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Siebentes Kapitel.

Das Gefecht bei Wurzach.

Dienstags in der Charwoche, den 11. April, erhob sich der Truchseß mit seinem Heere von den blutgetränkten Feldern Günzburgs und Leipheims gegen die Oberschwaben. Zwischen Ulm und Baltringen stieß er auf 200 Bauern, die sich in einem Kirchhof hielten, dann daraus sich zogen gegen ein Holz und im Rückzug 100 Mann verloren. Der Truchseß schlug sein Lager zu Baltringen, in dem Dorfe, einer der Wiegen des Aufstandes. Alle seine Hauptleute saßen mit ihm zur Tafel. Da kam Feuer im Kamin aus mitten in der Mahlzeit. Es wurde gelöscht, aber in selber Nacht wurden 200 baierische Reiter, die sich plündernd zu weit entfernt hatten, von den Bauern fast ganz aufgerieben. Des andern Tages stieß der Truchseß bei seinem Bergschloß Grünenthann wieder auf 600 Bauern in einem Ried. Diese, wie die vorigen, waren wohl verspätet im Zuzug zu dem großen Haufen bei Wurzach begriffen, und vom reisigen Zeug überfallen. Der Truchseß gewann ihnen ihr Fähnlein grün und weiß ab, erstach bei 20, und machte gegen 200 Gefangene; die Andern zogen sich glücklich zurück. Herr Georg zog in heißem Marsch daher. Von Ulm schrieb der Bund, er solle links hinaufziehen, wo eben ein Haufe aus dem Illerthal den erwähnten Einfall in das Kloster Ochsenhausen gemacht. Von oben her hörte er von der Bedrängniß seines Schlosses Wolfegg, von der Gefahr 376seiner Familie zu Waldsee. Er erfuhr zugleich, daß die Fähnlein des Baltringer Haufens sich zertheilt hatten; er eilte, um sie einzeln aufzureiben. Alle Ortschaften um Baltringen herum ergaben sich »ungezwungen und gedrungen« an den Bund und huldigten neu, »und sind also schandlich von den andern Bauern gefallen, die doch eine Ursach gewesen aller Empörung und Aufruhr.« Handschrift aus dem Salmannsweiler Archiv. Er nahm den nächsten Weg in seine Herrschaft.

Von etlichen Bauern, die einzeln unterwegs gefangen wurden, erkundete er, daß sich der Illerhaufe getrennt habe, etliche vor Waldsee, etliche nach Saulgau gezogen seien. Ein Nürnberger Bote, der von St. Gallen kam, sagte, es seien ihm erst 800 Bauern mit zwei Fähnlein zu Essendorf begegnet. Herr Georg und Graf Wilhelm von Fürstenberg jagten mit den Rennfahnen ihnen nach. Wie die Bauern sie gewahr wurden, eilten sie ihrem Geschütz zu. Herr Georg, der hier zu Hause war, schrie, daß man ihm nachziehen solle, ehe die Bauern das Geschütz wändten und in die Ordnung kämen; und schon traf er mit den Bauern, und schlug sie in die Flucht. Viele warfen sich in's nächstgelegene Moos, in's Ried bei Winterstetten, wo die Pferde nicht folgen konnten. Herr Georg hielt, bis die Fußknechte herzu kämen. Indessen eilte noch ein Fähnlein Bauern daher, dem andern zu helfen. Die Reiter schnitten diesem den Weg in's Ried ab, und es warf sich in ein Holz, das die Reiter sogleich umhielten. Das Moos ließ der Truchseß abbrennen; das Fußvolk erstach und erschoß viele, Andere ergaben sich, 141 an der Zahl, meist Unterthanen der Truchsesse. Die Meisten waren mit dem Geschütz entkommen, ein Beweis, daß die Wenigen, die die Verfolgung sperrten, sich auf die Kriegsweise verstanden.

Am Holz, die Schnait genannt, lagerten die Bündischen. Herr Georg schrieb freundliche Briefe an seine Bauern, sich ihm zu ergeben, sonst wolle er ihnen messen, wie sie gemessen haben, laut des Evangeliums mit einem voll eingedrückten Maaß. Ihr Hauptmann, der Pfaff Florian, schrieb wieder gütlich zurück, der Haufe wolle einen Ausschuß aus seiner Mitte zur Unterhandlung schicken. Der Truchseß sah darin nichts als die Absicht, ihn zu blenden und hinzuhalten, bis die Haufen vom Allgau und See herangekommen wären; 377seine nächsten Fähnlein hatte Florian schnell an sich gezogen; und da er, der Truchseß, mit seinen Schreiben nur das Gleiche beabsichtigte, eilte er, ohne sich zu kümmern, daß er zuerst gütliche Handlung angeboten, über die Wurzacher Heide. Er entschuldigte diese Untreue damit, es sei ihm kund worden, daß Florian auch die vor Wolfegg zum eiligen Zuzug aufgemahnt und zu schlagen im Sinne habe. Unterwegs traf er auf acht Abgeordnete der Bauern, die alle Zeichen gaben, daß sie zur gütlichen Unterhandlung kommen, zu der er sie eingeladen. Als er aber Eberhard Schöneck mit einer Reiterabtheilung auf sie schickte, flohen sie, ohne auf dessen Anruf zu hören; zum Haufen zurück, und die Reiter jagten ihnen nach, bis die Schützen der Bauern sie zurücktrieben.

