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Blau war der Himmel und blau leuchtete das Meer.
»Wahrhaftig, es gibt nichts Schöneres, als bei solchem Wetter durch die Wellen dahinzuziehen!« rief Sanders in einem bei ihm sehr seltenen Anfall von Begeisterung aus. »Zumal auf einem so vortrefflichen Fahrzeug wie dem Ihrigen, Hoheit«, fuhr er fort, indem er sich an den Prinzen wandte.
Der Inder neigte mit einem verbindlichen Lächeln den Kopf.
»Meine Jacht ist nicht schlecht. Und wenn sie, wie eben jetzt, bei ruhigem Seegang und günstigem Wind unter Dampf und Segeldruck geht, dann nimmt sie es an Schnelligkeit mit jedem Ozeandampfer auf.«
Ponks, der diesen Ausführungen mit großem Interesse gefolgt war, nickte vor sich hin. Dann blickte er prüfend zum Himmel empor.
»Wenn wir einigermaßen Sicherheit hätten, daß das Wetter so günstig bliebe, könnten wir er wagen, in die Atlantis hinauszusegeln, anstatt uns in der Nähe der amerikanischen Küste zu halten.«
Prinz Rami schüttelte bedenklich den Kopf.
»Es kann gut gehen, doch das Risiko ist zu groß.«
»Aber ich meine, das Schiff ist trotz seines zierlichen Baues sehr leistungsfähig und durchaus seetüchtig«, meinte Ponks, indem sein Blick prüfend über Deck und in die Takelage hinaufflog.
»Sicherlich«, nickte der Inder lächelnd. »Nur – die Größe des Ozeans steht in keinem Verhältnis zu der Fassungskraft meiner guten ›Miamaja‹. Sie verstehen nicht, was ich meine? Bedenken Sie: mein Fahrzeug kann einen Dampfer nur ersetzen, wenn die See ruhig und der Wind so günstig ist, daß Dampf und Wind des Schiffes Lauf treiben. Sobald wir widrigen Wind bekommen, scheidet die Hälfte unserer Vorteile aus. Dann sind wir auf den Dampf angewiesen. Mein Schiff ist aber nicht groß genug, um einen Kohlenvorrat fassen zu können, der zu einer weiteren Seereise ausreicht. Bis zu unserem Ziel müssen wir mindestens sechsmal anlaufen und Kohlen einnehmen. Bei gutem Wetter kann das ohne Schwierigkeiten geschehen. Wie aber, wenn ein Sturm uns verschlägt und uns viele Tage lang auf dem Ozean umherwirft?«
»Obwohl ich Ihnen vollkommen recht geben muß, Hoheit«, erwiderte Ponks, »bin ich doch dafür, daß wir das Wagnis unternehmen. Wenn wir nur ein wenig Glück haben, dann sind wir fast so schnell bei den Kap Verdischen Inseln wie bei der Insel Trinidad. Ihre Leute sind zuverlässig und geschickt, und außerdem befinden wir uns in dem Zeitabschnitt des günstigen Seewetters.«
»Was sich schnell ändern wird, sobald wir in die Nähe des Kaps der Guten Hoffnung kommen«, wandte der Prinz ein. »Deshalb halte ich an meinem alten Vorschlag fest, Trinidad anzulaufen, dort eine Dampfergelegenheit nach Bombay zu suchen und die Jacht zurückzuschicken.«
Ponks aber hatte Gründe, die vielbefahrenen Dampferlinien zu vermeiden. Aus der Tatsache, daß sein Büro von der Polizei bewacht wurde, schloß er sehr richtig, daß man hinter ihm her sei. Wie leicht war es möglich, daß sein Steckbrief sich in den Händen eines jeden Schiffskapitäns befand. Ganz anders war es, wenn sie die Reise ganz auf der Jacht des Prinzen zurücklegten! Hier konnte ihn niemand suchen, da niemand in Neuyork seine Verbindungen mit dem Inder kannte. Außerdem würde kein Mensch auf den Gedanken kommen, daß jemand eine solch weite Reise auf einem solch verhältnismäßig schwachen Fahrzeug wagen würde.
