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Hiördis gebar einen Knaben, Sigmunds Sohn, und der Knabe wurde zu Helferich getragen. Der freute sich über des Kindes helle Augen, begoss ihn mit WasserDas war heidnisch-nordische Sitte. und nannte ihn Sigurd; er wuchs bei dem König auf und jeder liebte ihn. Hiördis gab Helferich seinem Sohn Alf zur Frau und mass ihr den Mahlschatz zu.
Damals lebte bei Helferich Regin, ein Zwerg, kunstfertig, weise, grimmherzig und zauberkundig. Dieser übernahm Sigurds Erziehung; er lehrte ihn allerlei Künste; Brettspiel, Runen, in mancherlei Zungen reden und alles, was der Sitte gemäss für Königssöhne sich schickte. So ward Sigurd gross und weilte zuletzt beständig bei dem Zwerg.
"Wo blieb denn das viele Gold deines Vaters?" fragte ihn einmal Regin.
"Das hüten mir Helferich und Alf; sie können es besser bewahren als ich."
Ein andermal begann Regin: "Willst du denn des Königs Rosshüter werden und zu Fuss einherlaufen wie ein Knecht? Warum gönnt dir Helferich nichts?"
"Dem ist nicht so," antwortete Sigurd. "Mir steht zur Verfügung, was ich will." "So lass dir ein Ross geben," reizte ihn Regin. "Sobald ich will, kann ich eins haben." Sigurd ging nun zum König und sprach: "Ich will ein Ross haben zu meiner Ergötzung." "Wähle dir selber, welches du willst," antwortete Helferich.
Tags darauf ging Sigurd in den Wald, wo die Rosse weideten; er begegnete einem alten, graubärtigen Mann, den er nicht kannte; der fragte ihn, wohin er wolle? "Ein Ross will ich mir kiesen, komm und rate mir dabei."
"Wir wollen sie durch den Fluss treiben," riet der Mann. So taten sie. Sie gingen hin und trieben die Tiere durch den Fluss; aber keines schwamm durch ans Ufer ausser einem jungen Hengst. Den wählte Sigurd. Das Ross war grau von Farbe, gross und schön von Wuchs; noch niemand war ihm auf den Rücken gekommen. Der Bärtige sprach: "Dieser Hengst stammt von Sleipnir, er wird aller Hengste bester," und damit verschwand der Alte. Sigurd nannte das Ross Grani (d. i. der Graue).
Nicht lange darauf sprach Regin wieder zu Sigurd: "Es härmt mich, dass du so wenig Gut hast und herumläufst wie ein Stallbube. Aber ich weiss einen verborgenen Hort; ihn zu gewinnen, schafft dir Ruhm. Das Gold hütet ein Lindwurm – heisst Fafnir –, nicht weit ist’s von hier; dort findest du mehr, als du je bedarfst, würdest du auch der mächtigste König."
"Warum reizest du mich kindjungen so sehr dazu?"
"Höre mich," antwortete Regin und begann zu erzählen. "Hreidmar hiess mein Vater. Er war reich; er hatte drei Söhne; Fafnir, Otr und der dritte bin ich. Otr lief täglich in Ottersgestalt in den Strom und fing Fische, dort, wo ein Wasserfall war, der Andwarisfall heisst, nach Andwari, dem Zwerg, der in Hechtgestalt da nach Fischen jagte. Fafnir war der stärkste und wollte alles allein haben. Otr sass einst am Wasserfall und ass blinzend einen Lachs, als drei Asen; Odin, Loki und Hönir, gegangen kamen. Loki hub einen Stein auf, warf und traf den Otter zu Tode und rühmte den Wurf, der Otter und Lachs zugleich erjagt habe. Sie nahmen die Beute und kamen zu Hreidmars Gehöft, baten um ein Nachtlager – Mundvorrat hätten sie bei sich – und zeigten uns ihre Beute. Da wir Otr erkannten, forderten wir Busse von den Asen. Sie boten, so viel Hreidmar verlange. Der forderte, dass sie den Otterbalg mit Gold füllen und auch von aussen mit Gold bedecken sollten. Odin schickte Loki aus, das Gold zu suchen. Loki lieh von der Meerfrau Ran deren Netz und fing damit Andwari im Wasserfall. Andwari musste sein Leben aus Lokis Händen lösen mit allem Gold, das er besass.
