Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
InhaltInhalt
- Ludwig Aurbacher
- Erstes Kapitel.
- Zweites Kapitel.
- Drittes Kapitel.
- Viertes Kapitel.
- Fünftes Kapitel.
- Sechstes Kapitel.
- Siebentes Kapitel.
- Achtes Kapitel.
- Neuntes Kapitel.
- Zehntes Kapitel.
- Eilftes Kapitel.
- Zwölftes Kapitel
- 1. Legende von dem Ritter Sankt Georg.
- 2. Die blauen Berge.
- 3. Der Name Gottes.
- 4. Die Wunder.
- 5. Das Vögelein.
- 6. Schule der Weisheit.
- 7. Von der Selbsterkenntniß.
- 8. Der Weisen Sprüche.
- 9. Die Fabel geht dich an.
- 10. Unsers Herrgotts Affe.
- 11. Das Grömlein.
- 12. Die Thiere und der Mensch.
- 13. Hans Pfriem.
- 14. Der Einsiedler.
- 15. Ei so beiß!
- 16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen.
- 17. Die Geschenke.
- Ehelicher Gehorsam.
- 19. Der Talisman.
- 20. Von einem eifersüchtigen Mann.
- 21. Hauszucht.
- 22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch.
- 23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen.
- 24. Die Kinderprozession.
- 25. Eine Desperations-Kur.
- 26. Das Testament des Vaters.
- 27. Der Wahrheit Lohn.
- 28. Sanct Peter mit der Geige.
- 29. Der Verwalter.
- 30. Muth über Gut.
- Ein braver Kaufherr.
- 32. Ein braver Hausknecht.
- 33. Sagen aus Südbayern.
- 34. König Bauer.
- 35. Von der Ungleichheit der Stände.
- 36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern.
- 37. Vom Rathgeben.
- 38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen.
- 39. Ueber den Umgang mit Bauern.
- 40. Ueber den Umgang mit Herren.
- 41. Nachtwächter Thomas.
- 42. Die sieben Züchten.
- 43. Die Faulheit in der Klemme.
- 44. Die guten Tage.
- 45. Schalk wird mit Schalk gefangen.
- 46. Seltsames Roßfutter.
- 47. Seltsame Jagdpacht.
- 48. Der redliche Hans und die schlaue Grete.
- 49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen.
- 50. Die Meisterstücke.
- 51. Gevatter Tod.
- 52. Die Räthsel.
- 53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte.
- 54. Eine Lektion für die Weiber.
- 55. Von einer dienstfertigen Frau.
- 56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank.
- 57. Das Brauttänzlein.
- 58. Das Bettlertestament.
- Kapitel 72
- 60. Ei, so lüg'!
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Wie die sieben Schwaben von einer Zigeunerin sich wahrsagen lassen.
- Kapitel 77
- Vom Gelbfüßler, und was sich weiter begeben.
- Vom Knöpfleschwaben, und was sich weiter zugetragen.
- Vom Blitzschwaben, und was sich sonst ereignet.
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Wie die sieben Schwaben in den Stauden stecken bleiben.
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Das Kapitel vom Waldbruder.
- Nutzanwendung des Autors.
- Welches Lied der Blitzschwab gesungen.
- Kapitel 89
- *Wie der Blitzschwab an dem Allgäuer Rache nimmt.
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Wie unsere Schwaben durch das blaue Meer schwimmen, ohne zu ersaufen.
- Wie der Allgäuer die Landstraße findet, aber bald ersoffen wäre.
- Kapitel 95
- Wie die sieben Schwaben aufgefangen und eingesetzt werden.
- Wie die sieben Schwaben sich aus der Gefangenschaft befreien.
- Kapitel 98
- Noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben.
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- * Von einem Heldenstück, das der Blitzschwab gethan.
- * Vom Spiegelschwaben, wie er einen Schatz findet.
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Wie der Nestelschwab seine Mutter findet, aber seinen Vater nicht.
- Kapitel 109
- Wie die sieben Schwaben des Sees ansichtig werden, und was sie dazu sagen.
- Kapitel 111
- Wie die sieben Schwaben sich in Schlachtordnung stellen.
- Wie die sieben Schwaben den Strauß bestehen.
- Kapitel 114
- Kapitel 115
- Von der Kappel zum schwäbischen Heiland.
- Kapitel 117
- Bemerkungen.
- 2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien.
- 3. Bemerkungen zu den Abenteuern der sieben Schwaben.
- Erstes Kapitel.
- Zweites Kapitel.
- Drittes Kapitel.
- Viertes Kapitel.
- Fünftes Kapitel.
- Sechstes Kapitel.
- Siebentes Kapitel.
- Achtes Kapitel.
- Neuntes Kapitel.
- Zehntes Kapitel.
- Eilftes Kapitel.
- Zwölftes Kapitel.
- 1. Offerus.
- 2. Sanct Augustin und das Knäblein.
- 3. Von der Versuchung im Glauben.
- 4. Die drei Blicke.
- 5. Die Tugenden.