So unsicher er sich also auf einem Dampfer fühlen mußte, so sicher und beruhigt konnte er sein, so lange er sich noch an Bord der Miamaja befand. Er sprach darum seinem Freunde so lange zu und wußte auf dessen Bedenken so viele Gegengründe anzuführen, daß endlich der Inder zustimmte, den Schiffsführer zu sich rief und ihm befahl, auf die Kap Verdischen Inseln zuzuhalten.
Klar und glatt war der Spiegel des Meeres. Wie ein unaufhörlicher tiefer Akkord tönte das Rauschen des gewaltigen Gewässers. Hoch oben in der unendlichen leuchtenden Ferne schwamm der Mond und warf ein weißes, stechendes Licht auf das Meer herab. Die weite Himmelskuppel war mit dem ungeheuren Gefunkel der Sterne erfüllt. Flüssiges Silber strahlte auf allen Wassern. Zitternde Funken sprühten. Der Kiel des Schiffes warf ganze Garben leuchtender Perlen aus den unendlichen Abgründen der Gewässer empor.
Da der Wind außergewöhnlich günstig war, hatte der Schiffsführer auf Anordnung des vorsichtigen Prinzen die Feuer unter den Kesseln niederbrennen lassen und fuhr unter vollen Segeln. Trotz des fehlenden Dampfes legte das schlanke, leichtgebaute Fahrzeug eine stattliche Anzahl von Knoten zurück. Ponks jubelte innerlich, denn er fühlte sich mit jedem Tage sicherer.
*
Am Stern des Schiffes saßen in bequemen Stühlen Ponks und Sanders. Beide befanden sich in nachdenklicher Stimmung und rauchten schweigend ihre Zigarren.
»Weiß der Henker«, unterbrach Sanders das Schweigen, »eine solche Nacht auf dem weiten Meere wirft mich seelisch immer aus dem Geleise.«
Ponks wandte dem Genossen langsam den Kopf zu und blickte ihn fragend an. Der Blick seiner Augen aber verriet, daß er sich mit seinen Gedanken weitab befand.
»Ja, es ist so«, fuhr Sanders fort. »Du weißt zur Genüge, daß ich sonst nicht gerade einen starken Hang zu dichterischen Träumen habe. In solchen Stunden aber – wie soll ich das sagen? – kommt mir immer zum Bewußtsein, daß der Mensch doch eigentlich zwei Seelen in der Brust hat, die sich gegenseitig bekämpfen.«
Ponks blies den Dampf seiner Zigarre durch die Nase und kräuselte spöttisch die Lippen.
»Du meinst, eine gute und eine schlechte Seele, nicht wahr?«
»Na ja, so ähnlich – landläufig ausgedrückt. Obwohl ich mir eigentlich gar nicht klar darüber bin, was eine gute und was eine schlechte Seele ist.«
»Das kann dir jeder Staatsanwalt und jeder Priester sagen«, spottete Ponks.
»Zwei Instanzen, die mir durch die Einseitigkeit ihrer Weltanschauungen nicht maßgebend sind«, lachte Sanders. Doch gleich darauf wurde er wieder ernst. »Sag mal – hast du denn nicht auch manchmal das Gefühl, daß wir selbst und alles, was wir tun und treiben, erbärmlich klein und nichtssagend sind gegen das uns umgebende Weltmeer?«
»An gewissen Maßen gemessen ist eben alles klein und erbärmlich«, meinte Ponks achselzuckend. »Wenigstens alles Menschliche. Was sind wir denn? Schau dir solch eine Welle an! Sie kommt, blitzt für eine Sekunde silbern auf und verschwindet im Schwall. So auch wir – du, ich – alle Lebenden.«
»Bist du ganz sicher, daß wir so im Schwall verschwinden – wie eine Welle im Gewässer – ohne Spur – Rückstand – seelisches Überbleibsel?« fragte Sanders mit einem verlegenen Zögern.
