Hermann Fürst von Pückler-Muskau
Aus Mehemed Alis Reich
Hermann Fürst von Pückler-Muskau

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Nachschrift

In diesem Augenblicke erfahre ich aus den Zeitungen und bestätigt durch bei Sr. Majestät unserm König soeben eingegangene direkte Berichte aus Alexandrien die seltsame Abdankung Mehemed Alis. Einige sehen darin Feigheit und Altersschwäche, andere gar Verrücktheit des ergrauten Helden. Beides ist möglich, weil es am Ende nur der stets gebrechlichen Menschheit angehört und es überdem eben nicht zu sehr verwunderlich wäre, wenn ein Mann, der sein ganzes Leben an ein großartiges, schwieriges Werk verwendete und dies dann in einem Augenblick mit täppischer Hand zertrümmern sieht – den Verstand darüber verlöre. Wie ich jedoch Mehemed Ali kenne, und indem ich diese neueste Begebenheit mit einer fast gleichzeitigen Nachricht von einem durch den Vizekönig mit dem Gouverneur von Indien abgeschlossenen Handelstraktat in Verbindung bringe, halte ich das Ganze vielmehr für einen tief angelegten und mit seiner gewöhnlichen schlauen Klugheit ausgeführten Plan Mehemed Alis, sich von nun an ganz in Englands Hände zu geben, nachdem er wohl eingesehen, daß er, von allen äußern Freunden im Unglück verlassen und von ägyptischen Intrigen umgeben, denen wahrscheinlich seine eigne Familie nicht fremd ist, nur bei England, das ihn gestürzt, auch allein die Macht findet, welche ihn, den beiderseitigen großen Vorteil jetzt besser einsehend, wieder fest zu stellen vermag. Mehemed Ali ist kein Pedant, ich wiederhole es, er nimmt immer die Dinge nicht vom Ideal aus betrachtet auf, sondern wie sie wirklich sind, und benutzt sie in dieser Hinsicht zu seinem eignen Vorteil nach dem Maßstabe der Ausführbarkeit. Inwiefern dies nun für einen Herrscher weise sei oder nicht, lasse ich hier ganz dahingestellt, jeder mag hierüber sein eignes Urteil fragen – daß aber Mehemed Ali so denkt, hat er von jeher bewiesen, und daher glaube ich, daß er auch diesmal demgemäß handeln wird. Jedenfalls darf er hoffen, unter englischem Protektorat sichrer zu regieren als unter türkischem oder dem irgendeiner andern europäischen Macht und unter keinem Verhältnis zugleich (denn die Engländer sind auch nie Pedanten) freieren Spielraum für das innere Wohl seiner Untertanen zu finden, der einzige und schönste Ruhm, der ihm von nun an noch übrigzubleiben scheint.

Nur die Zukunft kann lehren, ob ich mich in dieser Auslegung der wahren Absichten Mehemed Alis irre, denn alt ist er freilich, und öfter mag wohl noch trotz dem Sprichwort, die Jugend mit Tugend als das Alter mit Kraft vereint angetroffen werden. Indes keine Regel ohne Ausnahme – bis jetzt halte ich den Greisen Mehemed Ali, obgleich naturgemäß schon dem Ende seiner Laufbahn noch immer für eine solche.

Sagan am 22. August 1844.


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