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Eines Morgens früh saß Thiodolf auf einem Hofe der Wäringerburg nachdenklich vor der Thür. Er wartete auf einige junge Araberhengste, welche er und Philippos zureiten wollten, und während des Harrens hatte er eine Zither zur Hand genommen, wehmüthig ernste Töne daraus hervorlockend. Philippos stand neben ihm, und sang, ohne daß Thiodolf Acht darauf gab, folgende Worte in das Schwirren der Saiten:
»Vor Ilions Mauern,
Wen sieht, wen hört man trauern
Am feuchten Strande der See?
Achilleus spielt die Zither,
Der mächtige Griechenritter,
Ihn ist uns Herze so weh:
Des Krieges Stürme,
Sie droh'n um Feindes Thürme,
Doch bin ich vom Kampfe weit.
Und die mein Herz gefangen,
Briseis mit blühenden Wangen,
Die hat mir entführt der Neid.
Ich muß verderben,
Muß still im Leid ersterben,
Mich rette denn zweyerley:
Der Holden Liebesstimme,
Die Schlacht im lustigen Grimme,
Das schüfe mich keck und frey.
So aber –«
Helmfrids plötzliche Erscheinung unterbrach Zitherspiel und Gesang. Der große Wäringerfürst stellte sich leuchtenden Auges vor Thiodolf hin, faßte den Handgriff der guten Klinge Rottenbeißer, und klirrte daran, sprechend: »wohlauf nun, gutes Schwert, wohlauf nun aus deiner allzulangen Rast! Die Bulgaren sind losgebrochen, ihre Bundesgenossen allesammt dazu, und übermorgen rücken wir in's Feld!«
Mit einem Freudenruf sprang Thiodolf an den Hals eines Obersten, Philippos kniete nieder, küßte Rottenbeißer an der Spitze, und sagte leise: »wo du mir Bahn zeigst, will ich rasch hinterdrein sprengen, so Gott mir helfe!«
Zugleich wurden die jungen Araberhengste ins Thor geführt, Thiodolf schritt freundlich auf sie zu, klopfte dem einen das Kreuz, streichelte dem andern die Mähne, sah den dritten zutraulich in die hellen Augen und sprach dazu:
»Ihr armen Dinger, Ihr habt es nun bey weitem nicht so gut, als wir, denn mit ins Feld könnt Ihr wahrhaftig nicht gleich. Sagt nur selbst, meine lustigen Burschen, seyd Ihr nicht noch viel zu unbändig und leichtfertig dazu? Aber habt Geduld, und laßt Euch gut ziehn; da könnt Ihr in Jahresfrist nach, und ich hoffe, so lange halten die Bulgaren doch sicherlich aus. Eher darüber, als darunter, denn man sagt ihnen nach, daß sie verwegenes, hochgewaltiges Kriegsvolk seyen.«
Darauf ließ er die Rosse wieder fortführen, stieß in ein silbernes Horn, und wie sich seine Isländer und Norweger um ihn sammelten, sprach er sie mit fröhlichen, ehrezündenden Worten an, ihnen die kriegerische Bothschaft mittheilend, und sie aufmunternd, nicht minder frisch und waffenhell ins Feld zu rücken, als sie bisher vor den zierlichen Frauen von Konstantinopolis auf die Uebungsplätze hinaus gezogen waren. Ein freudiges Zusammenschlagen der Schilde gab die Antwort, und als sich Thiodolf entlassend neigte, flog die Schar jubelnd auseinander, Waffen und Rosse zum nahen Aufbruche zu bereiten.
Helmfrid hatte mit freudigem Behagen dem Treiben eines jungen Hauptmannes zugesehen; nun er mit ihm allein auf dem Platze stand, faßte er ihn unter den Arm, und sagte:
»Lieber, junger Held, der Kaiser hat in Betreff deiner einen großen Wunsch. Er möchte, daß du dich vor dem Ausrücken noch taufen ließest, theils um dir mehr Ehre und Gnade erzeigen zu können, vorzüglich aber, damit er deine Seele gesichert wisse im Paradiese, falls dich Gott erkoren hätte, in diesem Kriege zu sterben.«
»Der Kaiser ist ein herzlieber, freundlicher Herr;« sagte Thiodolf, vor sich hinlächelnd. »Er wird ja aber doch nicht begehren, daß ich mit einer Lüge ins Feld rücken soll. Da wär's um alle Freudigkeit zu großen Thaten geschehn, und Euch kann ich's wohl sagen, Meister, ich hoffe deren unterschiedliche zu vollbringen, ehe wir die Thürme dieser schönen Hauptstadt wieder erblicken.«