- 6. Die Laster.
- 7. Arm Elend.
- 8. Trost im Leiden.
- 9. Die Weisheit auf der Gasse.
- 10. Triumph der Religion.
- 11. Der Antichrist.
- 12. Das Gericht.
- 13. Abbas der Weise.
- 14. Das Mährlein von der Wahrheit.
- 15. Von der Menschen Urtheilen.
- 16. Glück und Unglück.
- 17. Von Zank und Streit.
- 18. Ulysses und seine Gefährten.
- 19. Volkssagen aus Niederbayern.
- 20. Die Nachbarn.
- 21. Die Freunde in der Noth.
- 22. Von Recht und Freiheit.
- 23. Die Uhren.
- 24. Die Adelsprobe.
- 25. Die Säcke.
- 26. Der Hausgeist.
- 27. Die Hausräthe.
- 28. Volkssagen aus Ober-Bayern.
- 29. Ein braver Pfarrer.
- 30. Der letzte Schuß.
- 31. Das Darlehen.
- 32. Der Herr und der Diener.
- 33. Das goldbordirte Hütlein.
- 34. Der Fruchtbaum.
- Ehrn Steffen.
- 36. Die Raben.
- 37. Meister und Lehrling.
- 38. Der Schneider im Mond.
- 39. Die Meisterproben.
- 40. Die Standeswahl.
- 41. Die Hausfrauen.
- 42. Der Korbmacher und seine Frau.
- 43. Der Hausfreund.
- 44. Eheliche Treue.
- 45. Warum heirathen?
- 46. Das Schloßfräulein.
- 47. Volkssagen aus Oberschwaben.
- 48. Der Bärenhäuter.
- 49. Der Spielmann und sein Wohlthäter.
- 50. Grausamer Scherz.
- 51. Hans, blas 's Licht aus.
- 52. Die Meisterschaft.
- 53. Volkssagen aus Franken.
- 54.*Der einfältige Junge.
- 55. *Eine Zehentfrage, nebst Antwort.
- 56. *Soll ich? oder soll ich nicht?
- 57. Die Hasenjagd.
- 58. Der Hahn im Korb.
- 59. Der lustige Schuster.
- 60. Schutzschrift für die Bauern.
- 61. Der fromme Müller.
- 62. Hier lernt man Französisch.
- 63. Der bayerische Diogenes.
- 64. Der schwäbische Diogenes.
- 65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang.
- Kapitel 198
- Kapitel 199
- Kapitel 200
- Kapitel 201
- Wie der Spiegelschwab in Lindau sich für einen Wurmdoctor ausgibt.
- Kapitel 203
- Wie der Allgäuer den Lindauern die Zeche bezahlt für den Spiegelschwaben.
- Kapitel 205
- Kapitel 206
- Wie der Spiegelschwab zu einer neuen Gesellschaft kommt.
- Kapitel 208
- Zwei Stücklein aus der Chronik von Kempten und Memmingen.
- Welchen Bericht der Spiegelschwab von seinem Weibe abstattet.
- Kapitel 211
- Von Kaufbeurer Stücklein.
- Wie der Spiegelschwab einem Franken begegnet.
- Wie der Spiegelschwab mit guten Landsleuten ein Galgenmahl hält.
- Wie der Spiegelschwab den fahrenden Schüler Adolphum vom Galgen errettet.
- Schutz- und Trutzrede des Autoris.
- Kapitel 217
- Kapitel 218
- Kapitel 219
- Kapitel 220
- Kapitel 221
- Kapitel 222
- Wie es dem Spiegelschwaben weiter ergangen.
- Kapitel 224
- Allhier fangen die Weilheimer Stücklein an.
- Kapitel 226
- Von den Weilheimer Stücklein.
- Kapitel 228
- Von einem Abenteuer, das der Spiegelschwab mit einem Pfaffen gehabt.
- Kapitel 230
- Kapitel 231
- Kapitel 232
- Wie der Spiegelschwab nach Meitingen kommt zum Blitzschwaben.
- Wie der Spiegelschwab dem Blitzschwaben ein Kapitel vom Ehestand lieset.
- Kapitel 235
- Kapitel 236
- Beilage.
- Bemerkungen.
- 2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien.
- 3. Bemerkungen zu den Abenteuern des Spiegelschwaben.
Ludwig Aurbacher
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32. Der Herr und der Diener.
