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Da sprach sie: »Du bist Parzival. Nun sage, sahest du den Gral |
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252 | Und den Wirth, den Freudeleeren? Laß liebe Kunde hören. Ist sein Jammer noch zu stillen, Wohl dir, der selgen Reise willen! |
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5 | So weit die Lüfte Land umfangen, So weit soll deine Hoheit langen. Dir dienet Alles, Zahm und Wild, Aller Erdenwunsch ist dir gestillt.« Parzival der Weigand |
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10 | Sprach: »Woran habt ihr mich erkannt?« Da sprach sie: »Sieh, ich bins, die Magd, Die dir ihr Leid schon hat geklagt, Dir deinen Namen nannte. Verschmäh nicht die Verwandte: |
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15 | Deine Mutter ist mir Muhme, Aller Erdenreinheit Blume, Ob lautern Thau sie nie empfing. Gott lohns, daß dir so nahe ging Mein Freund, den eine Tjost mir schlug. |
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20 | Hier hab ich ihn. Noth genug Hat mir Gott an ihm gegeben, Daß er nicht länger sollte leben. Er war reich an Mannesgüte: Aus seinem Tod mein Leid erblühte; |
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25 | Auch hat sich mir von Tag zu Tage Schmerzlich um ihn erneut die Klage.« »O weh, wo blieb dein rother Mund! |
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253 | Das ist von deinem Haupt geschwunden. Da ich dich in Briziljan gefunden, Da warst du noch so minniglich, Obwohl schon Jammer warb um dich. |
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5 | Jetzt verlorst du Farb und Kraft. Dieser traurigen Gesellschaft Verdröße mich, sollt ich sie haben: Laß diesen Todten uns begraben.« Die Augen näßten ihr das Kleid. |
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10 | Auch hätt ihr wohl zu keiner Zeit Lunete solchen Rath gegeben. Die rieth der Herrin: »Laßt am Leben Diesen Mann, der euern schlug: Er giebt euch wohl Ersatz genug.«253, 10–14. Anspielung auf den Iwein, das Meisterwerk Hartmanns von Aue. Lunete rieth ihrer Herrin, den Ritter, der ihren Gemahl erschlagen hatte, zum Mann zu nehmen. Ihre Hauptgründe sind: der Ritter habe ihren Gemahl erschlagen müßen, weil er sonst von ihm erschlagen worden wäre; auch sei er tapferer als ihr erster Mann, weil sonst dieser den Ritter besiegt hätte, nicht der Ritter ihn. Somit sei er gar wohl geeignet ihren Verlust zu ersetzen. |
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15 | Sigune wollte kein Ersetzen Wie Fraun, die Wechsel mag ergetzen, Die mir zu nennen nicht behagen. Hört mehr von Siguns Treue sagen. Die sprach: »Soll mir noch Freude werden, |
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20 | Die wird mir, wenn ihn die Beschwerden Laßen, den unselgen Mann. Sollt er von dir Hülf empfahn, Fürwahr, so bist du Preises werth; Du trägst am Gürtel auch sein Schwert. |
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25 | Kennst du denn des Schwertes Gaben? Du magst zum Kampf wohl furchtlos traben. Ihm liegen seine Schärfen recht. Ein Schmied von edelm Geschlecht, Trebüschet, schufs mit eigner Hand. Einen Brunnen steht bei Karnant; |
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254 | Drum heißt des Landes König Lach. Das Schwert besteht den ersten Schlag, Doch von dem andern brichts entzwei. Bringst du's zum Brunnen, wieder neu |
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5 | Wird es von des Waßers Guß. Doch von der Quelle nimm den Fluß, Am Fels, eh ihn beschien der Tag. Der Brunnen heißt auch selber Lach. Wenn nicht versplittert sind die Stücken, |
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10 | Man muß sie recht zusammendrücken, Indem der Brunnen sie benetzt; Ganz und noch viel schärfer jetzt Wird gleich ihm Falz und Schneide sein, Und jedes Mal behält den Schein. |
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15 | Doch das Schwert bedarf ein Segenswort:254, 15. Segenssprüche pflegten Schwertern eingegraben zu werden, um sie zu höherer Kraft zu weihen. Nach einem Segensspruche, der auf einem Schwerte des Anfortas stand, wirkte Trebüchet nach 490, 21 die 234, 18 ff. zuerst erwähnten silbernen Meßer. Dieß Schwert muß aber ein anderes gewesen sein, als das hier gemeinte, welches Trebüchet selber geschmiedet hatte. Daß hier von keinem wirklichen Segensspruch die Rede ist, sondern Sigune die unterlassene Frage meinte, ist Einleitung §. 25 ausgeführt. Das fürcht ich, ließest du dort. Hats jedoch dein Mund gelernt, So gedeiht und wächst und kernt Des Heiles Fülle stäts bei dir. |