Hinter der Kapelle bei Wurzach stand der Haufe Florians, 7000 stark, in Schlachtordnung. Herr Georg griff an, die Bauern zogen sich auf drei hohe Boll, und dann in's Ried. Der Feldherr nahm die Höhen, zog sich aber wieder zur Burg zurück, um unter diesem Schein die Bauern aus ihrer guten Stellung herauszulocken. Diese ließen aber nur ihre Schützen, die gut trafen, vorgehen und tüchtig unter die bündische Reiterei schießen; sie selbst wichen hinter sich auf die Bleiche hinter dem Sattel bei der Aach, und deckten sich durch das Moos. Einen alten Bauern, Hans Lutz, der vor Gebrechlichkeit mit seinen Brüdern nicht ziehen konnte, sprach der Feldherr an: Was hab ich meinen Leuten Leids gethan mein Lebenlang, daß ihr einen ehrlosen Pfaffen zu eurem Herrn machen und mich vertreiben wollt? Der alte Bauer fiel vor dem Gestrengen auf die Kniee und sprach: Gnädiger Herr, wir thun wie wüthige, aufrührische Leut; ich bitt euer Gnaden, wollet mir vergönnen, noch einmal zu den Unterthanen zu gehen, so bin ich guter Hoffnung; sie sollen sich euer Gnaden Straf und Gnad ergeben. Thut das, Alter, sagte der Truchseß; sie sollen mir nur den Pfaffen überantworten, dann Alle Gnad haben. Und unter dem Unterhandeln brachte er das rechte Geschütz und sein ganzes Volk zusammen, und stellte seine Leute in Ordnung, 8000 stark. Den reisigen Zeug legte er hinter die Stadt Wurzach, den gewaltigen Haufen ließ er in weitem Feld stehen, die Wagenburg hinter dem Berg; das Geschütz stellte er geradezu gegen die Bauern mit dem verlorenen Haufen.

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So eben zogen den Bauern 1500 ihrer Brüder zu, von der Iller her. Das Ansinnen, ihren Hauptmann auszuliefern, wiesen sie zurück; und Herr Georg ließ ohne Weiteres von seinem guten Geschütz, aus drei besonders großen Stücken desselben, losbrennen. Bei jedem Schuß fielen die Bauern nieder, und es schadete ihnen fast nichts; erst die sechste Salve der drei Stücke traf. Da zog Florian mit seinem Haufen sich zurück, als er sah, daß er während der Unterhandlung umgangen worden war.

Nur vierzig Bauern waren während des Treffens erschossen und erstochen worden, und in dem ziemlich entfernten Weissenhorn hatte man doch an diesem Tage, dem Charfreitag, bei 100 Schüsse gehört. Die Nacht fiel so stark ein, daß man nicht mehr mit den Bauern handeln mochte, und in solchem zogen sie hinweg, etliche da und andere dort hinaus. Florian wollte die Nacht benützen, um sich auf seine Brüder zurückzuziehen. Man schrie, man müsse ihnen zu Roß und Fuß nachjagen. Herr Georg that nichts, die Rosse sanken im Ried, und die Knechte sagten: »sie wollen keinen Bauern todtschlagen, nur hetzen.«

Auf dem Rückzug wurde ein Theil der Bauern im Finstern in den tiefen Wassergraben an der Stadt gedrängt; etliche wurden erstochen, gegen 100 ertranken. Bericht des Augenzeugen. In Wurzach, das sich ergeben mußte, und auf dem Rückzug verloren die Bauern nicht über 400 Mann an Gefangenen, ungeachtet Herr Georg über die Aach ein Geschwader Reiterei vorausgeschickt hatte. Florian erreichte mit dem ganzen Haufen Gaisbeuren. Das Gerücht aber, oder Absichtlichkeit der Herren, vergrößerte im Unterland die Zahl der Umgekommenen auf 7000, und trug nicht wenig bei zur Blutrache von Weinsberg. »Wo die 400 Gefangenen, davon wohl 100 gefesselt wurden, hingekommen sind, oder wie man ihnen gethan hat, weiß ich nicht,« sagte später des Truchseß Herold sehr bedenklich. Handschrift von Hans Lutz, des Truchseß Herold, der im Treffen von Wurzach mit gewesen. Holzwart, der Mönch von Roggenburg, gibt 400 Gefallene an, 100 Ertrunkene, 100 Gefangene. Thoman, der Kaplan von Weissenhorn, geht über das Treffen weg, wie über etwas Unbedeutendes. Seidler, Handschrift.

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Auf dem Weiterzug in Oberschwaben aber, bei Gaisbeuren, stieß der Truchseß auf solche Streitkräfte der Bauern, welches ihm selbst ernstlichste Besorgnisse, und den Bundesräthen und Fürsten Furcht einflößten. Die Dinge gewannen mit jeder Stunde eine bösere Gestalt.


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