Der Herr saß in der Kutsche, der Diener auf dem Bock. Die Fahrt ging nach dem, etliche Stunden von München entlegenen Würmsee, wohin die vornehmen Städter an geschäftsfreien Tagen gern einen Ausflug zu machen pflegen. Anfangs, so lange sie durch die bekannte, bewegte Gegend fuhren, that der Herr manche Frage, die der Diener kurz und gut beantwortete; es erging sich die Rede über die Pferde, ihre Fehler und Tugenden, über Schiff und Geschirr, was erneuert und angeschafft werden sollte, und daß das Futter von Jahr zu Jahr theurer werde. Nun kamen sie an den kurfürstlichen Park; der Kutscher stieg ab, um das Gitter zu öffnen, und nachdem er die Rosse bedächtig durchgeführt, schloß er wieder die Schranke, wie es das Gesetz verlangte. Indem nun aber der Wagen eine weite Strecke auf dem geraden und ebenen Wege durch den Park rollte, nahm der gelehrte Herr ein Buch vor sich und las, und der Diener hing seinen Gedanken nach, die ihn seit lange gar sehr beschwerten. Der geneigte Leser soll das Geheimniß sogleich erfahren. Eine ehrbare Wittwe, die Fuchsbräuin, hatte dem wackern Burschen ihre Hand angetragen. Die Frau gefiel ihm nicht übel; die Wirthschaft nährte den Mann; Alles wäre recht gewesen. Dagegen aber, wenn er gedachte, daß er einen so guten, gnädigen Herrn verlassen sollte, der mit ihm, und mit dem er schon so lange zufrieden gewesen, da fiel es ihm wie ein Stein aufs Herz, und bedrängt von diesen Betrachtungen, seufzte er laut auf. Der Herr vernahm's; er bückte sich vor, um zu sehen, ob der Diener schlafe und träume; da er aber bemerkte, daß er nur in Gedanken verloren sei, so ließ er Rosse und Kutscher gehen, so langsam sie mochten. Indem nahten sie sich dem andern Gatter, das jenseits den Park verschlossen hielt. Der Kutscher war immer noch von seinen Gedanken befangen, so daß er die Schranke nicht bemerkte. Sieh! da kam ein Mann nach und vor, der das Gatter öffnete, während die Rosse von selbst stille hielten. Nun erwachte der Diener aus seinem Traume; und in der Vermuthung, es sei ein Bettler, welcher herbeigeeilt, um den Dienst zu verrichten, warf er ihm wohlwollend einen Kreuzer zum Lohn hin, ohne sich nach ihm umzusehen. Dann fuhr er rasch durch die Oeffnung und weiter des Weges. Aber plötzlich hörte er »halt!« hinter sich rufen, und wie er sich umsah, erblickte er seinen Herrn, welcher zu Fuße nach kam. Er besann sich, er erschrak. »So geht's in der verkehrten Welt«, sagte der Herr, nachdem er wieder eingesessen, – »der Diener bleibt sitzen, und der Herr muß aussteigen, um das Gatter zu öffnen.« Also scherzte der Herr. Doch der Diener nahm's für Ernst, und er sagte: »Gnädiger Herr, habt nur heute noch Geduld mit mir, ich will mich zusammennehmen, so gut ich's kann; morgen aber jagt mich meinethalben aus dem Dienst, ich verdien's nicht anders.« »Was ist dir?« fragte der Herr theilnehmend. »Was mir ist?« erwiederte jener, »ein Narr bin ich, verliebt bin ich, zu nichts nutz bin ich!« Und nun erzählte er den ganzen Handel, und schüttete sein volles Herz aus vor dem gnädigen Herrn. Dieser wurde nachdenklich; er liebte den Burschen als einen treuen und fleißigen Menschen und verlor ihn ungern; auf der andern Seite wollte er seinem Fortkommen nicht im Wege stehen, vielmehr freute es ihn, wenn er seinen Leuten zu ihrem Glück verhelfen konnte. Nach einigem Bedenken sagte er: »Das wollen wir weiter überlegen, und zu seiner Zeit wieder davon sprechen. Fahr' zu!« Also fuhr der Diener wohlgemuth zu, und merkte nun fleißig auf Wagen und Rosse; und Abends, als sie desselben Weges zurückkehrten, vergaß er nicht das Gatter zu öffnen beide Mal. – Es waren seitdem ungefähr acht Tage verflossen, als der Herr seinen Diener zu sich berief, und ihm sagte: »Hör'! mit deiner Heirath ist's richtig, wenn's anders auch dir recht ist. Die Wittwe, die ich als eine brave, fleißige Hausfrau kennen gelernt, bringt dir Heimat und Gewerk zu, und du kannst dich sogleich in ein gemachtes Bett legen. Also hab' ich's mit ihr verabredet, und somit den Kuppelpelz verdient.« Der Diener war dankbar gerührt über die Gnade des Herrn; der Vorschlag ward angenommen, und nach vier Wochen die Hochzeit vollzogen.
Das ist eine Geschichte aus der guten alten Zeit. Beide Männer, der Herr und der Diener, stehen noch heutigen Tages in gutem, rühmlichem Andenken bei Hoch und Niedern. Noch, wenn in München von ehrenwerthen Bürgern die Rede ist, spricht man von dem alten Fuchsbräu als Muster von Tätigkeit, Redlichkeit und freundlichem, geselligem Umgang und Wesen. Ist aber die Rede von hohen, einsichtsvollen Beamten, gründlichen und besonnenen Gelehrten, würdigen und leutseligen adeligen Herren, so wird vor allen Ein Name genannt: der Kanzler Freiherr von Kreitmayr, der bayerische Gesetzgeber.
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