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Herzog Ulrichs und des Fuchssteiners Umtriebe.
Ulrichs Ruf aber aus seinen früheren Zeiten her war der Art, daß er kein Magnet für die Bauern sein konnte. Der Herzog ging darum zuletzt ganz in die Art der Bauern ein, ritt zu ihnen umher und sagte ihnen: »auch er begehre des göttlichen Rechts, wie sie, die Bauern.« Er ritt zu den Hegauern, zu den Klettgauern, zu einer Bauernversammlung in Neukirch in Person; zu andern Bauernversammlungen gingen seine Unterhändler hin und her. Hierüber findet sich eine Reihe Dokumente im Stuttgarter Staatsarchiv. Bei den Klettgauern vermochte der hochadelige Fürst sich kein Vertrauen zu machen; er glich in ihren Augen zu sehr ihrem Herrn, dem hochfahrenden Grafen von Sulz. Auch bei den Andern machte er vorerst nicht viel Glück.
Sein Kanzler, der Fuchssteiner, begab sich darum ins Allgäu, und setzte sich daselbst in der kleinen Reichsstadt Kaufbeuren.
In dieser Stadt, wie in so vielen Städten des Reiches, waren zwei Parteien, und diese gerade jetzt in höchster Spannung und in Kampf miteinander: die Partei der Ehrbarkeit und die Partei der Gemeinde. Jene hielt, wie in allen Stücken, so auch im Glauben, 274am Alten; diese war für das Neue. Das Haupt dieser Partei, in der Stadt und draußen auf dem Lande, war der neue Bürgermeister Blasius Honold. Das Haupt der Partei des Alten war der Altbürgermeister Georg Röslin. Die erstere hatte die Oberhand.
Von Kaufbeuren aus hatte Fuchssteiner Gelegenheit, diejenigen Bauern, welche schon im Aufstande waren, zu berathen und vorwärts zu treiben; die anderen in Bewegung zu bringen. Er saß hier inmitten der Bauerschaften des Bischofs von Augsburg, des Fürstabts von Kempten, des Abts von Irsee, und vieler theils geistlicher, theils weltlicher Herren zwischen der Iller, dem Lech und der Donau, hart an der Grenze von Baiern. Von hier aus konnte mit den Tyrolern, in denen es gährte, angeknüpft, von hier aus der Aufstand über den obern Lech ins Bairische gespielt werden, durch Sendboten und Aufreizungen, oder durch Ueberziehung mit den oberschwäbischen Bauern, und durch Nöthigung in den allgemeinen Bauernbund.
Der Fuchssteiner trat in Kaufbeuren nicht als Kriegsmann, nicht in der Rolle eines gewesenen pfälzischen Ministers auf, sondern als Prediger der neuen Lehre und als Schriftverfasser, als Kanzler der Bauern. In der Kirche ließ er sich einen Predigtstuhl aufrichten, las da deutsch das Wort Gottes, und legte es deutsch aus. Bericht des bair. Hauptmanns Sigm. v. Pfeffenhausen aus Schongau nach München, v. 9. März 1525. Jörg 178. Auch setzte er einer Reihe Bauerschaften hier oben herum ihre Beschwerde-Artikel auf, namentlich diesseits und jenseits des Lech; Artikel, welche alle örtlichen Charakters sind. Als Prediger und Anwalt der Bauern erwarb er sich bei diesen rasch ein so großes Zutrauen, daß sie ihn im März dem schwäbischen Bunde unter den Vertrauensmännern bezeichneten, deren Sprache sie ihre Beschwerden unterwerfen wollen. Ihn gerade aber wollten die Commissäre des Bundes am wenigsten als Mittler annehmen, und auf ihm bestanden die Bauern vor Andern, die Allgäuer besonders.
