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Fünftes Kapitel.

Jakob Wehe's Tod. Das erste Blutgericht.

Es ist ungewiß, ob Meister Jakob, wie die Sage ging, selbst im Felde war; wahrscheinlich war er beim Angriff noch zu Günzburg und eilte erst in der Noth herbei. Nun zog der Truchseß mit dem ganzen Heer vor das Städtchen Leipheim und war Willens, es zu stürmen. Er pflanzte das Geschütz auf den Platz vor dem steinernen Kreuz und ordnete das Fußvolk zum Sturm. Meister Jakob suchte die Seinigen, die in großer Zahl in beiden Städtchen Leipheim und Günzburg lagen, zu männlicher Vertheidigung zu begeistern. Die Feinde sagten ihm nachher nach, er habe schon früher den Bauern vorgespiegelt, der Bündischen Büchsen und Wehren würden sich umkehren und in sie selbst gehen. Ein Mann wie Wehe hatte aber andere Mittel, auf das Volk zu wirken. Es scheint, die in Leipheim haben einen Augenblick noch den Kampf von den Mauern fortgesetzt, Wehe selbst soll vom Thurm herab auf die Bündischen geschossen haben. Beesenmaier sagt, Wehe habe nach der Uebergabe der Stadt in der Nacht noch einen Ausfall auf das bündische Lager gemacht u. s. w. Das Alles ist ein Mißverstand eines Ausdrucks in der Handschrift von Hans Luz. Aber die Seinigen theilten seinen Muth nicht. Die Bürger sandten einen alten Mann und etliche Frauen hinaus und baten den Truchseß um Gnade. Der antwortete, sie müssen sich aus Gnade und Ungnade ergeben und vor Allem ihren Prediger ausliefern, der die Bauern mit Unwahrheit verhetzt habe, und die Stadt ergab sich.

Als Meister Jakob diesen Ausgang sah, eilte er, aus den Mauern zu kommen. Sein Pfarrhof lag an der Stadtmauer. Von diesem ging ein verborgener Gang unter der Stadtmauer durch nach der Donau zu in's Freie. Er kannte unterhalb des Städtchens eine kleine Höhle am Gestade des Flusses. Er nahm 200 fl. aus der von ihm errichteten Kriegskasse und begab sich mit einem Vertrauten durch den verborgenen Gang in die Höhle. Holzwarts und Thomanns Handschriften. Hans Luz, Handschrift.

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Der Truchseß hatte unter den Anstalten zum Sturm den Fußknechten versprochen, ihnen die Stadt zur Plünderung preiszugeben. War nun die Stadt gleich ohne Sturm übergegangen, so verlangten die Knechte doch jetzt die Plünderung. Der Truchseß fürchtete, es möchte des Plünderns zu viel werden, und die Knechte, wenn sie recht mit Beute beladen wären, möchten damit vom Heer entlaufen. Er versprach, ihnen die fahrende Habe der Stadt zu überlassen, doch sollten sie nicht plündern, sondern Geld dafür nehmen. Sie ließen es sich gefallen. Nun quartierten sich die Ritter und Bundeshauptleute, »die großen Hannsen«, in das Städtchen Leipheim, die Knechte mußten außen bleiben und vor den Mauern lagern. Schreiben des Eßlinger Hauptmanns Hans von Dorn. Den Reisigen hatte der Truchseß Günzburg zur Plünderung versprochen. Auch diese Stadt sandte Boten und bat, sie in Gnaden anzunehmen; sie seien von den Bauern gezwungen und gedrungen worden. Auch ihnen antwortete der Truchseß: »Nicht anders, denn in Gnad' und Ungnad'«. So ergab sich auch diese Stadt. Die Reisigen nahmen ihr Quartier zu Bubesheim, und zu Günzburg und dabei herum. Allenthalben wurde nach Jakob Wehe geforscht.