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20 | Lieber Vetter, glaube mir, So dienet immer deiner Hand, Was Wunders dort dein Auge fand; So muß dir die Krone Des höchsten Heils zum Lohne |
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25 | Ob allen Würdgen werden; Was man wünschen mag auf Erden, Wird dir völlig gegeben: So reich mag Niemand leben, Der sich dir vergleichen kann, Hast du der Frag ihr Recht gethan.« |
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»Keine Fraget sprach er, »that ich da.« |
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5 | So große Wunder, wie ihr saht, Daß eur Mund da keine Frage that! Ihr saht doch den hehren Gral, Saht edler Frauen reiche Zahl, Die werthe Garschiloie |
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10 | Und Repans de Schoie, Schneidendes Silber, blutgen Sper. O weh, was kommt ihr zu mir her? Unseliger, verfluchter Mann! Ihr tragt des giftgen Wolfes Zahn, |
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15 | An dem die Galle bei der Treue So früh sich zeigt zu später Reue. Euch hätt eur Wirth erbarmen sollen, An dem Gott Wunder wirken wollen: So fragtet ihr nach seiner Noth. |
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20 | Ihr lebt und seid am Heile todt.«
Da sprach er: »Liebe Base, zeigt |
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25 | Sigune. »Mir ist wohl bekannt, In Monsalväsch an euch verschwand Ehr und ritterlicher Preis. Ihr findet nun in keiner Weis Antwort fernerhin bei mir.« So schied Parzival von ihr. |
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Daß er zu fragen war so laß, |
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5 | Seine Noth war groß, der Tag war heiß, Er begann zu triefen von Schweiß. Den Helm, sich zu lüften, band Er ab und trug ihn in der Hand; Auch entstrickt' er die Vinteilen256, 9. Der untere Theil des Helmes, der den Mund bedeckte und geöffnet werden konnte; fr. ventaille. sein; |
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10 | Durch Eisenrost war licht sein Schein.
Er kam auf eine frische Spur: |
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15 | Eine Frau, die vor ihm ritt In einem hinkenden Schritt. Von Mangel schien das Pferd gequält, Man hätt ihm durch die Haut gezählt Seine Rippen allzumal: |
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20 | Wie ein Härmlein war es fahl. Eine Halfter trugs von Bast, Zu den Hufen fiel die Mähne fast, Die Augen tief, die Gruben weit. Der Gaul war von langem Leid |
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25 | Abgequält und abgehetzt; Oft weckt' ihn Nachts der Hunger jetzt. Er war dürr wie Zunder; Sein Gehn war ein Wunder, Zumal die Werthe, die er trägt, Wohl selten noch ein Pferd gepflegt. |
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Das Reitgeräthe allzumal |
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5 | Sie hatt an Ueppigkeit nicht Theil; Ihr Obergurt war ein Seil: Dem war sie doch zu wohlgeborn. Hier ein Zweig und dort ein Dorn Hatt ihr das Kleid zerrißen. |
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10 | Wo's von Zerren war zersplißen, Da wars geflickt mit Stricken; Darunter sah er blicken Ihre Haut noch weißer als ein Schwan. Sie hatte nichts als Hadern an: |
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15 | Wo ihr die geschützt die Haut, Da wurde sie so blank erschaut; Das Uebrige litt von Sonne Noth. Wie es auch kam, ihr Mund war roth: Den sah man solche Farbe tragen, |
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20 | Man hätte Feuer draus geschlagen. Wo man sie mocht anreiten, Stäts wars zur bloßen Seiten; Nennte sie Einer Vilan, Der hätt ihr Unrecht gethan, |
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25 | So wenig hatte sie an ihr. Unverdient, das glaubet mir, Trug die Frau so großen Haß, Die nie der reinsten Zucht vergaß. Noch viel von ihrer Armut |
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30 | Sagt' ich leicht; es ist schon gut: Ich nähm doch ihren bloßen Leib Für manches wohlgeschmückte Weib. |
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Da Parzival den Gruß ihr bot, |
