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Ob dem König von Kukumerland, Gefällt von Parzivalens Hand, |
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160 | Frau Ginover die Königin Sprach jammervoller Worte Sinn: »Weh, o weh und heia hei! Artusens Würdigkeit entzwei |
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5 | Muß brechen dieses Wunder: Der aller Tafelrunder Höchsten Preis sollte tragen, Wo der vor Nantes liegt erschlagen. Sein Erbtheil nur begehrte, |
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10 | Den man hier sterben lehrte. Er war doch lange Ingesind Allhier, daß weder Mann noch Kind Uebles je von ihm vernahm. Aller Falschheit war er gram, |
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15 | Ueber allen Trug erhaben. Nun muß ich allzufrüh begraben Des höchsten Preises Siegel. Sein Herz, der Tugend Spiegel. Der Treue Grundfeste, |
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20 | Rieth immer ihm das Beste, Wo man nach Frauenminne Mit festem Muth und Sinne Sollt erweisen Mannestreu. Den Frauen wuchert immer neu |
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25 | Des hier gesäten Leides Kraut, Aus deiner Wunde Jammer thaut. Dir war doch wohl so roth dein Haar, Daß dein Blut die Blumen klar Nicht röther konnte machen. Du verbietest weiblich Lachen.« |
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Ither der lobesreiche Held |
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5 | Das Ende gab ihm ja nach ihr Des blöden Parzivals Begier; Als er mehr Verstand gewann, Da hätt ers lieber nicht gethan. Dieser Sitte pflag das Ross, |
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10 | Daß keine Arbeit es verdroß: Ob es kalt war oder heiß, Es gerieth vom Laufen nie in Schweiß, Obs über Stein und Wurzeln ging. Das Gürten war an ihm gering: |
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15 | Ein Loch schnallt' es nur hinauf, Wer zwei Tage saß darauf. Gewappnet ritts der kindsche Mann Den Tag so weit, ein Kluger kann Es nicht in zweien reiten, |
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20 | Stünd er auch auf bei Zeiten. Er ließ es rennen, selten traben Und wust ihm wenig anzuhaben. Da der Abend anbrach, |
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25 | Da wähnt' in seinem Sinn der Thor, Der Thürme wüchsen mehr hervor; Ihrer stunden viel auf Einem Haus. Er dachte, Artus säe sie aus. Das schrieb er ihm für Wunder an Und dacht, er wär ein heilger Mann. |
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162 | Also sprach der blöde Held: »Meiner Mutter Volk baut schlecht ihr Feld: So hoch ja wächst ihr nie die Saat, Die sie in dem Walde hat, |
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5 | Wo es doch selten trocken wird.« Gurnemans de Graharz162, 6. Gurnemans ist schon 68, 22 erwähnt. hieß der Wirth In der fern erschauten Veste. Eine Linde wiegte breite Aeste Davor auf grüner Wiese. |
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10 | Zu breit noch lang war diese, Nur in dem rechten Maße. Da trug ihn Ross und Straße Dahin, wo er ihn sitzen fand, Dem die Burg war und das Land. |
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Ermüdung war es, die ihn zwang, |
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20 | Fürst Gurnemans alleine saß. Die Linde gab mit Wonne Schatten vor der Sonne Dem Hauptmann aller wahren Zucht. Des Sitte Tadel zwang zur Flucht, |
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25 | Der empfing den Gast: so war es recht; Nicht Ritter war bei ihm noch Knecht. Parzival alsbald begann, |
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163 | Dafür will ich euch dankbar sein, Da so mir rieth die Mutter mein.« »Kommt ihr guten Rath zu hören Hieher, so müßt ihr es verschwören |
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5 | Mir zu zürnen um den Rath Und immer thun, wie ich euch bat.« Da warf der edle Fürst zuhand |
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10 | Daß seine goldne Schelle klang. Das war ein Bote: Jungherrn gleich Kamen in Kleidern schön und reich. Die bat er: »Führt hinein den Gast |
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15 | Und entledigt ihn der Eisenlast.« Der sprach: »Meine Mutter sprach wohl wahr, Altmannes Wort bringt nicht Gefahr.« Da führten sie ihn ein zuhand, |
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20 | Wo man ihn abzusteigen bat. Der warf in seiner Thorheit ein: »Mich hieß ein König Ritter sein; Was mir darauf auch widerfährt, Ich komme nicht von diesem Pferd. |