Ein Hund, der vor seiner Höhle heftig bellte, zog die Aufmerksamkeit einiger Kriegsknechte dahin. Sie stachen mit ihren Spießen hinein und trieben die Verborgenen heraus. Holzwart, Handschrift. Nach einer andern Nachricht hatte ihn ein Bauer in das Dickicht an der Donau gehen sehen und, bald darauf gefangen und nach Wehes Aufenthalt befragt, ihn verrathen. Er bot seinen Entdeckern 200 fl. für seine Freiheit, sie aber banden ihn an ein Halfter und führten ihn zum Truchseß nach Bubesheim. Thomann, Handschrift. Am Mittwoch, den 5. April, sprach der Truchseß das Urtheil über Günzburg. Der Rath ging unbestraft aus, die Gemeinde mußte 900 Goldgulden, ein Besserer, von altem Adel, vielleicht der einzige vom Rath, der zu den Bauern gehalten, mußte 100 Gulden erlegen. Der Pfarrer zu Günzburg hatte sich auch über die Mauern retten wollen und war gefangen worden.

Die Leipheimer traf ein schwereres Loos, ebenso die von Langenau. Die Fußknechte, die ihren Beutepfennig haben wollten, 357ernannten Beutemeister, um die vom Truchseß ihnen geschenkte fahrende Habe einzuschätzen, und nach diesem die Brandschatzung zu bestimmen. Sie gingen zu ihrem obersten Hauptmann, dem Grafen Wilhelm von Fürstenberg. Dieser schlug ihnen vor, kurzweg von jedem Bauern und Bürger einen Monat-Sold (4 fl.) als Brandschatzung zu nehmen. Das gefiel den Knechten. Die gefangenen Bürger und Bauern waren die Nacht über in die Kirche gesperrt gewesen; als der Graf mit den Beutemeistern zu ihnen kam und sie mit dem Vorschlag bekannt machte, sagten sie »als arme gefangene Leute« zu Allem ja. Der Truchseß, der zu Günzburg war, kam, als er davon hörte, schnell herüber, er ging in die Kirche, weil er ein Mißverständniß vermuthete, und fragte die Gefangenen, was sie dem Fußvolk versprochen haben. Sie bejahten ihm, einen Monat-Sold. Herr Georg setzte ihnen nun in der Kirche auseinander, daß dies die Summe von 34,000 fl. übersteigen würde, und daß sie in ihrer Angst zu viel versprochen haben. Scherzend sagte er beim Herausgehen: wer hätte vermeint, daß ich in der Kirche zu Leipheim predigen sollte? Da er sah, daß die Gefangenen unmöglich diese Summe bezahlen konnten, und fürchtete, sie würden eben ihre Bürgen und Vorstände nicht lösen, sondern »auf die Fleischbank geben,« so schätzte er selbst die Stadt auf 1500 fl. Im Schreibtisch Meister Jakobs, wo er die Kriegskasse hatte, fanden sich noch 600 fl. Das Fußvolk aber bestand auf einem Monat-Sold. Gerne hätte nun der Truchseß den Landsknechten das Städtchen mit Bürgern und Bauern preisgegeben, aber diese wollten nichts als einen Monat-Sold baar. Unter diesen Streitigkeiten sprachen die Kriegsräthe das Urtheil über die vorzüglichsten Leipheimer Gefangenen.

Meister Hans Jakob Wehe, Jerg Ebner, der Bayer genannt, Ulrich Schön und Melchior Harold, dessen Tochtermann, wurden von dem Kriegsrath noch am 5. April spät Abends zum Tode verurtheilt, und man führte sie noch desselben Abends heraus auf einen angeblümten Acker zwischen Leipheim und Bubesheim. Auch zwei Günzburger Bauern und der Pfarrer zu Günzburg waren zum Tode verurtheilt; sie waren mit einander gefangen worden. Auch war unter den Verurtheilten ein alter reisiger Knecht, der vom Bundesheer zu den Bauern übergegangen war. Im Ganzen waren es acht zum Tod Verurtheilte.