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5 | Sie sprach: »Ich hab euch einst gesehn; Groß Leid ist mir davon geschehn. Möcht euch mehr Freud und Ehren Gott immerdar gewähren, Als ihr verdient habt an mir. |
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10 | Nun hat mein Kleid nicht solche Zier, Als da ihr mich zuerst ersaht. Herr, wenn ihr mir nicht genaht Wäret zu derselben Zeit, So hätt ich Ehre sonder Leid.« |
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15 |
Da sprach er: »Frau, bedenkt es wohl, |
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20 | (Es wär mir selber keine Zier), Seit ich den Schild zuerst gewann Und auf Waffenthaten sann. Doch muß mich euer Kummer peinen.« Sie ritt dahin mit lautem Weinen, |
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25 | Auf die Brüste rann es ihr, Brüste, wie gedreht so zier, Sie standen hoch empor und weiß; Es könnte keines Drechslers Fleiß Sie schöner bilden sicherlich. War sie gleich so minniglich, |
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259 | Sie must ihn doch erbarmen. Mit den Händen, mit den Armen Begann sie sich zu decken Vor Parzival dem Recken. |
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5 | Da sprach er: »Herrin, nehmt um Gott, Denn ich biet es ohne Spott, An euern Leib mein Ueberkleid.« »Herr, und wär das außer Streit, Daß all mein Glück daran hinge, |
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10 | So wagt' ich nicht, daß ichs empfinge. Wollt ihr uns Tödtens machen frei, So reitet schnell an mir vorbei: Obwohl ich minder meinen Tod Beklagen würd als eure Noth.« |
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15 | »Frau, wer nähm uns wohl das Leben? Das hat uns Gottes Macht gegeben. Und heischt' es auch ein ganzes Heer, So stünd ich doch für uns zu Wehr.« Sie sprach: »Es heischts ein werther Degen: |
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20 | Der ist so tapfer und verwegen, Daß eurer Sechs ihn nicht bestreitet: Mir ist leid, daß ihr hier bei mir reitet. Ich bin einmal sein Weib gewesen; Jetzt taugte mein verkümmert Wesen |
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25 | Des Helden Dirne nicht zu sein: So schafft er mir mit Zürnen Pein.« Da hub er zu der Frauen an: »Sagt an, wer ist bei euerm Mann? Denn flöh ich jetzt nach euerm Rath, Das däucht' euch selber Missethat. |
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260 | Bevor ich fliehen lerne, Ich sterbe wohl so gerne.« Da sprach die bloße Herzogin: |
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5 | Das hilft euch nicht, wenn Streit sich hübe.« Nichts als Hadern und die Schiebe War an der Frauen Hemde ganz. Bei Armut trug sie den Kranz Weiblicher Zucht in Blüte. |
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10 | Sie pflag so reiner Güte, Daß aller Falsch an ihr verschwand. Er verstrickte der Vinteilen Band; Den Helm er mit den Schnüren, Zum Kampf ihn zu führen, |
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15 | Auf dem Haupte zurechte rückte. Das Ross, das sich bückte, Schrie dem Pferde zu mit lautem Schall. Der da ritt vor Parzival Und vor der bloßen Frauen, |
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20 | Vernahms, und wollte schauen, Wer bei seinem Weibe ritte. Das Ross mit Zornessitte Warf er herum mit aller Kraft. Mit eingelegtem Lanzenschaft |
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25 | Hielt der Herzog Orilus Zur Tjost bereit, mit festem Schluß Und rechter mannlicher Wehr. Von Gahevieß war sein Sper: Die Farben zeigt' er oft genug, Die er auch in seinem Wappen trug. |
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Seinen Helm wirkte Trebüschet. |
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5 | Rand und Buckel hatten Kraft. Zu Alexandrien in der Heidenschaft War gewirkt ein Pfellel gut, Davon der Herzog hochgemuth Trug so Kleid als Wappenrock. |
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10 | Seine Decke war zu Tenabrock Aus harten Ringen geschaffen. Sein Stolz war sichtbar in den Waffen. Der Eisendecke Bezug War ein Pfellel, man schlug |
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15 | Ihn an, daß er nicht wohlfeil wär. Ihm waren reich und doch nicht schwer Hosen, Halsberg, Härsenier. In manches Eisenschillier War gewappnet dieser kühne Mann, |