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25 | Euch zu grüßen rieth die Mutter mir.« Sie dankten beiden, ihm und ihr. Da so das Grüßen war gethan (Das Ross war müd und auch der Mann), Manches Grundes sie gedachten, Eh sie vom Ross ihn brachten |
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164 | Zu einer Kemenaten. Da hört' er Alle rathen: »Laßt den Harnisch von euch thun, Daß sich die müden Glieder ruhn.« |
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5 |
Sie entwappneten ihn insgemein. |
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10 | Der Wirth war schier vor Scham verzagt. Ein Ritter sprach mit höfscher Zucht: »Gleichwohl, so edle Frucht Ersah nie meiner Augen Licht; Er hat, was Glück und Heil verspricht, |
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15 | In reiner hoher süßer Art. Wie ist so der Minne Stolz bewahrt? Mich jammert immer, daß ich fand An der Lust der Welt so schlecht Gewand. Wohl doch der Mutter, die ihn trug, |
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20 | Der aller Gaben hat genug. Sein Helmschmuck ist wohlgethan, Die Rüstung stand ihm herlich an, Eh wir sie niederbanden, Und von Quetschungen fanden |
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25 | Manche Schramme roth von Blut, Die an sich trug der Knappe gut.« Zu dem Ritter sprach der Wirth: »Gieb Acht, |
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165 | Ihn zum Diener zu erwählen; Sonst möcht ihm nichts zur Minne fehlen.« Der Wirth sprach: »Laßt uns zu ihm gehn, Und seine fremde Tracht besehn.« |
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5 |
Die Herren gingen hin zu Stund |
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10 | Daß ein Vater seine Kinder, An Treue Theil zu haben, Nicht beßer könnte laben. Seine Wunden wusch und band Ihm der Wirth mit eigner Hand. |
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15 |
Nun war auch aufgelegt das Brot. |
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20 | Die er vor Nantes dann gewann, Die Wunde, und der Harnisch schwer, Macht' ihn müd und hungrig noch viel mehr, Dazu die weite Tagereise Von Artus dem Bretaneise, |
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25 | Wo man ihn allwärts fasten ließ. Der Wirth ihn mit sich eßen hieß; Da mocht erlaben sich der Gast: In den Gaumen schob er solche Last, Viel Speise ward zu nicht gemacht. Des hatte doch der Wirth nicht Acht: |
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166 | Ihn ermahnte stäts aufs Neue Gurnemans der Vielgetreue, Daß er wacker äße Und der Müdigkeit vergäße. |
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Man hob den Tisch hinweg zur Zeit. |
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10 | Der Wirth begann zu lachen Und führt' ihn zu der Schlafstatt hin: Da bat er ihn sich auszuziehn; Er thats nicht gern, doch must es sein. Von Härmelin ein Laken fein |
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15 | Bedeckte seinen bloßen Leib; Nie gebar so werthe Frucht ein Weib. Wie ihn Schlaf und Müde lehrte, |
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20 | So lag er bis zum Morgenstral. Der edle Fürst gebot bei Zeit, Daß ein Bad ihm wär bereit Vor dem Teppich, wo er lag, Eh höher stiege der Tag. |
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25 | Also must es Morgens sein; Viel Rosen warf man ihm hinein. Ob Niemand ihn bei Namen rief, Der Gast erwachte, der da schlief: Der werthe, süße Jüngling In die Kufe sitzen ging. |
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167 | Ich weiß nicht, wer sie darum bat: Jungfraun in reichem Staat Und von Ansehn minniglich Kamen zu ihm sittsamlich: |
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5 | Die wuschen ihm und strichen sanft Seiner Quetschungen Ranft Mit blanken linden Händen. Das durft ihn nicht befremden, Dem Witz noch wenig Hülfe bot. |
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10 | Also trug er Freud und Noth Und entgalt der Einfalt nicht bei ihnen, Da ihn mit holden Mienen Jungfrauen so hantierten. Wovon sie parlierten, |
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15 | Zu Allem schwieg er stille fein, Es dürft ihm doch zu früh nicht sein: Denn sie schienen wie ein zweiter Tag. Als so ihr Schein im Wettstreit lag, Da löscht' er selbst das Doppellicht: |
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20 | Versäumt an Weiße war er nicht.
