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Städte, deutsch und altösterreichisch, in denen der Hauch der Geschichte weht, dem Jeder verfallen bleibt, der ihn einmal mit verstehender Seele geatmet, euch widme ich im Buche meines wanderreichen Lebens ein ganz besonderes Blatt. Ich schreibe es deutscher Jugend Österreichs und des Reiches, daß sie es lese; daß sie erfasse, was sie besitzt. Gesammelt wie zum Gebete soll diese Jugend ausziehen an ihren Feiertagen, soll andächtig stehen in diesen Kirchen und Hallen, wandern durch diese Winkel der Provinzen, in denen noch immer, sogar heute, das Leben leiser, raunender geht.
Zuerst zu euch, ihr großen Bollwerke der Geschichte deutschen Werdens: Speyer und Mainz, Hildesheim, Aachen, Köln; die ganze Pracht an den Ufern des Rheins, Koblenz und Düsseldorf; dann die kleinen verträumten Städte mir dem Rebenduft, dem glitzernden Strom, dem leisen Hauch seliger Melancholie, in ihrer Intensität fast von Schmerz gestreifter Daseinsfreude. Euch ein Gedenken! Und dann strengeren Städten: Königsberg, in das es schon leise herüberweht aus Rußland; Danzig, in nationalen Kämpfen zum Leiden erkoren; das alte, uralte Hamburg mit dem Atem der Meere, Deutschlands hohe Bedeutung zur See, die in der Geschichte nie erlöschen kann. Lübeck und Bremen, stolzer Geschlechter, unbeugsamer Handelsherren Patrizierwiege, so voll von geheimen Herrlichkeiten, daß man hingeht wie im Traume; Münster, wo das Wort verstummt, die Seele es hält wie einen Gottesdienst der großen Erinnerungen. Da verblaßt in dieser graueren, kühleren Luft, in dieser herben Hoheit einer ungeheuren Völkertradition alle Schönheit Italiens, sie wird zum künstlerischen Spiele. Hier aber ist Unvergänglichkeit in jedem Bauwerk aus vergangenen Tagen. Hier atmet das ewig bedrängte, ewig streitbare, in sich ringende, mit Feinden ringende, immer wieder sieghafte deutsche Reich.
Die Marienburg. Ihr ein besonderes Gedenken. Ihr Hochmeister Werner von Orselen war das erste für die Bühne lebendig werdende deutsche Heldenbild, das ich siebzehnjährig schuf und auf den Brettern sah, im Rahmen seiner Veste. Deutsches Ritter- und Mönchstum zugleich, Kreuz und Schwert in einer Hand beisammen. Der slawische Geist, der in Österreich übermächtig geworden ist, hier wurde er in seinen heimlichen Raubgelüsten geknebelt, hier wurde er, was ihm zukommt, Höriger, Knecht, Vasall. Herr sein einer Welt kann und wird immer wieder nur deutsche Art. In ihren großen schlichten Zügen, mit ihren reinen Händen der Art der Väter und Ahnen. Hier geht noch ihr Weben. Kein junger Mensch soll sein, der die Marienburg des deutschen Ritterordens nicht besuchte wie ein Wallfahrender. –
Ungezählt sind sie, diese Städte, in denen die Schätze liegen, die Rost und Staub nicht zerstört, germanische Schätze. Ihnen aber reiht sich an gleich einer Schnur von Perlen Österreichs Schönheits- und Erinnerungsbuch der Natur, eingeprägt in Kastellen und Weilern, in Städten niedergeschrieben, ein Fundquell der Erinnerungen. Das ganze Donauland bis tief hinein nach Ungarn, die Alpeneinsamkeit deutscher Erblande, Kärntens grünsamtene Pracht mit den aufrechten Menschen, Steiermarks Norden und Süden, eine Doppeltragödie des Volkstums, Tirol im großen Freiheitskampf, Böhmen mit seiner Schlösserpracht, seiner finsteren Geschichte. Da ist soviel, daß das ganze Vaterland zum Buche wird, kaum zu erschöpfen von einem Menschen. Da soll man lesen, sehen, verstehen lernen.
Euch, ihr Herrlichkeiten deutscher Lande, euch geb' ich meiner Wanderjahre bestes Lied. Ich lauschte noch einmal in dunkeln Schloßhöfen, wo die Linden duften und wilder Wein bröckelnde Wände deckt; ihr alten Brunnen, meiner Kindheit Freunde! Ihr weiten Säle, ihr Kemenaten strömt die Ahnung aus, all derer, die gewesen. Erzählt! Ich hab' euch oft gehört, meines eignen Lebens darüber oft vergessen. Ihr Totenfelder großer Schlachten, ich stand auf euch, meine Seele schaute in Grauen und Begeisterung, in das Unerbittliche des ewigen Menschenringens. Erst mit dem letzten Menschen stirbt der Kampf.
Doch soll er gehen von Mann zu Mann, ehrlich und rechtlich, ohne die Dämonie heutiger, im Vernichten erfindungsreicher Tage.
Ihr Kirchen, wo man deutsche Kaiser krönte, tut euch noch einmal auf vor mir und sprecht von allem Hohen, allem gefahrvoll Tiefen der Menschennatur, von der Gewalt der Religion, für deren wechselnden Formenausdruck Millionen starben. Wenn er furchtlos wird, wie groß ist der Mensch! Das leuchtet als roter Hoffnungsfunke aus dem Lichttropfen der ewigen Lampe vor diesen Altären, um welche Könige knieten, vor denen Priester zu Völkern sprachen. Wie groß ist der Mensch! Er kann ohne Innerlichkeit nicht sein. Seine äußeren Güter wechseln, zerfallen; die Ewigkeitswerte der ringenden Seele blieben; grausam mißbraucht, verzerrt, aber sie blieben. Sie werden immer sein; das große Geheimnis unenträtselbarer Zusammenhänge bleibt.
Dir, deutsches Land mit all deinen Schätzen des österreichischen Herzens, tiefinnersten Gruß! Du warst die Offenbarung meines Lebens, aus Enge und aus Kleinheit hob sie mich. Du hast den begrenzten Blick kurzsichtigen Auges geweitet. Du lehrtest das Ohr den Pulsschlag wandernder Zeit zu verstehen. Und schufst aus mir den Menschen seines Jahrhunderts, der den Schlüssel finden durfte zur Vergangenheit. Das war, das ist der Reichtum meines Lebens. Ihn enteignet keiner. – Deutsches Land und Volk ich grüße dich.