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Erzählung

In Einfalt, wie man Duft hingießt über Flammen
und wie ein Soldat sein Blut dem Vaterland lieh,
strömt ich mich gerne aus, Herz und Seele zusammen,
in einem Lobgesang auf die Jungfrau Marie.

Doch, ach, zu tief verstrickt bin ich in sündiges Leben,
meine Stimme klänge grell in der Gerechten Chor.
Noch trunken von dem Wein der irdischen Reben,
beleidigte sie wohl ein erhabenes Ohr.

Unser Herz sei wie sprudelnde, klare Felsenquelle.
Ein Kind in Leinenweiß soll unser Sinnbild sein,
nicht wecke argen Spott das Lamm in reinem Felle,
es kröne Unschuld uns mit heißen Stirnreifs Schein.

Nur so reich bedacht, darf man dich zu lobpreisen wagen
maidliche Mutter du, unbefleckte Marie,
du Weiße mitten in der Engel Flügelschlagen.
Dein Fuß ruht auf der Welt, dein Schreiten tröstet sie.

Doch dem Geständnis mag mein schlechtes Wort sich schmiegen,
wie einer Seele, der verirrtesten, geschah,
daß unschuldigste Freuden sie nun wieder wiegen,
weil sie den milden Blick zartester Glorie sah.

O Unschuld, kannst dich wohl nach größter Einfalt schicken,
du klarer Herzensquell nach reinem Seelenbrand,
Lid, das begnadet ruht auf geblendeten Blicken,
Labsal röhrenden Hirschs, den Liebe überwand.

Ein Liebender wars, den nichts besser benannte;
von jeder schändlichen und reinen Lust umloht,
der alle Niedertracht und Gier des Fleisches kannte
und Herzblut, das ihm rotes Wachs für Kerzen bot.

Ein Gottloser, – und riß die letzte Ehrfurcht nieder,
doch schien ihm öde Freiheit solcher Art nicht gut,
wie ein Sträfling, der seinen Tabak immer wieder
zerkaut, so liebte er Unglaubens schalen Sud.

Er war ein Roher und ein Trunkenbold der Gassen,
ein Gatte wie in üblen Vierteln mancher Wicht,
wohl hatte erste Liebe schon längst ihn verlassen,
doch das entschuldigt seine wilden Sitten nicht.

Er war – welch ein Jammer! – ein öder Pariser,
hundertfach ärger als die Provinzler, ihr wißt:
denn keiner nimmt die dümmste Torheit ernst wie dieser,
und merkt nicht – wehe seiner Seele! –, daß du bist.

Volk der Theater und Buden, das selbst mit seinen Sünden
und ihrem ranzig-stickigen Geruche auch
die Wilden, seine Spießgesellen, reizte in den Schlünden,
Volk der Gasse, Volk der Gosse, Volk wie Rauch!

Ein Tor wars, ein Narr aus diesen dummen Tagen
(deren Geist sich doch bloß im Biertrinken zeigt)
und überdies ein wirrer Kopf voller Fragen,
ein Herz im Sturm, gemeiner Offenheit geneigt,

doch hatte dieses Herz in den geheimsten Falten
– gern glaub ich, daß es daran keinen Zweifel gibt –
ein Etwas wie Erinnern an die Zeit behalten,
als er ein Kindlein war, wie Jesus sie liebt.

Hatte er – und das ist wohl wahrer als wahrscheinlich –
deinen Namen, Marie, der in Ehrfurcht beglückt,
in seines Hirnes Heiligtum gehütet, reinlich,
wie ein schlechter Priester selbst noch seine Kirche schmückt?

Oder war er vielleicht bloß, der Rohe und Verirrte,
trotz allem Laster und Verbrechen ohne Ruh noch Rast,
ein höchst argloser Mensch, den seine Einfalt zierte,
verglichen mit der Welt ringsum, von Gott gehaßt?

Wie dem auch sei: dieses großen Sünders Betragen
war vor Narretei so zur Tollheit verzerrt,
daß sich das Gericht darein mengte, – was für Fragen! –
und ihr saht ihn in engsten Käfig gesperrt.

O humane Zellen! Von eurem öden Schrecken,
der heuchelnd Fortschritt zeigt, sei nun nichts erzählt.
Er ward gerührt, ging in sich. Welche Wunder erwecken
den Sünder, o Marie, von Ewigkeit erwählt?

Zu deinem Sohn und dir tat seine Seele wallen,
o wie glücklich er ward, und nun aber wie schnell!
Welche Tränen! Welche Lust! Und um dir zu gefallen,
entsagt er, siehe doch, o Mutter, auf der Stell

allem Hoffartsdünkel und dem armseligen, flachen
Witz, allem, was man Geist und Wissenschaft benennt,
allem tückischen Lächeln und allem rohen Lachen,
womit die Lippe, verzerrt, Unglauben bekennt.

Hin kniet er da, und in die stolzen Finger tut er
voll letzter Demut den entflammten Rosenkranz,
und vor dir, der Königin, der Heiligen, der Mutter,
erfleht er die Befreiung aus dem Fleisch in Glanz!

O wär ihm doch nichts mehr von der Welt geblieben,
als dunkle Inbrunst vor geheimsten Wissens Heil,
die tiefe Verzückung, das Herz Jesu zu lieben,
dein zu gedenken in der Messe gleicher Weil.

O wirke das, senk diese Gnade auf ihn nieder,
maidliche Mutter du, unbefleckte Marie,
du Silberne im Silber hochzeitlicher Lieder;
dein Fuß ruht auf der Welt, dein Schreiten tröstet sie.

Erwin Rieger


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