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Als Meister Jakob vorgeführt wurde, um zum Tode zu gehen, wandte sich der Truchseß zu ihm und sprach: »Pfarrherr, dafür hättet ihr euch und uns wohl sein mögen, hättet ihr Gottes Wort der Gebühr nach gepredigt, und nicht Aufruhr.« – »Gnädiger Herr, antwortete Meister Jakob mit Ruhe und Hoheit, mir geschieht Unrecht von euch, ich habe nicht den Aufruhr, sondern Gottes Wort gepredigt.« – »Ich bin anders berichtet,« sagte der Truchseß.

Des Truchseßen Kaplan trat zu Meister Jakob und ermahnte ihn, zu beichten und sich mit Gott zu versöhnen. Er aber lehnte die Beichte des Kaplans ab. »Liebe Herren, sprach er, es soll sich Niemand darob ärgern; ich habe meinem Gott und Schöpfer bereits gebeichtet und dem meine Seele empfohlen, von dem ich sie empfangen habe.« Damit wandte er sich zu denen, die mit ihm zum Tode gehen sollten. »Seid gutes Muths, Brüder, sprach er, wir werden heute noch mit einander im Paradiese sein.« Er hob seine Augen gen Himmel und betete mit lauter Stimme den Psalm: In te, domine, speravi (Auf dich, Herr, traue ich, mein Gott. Ps. 7, 1). Dann sprach er: »Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie thun.« Und nachdem er nochmals mit lauter Stimme seinen Geist in Gottes Hände befohlen hatte, kniete er nieder und sein Haupt rollte in das Gras.

Auch Jerg Ebners Haupt fiel, ebenso das Harolds, Schöns und eines andern Bauernhauptmanns. Jetzt sollte der Pfarrer von Günzburg an die Reihe und der alte Reisige; da es aber schon spät am Abend war, wurden diese erbeten, und es geschah ihnen nichts am Leben. Der Pfarrer wurde vom Truchseß lange noch herumgeschleppt, gefangen und gebunden, überallhin, wohin das Heer zog; zuletzt wurde er los, mußte 80 Goldgulden zahlen, verlor sein schönes Pferd, seine Pfründen und das Recht zu predigen. Niklas Thomanns, Holzwarts, Hans Luz, Seidlers Handschriften. Ulmer Archiv, Urkunden auf dem neuen Bau.

Auch zu Langenau wurden zwei Gefangene mit dem Schwert gerichtet. Gleich nach der Versprengung des Langenauer Haufens hatte der alte von der Gemeinde entsetzte Rath das Regiment wieder ergriffen, und der Truchseß war zur Exekution selbst von Leipheim nach Nau geritten. Thomann Paulus, der Bauern Ammann, Hans 359Ziegler, ihr oberster Hauptmann, und Jakob Finsternauer, der Pfarrherr, waren glücklich entwichen. Auch zu Ulm verfuhr der Rath mit einem Theile der eingebrachten Gefangenen peinlich; denn Donnerstags nach Judica schrieb er an den Altbürgermeister Bernhard Besserer und den Rathsfreund Sebastian Renz nach Nau, sie sollen den Nachrichter fördern, man brauche ihn zu den Gefangenen, welche die Bundesstände hereingeschickt haben. Urkunde des neuen Bau. Die Herren waren eifrig, Blut zu vergießen, und wäre es nicht natürlich, daß die Bauern an Repressalien dachten? Ulm machte sich dadurch so verhaßt bei den Bauern, daß eine Sage sich verbreiten konnte, die Bauern wollen Ulm zerstören und alle Einwohner tödten. Briefe Wolfgang Reycharts an seinen Sohn, Handschrift.

Furchtbare Geldstrafen legten die Herren um Leipheim herum auf. Eytel von Westernach, ein reicher Ritter, strafte seine Bauern besonders hart, je einen um 50, 80 und mehr Gulden; ungeheuer für jene Zeit. Die Noth, fürchtete man, werde diese Bauern zu neuem Aufstand treiben. Pfersfelders Bericht an Herzog Wilhelm.


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