Die Baiernherzoge in ihrem eigenen Lande, von Böhmen und Schwaben her zugleich anzugreifen, und sich zwischen sie und den schwäbischen Bund zu schieben, das war es allein, worauf Fuchssteiner und Herzog Ulrich abzielten. Eine Waffenverbindung der Schwaben dagegen durch das bairische Oberland mit den 275 Tyrolern, Salzburgern und Ober- und Niederösterreichern herzustellen, das war einer der Gedanken, welche die leitenden Obern in den Bauerlagern, die Bewegungsmänner, eifrigst verfolgten. Sie hatten ihre Botschafter in allen diesen Landen, und es war ein immerwährendes Zuschicken, ein Verkehr und Weisunggeben dahin von Schwaben aus. Schreiben des Kanzlers Eck an Herzog Wilhelm von Baiern vom 15. Februar 1525. Jörg 379. In den ersten Tagen des März warteten die Bauern von Irsee, im Augsburgischen, im Montfortischen und im Fürstenthum Kempten nur auf das Zeichen von Oberbaiern her. Sie waren so weit geeint, daß die bairischen Befehlshaber gegen keine bairische Gemeinde in dieser Gegend etwas Thätliches vorzunehmen wagten. Sie schrieben das nach München. »Wenn die Sturmglocke, sagten sie, von Baiern her schallt, so wird ein großer Bauernbund zu Hülf auf sein, was Stab und Stangen tragen mag.« Pfeffenhausers Bericht vom 9. März. Jörg 178.
Herzog Ulrich wollte seine Kriegskosten bei den bairischen Bischöfen und Fürsten sich holen. Er gedachte, nach Fuchssteiners Entwurf, durch den Bregenzer Wald, da alle Pässe offen standen, auf die Grafschaft Rothenfels zu ziehen, sich mit montfortischen, kemptenschen und andern Bauern zu vereinigen, und bei Füßen ins Bairische einzufallen. Bericht des Kundschafters Volker von Freiberg zum Eisenberg vom 24. Februar. Jörg 171.
Schon hatten die Schweizer »zur Gamß einen Weg herab gemacht, den man fahren und reiten konnte; es war zuvor nie ein Weg da gewesen;« wie die bairischen Kundschafter berichteten.
Aber Herzog Ulrich zog nicht über den Buchenberg herab auf Rothenfels; er fiel nicht ins Bairische ein, sondern er zog auf dem nächsten Wege – ins Württembergische.
Warum er jenen Plan aufgab, ist unbekannt; wahrscheinlich aus Geldverlegenheit. Die Tausende von Schweizern und Andern, die er bereits in Sold genommen, konnte er in die Länge nicht zahlen, und, trat dieses ein, nicht bei seiner Fahne halten. Das, und zugleich sein Verlangen, sobald als möglich sich wieder in den Besitz 276seines Herzogthums zu setzen, trieben ihn zu raschem Vorwärtsgehen auf sein eigenes Land.
Als er nämlich im Klettgau und Hegau bei den Bauern Anstände fand, hatte er in der Schweiz geworben, und hier mit Erfolg. In der Mitte Februars schloß Hans Müller von Bulgenbach einen geheimen Vertrag für die Hegauer und Schwarzwälder mit ihm, wahrscheinlich gegen Zugeständnisse Ulrichs, die er nachher nicht hielt. Müller traute ihm nicht recht, seit er ihn näher kannte. Darum zogen ihm auch nur sieben Fähnlein aus der ganzen Waldgegend, aus dem Hegau und der Höri zu, die sich bei Hülzingen, Steißlingen und in der Baar sammelten. Mit diesen und vierhundert Baslern, dreihundert Schaffhäusern, mit Fähnlein aus Solothurn, dem Thurgau, dem Aargau und mit andern Knechten, zusammen sechstausend zu Fuß und zweihundert zu Pferd, bewegte er sich gegen das Ende Februars seinem Herzogthum Württemberg zu. Sein Geschütz bestand aus drei großen Karthaunen, drei Schlangen, vier Falkonetlein. Ueber Alles viele Berichte im Stuttgarter Staatsarchiv. Nach Hans Lutz, Handschrift, bestand das Geschütz aus 13 Stück Büchsen, 10 Schlangen, 3 Karthaunen. Von Spaichingen aus forderte er Balingen auf am 26. Februar.