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20 | Gewirkt zu Bealzenau, In der Hauptstadt von Anschau. Die Kleider dieser bloßen Frau Glichen seinen nicht in Stoff und Schnitt, Die hinter ihm so traurig ritt |
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25 | Und es leider jetzt nicht beßer hatte. Von Soissons war die Harnischplatte; Sein Ross war von Brumbane De Salwäsch bei der Montane; In einer Tjost Roi Lähelein Erwarb es da, der Bruder sein. |
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Parzival war auch bereit: |
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5 | Einen Wurm, als ob er lebte. Ein andrer Drache schwebte Auf seinen Helm gebunden; Drachen wurden auch gefunden Goldgetrieben, zierlich klein |
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10 | (Mit manchem kostbaren Stein War ein jeder ausgeschmückt, Von Rubin ihm Augen eingedrückt) Auf dem Helm und auf dem Kleid. Den Anlauf nahmen da weit |
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15 | Die beiden Helden unverzagt. Von keinem ward erst widersagt, Weil sie der Treu schon ledig waren. In die Lüfte sah man fahren Starke Splitter von den Schäften. |
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20 | Mein Hochmuth käm zu Kräften, Hätt ich solche Tjost gesehn, Wie hier die Märe läßt geschehe Da ward in vollem Lauf geritten |
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25 | Sich gestand Frau Jeschute, Nie sah sie Tjost so gute. Die hielt da, rang die Hände; Die freudenlos elende Gönnte beiden keinen Schaden. Im Schweiß sah man die Rosse baden. |
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263 | Sie wollten beide Preis erringen. Den Glanz der blitzenden Klingen, Das Feur, das aus den Helmen sprang Bei manchem kräftigen Schwang, |
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5 | Sah man leuchten fern und nah. Die besten Kämpfer waren da Im Kampf zusammen gekommen, Mög es schaden, möge frommen Den Kühnen kampferfahren. |
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10 | Wie bereit die Rosse waren, Darauf sie beide saßen, Des Sporns sie nicht vergaßen, Noch des Schwerts von lichtem Stahl. Preis verdient hier Parzival, |
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15 | Daß er sich also wehren kann Vor hundert Drachen, Einem Mann. Der Drachen Einer ward versehrt, |
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20 | So durchleuchtig, daß der Tag Hindurch warf seinen vollen Schein, Stob nieder mancher Edelstein. Das erging zu Ross und nicht zu Fuß. Jeschuten ward des Mannes Gruß |
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25 | Wieder erobert mit dem Schwert Durch diesen Degen kühn und werth. Im Anritt sie einander schoben, Daß die Ringe von den Knien zerstoben, Ob sie gleich von Eisen waren. Sie wusten kampflich zu gebahren. |
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Dem Einen reizt' es den Zorn, |
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5 | Ihm war ihr Schutz und Schirm verliehn. Er wähnt', ihr weiblicher Sinn Hätte sich von ihm gekehrt, Also daß sie hätt entehrt Keuschheit und Reine |
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10 | In verbotenem Vereine. Das verzieh er ihr nicht; Auch erging sein Gericht So über sie, daß größre Noth Kein Weib noch litt, bis auf den Tod, |
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15 | Und Alles doch ohn ihre Schuld. Er durft ihr freilich seine Huld Versagen, wenn er wollte; Niemand ihn hindern sollte, Da der Mann des Weibes Meister ist. |
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20 | Doch unser Held, der das vergißt, Jeschuten mit dem Schwerte Orilusens Huld begehrte. Sonst pflegt mans gütlich zu erbitten; Doch er vergaß der Schmeichelsitten. |
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25 | Unrecht haben Beide nicht. Der, was krumm ist und was schlicht Erschuf, der möge beiden Den Kampf so gnädig scheiden, Daß es ohne Tod ergehe; Sie thun doch sonst sich wehe. |
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Nun stieg der Kampf zur Härte. |
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5 | Stritt nach früh erlernten Sitten. Wo hat ein Mann so viel gestritten? Er hatte Kunst genug und Kraft; Drum war er manchmal sieghaft Geworden, wie es heut auch ging. |
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10 | Das gab ihm Muth: er umfing Den jungen starken Parzival. Doch der ergriff auch ihn zumal Und hob ihn aus dem Sattel so: Wie eine Garbe Haferstroh |