Sie gingen zu Andwaris Stein, und der Zwerg trug alle Schätze hervor; nur einen Ring hielt er zurück und wollte ihn behalten, weil er sein Gut mit dem Ring wieder erneuern konnte. Aber Loki nahm ihm auch den Ring. Andwari ging zurück in seinen Stein und legte einen Fluch auf das Gold: ‘Zweien Brüdern werde es zum Mörder, acht Edelingen zum Verderben, meines Gutes soll niemand froh werden.’
Als Odin das Gold sah, nahm er den Ring davon, weil er ihm schön dünkte. Dann füllten die Asen den Otterbalg und umhüllten ihn mit Andwaris Gold. Aber Hreidmar sah noch ein Barthaar durchschimmern; da deckte Odin den Ring darauf und sprach, dass sie der Otterbusse nun los wären, und nahm seinen Speer und die Asen schritten hinweg. Doch Loki wandte sich noch und sagte uns Andwaris Fluch. ‘Hätt’ ich das zuvor gewusst,’ sprach Hreidmar, ‘wäret ihr eures Lebens ledig! – Doch wenig fürchte ich eure DrohungenSo wirkte bereits der Fluch, dass Hreidmar aus Goldgier die Warnung in den Wind schlug.! Trollet euch Seitdem hiess das Gold ‘Ottersbusse’ oder ‘der Asen Notgeld’.
Fafnir und ich verlangten unsern Teil von dem Schatz als Bruderbusse. Aber Hreidmar gönnte uns nichts. Da tötete Fafnir den Vater, als der schlief, und nahm das Gold. Nun forderte ich mein Vatererbe. Aber er gebot mir, mich fortzumachen, sonst ergehe es mir wie Hreidmar. Fafnir nahm des Vaters Helm, Ögir (‘Schreckenshelm), und sein Schwert, Hrotti, und fuhr auf die Gnitaheide. Dort grub er sich eine Höhle, verwandelte sich in Wurmesgestalt, und legte sich auf das Gold. Ich ging zu Helferich und trat in des Königs Dienst. Meine Geschichte aber bedeutet, dass ich des Vatererbes und der Bruderbusse darbe."
"Schmiede mir ein gutes Schwert," sprach Sigurd, "wenn du willst, dass ich den Drachen erschlage."
Zweimal schmiedete Regin ein Schwert; die zersprangen beim ersten Hiebe Sigurds. Da ging dieser zu seiner Mutter und bat sie um die Schwertstücke, die sein Vater ihr sterbend übergeben hatte; die brachte er dem Zwerg, und der schmiedete daraus das Schwert Gram; damit zerschlug Sigurd Regins Amboss auf einen Schlag und zerschnitt mit der Schneide eine Wollflocke, die auf dem Wasser floss.
"Nun wirst du dein Wort erfüllen und Fafnir erschlagen!" drängte Regin. "Ich werd’ es erfüllen; – aber zuvor noch etwas andres," antwortete Sigurd: "Laut lachen würden Hundings Söhne, wenn mich, einen Königssohn, mehr verlangte nach roten Ringen als nach Vaterrache."
Er forderte von König Helferich ein Heer, um Vaterrache zu nehmen.
Der König liess ihm ein grosses Heer rüsten; Schiffe und alles Heergerät wurden auf das sorgfältigste bereitet, auf dass seine Fahrt ehrenvoller werde als je eine zuvor. Sigurd steuerte selbst den Drachen, das schönste seiner Schiffe; die Segel waren mit Fleiss gearbeitet und herrlich anzusehen. Sie fuhren ab mit gutem Winde, südwärts dem Land entlang über die See. Regin war auch bei der Fahrt, nützlich durch seinen Rat. Nach einigen Tagen kam ein gewaltiges Wetter mit Sturm; die See war, als ob man in geronnenes Blut schaute. Die Segel zerrissen; doch Sigurd befahl, sie noch höher zu setzen; und als sie an einem Vorgebirge vorbeikamen, stand ein alter Mann auf dem Riff und rief sie an: "Wer reitet dort über Wogen und wallendes Meer?"
"Sigurd, Sigmunds Sohn!" antwortete Regin, "wir fanden Fahrwind, in den Tod zu fahren! Wer fragt danach?"
"HnikarHnikar, Beiname Odins, als wellenbesänftigenden Gottes; Feng und Fiöllnir als Gewinn schaffenden Gottes. hiess ich, als ich Hugin erfreute, auf der Walstatt, junger Wölsung. Du nenne mich den Alten vom Berge, Feng oder Fiöllnir; Fahrt will ich euch schaffen; nimm mich auf in dein Schiff." Sie fuhren ans Land, der Mann stieg in Sigurds Schiff und beschwichtigte das Wetter.