Sie boten ihm ein Laken dar; |
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25 | Die Jungfrauen musten gehn, Sie durften da nicht länger stehn. Sie hätten gern vielleicht gesehn, Ob tiefer ihm was wär geschehn. So getreu ist Weiblichkeit, Des Freundes Schaden ist ihr leid. |
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Da schritt der Gast ans Bett und fand |
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5 | Auch gab man roth scharlachne Hosen Dem nimmer Kraft- noch Muthlosen. Avoi! wie seine Beine standen! Da war der rechte Schick vorhanden. Scharlachbraun von schönem Schnitte |
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10 | Und wohlgefüttert nach der Sitte Waren Rock und Mantel lang, Von Härmelin inwendig blank. Schwarz- und grauer Zobel stand Als Besatz vor jedem Rand; |
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15 | Die warf er über sogleich. Mit einem Gürtel schön und reich Must er den Leib verzieren, Und dazu sich affischieren Einen theuern Fürspann; |
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20 | Sein Mund dabei vor Röthe brann.
Da kam der treue Wirth daher, |
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25 | Sie sahen niemals schönern Leib. Getreulich priesen sie das Weib, Die solche Frucht der Welt gebar. Aus höfscher Zucht, und weil es wahr, Sprachen sie: »Ihm wird gewährt, Wohin um Huld den Dienst er kehrt. |
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169 | Minn und Gruß sind ihm bereit, Ergehts nach seiner Würdigkeit.« Das gestanden Alle da Und Jeder, der ihn künftig sah. |
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5 |
Der Wirth ergriff ihn bei der Hand |
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10 | »Herr, lebend wär ich nicht erwacht! Ein Glück, daß mir die Mutter rieth, Euch zu besuchen, als ich schied.« »Nun Gott lohn es euch und ihr; Herr, zu gütig seid ihr mir.« |
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15 | Hin ging der Held, an Witz noch krank, Wo man dem Wirth und Gotte sang. Der Wirth ihn bei der Messe lehrte, Was der Seele Heil ihm mehrte: Opfern, und segnen sich |
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20 | Und rüsten vor des Teufels Schlich.
Sie gingen wieder auf den Saal: |
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25 | Da sprach der Wirth mit Höflichkeit: »Wär euch die Frage, Herr, nicht leid, So hätt ich gern vernommen, Wannen ihr wärt gekommen?« Er sagt' ihm Alles ungelogen, Wie er von der Mutter war gezogen, |
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170 | Vom Ringlein und vom Fürspann, Und wie er Harnisch gewann. Der Wirth erkannte den Ritter roth: Er seufzte: denn es schuf ihm Noth. |
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5 | Dem Gast er nun den Namen ließ Und ihn den rothen Ritter hieß. Da man hinweg die Tafel nahm, |
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10 | »Ihr redet wie die Kindelein: Was geschweigt ihr eurer Mutter nicht Und gebt uns anderlei Bericht? Haltet euch an meinen Rath, Der scheidet euch von falschem Pfad. |
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15 |
»So heb ich an: »Legt nimmer hin |
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20 | Und weist ihn zu der Hölle Leid.
