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In Innsbruck hat der Generalissimus des österreichischen Heeres, Conrad von Hötzendorf, lange gelebt. Erst als einfacher Offizier, hervorragend strategisch begabt, einfach im Auftreten. Eher wie ein Gelehrter wirkend, künstlerisch begabt, als Mensch herb, voll von dem Pessimismus des österreichischen Friedensoffiziers; lebte in bescheidenen Verhältnissen, ohne gesellschaftliche Aspirationen. Er verlor seine erste Gattin in Innsbruck, tief senkten sich Schatten über ihn. Drei brave Söhne wurden von ihm erzogen. Militärisch vorausblickend, tätig, längst kein Anhänger eines ungesund gewordenen Friedens mehr, der Feind der neuen Usancen und Einrichtungen im Generalstab, des Treibens in den Kanzleien, der Protektionswirtschaft, hielt er sein wachsames Auge auf alle irgend nur denkbaren Verbesserungen in der Armee, vor allem auf die Grenzverhältnisse Südtirols gerichtet. Sein Privatleben schien erloschen; er selbst nurmehr der Mensch der Pflicht. Es hieß, er überbürde die Soldaten. Die Salongeneräle waren seine Feinde und fürchteten ihn sehr.
Er aber ging seinen Weg, der hart und hemmungsreich genug war, einem Krieg entgegen, von dem er wußte, daß er kommen mußte, den er haben wollte, bald! Zu jener Zeit, da die Erbfeinde Rußland, Italien, noch ungerüstet standen. Der fanatische Aufblick zur deutschen Armee, der in gewissen Kreisen Österreichs modern geworden war und sich nicht selten unangenehm tuerisch auswirkte, so daß man an seine Echtheit nicht ganz glauben konnte, hatte in dem ernsten Manne keinen Vertreter. Wohl verfolgte er wachsamen Blickes die Bildungswege der deutschen Heermacht, aber Enthusiasmus für sie zeigte er nie. Ihm war die Geste fremd und aller Überschwang. Er wirkte karg. In die Hymnen auf Wilhelm den Zweiten stimmte er niemals ein. Er stieg hoch empor durch sein wirkliches Können, aber ein Liebling wurde er nie. Der Hof mochte ihn nicht. Und es war die Tragödie in seinem Leben, daß er des alten Kaisers Verständnis nicht besaß, daß Welten des Sehens sie trennten, diese Beiden; der greise Monarch ihn nicht verstand in seinem Kriegsdrängen, das damals berechtigt war. Franz Joseph zitterte um seinen Frieden. Das Grauen vor verlorenen Kriegen hatte ihn feige gemacht.
Anders als Benedek steht Conrad von Hötzendorf in der Geschichte seines Landes; aber er ist eine ebenso tragische Gestalt wie jeder Österreicher von Genie, der hingebend den Habsburgern diente.
Franz Ferdinand, der Mensch der Laune, der Leidenschaft, hob ihn auf, ließ ihn wieder fallen, wie es seine Art war. Der Hof lehnte ihn überhaupt ab.
O Vaterland, was machtest Du aus Deinen Besten! Ist es ein Wunder, wenn dein Weg dunkel ward? Vom Himmel rissest Du die eigenen Sterne; mein Österreich, Du hast Dich selbst zerstört!