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Das leidenschaftliche Liebesverhältnis, das den Prinzen Louis Ferdinand an Pauline Wiesel fesselte, entbehrt nicht rührender, allzumenschlicher Züge. S. Aus dem Nachlaß Varnhagens von Ense. Atzenbeck, P. Wiesel 1926.
... Geliebt, angebetet von einem Wesen, was Du liebst, das Deinem Herzen, Deinem Geist, Deiner Eitelkeit – und dieser feurigen Organisation genügen kann, gewiß, daß es ein seelenvoller, zartdenkender Louis ist, den Du liebst, dessen Glück ganz von Dir abhängt, der Dich zu lieben versteht, in dem die Menschen und die Welt nichts tödten, wohl aber vielleicht etwas verderben konnten, o dieses muß Dein Herz erfüllen – Du mußt mich lieben, mehr noch als – – –
Schreiben auch tust Du so selten – Pauline! So wahr ich Dich liebe, ich verzeihe Dir nicht den geringsten Anschein einer Etourderie selbst, – doch dieser Gedanke ist Deiner und meiner unwert! Doch bedenke, daß diese selbst schändlich wäre. Sage mir, was Du täglich tust, o dumme, liebe, liebe Pelle, – es ist so peinlich, nicht das Wesen, das man liebt, in seinen täglichen, stündlichen Handlungen gewissermaßen folgen zu können. Nun schließe ich. Was ich Dir hier schicke, trägst Du bis zum nächsten Briefe. Leb wohl, Engel – Liebe – ewige Liebe – Braut – Weib – Angebetete –
Dein Louis.
Der Krieg – Du Krieger, Du Jäger, Du Musikus. So viel geht mich ab, Louis – und dann erst kömmt die Liebe. – Nein, Louis, erst die Liebe und dann das Uebrige – bei mich aber fällt keine Theilung vor, ich liebe nur Dich allein auf der Welt, Dich und Pauline, Du hast alles in mir getödtet, ich weiß nicht ob mich das glücklich machen soll, oder ob es nicht vielleicht besser wäre, es wäre anders. Nein, Louis, es kann nun mal nichts anders sein. Vergiß mich nicht, Dein Versprechen mit dem Bilde auch nicht, schreibe mich viel, doch nur wenn es Dich so zu Muthe ist, um keinen andern Gedanken – nur immer, wenn Du willst, nicht meinetwegen, Louis. Lebe wohl, meine Gedanken folgen Dich, ich bin ewig bei Dich, könnte mein Geist es Dich nur auf irgend eine Art wissen machen! Jeden Deiner Leute beneide ich, die das Glück haben Dich zu sehen. – Ach, Louis, warum dies ewige Entsagen in diesem Leben, in diesem kurzen Leben, warum bin ich nicht mit Dir! – Aus lauter Gründe, die alle tausendmal schwächer sind als meine Liebe zu Dir, als das Glück, was es mich machen würde, bei Dich in Deiner Nähe zu sein. – Ach, Louis, ich muß schließen, aber wahrhaftig recht traurig, recht bewegt. Alles ist anders, als man glaubt, als man denkt, ich bin so chikaniert von tausend Erbärmlichkeiten, und doch kann ich es nicht ändern – Louis eine, eine Stunde nur küssen.
Schicke Geld, ich habe keinen Sou und bin alles schuldig. Ich bin die beide letzte Stationen selbst noch an die Alvensleben schuldig – wo soll ich es hernehmen, ich habe ja nicht einmal ein Stück zum Versetzen, die beiden Mädchen ziehen auf den 1. November. Da hilft keine Klugheit, kein Entsagen, kein Witz, keine Güte, nichts als Geld, oder solche Unannehmlichkeiten, die nicht zu überleben sind; ich habe nun seit meinem Hiersein noch keinen Groschen in die Hände gehabt, denn meiner Mutter kann ich es nicht sagen, denn es hilft mir hierzu nichts.
Meine Schals wollte ich verkaufen, aber man will mich nur für beide 50 Thaler geben und sie haben beide über zweihundert gekostet – und dann noch jeden Monat nur 25, also das hilft mich nichts. Schreib mich nur von wem ich es borgen soll, ich weiß keinen Menschen oder traue keinem, denn er möchte Dich dann nicht recht sein.
Lebe wohl, Louis, ich bin so verstimmt Dich das sagen zu müssen, ewig in solcher infamen Lage ist terribel, meine Schuld ist es nicht.
Sei nicht böse auf Deine arme
Pauline.