"Sage mir, Alter," sprach Sigurd, "da du so weise bist, was ist ein gutes Vorzeichen, wenn man in den Kampf gehen will?"
"Viele sind gut! Zuverlässig ist, wenn ein Rabe dich geleitet; oder du siehst zwei ruhmbegierige Männer beisammen stehen. Hörst du den Wolf unter Eschenzweigen heulen, so ist dein Angang ein guter. Siegen wirst du, siehst du den Wolf vorwärts rennen. Kämpfe nicht bei sinkender Sonne. Fürchte Gefahr, so dein Fuss strauchelt, wann du in die Schlacht gehst; Trugdisen wollen dann dich verwunden. Bereit sei am Morgen; – denn ungewiss ist es, wo der Abend dich findet."
Sie fuhren, bis sie im Gebiet der Hundinge ans Land kamen. Die Hundinge hatten sich nach Sigmunds Fall dessen Reich angemasst. Sigurd fuhr nun mit Feuer und Schwert durchs Land, dass alles Volk entsetzt von dannen floh zu König Lyngi. "Sigurd, Sigmunds Sohn, fährt mordend und brennend einher, mit unabsehbaren Scharen. Flieht vor dem Wölsung."
Aber Lyngi floh nicht; er zog ein gewaltiges Heer zusammen und stellte sich vereint mit seinen Brüdern Sigurd entgegen, dass es zur Schlacht kam.
Da erhob sich wildes Kampfgetöse. Speere und Pfeile schwirrten in der Luft, Streitäxte wurden geschwungen, Schilde zerhauen, Brünnen barsten und Helme zersprangen, Schädel wurden gespalten und Männer stürzten zur Erde. Sigurd durchbrach der Hundinge Schlachthaufen. Mit seinem Schwerte Gram zerschnitt er Männer und Rosse; er hatte die Arme bis zur Achsel blutig, und alles Volk floh, wo er hinkam.
Und als er und Lyngi zusammenstiessen, tauschten sie grimme Hiebe, so dass die Schlacht eine Zeitlang stand; denn alle schauten ihrem Zweikampf zu; da spaltete Sigurd ihm Helm und Haupt und den gepanzerten Leib bis zum Wehrgurt auf einen Hieb. Darauf wandte er sich gegen Lyngis Brüder und alle fielen vor seinem Schwert und mit ihnen der grösste Teil ihres Heeres. Es war eine wilde Sitte, dem besiegten Feind den Blutadler zu ritzenMan gab dem Liegenden auf jeder Seite des Rückgrats drei Schwerthiebe, welche oft Herz und Lunge blosslegten.. Regin ging über die Walstatt und sprach zu Sigurd: "Nun ist der Blutaar dem Mörder Sigmunds auf den Rücken geritzt; kein Königserbe ist grösser als du." Sie hatten grosse Beute gemacht an Waffen, Schätzen und Kleidern; – Sigurd überliess alles seinen Heermannen und kehrte ruhmbedeckt zu Helferich zurück. Er ward mit grossen Ehren empfangen und Siegesfeste und Gastmähler wurden ihm bereitet.
Lange war Sigurd daheim, als Regin wieder zu ihm kam: "Nun hast du Vater und Freunde gerächt; nun gedenke deines Versprechens, Fafnir zu töten."
"Das ist meinem Gedächtnis nicht entfallen," antwortete Sigurd, "führe mich zu ihm."
So ritten Sigurd und Regin lange Wege und die Gnitaheide hinauf zu dem Pfade, den Fafnir schritt, wann er zu Wasser fuhr; die Klippe, auf welcher der Wurm beim Trinken lag, mass dreissig Klafter. Regin riet Sigurd: "Mache eine Grube, setze dich hinein, und wenn der Wurm zum Trinken darüber schreitet, stich ihn von unten ins Herz."
"Wie soll ich mir da helfen, wenn des Wurmes Blut über mich kommt?"
"Dir ist nicht zu raten! Du fürchtest sich vor jedem Ding."
Sigurd ritt weiter auf die Heide, aber Regin ging furchtsam hinweg. Als Sigurd sich daran machte, die Grube zu graben, kam ein alter, langbärtiger Mann dazu und fragte ihn, was er da mache? Auf Sigurds Bescheid sagte der Mann: "Das ist ein töricht unüberlegtes Werk; mache mehrere Gruben, dass das Blut sich verteilt, dann setze dich in eine und stich dem Wurm ins Herz."