»Ah, du hast Ewigkeitsgedanken? Mein Lieber, dann geh ins Kloster. Oder werde ein wandernder Yogi, wenn du nach Indien kommst.«
»Was ist das?«
»Ein Yogi ist ein Mensch, der in der verschiedensten Art seine vollkommene Verrücktheit zum Ausdruck bringen kann. Er kann sich bis zum Halse in den Sand eingraben lassen und so bis zu seinem seligen Ende zubringen. Oder er kann auf einem mit spitzen Nägeln beschlagenen Brett schlafen. Oder ein Leben lang einen Arm ununterbrochen emporhalten. Oder –«
»Genug! Zu dieser Art von Heiligkeit habe ich nicht den geringsten Beruf. Aber – weißt du – es hat doch keinen Sinn, alle Dinge des Lebens mit Spott und Hohn abzutun. Es gibt doch auch ernste Dinge, die ernst zu behandeln sind.«
»Nein, die gibt es nicht. Genau betrachtet hat das ganze menschliche Leben nicht den allergeringsten Sinn.«
»Dann wundert mich, daß du in dieser sinnlosen Komödie eine so – sagen wir – auffallende und gefährliche Rolle spielst.«
»Aber diese Rolle ist doch das einzige, was mir diese schale Komödie ein wenig schmackhaft macht. Oder hast du Sehnsucht nach dem Leben eines Spießbürgers?«
Sanders hob mit einer kurzen ausweichenden Gebärde die Schultern. Beide schwiegen eine Zeitlang. Ponks schien wieder in seine alten Gedanken vertieft.
»Sag mal, Walter«, begann Sanders nach einer Weile von neuem, diesmal ein wenig zögernd und unsicher. »Erinnerst du dich niemals deiner Jugend?«
»Nein – weil ich nicht will!« tönte die Antwort, und zwar mit einer seltenen Heftigkeit, daß Sanders verwundert aufblickte.
»Na, ich denke doch, du hast keine Ursache, die Erinnerung an deine Jugend so gewaltsam von dir abzuweisen. Wer eine so glückliche Jugend hatte wie du, der dürfte mit einiger Sehnsucht an sie zurückdenken. Wäre ich in so glücklicher Lage gewesen, verdammt, ich befände mich dann jetzt nicht auf solchen Wegen – dessen bin ich sicher.«
Ponks preßte seine Lippen fest zusammen, so daß sein Mund nur eine dünne Linie bildete. Seine Brauen schoben sich zusammen.
»Weißt du denn so viel von meiner Jugend?« fragte er finster.
»Nun, ich weiß, daß deine Mutter eine prachtvolle Frau gewesen ist. Deinen Vater habe ich zwar nicht gekannt, doch hat alle Welt den Charakter des Hofrats v. Ringstedt hochgepriesen. Ich weiß, daß Ihr ein Haus führtet, in dem nichts fehlte, was einen Menschen glücklich und gut machen kann. Daß dir alles zur Verfügung stand, dessen du bedurftest, um ein tüchtiger Kerl zu werden. Und eine allerliebste Schwester hattest du auch. Lach mich nicht aus – aber oft habe ich schwere Gewissensbisse gehabt – damals, als wir aus Deutschland ausgerückt waren – daß ich es war, der dich auf die Bahn des Schlechten gebracht hatte. Das Bewußtsein hat mir manche schwere Stunde bereitet.«
»Das war überflüssig. Das Schlechte war schon in mir, bevor du mich kanntest.«
»Das verstehe ich nicht. Das Schlechte kann dir nicht angeboren sein, denn dein Vater war bekanntermaßen ein Mensch edelster Natur, deine Mutter –«
»Schweig! Du hast weder meinen Vater noch meine Mutter gekannt.«
Sanders nahm mit einer hastigen Bewegung die Zigarre aus dem Mund und blickte den Genossen mit erstaunter Frage an. Dann sagte er:
»Du, wenn ich nicht wüßte, daß du seit unserer Abreise sehr mäßig lebst, würde ich dich für angesäuselt halten.«
Ponks antwortete darauf nicht. Es schien, als wolle er einer Fortsetzung dieses Gespräches ausweichen. Plötzlich aber schleuderte er den Rest seiner Zigarre über Bord und begann leise zu sprechen.
