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Vor der Sophienkirche drängte sich am Morgen darauf eine unzählige Menge Volks, standen die Heerscharen, welche die Hauptstadt besetzt hielten, in voller, glänzender Harnischpracht, und aus den geweiheten Hallen tönten Lobgesänge zu den schwelenden Orgeltönen feyerlich empor. Der Kaiser wohnte einer großen Messe bei, um den glücklichen Ausgang des bevorstehenden Feldzuges zu erflehen; auch sollten nach dem Gottesdienst viele junge Edelherren und verdiente Kriegsmänner zu Rittern geschlagen werden.
Als der Glocken Läuten schwieg, und man das Hochamt beginnen hörte, neigte sich Philippos vor Thiodolf, der mit seiner Islandsschar und den übrigen heidnischen Kriegsleuten draußen stehen geblieben war, sprechend:
»Du lieber, hoher Herr, schilt nicht, wenn ich dich jetzt verlasse. Christus ruft, und das ist die einzige Art, wie ich dich jemals verlassen kann.«
Thiodolf winkte ihm freundlich zu, und Philippos ging in die Kirche.
Traurig blieb der Norderheld zurück. Hatte er ja doch den weißen Christ so lieb, und diese Sophienkirche so lieb, und war nun dennoch zur rechten Erkenntniß nicht gelangt, so daß er die schöne Feyer weit mußte an sich vorüberklingen lassen. Und wie bebte ihm erst das Herz, als nach geendigtem Hochamt ein Herold in die Pforten der Kirche trat, ausrufend, jetzt gehe der Ritterschlag an, und wer noch darauf Anspruch zu machen gedenke, solle sich stellen vor kaiserlichem Stuhl; sey es aber ein heidnischer Kriegsmann, so müsse er vor allen Dingen erst das Bad der heiligen Taufe empfahn, dazu fänden viel fromme Bischöfe mit willigen Herzen bereit. Die letztere Ermahnung schien absichtlich um Thiodolfs willen hinzugefügt; es war auch fast, als strebte sein Fuß gewaltsam vorwärts, aber er sagte in sich hinein: »halt! zu des weißen Christs Ehre und Verherrlichung, halt!« Und so blieb er mit tiefen Kummer in unverletzter Treue stehen.
Der Herold schritt in die Kirche zurück, und Philippos kam im selben Augenblick heraus, seinen alten Platz hinter Thiodolf wieder einnehmend. –
»Was denn, Jüngling,« fragte der Norderheld erstaunt, »haben sie auch dich nicht zum Ritterschlagen wollen?« –
Philippos neigte sich schweigend.
»Das versteh' ich fürwahr nicht,« fuhr Thiodolf fort. »Du bist ein Christ, von ritterlichem Stamm geboren, führst deine Waffen gut, und ich sehe wohl, daß kaiserliche Edelknaben ein ganz vorzügliches Recht zu dieser Ehre haben. Philippos, ich will wissen, was dich davon ausschließt, und als dein Feldhauptmann gebiete ich dir bey Ehre und Pflicht, sag mir es an.«
Philippos neigte sich abermals tief, und sprach:
»Ich darf nicht schweigen. Nun dann! Mein Wille schließt mich aus. Der Jünger soll nicht vor einem Meister gehen. Wenn der tapferste aller Wäringerhauptleute dereinst den Ritter schlag empfängt, empfäng' ich ihn auch.«
Thiodolf drückte den Jüngling in heißer Näherung an sein Herz, und konnte nur die Worte hervorbringen: »in Noth und Tod. In Freud und Leid. Eins du wackerer Knabe, ganz unzerreißbar Eins!«
Da kamen die Herrschaften aus der Sophienkirche, hinter ihnen die neuen Ritter; die Scharen auf dem Platz traten in's Gewehr, und Thiodolf drückte die Thränen der seligsten Rührung aus seinem Auge fort, sich mit feyerlich kriegerischer Haltung vor sein Geschwader stellend.
Dicht an ihm hin schritt in seiner vollen Herrscherpracht der Kaiser, und schien auf einen Augenblick Halt machen zu wollen, um einige Worte der Warnung und Lehre in des jungen Hauptmannes Ohr zu flüstern; aber der ernste Anstand zog ihn vorüber. Er neigte sich mit väterlich wehmüthiger Freundlichkeit, und ging davon. Ihm folgten seine beyden Töchter. Die ältere Zoe grüßte mild und gütig, wie immer, aber auch die bleiche Theodora schaute dießmahl mit lächelnder Huld auf den ihr sonst so verhaßt scheinenden Nordländer. Ja, sie beschrieb mit ihrer weißen Hand das Zeichen des Kreuzes gegen ihn, und flüsterte dazu: »Gott erleuchte Dich! Du bist dennoch ein edler, blüthenverheißender Zweig.« –
Dunkel stieg es wieder in Thiodolfs Gemüth auf, ob diese wohl die heimliche Helferinn sey, die ja auch im Garten so friedvoll von ihm geschieden war, oder ob die Liebesgöttin Freya in Beyder Gestaltung – er konnte den Gedanken nicht ausdenken, denn die blühende Zoe schritt jetzt eben vorüber, und, seine Sinne verwirrten sich. Er bemerkte nur, daß sie die schönen Augen fest an die Erde heftete, geflissentlich bemüht, keinen Blick auf ihn fallen zu lassen –
Bald darauf kamen die neuen Ritter, in ihrem jungen Waffenschmuck freudig umher schauend, und von dem hoffenden Volke mit lauter Jubelstimme begrüßt. Da ward doch Thiodolfs Herz sehr schwer, aber er wandte sich, und drückte Philippos Hand, und es schoß in ihm auf, wie selig verheißende Blumenbeete in den Lichtern der Zukunft.