Damit verschwand der Mann und Sigurd tat, wie er ihm gewiesen hatte. Als nun der Wurm zum Wasser schritt, erbebte die Erde weithin; über den ganzen Weg blies er Gift vor sich her; das fiel zischend auf Sigurds Haupt, aber der fürchtete sich nicht, und als der Wurm über die Gruben schritt, stiess Sigurd ihm unter den linken Bug das Schwert Gram, dass es bis ans Heft hineinfuhr. Der Wurm schüttelte sich und schlug mit Haupt und Schweif um sich. Sigurd sprang aus der Grube und zog sein Schwert an sich; und sah da einer den andern. Fafnir sprach: "Wer bist du, klaräugiger Gesell, der du Fafnir das Schwert ins Herz stiessest?"
"Edeltier heiss’ ich. Einsam wandr’ ich, ohne Vater und Mutter."
"Welches Wunder erzeugte dich denn?"
Nun hehlte Sigurd seinen Namen nicht länger.
"Sigmund hiess mein Vater, Sigurd heiss’ ich, der ich dich erschlagen habe."
"Junges Kind, wer reizte dich dazu?"
"Das Herz reizte mich; und die Hände und mein Schwert halfen mir."
"Hättest du im Vaterhaus aufwachsen können, sähe man dich als Helden kämpfen, nun bist du in Haft und ein Heergefangener König Helferichs."
Zornig rief Sigurd: "Nicht in Haft bin ich; und wär’ ich auch ein Heergefangener, – du hast gefühlt, dass ich als Freier lebe."
"Eines sage ich dir; das Gold und die roten Ringe werden dein Verderben."
"Des Goldes begehren alle und einmal muss doch jeder von hinnen fahren."
"Du achtest für nichts der Nornen Spruch und mein Wort für törichte Rede. Wer gegen den Sturm rudert, ertrinkt im Wasser; dem Todverfallenen ist alles zum Verderben. Lang’ trug ich den Schreckenshelm, und glaubte mich stärker als alle."
"Der Schreckenshelm allein schützt niemand."
"Gift blies ich auch, als ich auf dem Horte lag."
"Wilder Wurm, du machst grosses Gezisch, eh’ du verendest."
"Ich rate dir, Sigurd, und du nimm den Rat an; reite heim, eile von hinnen. Das gleissende Gold, die roten Ringe werden dein Verderben."
"Ich reite dennoch zum Hort auf der Heide. Liege du hier, bis Hel dich hält."
"Regin verriet mich, er wird auch dich verraten; mein Leben muss ich nun lassen!" Und Fafnir starb.
Sigurd trocknete sein Schwert vom Blute; da kam Regin zurück und sprach: "Heil dir, Sigurd, du hast dir Sieg erkämpft; jetzt acht’ ich dich als den mutigsten aller Männer."
"Wer weiss das! Mancher ist tapfer!"
Regin schwieg eine Weile, dann begann er wieder: "Du bist wohl stolz und siegesfroh; mir aber hast du den Bruder erschlagen. Zwar trag’ ich selbst einen Teil der Schuld."
"Du allein ja rietest dazu; der Wurm besässe noch Leben und Gut, hättest du mich nicht zu der Tat gereizt," antwortete Sigurd. Regin ging aber zu Fafnir, schnitt ihm das Herz aus und trank das Blut aus der Wunde. "Sitze nun, dieweil ich schlafe," sprach er dann, "und halte mir zur Bruderbusse Fafnirs Herz ans Feuer; das will ich essen auf diesen Bluttrunk."
"Du entflohst, und mit meiner Stärke hatt’ ich’s allein zu tun wider des Wurmes Kraft, während du fern auf der Heide lagst," sagte Sigurd trotzig.
"Ohne das Schwert, das ich dir schmiedete, hättest du ihn noch lange liegen lassen."
"Mut ist besser als Schwerteskraft," antwortete Sigurd. Während nun Regin schlief, briet er das Wurmherz am Spiess. Als der Saft herausschäumte, griff er mit dem Finger daran, zu fühlen, ob es gar wäre; er verbrannte sich und steckte den Finger in den Mund; und als ihm Fafnirs Herzblut auf die Zunge kam, hörte er Vogelstimmen, die er verstand; SchwalbenSchwalben nach Grimm, Waldspechte nach andern. sassen auf den Zweigen eines Baumes und sangen. Die eine: "Dort sitzt Sigurd und brät Fafnirs Herz; klug wäre der Held, ässe er es selbst"; die andre: "Dort liegt Regin und sinnet, wie er treulos Sigurd verderbe"; die dritte: "Hauptes kürzer lasse er den grauhaarigen Schwätzer zur Hel fahren"; die vierte: "Klug deuchte mir der Held, wenn er euren Rat verstände und auf seiner Hut wäre"; die fünfte: "Töricht wäre Sigurd, liess’ er den einen Bruder entkommen und hat dem andern das Leben geraubt"; die sechste: "Sehr töricht ist er, wenn er den Feind verschont, der ihn jetzt schon in Gedanken verraten hat"; die siebente: "Hauptes kürzer mach’ er ihn; dann wird er allein schalten über Fafnirs Gold."
