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Vierzehntes Capitel.

Die Kriegsleute hielten draußen auf dem Anger ein herrliches Fest. Thiodolf, mit ihm Philippos, Wladimir, und die erlesensten Hauptleute wurden durch den Kämmerling Michael Androgenes in die kaiserlichen Gärten geladen.

Unter hellblühenden Lauben setzte man sich zum Mahl. Gleich goldnen Bienen flogen die mannigfachsten Musiktöne durch das Gezweig, und verschlangen sich in unsichtbarer Lieblichkeit zu seligen Accorden. Als der Abend hereindunkelte, strahlten Lampenschimmer zwischen den Blättern auf, man erhob sich von der Tafel, und ein Lustwandeln begann unter den hochgewölbten Laubgängen, oder ein Rudern auf zierlichen Barken über die vielen Teiche und Kanäle der Gärten hin. Thiodolf bebte, wie in einem wunderbaren Traum, und auf seinen Lippen schwebten Worte der Wehmuth und Liebe, noch unausgesprochen, aber in jedem Augenblicke bereit, Gestaltung zu gewinnen, denn fast immer war die blühende Zoe an seiner Seite.

Da leuchtete plötzlich von einer freyen Durchsicht herüber der Propontis in aller Herrlichkeit des eben heraufsteigenden Mondes, und mit schneller Gewandtheit sich aus der Menge der Damen und Ritter verlierend, eilte Thiodolf in unendlicher Sehnsucht dem ihm so wohlvertrauten Element entgegen.

Angelangt an dem blühenden Strande, eine dichte Wand von Hecken und laubigem Gezweig zwischen sich und dem verlockenden Feste, kniete er nieder, streckte die Arme verlangend aus, und rief über die funkelnde Meeresfläche hin:

»O Ihr Fluthen, ihr Alles verknüpfenden, mit tausendfachen Umarmungen die Erde umschlingenden, die ihr in endlos freudiger Gemeinschaft lebt mit denen, die Islands waldigen Hägestrand umrauschen, mit denen, die sich um Afrika's goldgelbe Küste ziehn, – ja, ich flüchte zu Euch! Ihr sollt mir ein Zeugnis geben, daß ich allwärts ein treuer und rühmlicher Fechter war, ihr sollt mir Kunde bringen von der starken Heimath, Kunde von der Holden, die ich suche durch manch ein schweres, an innern Kämpfen hartes Jahr. Kühlen sollte ihr mir die heiße, von Südlands glühenden Strahlen verletzte Brust, heraufrufen mir den Schatten meines herrlichen Vaters. O Vater Asmundur, dein Grab ist fern auf unserer lieben Heldeninsel, aber hebe dich empor aus deinem Steingeklüft, und schwebe über die Fluthen, die du im Leben so oftmahls siegend beschifft, schwebe heran über sie, und hilf deinem Sohn. Er ruft dich nicht gegen Feinde, die man mit Schwert und Lanze bezwingen kann, – du weißt, da hilft er sich immer ehrlich selbst, – er ruft dich gegen das, was irr und dunkel in seinem Herzen tobt, was er nicht will, und dennoch darnach hinsehen muß – Vater Asmundur hilf! Bringe mir Kunde von den Walhalsgöttern, oder ach, wenn es irgend seyn kann, bringe mir Kunde vom lieben weißen Christ. Du sieht es wohl, wie sich Alles, was ich liebe, vor mir in dunkle, neblige Schleyer hüllt, und nicht haben will, daß ich es finde. Vater Asmundur, hilf! Hilf, hochgewaltiges, heiliges Meer!«

Kein Schatten kam über die Fluth heran, keine Stimme tauchte aus ihren leuchtenden Wellen auf, aber eine süße, beruhigende Mattigkeit zog durch des leidenden Helden Brust; müder, als je nach dem heißesten Streit, sank er in die duftenden Gräser zurück, der Schlaf kam lindernd und sänftigend über ihn.


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