»Ihr tragt so edeln Schickes Schein, |
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25 | Erbarmung gegen dürftgen Mann; Wider dessen Kummer kämpfet an Mit Gut und milden Gaben: Solche Demuth sollt ihr haben. Der kummervolle werthe Mann, Der vor Scham nicht betteln kann |
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171 | (Das ist ein unsüßes Leid), Dem seid zu helfen gern bereit. Wenn ihr dessen Kummer stillt, Das ist zu lohnen Gott gewillt. |
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5 | Er ist übler dran, als der da geht Zur Thüre, wo das Fenster steht. »Ihr sollt verständig überein |
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10 | Das ist nicht herlicher Muth, Und will er Schatz nur mehren, Das mag ihn auch nicht ehren. »Das rechte Maß sei euer Orden. |
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15 | Daß ihr rathbedürftig seid: Nun meidet Unfug jederzeit. »Ihr sollt so viel nicht fragen; |
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20 | Ziemet auf die Frage dessen, Der euch mit Worten will erspähn. Ihr möget hören, möget sehn, Erwittern, kosten, merken: Das wird den Sinn euch stärken. |
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25 |
»Laßt Erbarmung bei der Kühnheit sein: |
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»Ihr legt oft Harnisch an euch: |
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5 | So schaut ihr wieder hell und klar: Des nehmen Frauenaugen wahr. »Seid mannlich und wohlgemuth, |
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10 | So wird ein junger Mann geehrt. Gebt keinem Wankelmuth euch hin: Das ist rechter Mannessinn. Wenn ihr sie thören wollt mit Lügen, Wohl mögt ihr ihrer viel betrügen: |
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15 | Lohnt treuer Minne falsche List, Das bringt euch Lob gar kurze Frist. Da wird des Schleichers Klage Das dürre Holz im Hage, Denn es knistert und kracht, |
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20 | Daß der Wächter erwacht. Strauchweg und verbotner Schlich Führen übeln Streit mit sich. Dieß meßet gegen wahre Minne. Die werthe hat auch kluge Sinne |
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25 | Wider Falschheit und Betrug. Haßte sie euch je mit Fug, So müstet ihr geschändet sein Und immer dulden Scham und Pein. »Dieß sollt ihr nah dem Herzen tragen: |
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173 | Mann und Weib, die sind geeint Wie die Sonne, die heut scheint, Und der heut genannte Tag, Die beide Niemand scheiden mag. |
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5 | Sie blühn hervor aus Einem Kern: Das merket und erwäget gern.« Dem Wirthe dankt' er für das Wort. |
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10 | Das ist getreuen Mannes Pflicht.
Der Wirth sprach, was ihm Ehre schuf: |
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15 | Glaubt mir, ich sah schon manche Wand, Wo der Schild an seinem Band Beßer hing als euch am Hals. Es ist wohl Zeit noch allenfalls: Laßt uns hinaus zu Felde, |
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20 | Daß ich von Kunst euch melde. Bringt sein Ross und mir das meine Und jedem Ritter das seine. Auch sollen Junker mit zuhand: Ein jeder führ' an seiner Hand |
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25 | Einen starken Schaft und neu durchaus; Den bring er uns aufs Feld hinaus.« So kam der Fürst auf den Plan: |
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174 | Mit des Sporengrußes Pein, Bei fliegender Schenkel Schein Auf den Gegner sollte schwenken, Den Schaft gehörig senken |
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5 | Und den Schild tjostierend vor sich halten: »So müßt ihr Schildesamt verwalten.« So trieb er Ungeschick ihm aus, |
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10 | Dann ließ er kommen Ritter schnell, Daß er mit ihnen tiostierte. Seinen Gast er selber führte Ihnen entgegen in den Ring. Da brachte dieser Jüngling |
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15 | Seinen ersten Tjost durch einen Schild, Daß es wohl für ein Wunder gilt, Und daß er hinters Ross verschwang Einen starken Ritter groß und lang. Ein andrer Gegner war gekommen. |
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20 | Da hatt auch Parzival genommen Einen starken neuen Schaft. Seiner Jugend blühte Muth und Kraft. Den jungen süßen sonder Bart Lehrte Gachmuretens Art |
