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Eines Morgens sagte Uilenspiegel zu ihm: »Komm mit; wir wollen einen hohen, edeln, mächtigen und gefürchteten Herrn besuchen.«
»Wird er mir sagen, wo meine Frau ist?« fragte Lamme. »Wenn er es weiß,« antwortete Uilenspiegel.
Und sie gingen zu Brederode, dem herkulischen Trinker. Er war im Hofe seines Palastes. »Was willst du von mir?« fragte er Uilenspiegel.
»Mit Euch sprechen, gnädiger Herr.«
»Sprich,« antwortete Brederode.
»Ihr seid«, sagte Uilenspiegel, »ein schöner, wackerer und starker Herr. Ihr habt in vergangener Zeit einen Franzosen in seinem Küraß zerdrückt wie eine Schnecke in ihrem Häuschen; aber so stark und wacker Ihr auch seid, so besonnen seid Ihr auch. Warum tragt Ihr denn nun diese Münze, auf der ich lese: ›Dem Könige treu bis an den Bettelsack‹?«
»Ja,« sagte Lamme, »warum, gnädiger Herr?«
Aber Brederode antwortete ihm nicht und sah Uilenspiegel an. Der fuhr fort: »Warum wollt Ihr, Ihr edeln Herren, dem Könige bis zum Bettelsacke treu sein? Vielleicht wegen seines großen Wohlwollens oder seiner innigen Freundschaft für Euch? Warum trachtet Ihr nicht, anstatt ihm treu zu sein bis zum Bettelsacke, danach, daß der Henker, seiner Länder entledigt, allewege dem Bettelsacke treu bleibe?« Und Lamme nickte mit dem Kopfe zum Zeichen der Zustimmung.
Brederode betrachtete Uilenspiegel mit seinem feurigen Blicke und lächelte, als er sein ehrliches Gesicht sah. »Wenn du kein Spion König Philipps bist,« sagte er, »so bist du ein braver Vlame; ich will dich für beide Fälle belohnen.« Er führte ihn in seine Gesindestube; Lamme folgte. Dort zog er ihn am Ohr, bis das Blut kam: »Das ist für den Spion.« Uilenspiegel schrie nicht.
»Bring«, sagte er zu seinem Kellermeister, »den Kessel mit Zimtwein.« Der Kellermeister brachte den Kessel und einen großen Humpen gekochten Weines, der die Luft durchduftete. »Trink,« sagte Brederode zu Uilenspiegel; »das ist für den guten Vlamen.«
»Ach,« sagte Uilenspiegel, »guter Vlame, eine schöne Zimtsprache; die Heiligen sprechen nicht ihresgleichen.« Nachdem er die Hälfte getrunken hatte, gab er den Rest Lamme.
»Wer ist denn«, sagte Brederode, »dieser Papzak, der für nichts belohnt wird?«
»Das ist«, antwortete Uilenspiegel, »mein Freund Lamme, der sich jedesmal, wann er gewürzten Wein trinkt, einbildet, daß er seine Frau wiederfinden wird.«
»Ja,« sagte Lamme, indem er den Humpen mit großer Andacht ausschlürfte.
»Wo geht ihr jetzt hin?« fragte Brederode. »Wir gehn«, antwortete Uilenspiegel, »die Sieben suchen, die das Land Flandern retten werden.«
»Was für Sieben?« fragte Brederode. »Wenn ich sie gefunden habe, werde ich Euch sagen, wer sie sind,« antwortete Uilenspiegel.
Aber Lamme, der vom Trinken ganz lustig geworden war, sagte: »Thijl, wenn wir meine Frau im Monde suchten?«
»Bestell die Leiter,« antwortete Uilenspiegel.
Im Mai, im grünen Monate, sagt Uilenspiegel zu Lamme: »Der schöne Monat Mai! Ach, der klare Himmel so blau und die Schwalben so fröhlich! Die Zweige der Bäume strotzen vor Saft! Die Erde liebt. Das ist die richtige Zeit, um wegen des Glaubens zu henken und zu verbrennen. Sie sind ja da, die guten, kleinen Inquisitoren. Was für edle Gesichter! Und sie haben die Macht, zu strafen, zu züchtigen und abzusetzen, wen sie wollen, die Verdächtigten den weltlichen Richtern zu überliefern, selber Gefängnisse zu halten – Ach, der schöne Monat Mai! – sich der Leiber zu versichern, die Prozesse durchzuführen ohne Rücksicht auf den üblichen Rechtsgang, zu verbrennen, zu henken, zu köpfen und Frauen und Mädchen das Grab eines vorzeitigen Todes zu graben. Die Finken singen in den Baumwipfeln. Die guten Inquisitoren haben ein Auge auf die Reichen. Und der König wird erben. Kommt auf die Wiese, Mädchen, tanzen zum Klange der Sackpfeifen und der Schalmeien! Ach, der schöne Monat Mai!«
Die Asche Klaasens schlug an die Brust Uilenspiegels.
»Gehn wir,« sagte er zu Lamme. »Glücklich die, die das Herz auf dem rechten Fleck und die Hand am Schwerte haben in den schwarzen Tagen, die kommen werden.«