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Der Schaffende zagt wohl etwa, aus der ersten, obersten Vision, die ein Werk entstehen ließ, sämtliche Konsequenzen nach allen Seiten zu ziehen, besonders wenn ihm sein Werk als ein rein subjektives, dem allgemeinen Interesse entlegenes bewußt ist. Die Konsequenzen drängen ihn aber weiter, als er ursprünglich ahnte und wollte, und wie sollte er hoffen dürfen, die Teilnahme des Lesers für Dinge zweiter Ordnung zu erhalten, wenn schon das Oberziel des Werkes ihn wahrscheinlich kühl lassen wird?
Wer so denkt, unterschätzt zunächst die Bereitwilligkeit der Menschen, in die Voraussetzung eines Kunstwerkes einzutreten. Der Genießende, wofern er nur nicht in irgendeine ästhetische Dogmatik verbohrt ist, folgt gerne jedem Stoff und jeder führenden Hand, unter der einzigen Bedingung, daß er eine sichere Hand spüre. Fehlt diese Bedingung, so meutert selbst der bestwilligste Leser. Natürlich, denn ob er auch willens war, sich in jede Welt des Dichters zu versetzen, so muß es doch eine rechtschaffene Welt sein, mit deutlichen Umrissen und festen Gesetzen; was dagegen der Vorstellung nicht Form und Stand hält, das lohnt auch nicht des Denkens. Unsicherheit erachte ich daher für den unheilvollsten aller Fehler, für den Selbstmord eines Werkes.
Dann ist der Schluß, »wenn die Grundidee dem Leser ferne liegt usw.,« durchaus irrig. Im Gegenteil, die folgerichtige Durchführung vermag das abwesende Interesse an dem Hauptthema nachträglich herbeizuzwingen. Sei es durch überwältigende Schönheiten, die sich daraus ergeben, sei es durch die Freude am Können des Künstlers, an seiner Meisterschaft. Es stände schlimm mit der Fortdauer der Kunstwerke, wenn das Interesse an ihnen von dem Interesse an ihrem Hauptthema abhinge. Sämtliche Kunstwerke vergangener Zeiten haben ja den Themawert für uns verloren und können uns nur durch die Kunst der Behandlung und die Schönheit des Anlasses fesseln. Endlich: es sind gerade die subjektivsten Künstler und willkürlichsten Werke, welche, wenn sie nur rücksichtslose Konsequenz aufweisen, die Welt unterjochen, obschon selten die Mitwelt, doch immer die Nachwelt. Subjektivität nämlich, die anfänglich das Interesse lähmt und erkältet, wirkt auf die Länge als Anziehungskraft. Nichts eitler als die Prophezeiung, der oder das könne niemals populär werden, niemals ins Volk kommen. Ins Volk vielleicht nicht, aber um so eher in die Völker. Wir drehen uns eben auf einer krummen Erde, wo starke Tatsachen Maß und Recht bestimmen und die Gemüter umstimmen. Ein der Subjektivität entsprossenes sicher in sich selbst ruhendes, folgerichtig ausgearbeitetes Kunstwerk gehört aber zu den starken Tatsachen.
Aus alledem folgt, daß man von keiner noch so unwillkommenen Konsequenz seines Themas umbiegen darf. Bedenken, Zweifel, Zagen gehören vor den Entschluß, nach dem Entschluß bleibt keine andere Rettung mehr, als was man tut, ganz zu tun. Ein Künstler muß müssen können.