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Pietistische Innigkeit spricht aus den Brautbriefen von Anna Magdalena von Wurm an August Hermann Francke. In der Geschichte des Protestantismus genießt das Familienleben A. H. Franckes eine hohe Verehrung. Mit der Jesusfrömmigkeit verband sich bei beiden eine aufrichtige Liebe. S. Kramer, Neue Beiträge zur Geschichte A. H. Franckes, Halle 1875.
Kleinen-Furra, den 30. Mai 1693
Gnade, Licht und Weisheit von dem Geist der Wahrheit!
Auserwählter Freund in unserm einigen und liebsten Jesu, dieweil sich diese gute Gelegenheit zeiget, so habe aus herzlicher Liebe, die ich in dem herrn zu Ihnen beständig trage, nicht lassen können, dieses abzugeben, und Dero Gott gebe vergnügten Zustandes mich zu erkundigen, sintemal ich ja in so langer Zeit keine Nachricht von Ihnen habe, als was etwa ohngefähr vernommen, hoffe dennoch es werde noch wohl um Sie stehen und des herrn Werk eifrig getrieben werden. Meiner Wenigkeit zu gedenken, so hange durch die Gnade noch an der Gnade meines allersüßesten Jesu, und ist dieses meine einzige Uebung, daß seine unaussprechliche Liebe in mir möge vermehret werden, nämlich durch Betrachtung derselben eine inbrünstige Gegenliebe möge angezündet werden. Meine Seele ist niemals vergnügter, als wenn sie in der Stille mit ihrem lieben Heilande umgehet und an demselben sich ergötzet; Jesus ist mein Alles, ich halte ihn und will ihn nicht lassen. Mein liebwerthester Freund, ich bitte um der Liebe willen unseres holdseligsten Jesu, Sie wollen doch mich mit einer kleinen Antwort erfreuen bei dieser Gelegenheit, und mir berichten, wie es um den in dem herrn auch herzlich geliebten Herrn M. Achilles steht. Dieser liebe Freund hat durch seine werthe Briefe mich unterschiedliche Mal sehr gestärket, welches ihm der Herr gelten wolle. Ich habe aber nun eine geraume Zeit keine Nachricht von ihm. Die liebste Fr. Stallmeisterin zu Weimar hat vor wenig Wochen auch an mich geschrieben einen liebreichen Brief, der mich recht inniglich erfreuet hat; der herr sei gelobet vor solche heilsame Erbauung, welche nächst der Güte Gottes wohl Ihnen zu danken habe. Der treue Vater vergelte solches an Ihnen nach seiner Barmherzigkeit mit allerlei geistlichem Segen an himmlischen Gütern durch Christum. Erlasse Sie hiermit dem liebreichen Jesuherzen und beharre
Meines liebwerthesten Freundes in rechtschaffener Liebe Jesu Christi verbundene Dienerin A.M.W.
Quedlinburg, den 10. Mai 1694
Der liebreiche süße Heiland, der unsere herzen durch die Liebe also vereiniget, daß wir ein einig Herz sind, lasse dieses Band der Liebe ewiglich verknüpfet bleiben.
Mein allerliebstes Herz!
Hat das erste theure Schreiben von Deiner inniglichen und brünstigen Liebe gegen mir gezeuget, so hat es gewiß dieses letztere noch weit mehr gethan. So sei demnach mein herzenskind versichert, wie Du es denn bist, daß ich Dir von herzen ergeben bin, davon auch mein abgelassenes Schreiben bereits wird gezeuget haben. Weiter aber wird dieses christliche und heilige Vorhaben nicht zu bringen sein, bevor wir einander mündlich gesprochen. Ach, mein Kind, ich kann vor Liebe nicht mehr schreiben, so denn auch aus Mangel der Zeit; auch dieses wenige wird genug sein, Dich zu stärken in dem, dessen Du schon versichert bist. Ich ergebe Dich hiermit der unaussprechlichen Treue unsers lieben Vaters und beharre durch desselben Gnade
Allerliebstes herz
Deine von herzen ergebenste treueste Dienerin A. M. Wurmin.
Außen: Der Herr Postmeister in Halle wird sehr fleißig gebeten, diesen Brief cito bestellen zu lassen, weil gar viel daran gelegen.