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Jean Paul an die »erste Caroline«

Auf welchen Wegen Jean Paul, der große Frauenliebling, auch wanderte, der Weg war ihm mit Rosenblättern bestreut. Wie eine überirdische Erscheinung war er stets von bedeutenden und vornehmen Frauen umringt, wie ein Reigen schlingen sich ihre Briefe durch sein Leben. S. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Jean Paul Fr. Richter, 1.u.2. Bd. München 1865.

7. Februar 1797.

... Ihre aus elysischen Träumen zusammengesetzte Seele verliert sich in einem Idyllenleben, zu dem es auf der Erde keinen Boden und kein Beispiel gibt. Ich will es malen, wie sich der Wochentag und die Alltäglichkeit um Sie verklären – wie Sie sich fragen: Kehrt die Zeit nie um? Die vorigen Jahre liegen begraben und einige Freuden und viele Thränen, und die Vergangenheit war ein Traum. Und wenn ich's nicht sage, so will ich's doch denken: Trockne Dein liebes Auge ab, Du theure Gestalt! Bist Du nicht so sehr geliebt? Auch ich bin Dein Freund und bleibe Dein Freund; und was uns äußerlich trennt, bindet uns innerlich. Und wenn ich Dich nach langen Jahren aus weiter Entfernung zurückgeworfen wieder sähe, so würd' ich sagen: Komme an mein Herz – denn Du bist darin. Für mich gäb' es keinen schöneren Tag, als den, wo ich jeden Riß, den das Schicksal in Dein Herz gegraben, zugeschlossen sähe. Der Tag wird kommen und mein bewegtes Herz wird Dir Glück wünschen, aber meine Lippe wird dies nicht können und wird sich nicht bewegen. –

Deine Seele ist in meiner, meine ist in Deiner. Wenn Dein Jahr um die spielende Erde herumgeflattert ist, mögest Du sagen: wir haben uns oft verkannt und nie vergessen, und mein Freund ist noch bei mir. Ja, ich bleibe der Deinige, ich liebe Dich herzlich, und wenn ich Dich morgen wiedersehe, werd' ich nichts denken, als – ich liebe Dich herzlich.

Jean Paul an Charlotte von Kalb.

Weimar, den 24. Juni 1796.

Ich reiche Dir die Hand über Zeit und Raum, es war eine Zeit ehe ich Dich kannte und liebte; die Ewigkeit beginnt für den Liebenden. Sie ist der Strahl, der das Unendliche erhellt und begeistert. – Ja wohl die Schmerzen, die Leichentücher müssen wir im Grabe lassen. Ich leide wie Du, denn tief ist der Schmerz der ewigen Sehnsucht.

Richter.

Charlotte an Jean Paul.

Weimar, im Dezember 1798.

»Werde ruhig und hoffend.« Bei der ewigen Wahrheit, bei meiner Seligkeit, ich will es werden! Prüfe Dich nur, was meine Liebe für mich Dir ist? Ob sie Deinem Herzen unentbehrlich, ob sie unendlich ist? Es ist mir, als hörte ich nur meine Liebe. – Von einem mächtigen Geist vernichtet zu werden, ist viel erhabener, als die höchste Ehre, Genuß und Fülle, so die Welt geben kann. O nimm mich auf, damit ich sterben kann, denn ich kann entfernt von Dir nicht leben und nicht sterben!

Heiliger Gott, gib Deinem Unsterblichen Alles, alle die Seligkeit, die Deine Erschaffenen entbehrten, alle die Seligkeit die sie verkennen! Gib ihm mein Herz, gib ihm meine Wonne! Laß mich nur in seiner Nähe, daß ich sein Antlitz schaue! Laß mir den Schmerz, laß mir die Thränen um ihn.

Charlotte.

Jean Paul an Josephine Sydow.

Weimar, den 23. November 1799.

Verzeihen Sie den öden Brief! Es ist ein eiliger. – Der Perlenfischer sinkt beklommen in das ungeheure Meer, mit verbundenen Ohren und Lippen, und die Masse drückt ihn blutig – aber drunten, unter Ungeheuern, findet und holt er, die reinen lichten Perlen. – So, edle Seele, sendet Dich ein höherer Geist in das dunkle schmutzige Meer des Lebens, unter so viele im Schlamme lauernde Raubtiere herab, damit Du die Perlen die oft Thränen gleichen – sammelst, und reich an heiligem Schmuck wieder empor nach dem Himmel steigest.

O, lebe wohl, theuere, geliebte unvergeßliche Josephine, unsere Seelen bleiben beisammen, denn sie waren beisammen, eh' sie sich einander nannten. Immer, immer werd' ich Dich lieben.

J. P. F. Richter.

Jean Paul an Caroline von Feuchtersleben.

Hildburghausen, den 31. Oktober 1799.