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15 | Hielt er ihn untern Arm geschwungen, Und schnell mit ihm vom Ross gesprungen Drückt' er ihn über einen Klotz. Da ließ besiegt von seinem Trotz, Der solcher Noth war ungewohnt. |
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20 | »Du büßest, daß so übel lohnt Dieser Frau dein blöder Zorn. Sieh, nun bist du verlorn, Wenn du ihr deine Huld nicht schenkst.« »Das geht so schnell nicht als du denkst,« |
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25 | Sprach der Herzog Orilus: »Noch zwingt mich nichts zu solchem Schluß.« Parzival der werthe Degen |
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266 | Man mochte viel von ihm erwerben: Er wollte doch nicht gerne sterben. Der Held zu Parzival begann: »Weh, du kühner starker Mann, |
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5 | Wie verdient' ich solche Noth, Durch dich zu sterben den Tod?« »Ich will dich gerne laßen leben,« |
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10 | »Das thu ich nimmer: ihre Schuld Ist so, daß man sie nie verzeiht. Sie war so reich an Würdigkeit: Die hat sie selber gekränkt Und mich in tiefes Leid gesenkt. |
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15 | Ich leiste, was du sonst begehrst, Wenn du das Leben mir gewährst. Das war mir sonst von Gott verliehn: Nun bracht es deine Kraft dahin, Daß ichs danke deinem Preise.« |
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20 | So sprach der Fürst, der weise.
»Mein Leben kauf ich theur von dir. |
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25 | Nimm dir, welches dir gefällt, Daß ich dem Tod nicht sei gesellt. Ich bin ihm lieb, er löset mich, Wie ichs bedinge gegen dich. Auch nehm ich dann mein Herzogtum Von dir. Dein preislicher Ruhm |
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267 | Erwarb hier neue Würdigkeit. Nur erlaß mir, Degen kühn im Streit, Diesem Weibe hold zu werden: Alles magst du sonst auf Erden |
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5 | Mir gebieten immerhin. Mit der entehrten Herzogin Will ich nicht versöhnt mich sehn, Mag mir was da will geschehn.« Parzival mit hohem Muth |
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10 | Sprach: »Leute, Land, noch fahrend Gut, Nichts kommt dir zu Gute hier, Es sei denn du gelobest mir Gen Britannien zu fahren Und die Reise länger nicht zu sparen |
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15 | Zu einer Magd: die schlug um mich Ein Mann, ich räch es sicherlich, Wenn sie's nicht wehrt: das ist geschworen. Du sollst dem Mägdlein wohlgeboren Sichern und meinen Gruß ihr sagen: |
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20 | Wo nicht, so wirst du hier erschlagen. Artus und seinem Ehgemahl Bringe meinen Gruß zumal: Sie lohnen meinen Dienst damit, Wenn sie ihr vergüten, was sie litt. |
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25 | Dazu will ich schauen, Daß du verzeihst dieser Frauen Ohn Arglist und Gefährde: Sonst must du statt zu Pferde Auf einer Bahre hinnen reiten, Willst du mirs widerstreiten. |
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268 | Merk das Wort und thu die Werke; Deine Hand mirs eidlich bestärke.« Da sprach der Herzog Orilus Zu Parzival mit Verdruß: |
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5 | »Mag dem Niemand widerstreben, So leist ichs: denn ich will noch leben.« In der Furcht für ihren Mann |
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10 | Ihr war des Feindes Kummer leid. Parzival ihn aufstehn ließ, Da er Verzeihung ihr verhieß. Der Bezwungne sagte da: »Frau, daß dieß um euch geschah, |
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15 | Daß ich den Unsieg hab erlangt, Wohl her, daß ihr den Kuß empfangt. Mir geht viel Preis durch euch verloren: Was thuts? das hab ich auch verschworen.« Die Frau mit dem zerrißnen Kleid |
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20 | War zum Sprunge schnell bereit Von dem Pferd auf den Rasen. Wie das Blut aus der Nasen Noch den Mund ihm machte roth. Sie küsst' ihn, als er Kuss gebot. |
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25 |
Die dreie ritten unverwandt |
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Parzival getreu verfuhr, |