»Was ich dir jetzt sage, das habe ich noch nie einem Menschen erzählt. Der Hofrat v. Ringstedt und jene Frau, die du kennst, waren nicht meine Eltern. Mein Vater hieß Domenico Orland, stammte aus dem Tessin und war gelernter Mechaniker. Meine Mutter war Deutsche. Als ich sieben Jahre alt war, wurde mein Vater wegen Ermordung des Hofrats v. Ringstedt zum Tode verurteilt und hingerichtet. Meine Mutter starb wenige Tage später. Die Witwe des Hofrats nahm mich und meine Schwester an Kindesstatt an.«
Sanders starrte den Genossen mit weitaufgerissenen Augen an.
»Teufel noch mal, redest du im Fieber – oder ist das Wahrheit?«
Ohne auf diese Zwischenbemerkung einzugehen, fuhr Ponks fort, leise, als spräche er nicht zu einem anderen, sondern zu sich selbst. Ein leises Beben seiner Stimme suchte er gewaltsam zu unterdrücken.
»Meine Schwester war damals noch keine drei Jahre alt, also noch nicht so weit zu bewußtem Leben erwacht, um die Ereignisse im Gedächtnis zu behalten. Ich aber war schon sieben Jahre alt, und was ich in diesen sieben Jahren im Elternhaus erlebt habe, das hat mein Blut für alle Zeiten vergiftet. Während dieser Zeit wurden alle die Keime in meine Seele gelegt, die jetzt so üppig ins Kraut geschossen sind. All die unermeßliche Güte meiner Pflegemutter, der Reichtum und Luxus, der mich beinahe bis zu meinem Mannesalter umgab, die sorgfältige Erziehung, die ich genoß – alles das hat das Gift nicht aus meinem Blut ausscheiden können. Unter all den vielen seltsamen und verrückten Dingen, die von den Menschen geglaubt werden oder bestritten, gibt es einen Lehrsatz, der in mir einen leidenschaftlichen und überzeugten Bekenner findet, nämlich die Lehre von der Vorherbestimmung. Was kann ich dafür, daß mein Vater ein Verbrecher war? Aus welchen unerforschlichen Ratschlüssen des Schicksals bekam ich diesen Schuß Gift ins Blut, das mich zu dem machte, was die Welt einen Verbrecher nennt? Kannst du mir das erklären?«
»Ich bin ganz benommen von dem, was du mir da erzählst«, murmelte Sanders.
»Glaube mir, daß ich sehr wohl imstande bin, das Gute und das Böse von einander zu unterscheiden. Ich war als Jüngling nicht frei von einem gewissen Idealismus. Es hat eine Zeit gegeben, da ich mit leidenschaftlichen Tränen die Gottheit bat, mich einen guten Menschen werden zu lassen. Ich habe Frau v. Ringstedt verehrt wie eine Heilige und hatte keinen höheren Wunsch, als ihrer würdig zu werden. Wie ein Verzweifelter habe ich um meine eigene Seele gerungen. Voll Abscheu wandte ich mich von allem Bösen ab, und heute kann ich dir gestehen, daß ich damals ein Gelüste in mir verspürte, dich zu töten, wenn du mich zu deinen tollen Streichen verführtest.«
»Demnach also bin ich doch schuld an deinem sogenannten sittlichen Fall«, sprach Sanders mit einem Versuch zu spotten.
