieder und schrie dreimal in die Luft, um den Geist zu rufen.

Da gab ihr Nele den Spaten. Katelijne machte dreimal das Kreuzeszeichen darüber, dann zeichnete sie die Umrisse einer Totentruhe in den Schnee und drei verkehrte Kreuze, eins nach Osten, eins nach Westen und eins nach Norden; und sie sagte: »Drei, das ist Mars bei Saturn, und drei ist die Enthüllung unter der Venus, dem hellen Steine.« Dann zog sie um die Totentruhe einen großen Kreis und sagte: »Packe dich, schlechter Dämon, der die Leichname hütet.« Dann fiel sie auf die Knie zum Gebete. »Lieber Teufel Hilbert,« sagte sie, »Hans, mein Herr und Meister, hat mir befohlen, hieherzugehn, um dir die Hand abzuschneiden, und sie ihm zu bringen; ich schulde ihm Gehorsam: laß nicht das Feuer der Erde gegen mich sprühen, weil ich dein edels Grab störe, und verzeihe mir um Gott und die Heiligen.«

Dann brach sie das Eis entlang den Umrissen der Totentruhe; sie kam auf den feuchten Rasen, dann auf den Sand, und der Herr Vogt, seine Beamten, Nele und Katelijne sahen den Leichnam eines jungen Mannes, weiß wie Kalk wegen des Sandes. Er war gekleidet in ein graues Wams und einen ebensolchen Mantel; sein Degen lag neben ihm. An seinem Gürtel hing eine Maschenbörse, und unter seinem Herzen stak ein breiter Dolch; und Blut war auf seinem Wams, und das Blut war unter seinen Rücken geronnen. Und der Mann war jung.

Katelijne schnitt ihm die Hand ab und schob sie in ihre Tasche. Und der Vogt ließ sie gewähren; dann befahl er ihr, den Leichnam aller seiner Abzeichen und Gewänder zu entkleiden. Auf die Frage Katelijnens, ob Hans auch das angeordnet habe, antwortete der Vogt, es geschehe nichts ohne seinen Befehl, und Katelijne tat sofort, was er wollte.

Als der Leichnam entkleidet war, sah man, daß er trocken war wie Holz und nicht verwest. Und der Vogt und die Gemeindebeamten gingen weg, nachdem sie ihn wieder hatten mit Sand bedecken lassen; und die Schergen trugen die Kleider.

Als sie beim Gemeindegefängnis vorbeikamen, sagte der Vogt zu Katelijne, daß Hans sie erwarte; sie trat frohgemut ein. Nele wollte sie zurückhalten, und Katelijne antwortete immerfort: »Ich will zu Hans, meinem Herrn.«

Und Nele weinte auf der Schwelle, weil sie wußte, daß Katelijne gefangen gesetzt worden war als eine Hexe wegen der Zeichen, die sie in den Schnee gemacht hatte, und wegen der Beschwörungen.

Und man sagte in Damme, es gebe keine Gnade für sie.

Und Katelijne wurde in den westlichen Keller des Gefängnisses gesteckt.


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