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Drei und zwanzigstes Capitel.

Fern von aller Festlichkeit und Freude in seinem Unmuth darüber, daß er Wlasta noch nicht gefunden habe, vernahm Wladimir nichts von dem köstlichen Mahle, welches der Kaiser zu Ehren der Wiederzusammengefundenen noch am selbigen Abende hielt. Der Jubel breitete sich aus über Stadt und Wäringerburg, aber eben deßhalb wurden Stadt und Wäringerburg dem zürnenden Bulgarenfürsten verhaßt, und ohne zu fragen, wovon die Rede sey, schwang er sich auf sein Roß, jagte zu den Thoren hinaus, und warf sich draußen in einem blühenden Lustwäldchen auf den Rasen hin, seinem entzügelten Thiere die Weide rings umher frey gebend. Da rief er, die Nacht hindurch, bald zornige Worte gegen das Gestirn empor, bald wieder sang er Stellen aus heimischen Liebesliedern, und netzte mit heißen Thränen die Blumen. Gegen Morgen schloß ihm der Schlummer der Ermattung die brennenden Augen zu, und seltsame Träume hielten vor seinem Geiste ein gaukelhaftes Spiel.

Darin verwebte sich nach und nach immer deutlicher die Melodie eines bulgarischen Liedchens, die in aller Weichheit, welche den slawischen Gesängen eigen zu seyn pflegt, von einem nahen Saitenspiel in sein Ohr zu schwirren begann. Lange hatte er sich gegen das volle Erwachen gewehrt, fürchtend, die trauten, vaterländischen Klänge möchten vor dem Funkeln des ersten Sonnenstrahles verhallen; da hörte er das Klirren einer Waffenrüstung nahe bey sich, und fuhr empor, Thiodolf ging so eben, wie lustwandelnd, mit einer hohen, wunderschönen Frauengestalt, die ein lächelndes Knäblein auf dem Arme trug, an ihm, vorüber, und sagte zu seiner Begleiterin:

»Es ist, wie als Philomelen die Sprache genommen war. Ihre holden, seelenbezaubernden Klänge bleiben ihr doch.« –

Dabey ließ er einen freundlich lächelnden Blick auf Wladimir fallen, und verlor sich mit seiner Gesellschaft in ein nahes Gebüsch. Wie verzaubert starrte Wladimir um sich her, denn die weichen Zitherklänge schallten noch immer in bulgarischer Weise durch das Gebüsch, und nun kam auch sein edles Roß herbeygetrabt, mit leisem, freudigen Wiehern, und ließ sich vor dem laubigen Dunkel auf die Knie nieder, wie es vor Wlasta zu thun in frühern, glücklichen Zeiten gewohnt gewesen war.

»O du gütiger Himmel,« rief Wladimir aus, »jetzt muß ich sie finden, oder nie! Denn träte nun abermals die dunkle Ferne zwischen uns, – wem könnt' ich denn da noch angehören, als den entsetzlichen Göttern des Wahnsinns!«

Aber die furchtbaren Worte waren noch nicht völlig gesprochen, da schwebte Wlasta schon aus dem Gezweige hervor, die Zither am Arm, leuchtend in den Strahlen des Morgens und der selig beglückten Liebe. Zugleich erschienen auch Thiodolf und Isolde wieder, und führten die Freudezitternden einander zu, und Tristan Giocondo hatte sich eine Blumenkette gewunden, die schlang er mit kindlicher Anmuth um das wiedervereinigte Paar.

Die spätern beruhigten Augenblicke gaben Raum zu der Erzählung, wie durch Isoldens Gewalt über den vor ihrer reinen Herrlichkeit scheuen Glykomedon Wlasta errettet und befreyt worden sey, und nachher in keiner Prüfung von ihrer theuern Helferinn habe lassen wollen, bis auf den gegenwärtigen, so Vieles versöhnenden Zeitpunkt.

Wladimir sah freudig in Thiodolfs Auge, sprechend:

»Du sagtest einmahl, mein großer Sieger, dir liege nicht weniger daran, Wlasta zu finden, als mir. Nun glaub' ich dich zu verstehen. Nicht wahr, wir haben Beyde gefunden, und ich darf sagen: Glück auf?«

»Ja, viel hab' ich gefunden,« entgegnete Thiodolf, »unendlich viel. Aber das Ewige fehlt dennoch. O, wer zeigt mir die Wege zum weißen Christ. Denn, wer den nicht gefunden hat, was hat er nur irgend auf der Welt?«

Isolde erhob im stillen, feyerlichen Gebeth Auge und Herz zum Himmel, und der kleine Tristan faltete seine Händchen voll süßer, unbewußt flehender Andacht mit


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