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25 | Und angeborne Mannheit: Das Ross ersprengt' er wohl zum Streit In gestrecktem Laufe, wie man soll, Und zielt' auf die vier Nägel174, 28. Der vier Nägel in der Mitte des Schildes, auf den man beim Tiostieren zielt, wird öfter gedacht. wohl: Des Wirthes Ritter hielt nicht Bügel, So daß er fallend maß den Hügel. |
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175 | Viel kleiner Stücklein wohl zerschellt Von Splittern sah man auf dem Feld. Also stach er fünfe nieder. Da nahm der Wirth ihn zu sich wieder; |
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5 | Erhalten hatt er hier den Preis; Er ward im Streit noch klug und weis. Die sein Reiten hier gesehn, |
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10 | »Mein Herr wird seines Jammers frei. Nun verjüngt sich wohl sein Leben. Er soll zum Weib ihm geben Seine Tochter, unsre Frauen. Ist er klug, ihr sollt es schauen, |
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15 | So lischt ihm seines Kummers Noth. Für der dreien Söhne Tod Ritt ihm nun Ersatz ins Haus: Nun endlich blieb sein Heil nicht aus.« So kam der Fürst am Abend heim: |
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20 | Gedeckt die Tafel muste sein. Seine Tochter ließ er kommen Zu Tisch, so hab ich es vernommen. Da das Mägdlein kam heran, Nun höret wie der Wirth begann |
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25 | Zu der schönen Liaßen: »Du sollst dich küssen laßen Diesen Ritter, biet ihm Ehre; Ihn beräth des Heiles Lehre. Euch aber macht ichs zum Beding, Daß ihr der Magd den Fingerring |
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176 | Ließet, wenn sie einen hätte; Sie hat ihn nicht, noch Spang und Kette. Wer schenkt' ihr einen Fürspann Wie der Frauen dort im Tann? |
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5 | Die hatte Einen, der ihr gab, Was ihr der Schönen nahmet ab. Liaßen könnt ihr wenig nehmen!« Der Gast begann sich des zu schämen; Er küsste sie doch auf den Mund: |
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10 | Dem war wohl Feuerfarbe kund. Liaße war gar minniglich, Voll wahrer Keusche sicherlich. Der Tisch war nieder und lang; |
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15 | Am Ende saß der Wirth allein; Den Gast setzt' er mitten ein Zwischen sich und sein Kind. Ihre blanken Hände lind Musten schneiden, wie der Wirth gebot, |
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20 | Den man hieß den Ritter roth, Was der zu eßen trug Begehren. Niemand wird es ihnen wehren, Blickten sie sich heimlich an. Das züchtige Mädchen wohlgethan |
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25 | That gern des Vaters Gebot. Sie und der Fremdling blühten roth. Bald ging das Mägdlein hinaus. |
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177 | Um anders nicht, als weil ihm schien, Ihm müß erst Ruhm im Streite blühn, Eh er daran würde warm, Was man da heißet Frauenarm. |
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5 | Ihn dauchte, werthe Brautschaft Sei ein Glück von hoher Kraft Für dieses Leben wie für dort. Ungelogen ist das Wort. Eines Morgens er um Urlaub bat: |
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10 | Da räumt er Graharz die Stadt. Der Wirth gab ihm ins Feld Geleit: Da hob sich neues Herzeleid. Da sprach der Fürst aus Treu erkoren: »Mir geht der vierte Sohn verloren, |
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15 | Da ich mich entschädigt glaubte Dreier, die der Tod mir raubte. Nur dreifach war bisher mein Schmerz; Wer mir aber jetzt das Herz Mit der Hand in Viere schlüge, |
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20 | Jedes Stück von dannen trüge, Das dauchte mich ein Hochgewinn. Eins für euch (ihr reitet hin); Für meine Söhne drei, die lieben, Die muthig sind im Kampf geblieben. |
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25 | Doch solchen Lohn giebt Ritterschaft; Ihr End umstrickt mit Jammers Haft. »Mir lähmt ein Tod die Freude gar, |
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178 | Leib und Leben nicht wollt ergeben, Verlor ihr Helfer, er das Leben Von Klamide und von Kingraun. Mir ist durchlöchert wie ein Zaun |
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5 | Das Herz von Jammersschnitten. Nun zu früh seid ihr geritten Von mir trostlosem Mann. O weh, daß ich nicht sterben kann, Da Liaße die schöne Magd |
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10 | Und mein Land euch nicht behagt.
