Heinrich Pestalozzi
Lienhard und Gertrud
Heinrich Pestalozzi

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90.
Vortrag Hartknopfs, des Ehegaumers.

Gnädiger Herr!

Ist es auch erlaubt, im Namen der Bauern Eurer getreuen Gemeinde Bonnal etwas anzubringen, das eine Gewissenssache ist?

Arner. Ich will hören. Wer bist du? was hast du?

Ehegaumer. Ich bin Jakob Christoph Friedrich Hartknopf, der Ehegaumer und StillständerEiner der Kirchenvorsteher, die bisweilen nach der Predigt beim Pfarrer still stehen, um kirchliche Angelegenheiten zu besprechen. von Bonnal, meines Alters 56 Jahre. Die Vorgesetzten des Dorfes haben mich im Namen der Gemeinde erbeten und erwählt, daß ich für sie, da sie einmal in geistlichen Sachen nicht erfahren und beredet sind, etwas vorbringe.

Arner. Nun denn, Ehegaumer Hartknopf, zur Sache!

Ehegaumer. Gnädiger Herr! wir haben von unsern Alten einen Glauben, daß der Teufel und seine Gespenster dem Menschen oft und viel erscheinen. Und da einmal jetzt heute offenbar worden ist, daß unser alter Glaube an die Gespenster wahr ist, wie wir denn alle keinen Augenblick daran zweifelten; so haben wir in Gottes Namen die Freiheit nehmen müssen, unserm gnädigen Herrn anzuzeigen, daß einmal unser Herr Pfarrer – Gott verzeihe es ihm! – nicht dieses Glaubens ist. Wir wissen auch wohl, daß selbst Euer Gnaden wegen der Gespenster es mit dem Herrn Pfarrer halten. Da man aber in Glaubenssachen Gott mehr gehorchen muß als den Menschen, so hoffen wir, Euer Gnaden werden es uns in Untertänigkeit verzeihen, wenn wir bitten, daß der Herr Pfarrer in Zukunft hinsichtlich des Teufels nach unserm alten Glauben lehre, und nichts mehr gegen die Gespenster rede, die wir glauben, und glauben wollen. Auch wünschten wir, daß auf einen nahen Sonntag ein Fast-, Bet- und Bußtag gehalten werden möchte, damit wir alle die überhandnehmende Sünde des Unglaubens gegen die Gespenster im Staub und in der Asche gnädiglich und auf einen besonders dazu angesetzten Tag abbeten können.

Der Junker und der Pfarrer konnten freilich das Lachen schier gar nicht verbeißen, bis er fertig war; doch hörten sie ihm mit aller Geduld zu. Die Bauern aber freuten sich in ihrem Herzen über diese Rede, und sie beschlossen, den teuern Mann zu Hunderten heim zu begleiten, da sie ihn nur zu dreien abgeholt hatten. Auch standen sie zu Dutzenden auf, und sagten: Gnädiger Herr, das wäre in Gottes Namen unser aller Meinung, was der Ehegaumer da sagt!

Den Armen aber und allen denen, welchen der Pfarrer lieb war, war es recht angst und bange für ihn; und da und dort sagte noch einer zum andern: Wäre er doch nur auch nicht so unglücklich, und glaubte auch was andere Leute; er ist doch sonst auch so brav! Diese aber durften nicht reden, so weh es ihnen tat, daß seine Feinde jetzt triumphierten.


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