Was mich aus dem reichen Gestern ärgern konnte, wäre ich selbst, da ich's darauf anlege, mehr den Theil meines innern Menschen, der zu den Holzschnitten, als den der zum Campaner-Thal gehört, zu zeigen. Ich habe den Umriß Ihres Herzens gefasset. Sie wissen nicht, wie oft Sie vor der Sonne vorübergehen und Ihre Gestalt abschattend malen. – Gib mir keinen Schmerz, denn nur Du kannst mir die größten geben.

Die innere Sonne braucht den äußern Sturm und Regen, um sich darauf in ihren Farbenbogen abzumalen. – Wir werden immer das frömmere Herz an das wärmere drücken. Mich zerrütten nur die Minuten vor Entscheidungen, nie diese. – Ein unaufhörlicher Frühling weht mir aus den versperrten Blumen zu, die fortwachsende Heiligung der Liebe.

R.

Caroline an Jean Paul.

Hildburghausen, den 31. Januar 1800.

Geliebter! ich bin Dein! O, nimm meine Seele auf und liebe mich ewig, wie ich Dich! Vor einer Stunde kamen die theuern, ersehnten Briefe, die das Glück unseres ganzen Lebens bestimmen. Dank, Geliebter, tausend Dank für Deine Schonung, Deine Liebe! Tausend Dank den edeln, theuren Herders für ihre reine Freundschaft! Worte habe ich heute nicht, nur Liebe. Aber, um auch Deine Freude und Dein Glück nicht um eine Stunde zu verspäten, eile ich, Dir die Versicherung zu geben, daß meine Seele und mein ganzes Leben auch vor der Welt Dein sind, daß ich nun ganz Deine Hermine bin. Das Jawort unserer Mutter wirst Du, wenn auch nicht von ihr selbst geschrieben, doch von meinem Onkel erhalten, was sich aber verspäten könnte, da die Briefe noch erst hin und her zu gehen haben.

O mein geliebter Richter, wir werden sehr, sehr glücklich sein! Gott segne Dich und mich! Ich achte und liebe Dich unsäglich und will Dich so glücklich machen, als ich es durch meine Liebe kann. Ich kann nicht schreiben, bald sollst Du viel, viel von mir und meinen Hoffnungen hören. Ich bin gesund, das Glück und die Freude werden meine Gesundheit befestigen. Lebe wohl und froh und glücklich, ich liebe Dich ewig.

Caroline .

Sei froh, beste Seele, Deine Hermine ist es auch.

Caroline an Jean Paul.

O Du Geliebter, es tönt noch Alles in mir, so berauschend und selig. Am Morgen träumt ich wachend noch einmal den schönen Traum. Ach wär' ich doch bei Dir: könnte ich heute für Dich sorgen! Engel Du – Einziger – hoher Geliebter! Ich schmiege mich an Deine geliebte Brust, liebe mich immer! Deine

Caroline .

Jean Paul an Caroline.

Mitten aus dem brausenden Strom meines Dichtens, heb' ich doch den Kopf für die Meinige, für Dich heraus, mein Herz, um Dich anzulächeln. Jetzt, da ich's gethan habe, tauch' ich wieder unter und rausche weiter dahin.

Richter.

Caroline an Jean Paul.

O wie gern flög' ich an Dein Herz, Du mein ewig und unaussprechlich geliebter Mensch! Da nur bin ich glücklich und selig. Doch durchdringt seit einigen Tagen ein Schmerz mir die Brust, den ich selbst nicht begreife: ich möchte an Allem vergehen, mich in Thränen auflösen. Die Eindrücke der Briefe der unglücklichen Caroline müssen diese Wehmut in mir erregt haben. Ich kann den Gedanken nicht los werden: So nah an Deinem Besitz Dich, Dich verlieren! Und bin ich denn besser als sie? und habe ich nicht ihre Fehler, so habe ich doch andere, die Du nicht ertragen könntest; und könnte ich auch diese bekämpfen, wie ich es will – fehlen mir nicht alle die Vorzüge des Geistes, diese Feinheit und Zartheit der Seele, die sie hat und deren Du bedarfst? Wenn ich sehe, wie Du über Alles herrschest, über das Erhabene, wie über das Gewöhnliche, so drückt es mich noch mehr, daß ich diese Vollendung nicht erreichen kann; aber wie peinigte mich doch gestern der Gedanke Deines Verlustes! Als ich am Klavier Deinen Tönen zuhörte, sann ich nach, wohin ich wohl fliehen würde, wenn Du mich wohl losließest von Deiner Hand, von Deinem Herzen. Mir war, als wäre mein Glück schon durch den Gedanken zernichtet, schreckliches, verhaßtes Bild! wie kam es in meine Seele? O Du Einziger, Du Seligkeit für dieses und jedes Leben, ich hänge ja so fest an Dir – und eine Liebe wie die meine würdest Du überall entbehren. Und ist nicht Liebe Alles, Alles? Deine

Caroline .


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