»Mein andrer Sohn hieß Komte Laskoit:178, 11–26. Sowohl Ider fils Noit als Mabonagrein kennen wir aus dem Roman von Ereck und Enite, unser Dichter mag nun hier seiner Quelle gefolgt sein, oder was wahrscheinlicher ist, bei dieser Anspielung Hartmanns Ereck im Sinne gehabt und diese Anknüpfung an Begebenheiten eines bekannten deutschen Gedichts selber erfunden haben. Unter den Abenteuern, welche Ereck besteht, sind die Siege über die beiden Helden, vor welchen nach Wolfram zwei Söhne des Gurnemans früher erlegen waren, die bedeutendsten. Schoidelakurt (Joie de la cour) hieß aber nicht etwa eine Schöne, sondern das Abenteuer selbst, das zu Brandigan gegen Mabonagrein bestanden werden sollte. Da Klamide, durch den Schenteflur, wie wir aus dem nächsten Abschnitte ersehen, erst jüngst das Leben verlor, jetzt König zu Brandigan ist, so ergibt sich obige Wahrscheinlichkeit: denn Schenteflurs Todesart fand der Dichter vermuthlich in seiner Quelle vor, da auch andere Bearbeitungen der Sage die freilich bei Wolfram verdoppelte Beziehung zwischen Gurnemans und Kondwiramur kennen. daß sich aber auch des andern Sohnes Tod an Brandigan knüpft, scheint nicht ursprünglich, weil zwischen den beiden auf Brandigan bezüglichen Geschichten kein innerer Zusammenhang ist. Nur einen äußerlichen hat Wolfram hineingebracht. Der König von Brandigan in Ereck heißt Ivreins und ist des riesenhaften Mabonagrein Oheim; Klamide nennt P. 220, 9 Mabonagrein seines Oheims Sohn; er selbst (Kl.) könnte also Ivreins Sohn und Nachfolger sein. |
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15 | Mein dritter Sohn hieß Gurzgri, Dem Mahaute verlieh Ihren blühenden Leib: Denn es gab sie ihm zum Weib Ihr stolzer Bruder Eckunat. |
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20 | Gen Brandigan der Hauptstadt Kam er um Schoidelakurt geritten; Da hat auch er den Tod erlitten: Ihn erschlug Mabonagrein. Mahaute ließ den lichten Schein. |
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25 | Seine Mutter auch, mein Weib, ist todt Vor Leid um ihn und Sehnsuchtsnoth.« Wohl sah der Gast des Wirthes Qual; |
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179 | Daß ich wohl Minne mag begehren, Liaßen sollt ihr mir gewähren, Eure Tochter, die schöne Magd. Ihr habt mir allzuviel geklagt: |
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5 | Kann ich des Jammers euch entschlagen. Des laß ich euch so viel nicht tragen.« Urlaub nahm der junge Mann |
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10 | Die Dreizahl in des Fürsten Qual Stieg traurig nun zur Vierzahl auf. Die vierte Einbuß ist sein Kauf. |