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5 | Ob ich sie habe oder nicht, Wer mit mir unterm Schilde ficht, Der erfährt wohl meine Ritterschaft. Dieses Namens ordentliche Kraft, Wie uns des Schildes Amt besagt, |
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10 | Hat oftmals hohen Preis erjagt; Es ist auch noch ein hoher Nam. Ich aber will verzagter Scham Stäts vor aller Welt verfallen Und meinen Preis verlieren allen. |
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15 | Diesen Worten steh mein Glück zu Pfand Vor der Allerhöchsten Hand; Ich zweifle nicht, die trage Gott. Mög ich den Verlust und Spott In beiden Leben stäts empfangen |
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20 | Durch seine Kraft, wenn sich vergangen Hat diese Frau, da sichs begab, Daß ich ihr nahm den Fürspann ab: Noch führt' ich Goldes mehr hindann. Ich war ein Thor und noch kein Mann, |
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25 | Zu klugen Sinnen nicht gediehn. Ich sah sie weinen und sich mühn, Vor Jammer schwitzt' ihr all der Leib: Sie ist wahrlich ein unschuldig Weib. Ich nehm es nimmermehr zurück. Zu Pfande stell ich Ehr und Glück. |
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»So laßt sie denn unschuldig sein. |
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5 |
Die Gab empfing der Degen gut. |
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10 | Das Ringlein wieder an die Hand Und legt' ihr an sein Ueberkleid. Das war von theuerm Pfellel, weit, Und von Heldeshand zerhauen. Noch selten hab ich Frauen |
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15 | Wappenröcke sehen tragen, Die im Streite so zerschlagen. Ihr Ruf hat auch nicht oft Turnei Gesammeliert noch Sper entzwei Gebrochen, wo es sollte sein. |
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20 | Der gute Knapp und Lämbekein270, 20. Lämbekein, der Herzog von Brabant und Hennegau, der Schwager des Königs von Gaskon, ist uns aus dem zweiten Abschnitt bekannt; mit dem guten Knappen scheint Iwanet (Iwein) gemeint, der Parzivalen unterwies 156, 11 ff., wie er Ithers Rüstung an sich bringen sollte. Vgl. 156, 29. Wüsten beßer wohl Bescheid. So ward die arme Frau befreit. Der Herzog Orilus begann |
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25 | »Held, mir schafft dein freier Eid Große Freud und kleines Leid. Die Niederlage, die ich litt, Macht mich alles Kummers quitt. Wohl mit Ehren darf ich nun Der werthen Frau Genüge thun, |
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271 | Die ich aus meiner Huld verstieß. Als ich die süße einsam ließ, Wars ihre Schuld, was ihr geschehn? Doch weil sie sprach, du wärst so schön, |
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5 | So wähnt' ich, wäre mehr dabei. Gott lohn dir, sie ist Falsches frei: Ich hab ihr Unrecht gethan. Aus dem Wald zu Briziljan Ritt ich dir nach durch jeune Bois.«271, 9. Vgl. 286, 26. Dir nach steht allerdings nicht im Text, aber der Sinn fordert es. |
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10 | Parzival nahm den Sper von Troyes Und führt' ihn mit sich hindann. Den vergaß der wilde Taurian, Dodines Bruder, dort. Nun sprecht, wie und an welchem Ort |
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15 | Uebernachten wohl die Helden? Von Helm und Schilden kann ich melden, Man sah sie ganz verhauen. Der Held nahm von der Frauen Urlaub und von ihrem Herrn. |
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20 | Der edle Herzog nähm ihn gern Mit sich an seine Feuerstatt: Es half ihm nicht, wie viel er bat. Die beiden Degen schieden hier, |
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25 | Als Orilus der werthe Held Wieder heimkam an sein Zelt, Wo er sein Jagdgesinde fand, Die Freud in Aller Augen stand, Daß ihr Herr versöhnt erschien Mit der liebreichen Herzogin. |
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272 | Das blieb nun länger nicht gespart: Orilus entwappnet ward; Auch wusch er Rost sich ab und Blut. Er nahm die Herzogin gut, |
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5 | Sie an die Sühnstatt zu geleiten; Zwei Bäder ließ er auch bereiten. Da lag Frau Jeschute Weinend bei ihm, die gute, Vor Freude, nicht von Leideswegen, |
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10 | Wie noch wohl gute Frauen pflegen. Auch ist das Sprichwort Vielen kund: Weinende Augen, süßer Mund. Davon zu sagen wär noch mehr. Die Lieb hat Freude wie Beschwer. |
