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Zwölftes Capitel.

Einige Stunden darauf ließ Thiodolf den gefangnen Fürsten Wladimir in ein Zelt rufen. Der isländische Held, wie sein ganzes Heer, eine Scheu tragend vor den unheimlichen, rauchgeschwärzten Behausungen der Bulgarenveste, hatte es nämlich vorgezogen, unter ihren lustig im Grünen aufgeschlagnen Kriegswohnungen zu beharren. Als Wladimir eintrat, löste ihm Thiodolf die Bande, sprechend:

»Was unritterliches in deinem Fechten war, soll nun vergessen seyn. Ich will mit dir sprechen, wie mit einem freyen, ehrbaren Mann.«

Wladimir aber sah ihn wild von der Seite an, und erwiederte nur, eine Verwünschung zwischen den Lippen zerdrückend: »Wlasta!«

»Um die hat dich dein wilder Götzenpriester gebracht, und kein andrer Mensch in der Welt!« sagte Thiodolf.

»Ich sah es wohl,« sprach Wladimir, »wie den deine schwere Lanze in ein Todesblut warf, und wahrhaftig, ordentlich lieb hätt' ich dich gewinnen können in dem ernsthaften Augenblick, denn freylich, gerade der Oberpriester trägt die erste, entsetzliche Schuld meines Wehes. Aber sind nicht nachher griechische Raubritter gekommen, und haben mein herrliches Lieb entführt, wie es sich verirrt hatte in der großen Waldung? Es sind Hirten unseres Volkes dabey gewesen, und denen haben die Räuber noch trotzend zugerufen, sie brächten das schöne, stumme Bild nach der Kaiserstadt, zur Beute eines Menschen, den sie Glykomedon nannten.«

»Dem Glykomedon,« sagte Thiodolf, »hab' ich vor nun schon zwey Jahren den Hals gebrochen.«

»Danke!« rief, seine Hand fassend, der Bulgarenfürst. »Weiß ich ja doch, daß ein Ritter, wie Du, nicht lügen kann. Aber bey allen Göttern, was hast du vernommen von meiner schönen, schweigenden Wlasta?«

Thiodolf blieb eine ganze Weile nachsinnend still. Die schöne Stumme, durch welche Isolde ihre Bilder gesandt hatte, und der er selbst so lange auf der Spur gewesen war, stieg vor seinem Geiste herauf, und endlich sprach er: »Wladimir, wenn mich nicht Alles trügt, ist Wlasta in Konstantinopolis, und ich habe sie selbst gesehen. Zieh mit mir, und wir wollen sie suchen. Mir liegt wahrhaftig nicht weniger daran, sie zu finden, als dir.«

Nach bulgarischer Sitte fiel Wladimir an den Boden, und wollte Thiodolfs Füße küssen. Aber der edle Isländer bezeugte ihm seinen Abscheu gegen diese Erniedrigung, hob ihn empor, und beyde Fürsten gingen nun über den Frieden miteinander zu Rath.

Die Bedingungen, welche Thiodolf vermöge einer unbegränzten Vollmacht vorschlug, waren in freyer, edler Nordmannsweise gedacht:

»Wladimir sollte die Herrschaft über alle Bulgarenstämme behaupten, und sie verwalten nach den eignen Sitten und Rechten des Volks, aber als ein geschworner Lehnsmann des Kaisers; um sich die feyerliche Bestätigung abzuhohlen, und seinen Eid feyerlich abzulegen, müsse er, sammt einigen der vornehmsten Bulgaren, mit nach Konstantinopolis ziehen; das Lehren des christlichen Glaubens seye fortan in allen bulgarischen Landen frey, und jeglicher Christenpriester unverletzlich.« –

Wladimir empfand tief den milden Ernst, die heldenmüthige Huld dieser Bedingungen, und gab sich willig in Thiodolfs und des Griechenreiches Schutz.


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