Auf sprang da Sigurd, hieb Regin das Haupt ab, ass Fafnirs Herz und trank sein Blut. Da hörte er abermals, wie eine Vogelstimme sprach: "Eine Maid weiss ich, die allerschönste. Binde die goldnen Ringe zusammen, wenn du sie werben möchtest! Zu Giuki führen grüne Pfade; dem Wandernden weist das Schicksal die Wege. Eine Tochter hat Giuki, die magst du um Mahlschatz gewinnen. Ich weiss auf dem Berge eine Maid schlafen; Feuer lodert darüber hin, Yggr (Odin) stach sie mit dem Schlafdorn. Niemand vermag ihren Schlummer zu brechen gegen der Nornen Beschluss. Du sollst, Held, die Maid unter dem Helme sehn." –
Sigurd ritt auf Fafnirs Spur nach dessen Hause. Von Eisen waren die Türen und standen offen, von Eisen war alles Zimmerwerk und das Gold in die Erde gegraben. Er fand unermessliche Schätze. Er nahm den Ögirshelm, die Goldbrünne, das Schwert Hrotti, den Ring Andwaranaut und viele andre Kleinode und belud Grani damit. Aber das Ross wollte nicht vorwärts gehen, bis Sigurd auf seinen Rücken stieg.
Sigurd ritt lange Wege fort, bis dass er nach Hindarfiall kam, und wandte sich südwärts nach Frankenland. Auf einem Berge sah er ein grelles Licht, gleich als brenne dort grosses Feuer, von dem es zum Himmel emporleuchte. Als er hinzukam, stand da eine Schildburg und oben heraus ragte ein Banner. Er ging hinein und fand ein Menschenkind in voller Rüstung schlafen; er zog ihm den Helm ab und sah, dass es ein Weib war. Die Brünne war fest, wie angewachsen; er zerschnitt sie mit seinem Schwert und zog sie ihr ab; da erwachte sie, und fragte: "Was zerschnitt mir die Brünne? Wie kam ich aus dem Schlaf? Wer befreite mich der Bande?"
"Der ist Wölsungen Geschlechts," antwortete er, "der das getan; Sigurd, Sigmunds Sohn."
"Lange schlief ich," sprach sie wieder, "lange währen der Menschen Übel. Odin waltete dessen, dass ich die Schlummerrunen nicht abzuschütteln vermochte."
Er setzte sich zu ihr und fragte nach ihrem Namen. Sie nahm ein Horn voll Met und gab ihm den Willkommtrunk: "Heil dir, Tag, Heil euch, Tagessöhne! Heil dir, Nacht und nährende Erde! Mit unzornigen Augen schauet auf uns und verleihet uns Sieg! Heil euch Asen! Heil euch Asinnen! Gebet uns Weisheit und heilkräftige Hände! Walküre war ich, – eine Sigurdrifa (Siegspenderin), Brunhild heiss’ ich."
Und sie erzählte, wie einst zwei Könige miteinander kämpften; der eine war alt und ein gewaltiger Krieger und Odin hatte ihm Sieg verheissen. Der andre hiess Agnar, den wollte niemand schützen, "Da liess ich den alten König auf die Walstatt sinken, und Sieg gab ich dem jungen. Darum ward Odin mir überzornig; nie mehr Sieg erkämpfen sollte ich, sondern mich vermählen. Aber ich tat das Gelübde, mich keinem Mann zu vermählen, der sich fürchten könne. Odin stach mich mit dem Schlafdorn, umschloss mich mit Schilden, mit roten und weissen, und liess Feuer brennen um meinen Saal. Und der allein, gebot er, solle darüberreiten, der mir das Gold darbrächte, das unter Fafnir lag."
"Nie sah ich so schönes Weib!" sprach Sigurd, "du bist nach meinem Sinn; dich will ich zum Weibe haben."
"Und hätt’ ich zu wählen unter allen Männern; ich will dich und keinen andern." Und sie festigten unter sich mit Eiden ihr Verlöbnis.