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In Urtagen schwamm über die See ein Schiff an die Küste Dänemarks; Schilde deckten den Bordrand, oben vom Mastbaum flatterte ein golden Banner.
Unten, daran gelehnt, sass schlafend ein Knabe, Waffen lagen rings um ihn; der war eines GottesAls dieser Gott wird bald Freyr, bald Odin angenommen; er heisst Skef, d. h. Skeaf: Schaube, Getreidehaufe; nach andrer Überlieferung heisst der Angespülte selbst Skeaf, weil er auf dem Schiff auf Getreideschauben gebettet lag. Jedenfalls ist jener Gott ein Gott der Fruchtbarkeit, also Freyr, oder Odin als Wunschgott; auch an Thor hat man, um der Getreidegarben willen, gedacht. Sohn, Schild hiess er bei den Menschen. Unter Staunen liefen die Leute herbei; heiliger Schauer und freudige Hoffnung ergriffen sie, als sie nun den von den Göttern ihnen Zugesendeten aufnahmen. Er wuchs gross, gewann Würde und Macht und wurde König der Gerdänen.
Lang waren sie getreu Heremod, ihrem König, gefolgt; als er aber im Alter finster, gabenkarg und blutgierig wurde, liessen sie von ihm.
Nun schützte Schild die Dänen gegen ihre Feinde, mehrte ihre Macht und teilte ihnen Schätze aus; einen guten König nannten sie ihn. Lange lebte er, und liess Land und Reich seinen Nachkommen, den Schildingen. Und als er schied, trugen seine Gefolgen den Toten als brandende Ufer, wie er selber geboten hatte. Sie rüsteten ein Schiff aus mit Schilden und Waffen, sie legten ihren lieben Herrn, den Schatzspender, an den Mastbaum und häuften um ihn köstliche Schätze und Kleinodien; das goldene Banner banden sie ihm zu Häupten und schoben das Schiff hinaus auf die See; die ihn einst hergetragen hatte, entführte ihn wieder, und niemand weiss, wer ihn empfing.
König Hrodgar, Healfdens Sohn, einem Urenkel Schilds, folgte Heerglück und Waffenruhm, so dass Gesippen und Volk ihm gern dienten. Er liess ein prächtiges Hallgebäude aufführen mit einem grossen Metsaal; Heorot, d. i. Hirsch, nannten sie den Saal wegen seiner hohen Zinnen.
An den Wänden hingen kostbare Waffen, Heergerät und Schatzstücke aller Art. Die hartholzigen Tische und Bänke waren goldbeschlagen und, wo sie standen, deckten den gestampften Estrich Holzdielen.
Auf dem Hochsitz sass da Hrodgar im Kreise seiner Degen und teilte Baugen (Ringe), Waffen und Gewande unter die Dänen aus. Von fern und nah kamen sie nach der gastlichen Heorot gezogen. Dort lebte sich’s ohne Sorge in Lust und Frieden. Das Methorn kreiste, Harfenschlag erklang, Sänger sangen ihre Lieder und weithin schallte jeglichen Tag der Jubel.
Den hörte tief im Sumpfwald ein Unhold, der in Moor und Meer hauste; Grendel hiess er bei den Leuten.
Zur Nacht schlich der üble Markgänger spürend in die schöne Halle. Da lagen auf dem Estrich, behaglich auf Polstern gebettet, im Schlaf die Edelinge, welche die schmuckreiche Halle hüteten. Gierig raffte der scheussliche Riese dreissig der Schläfer und trug sie mit sich in seinen Bau.
Auf Freude folgte da Wehruf und Mordgeschrei in Heorot! – Die Fussspur des Unholds verfolgten sie bis an den verrufenen Sumpfwald, der über wildes Geklüft am Seestrand sich hinzog. Noch kein Lebender hatte sich dort hinein gewagt.
In der nächsten Nacht aber kam das Scheusal abermals und raubte noch mehr der Helden als zuvor. Bald flohen die meisten die schöne Halle; denn Grendel kehrte allnächtlich wieder und raffte schonungslos einen Helden nach dem andern dahin, bis die stolze Heorot leer stand. Zwölf Winter wütete er so voll Hohn und Feindschaft. Machtlos waren auch die Tapfersten gegen seine Riesenstärke. Nicht um Lösegeld gab er die Geraubten frei, noch schonte er ihres Lebens. Alt und jung ängstigte er, meuchelnd und mordend, wann er zur Mitternacht aus dem Nebelmoor aufstieg. Schwer lastete der Kummer auf dem König; gebrochnen Mutes sass er auf dem Hochsitz und raunte oft mit weisen Männern, ob sie Rat wüssten? Vergebens opferte er den Göttern in Hof und Heiligtum und rief ihren Beistand an wider den Würger. Jahraus, jahrein quälte den Herrscher die eine Sorge, und er wusste doch nicht das Weh von seinem Volke zu wenden. Bald wurde es lautbar; über der Dänen Mark hinaus drang die Kunde von dem Unhold.