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15 | Wer der Liebe Freud und Qualen Legt' in verschiedne Wagschalen, Hielt' er ewig sich am Wägen, Sie bleiben gleich schwer allerwegen. Zur Sühne kams hier sicherlich; |
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20 | Dann gingen sie zu baden sich. Zwölf klare Jungfrauen Mochte man bei ihr schauen, Die sie gepflegt, seit sie den Mann Ohne Schuld zum Feind gewann. |
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25 | Sie theilten Nachts ihr Decken mit, Wie bloß sie oft am Tage ritt. Sie jetzt zu baden freute sie. Wollt ihr nun gerne hören (wie Orilus des inne ward) Aventüre von Artusens Fahrt? |
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So begann ein Ritter ihm zu sagen: |
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5 | Den die Britten nennen ihren Herrn, Lagert dort, von uns nicht fern, Mit wonniglicher Frauen viel; Eine Meile Wegs ists an das Ziel. Da ist auch von Rittern großer Schall. |
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10 | Sie liegen den Plimizöl zu Thal Dieß- und jenseits vom Gestade.« In Eil fuhr aus dem Bade Orilus der Herzog froh; Er und Jeschute thaten so: |
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15 |
Die süße Herrin wohlgethan |
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20 | Mit engem Umarmen Gab Minne freudigen Gewinn Dem Herzog und der Herzogin. Die Fürstin zogen Jungfraun an; Die Rüstung brachte man dem Mann. |
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25 | Jeschutens Kleid war wohl zu loben. Vögel gefangen auf dem Kloben Die Zwei mit Freuden aßen, Die vor dem Bette saßen. Frau Jeschute manchen Kuss Empfing; den gab ihr Orilus. |
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Da brachte man der Fraue werth |
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5 | Von hinnen mit dem Kühnen. Sein Ross trug Eisenschienen, Wie er es heut im Streit geritten. Das Schwert, mit dem er früh gestritten, Vorn vom Sattel niederhing. |
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10 | Von Haupt zu Fuß gewappnet ging Der Herzog zu dem Pferde hin Und sprang drauf vor der Herzogin. Eh er mit ihr fuhr hindann, Gebot er seinem ganzen Bann |
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15 | Gen Laland heimzukehren; Nur ein Ritter sollt ihn lehren, Wo König Artus weile, Sein harrn das Volk derweile. Sie waren Artus schon so nah, |
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20 | Daß man seine Zelte sah Meilenlang am Waßer nieder. Da sendet' er den Ritter wieder Heim, der ihn dahin geleitet. Frau Jeschut die schöne nur begleitet |
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25 | Ihn als Gesind und Niemand mehr. Artus der reiche König hehr War nach dem Eßen Auf einem Plan umseßen Von der Tafelrunder Reihe. Orilus der Falschesfreie |
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275 | Kam da in ihren Kreiß geritten; Sein Helm, sein Schild war so verschnitten, Man sah da keiner Zierde Mal: Die Schläge schlug ihm Parzival. |
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5 |
Vom Rosse sprang der kühne Mann; |
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10 | Orilus der werthe Degen Legt' aufs Gras des Schildes Scherben Und begann nach ihr, der hier sein Werben Galt, zu fragen allzuhand. Kunneware de Laland |
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15 | Ward ihm gezeigt, wo sie saß. Die nichts an edler Zucht vergaß. Gewappnet er so nahe ging, |
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20 | Seiner Schwester, der schönen Maid. Bei den Drachen am Gewand Hatte sie ihn gleich erkannt. Sie sprach: »Du bist der Bruder mein, Orilus oder Lähelein. |
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25 | Nicht nehm ich eure Sicherheit: Ihr wart mir beide stäts bereit Zu jedem Dienste, der mir Noth. Ich wär an aller Treue todt, Sollt ich mit euch kriegen, Mich selbst um Zucht betriegen.« |
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276 | Der Herzog kniete vor der Magd. Er sprach: »Du hast wahr gesagt: Dein Bruder Orilus bin ich. So zwang der rothe Ritter mich, |
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5 | Dir Sicherheit zu geben; So erkauft ich mir das Leben. Nimm sie an: so thu ich nur, Was ihm verheißen hat mein Schwur.« Sie empfing die Treu in weiße Hand |