»Nein«, erwiderte Ponks. »Auch wenn du nie in meinen Weg getreten wärest, hätte in mir das Gift doch überhandgenommen. Denn oft – unzählige Male – fühlte ich mit vollster Deutlichkeit, wie eine unbekannte, geheimnisvolle Macht – die Macht des Bösen, Schlechten, Verderbten in mir – mich wie mit einer gewaltigen Kralle beim Genick erfaßte und mich auf den Weg des Bösen hinstieß. Dann war ich nicht nur machtlos gegen mich selbst, nein, ich geriet dann in einen Zustand unwiderstehlichen Dranges nach allen Dingen, die den Gesetzen der Sitte und Moral widersprachen. Ich verspürte in mir eine Grausamkeit, die mich zwang, Tiere zu quälen bis aufs Blut. Doch das genügte mir bald nicht mehr. Ich fühlte in mir ein leidenschaftliches Verlangen, Menschen zu quälen, winseln zu hören unter Schmerzen, die ich selbst ihnen zufügte. Jener Barbarenfürst, der die Schärfe seines Schwertes jeden Morgen an dem Rücken eines Sklaven ausprobierte, war für mich ein Ideal. Der Anblick von Blut, sei es Menschen- oder Tierblut, konnte mich in Rauschzustände versetzen. Lange Zeit hatte ich die Absicht, Schlächter zu werden, nur um Leben vernichten, töten zu können.«
Plötzlich stockte der Fluß seiner hastig hervorgestoßenen Worte. Er schwieg, als hätte er sein Innerstes schon zu weit vor den Augen des Genossen geöffnet. Sanders konnte deutlich seine schnellen, heftigen Atemzüge hören. Er saß wie unter einem Bann und fühlte sich von den Eröffnungen des andern so niedergeschmettert, daß er kein Wort herausbringen konnte.
»Wenn es wirklich einen Richter über die Welt gibt«, fuhr Ponks fort, »der die guten Menschen belohnt und die bösen bestraft, so kann ich ihm mit freier Stirne gegenübertreten und fragen: ›Warum hast du mich so geschaffen, wie ich war? Warum hast du das Böse in mich hineingelegt? Warum hast du meine Kämpfe um mich selbst nicht sehen wollen? Und wenn du sie sahest, warum hast du mir nicht geholfen, mich selbst zu besiegen?‹ Sieh, das ist das ganze Geheimnis, warum ich scheinbar skrupellos von einem Verbrechen zum anderen schreite, ohne innerlich davon berührt zu werden. Ich habe das Bedürfnis, mich zu rächen an allen Menschen, die gut sind, die, ohne je gekämpft zu haben, frei sind von dem Zwang des Bösen.«
»Das ist ungeheuerlich«, murmelte Sanders. »Ich bin gewiß ein Mensch deinesgleichen und mache mir im allgemeinen verdammt wenig Kopfschmerzen um die Folgen meiner Handlungen. Ich glaube nichts – ich will nichts glauben. Aber solch eine kaltblütige Vermessenheit, mit der du das Böse verübst – nein, bei allen Teufeln, das wäre nicht meine Sache. Entweder bin ich besser als du – oder – noch schlechter.«
»Bah, gleichviel«, seufzte Ponks mit einer Gebärde des Überdrusses. »Was hat das Gerede für einen Zweck! Ich kenne mich und meinen Standpunkt den anderen Menschen gegenüber. Ich bin ein Ausgestoßener – und weil ich es bin, will ich es sein und bleiben. Ich habe alle seelischen Brücken zwischen mir und den Lebenden abgebrochen. Weiß nicht, ob meine Pflegemutter und meine Schwester noch leben. Will es nicht wissen. Und wenn ich Gelegenheit hätte, es zu erfahren, so würde ich dieser Gelegenheit aus dem Wege gehen. Das Schicksal hat mich in der Stunde meiner Geburt zu einem Amboß gemacht, ich habe mich aber selbst zu einem Hammer umgeformt. Und wenn es einen Gott gibt, wie die Religion ihn den Menschen zeigt, einen Gott, der mich zu einer Menschheitsgeißel bestimmt hat, so wird dieser Gott es nicht wagen, gegen mich die Geißel seines Zornes zu schwingen, weil ich wurde, wie er mich haben wollte.«
Sanders erhob sich mit einer heftigen Bewegung.
»Mensch, das ist eine so ungeheuerliche Gotteslästerung, daß selbst mir, der ich gar nicht an Gott glaube, davor graust. Du bist kein Mensch – du bist ein Teufel.«
Ponks stieß ein grelles Gelächter aus.
»Meinetwegen. Ich will lieber ein Teufel sein, als ein schlafmütziger Spießbürger.«
Da ließ Sanders seinen Freund im Stich und floh kopfschüttelnd in seine Kabine.