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17

Colonel Carter vom Morddezernat nahm die Zigarre aus dem Mund.

»Mein lieber Welling, Sie sind romantisch, und deshalb müßte Ihnen eigentlich alles schiefgehen. Aber statt dessen sind Sie einer der erfolgreichsten Detektive.«

Julius Welling, der Chef der achten Abteilung von Scotland Yard, seufzte. Er war ein älterer, weißhaariger Mann mit melancholischen Zügen.

»Ich muß zugeben«, fuhr Carter fort, »daß Ihre phantastischen Träumereien manchmal zu den seltsamsten Enthüllungen geführt haben.«

»Wozu wird denn meine augenblickliche Kombination führen?« fragte Welling mit einem müden Lächeln.

»Damit werden wir sicher eine große Katastrophe erleben«, meinte der Colonel ernst. »Wir haben den Schwarzen gefangen – daran kann kein Zweifel bestehen. Ich wünschte nur, es hätte ihn ein anderer als Marborne gefaßt, denn ich war schon dabei, ihm den Laufpaß zu geben. Aber das ist eben das Glück des Zufalls – ausgerechnet Marborne muß ihn bekommen. Wir haben alles Beweismaterial in Händen, das wir brauchen – abgesehen davon wurde Morlake auf frischer Tat ertappt. Einbrecherwerkzeug und eine Waffe wurden bei ihm gefunden. Außerdem haben wir in seiner Wohnung in der Bond Street gestohlenes Gut entdeckt – ein Paket Banknoten mit den Stempeln der Home-Counties-Bank –«

»Die könnte schließlich auch ich von der Home-Counties-Bank bekommen, wenn ich nur darum nachsuchte«, sagte Welling halb zu sich.

»Ein Geldkasten war in seinem Garten vergraben –«

»Warum sollte er denn einen Geldkasten in seinem Garten vergraben? Das tun doch nur Amateurverbrecher.«

»Nun gut, aber wie kam dann das Geld dorthin?« fragte Carter gereizt.

Mr. Welling rieb sich nachdenklich die Nase.

»Man kann es ja dorthin gebracht haben, um Beweise gegen ihn anzuhäufen. Morlakes Geschichte klingt doch sehr merkwürdig. Er sagt, daß sein Diener verunglückte, der in Blackheath wohnt. Er kommt zu dem Haus, wo er liegen soll, wird plötzlich überfallen und zu Boden geschlagen. Denken Sie doch, er wird, ohne daß er recht weiß, was geschieht, gefaßt und zu Boden geschlagen – und dabei soll er eine Pistole bei sich gehabt haben! Er will in ein Haus einbrechen und läßt seinen Wagen an der Ecke der Straße mit brennenden Lampen stehen! Und dicht dabei ist eine Nebenstraße, in der er ihn großartig hätte verstecken können. Man nimmt an, daß er von der Rückseite in das Haus eingebrochen sei. Dort liegt ein Garten, der von einer niedrigen Mauer begrenzt wird. Er hätte auf dem Rückweg leicht über die Mauer steigen können und wäre dann gleich im Freien gewesen. Aber nein, er geht durch die Haupttür auf die Straße. Er wehrt sich – wie hat er sich denn gewehrt? Man darf doch nicht vergessen, daß er eine geladene Pistole bei sich gehabt haben soll! Aber er wehrt sich, so daß Marborne seinen Polizeiknüppel gegen ihn gebrauchen muß. Was hat er denn nur die ganze Zeit mit der Pistole gemacht?«

Colonel Carter schüttelte den Kopf. »Aber die Geschichte von dem telefonischen Anruf ist doch eine Lüge –«

»Im Gegenteil, sie ist wahr. Die Telefonzentrale in New Cross hat das Gespräch abgehört. Gerade zu dieser Zeit wurden nämlich die Anschlüsse untersucht und revidiert, weil ein Teilnehmer gemeldet hatte, daß sein Apparat nicht in Ordnung sei. Die Techniker hörten zufällig gerade diesen Anruf.«

Colonel Carter sah ihn erstaunt an: »Ich merke, daß Sie sich eingehend mit dem Fall beschäftigt haben.«

»Ich habe Marborne beschattet. Der Mann, der Morlake anrief, war Marborne selbst. Und ich werde nicht eher ruhen, als bis dieser Inspektor den Abschied bekommen hat!«

»Und was ist mit Morlake?«

»Ob man ihn verurteilt oder nicht, es steht jedenfalls fest, daß James Lexington Morlake der Schwarze ist, der schlaueste und tüchtigste Bankräuber, der in den letzten zwanzig Jahren aufgetaucht ist. Dafür habe ich genügend Beweise. Vor zehn Jahren«, sagte er ernst und bedeutungsvoll, »fand die Haslemere-Polizei einen sterbenden Matrosen auf der Portsmouth Road –«

»Von wem reden Sie denn jetzt?« fragte Carter verblüfft.

»Von dem Schwarzen, und warum er zum Einbrecher wurde. Ein sterbender Matrose, den man niedergeschlagen hatte und der in keiner Weise identifiziert werden konnte, ist daran schuld. Der Arme liegt auf einem kleinen Friedhof in Hindhead, und kein Name steht auf seinem Grabstein. Genügt das, um einen Mann zum Einbrecher zu machen?«

»Sie lieben das Geheimnisvolle«, erwiderte Carter unsicher.

»Ja, Geheimnisse sind meine besondere Liebhaberei.«


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