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10 | Des, der trug den Serpant, Und gab ihn frei. Als das geschah, Aufstehend sprach der Kühne da: »Nun zwingt die Treue mich zu klagen: |
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15 | Deine Schläge thun mir auch nicht wohl: Wird es Zeit, daß ich sie rächen soll, So sieht, wer Lust hat, es zu sehn, Mir sei groß Leid daran geschehn. Auch hilft der kühnste Mann mirs klagen, |
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20 | Den je ein Mutterschooß getragen: Der nennet sich der Ritter roth. König und Köngin, er entbot Euch seine Dienste williglich Und meiner Schwester sonderlich. |
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25 | Ihr lohnt ihm seinen Dienst damit, Ihr zu vergüten was sie litt. Auch hätt ichs sicherlich genoßen Bei dem Helden unverdroßen, Wüst er, wie nahe sie mir steht, Und mir ihr Leid zu Herzen geht.« |
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Keie erwarb da neuen Haß |
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5 | Und von dessen Noth ihr hörtet eh, Den gefangnen König Klamide Und sonst noch manchen werthen Mann (Deren Namen ich wohl nennen kann, Doch will ich es nicht längen), |
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10 | Sah man sich um sie drängen. Ihr Dienst ward höfisch angenommen. Jeschute muste näher kommen Auf ihrem Pferd, wo sie noch saß. Der König Artus nicht vergaß, |
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15 | Und sein Weib die Königin, Sie gingen grüßend zu ihr hin. Von den Frauen mancher Kuss geschah. |
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20 | Euer Vater, war mir so bekannt, Daß ich euern Kummer klagte, Als man davon mir sagte. Auch seid ihr selbst so wohlgethan: Wie that der Freund euch Solches an? |
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25 | Denn euer minniglicher Glanz277, 25–29. Vgl. 135, 11. Erwarb zu Kanedig den Kranz: Weil ihr trugt der Schönheit Krone, Ward der Sperber euch zum Lohne, Er ritt auf eurer Land hindann. Was Orilus mir auch gethan, |
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278 | Euch gönnt ich nicht des Leids Beschwer Und gönne sie euch nimmermehr. Mir ist lieb, daß ihr versöhnet seid Und wieder herliches Kleid |
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5 | Tragt nach eurer großen Noth.« Sie sprach: »Herr, das vergelt euch Gott: So wird auch euer Preis gemehrt.« Jeschuten und den Herzog werth Nahm da mit sich an der Hand |
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10 | Frau Kunneware de Laland.
In des Kreises Befang, |
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15 | Halb um einen Apfelknauf. Vier Seile zogen den Drachen auf, Als ob er lebend flöge, In die Luft das Zelt ihr zöge. Der Fürst erkannt es an dem Bild; |
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20 | Denn er trugs in seinem Wappenschild. Entwappnet ward er in dem Zelt; Die süße Schwester bot dem Held Ehre sattsam und Gemach. All das Ingesinde sprach, |
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25 | Des rothen Ritters Kraft und Muth War zum höchsten Preise gut. So sprach man unverhohlen. |
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279 | Denn er hat es oft gethan Vor Klamide zu Brandigan. Warum er selbst den Dienst vermied? Weil ihm einst sein Unstern rieth |
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5 | Des Fürsten Schwester hart zu schlagen: Drum must er solchem Dienst entsagen. Auch wollt ihm nicht die Schuld verzeihn Das wohlgeborne Mägdelein. Doch schickt' er Speise hin genug: |
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10 | Kingron sie Orilusen trug.
Kunnewar, die löblich weise, |
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15 | Bei ihm bescheiden saß und aß. Artus der König nicht vergaß, Er kam hin wo Beide saßen, Freundlich beisammen aßen. Er sprach: »Dient man euch übel hie, |
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20 | Mein Wille sicher war es nie. Ihr aßt noch keines Wirthes Brot, Der es mit beßerm Willen bot: Das ist sicherlich wahr. Nun sollt ihr, Frau Kunnewar, |
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25 | Eures Bruders gütlich pflegen; Gute Nacht leih Gottes Segen.« Da ging Artus zur Ruhestätte; Orilusen wurde solch ein Bette, Daß sein Frau Jeschute pflag Geselliglich bis an den Tag. |