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Auf hohen Schulen

1863-1871

Feuerversicherungsagent

Auf Belustigungsbühnen sieht man etwa das Schauspiel einer Akrobatenfamilie, wo der Vater sich auf den Rücken legt, die Beine in die Höhe streckt, seinen Buben auf die Füße lädt und ihn in der Luft herumwirft. Der Bube hält sich während der väterlichen Operation fromm, still und stramm, läßt sich jeden Luftflug gefallen, aber blinzelt scharf und hält seine Muskeln elastisch bereit, damit er sich bei der Gelegenheit nicht etwa zufällig den Hals breche. Dieses Kunststück erinnert mich immer an das Berufsspiel zwischen meinem Vater und mir. Da mein Vater mir weitherzig jeden Beruf gestattete, mit einziger Ausnahme der Malerei, ich aber für keinen Beruf Trieb verspürte, mit einziger Ausnahme der Malerei, mich gegen sämtliche übrigen Berufe teilnahmslos verhaltend, mußte er für mich den Beruf aussuchen. Die Auswahl geschah dann jeweilen nach den Gesetzen der Inspiration. Zuerst sollte ich Kaufmann werden, dann Jurist, dann Artillerieoffizier, dann wieder Jurist, zwischenhinein wieder Kaufmann; nicht selten fragte er mich auch, was ich werden wolle (außer Maler). Und da ich immer die nämliche Gleichgültigkeit an den Tag legte (bloß als er mich einmal zum Bierbrauer machen wollte, wehrte ich mich), mußte halt er in Gottesnamen wieder ansetzen.

So traf es mich unter anderm auch vorübergehend, ein paar Monate lang den Feuerversicherungsagenten zu spielen. Das war zwar nicht im Jahr 1861, sondern 1864; aber es waltete gerade die nämliche Akrobatik wie im Jahr 1861 mit der Reiterei. Der Feuerversicherungsagent gehört daher trotz der Verschiedenheit des Datums an die Seite des Artillerieoffiziers.

Papa war im Jahre 1864 mittlerweile Obergerichtspräsident, ich Student der Rechte; die Genesung von einer schweren Krankheit verlangte das Aussetzen des Studiums während des Sommersemesters, forderte aber nicht das Aufhören jeder Beschäftigung, und so erschien ein bißchen Agentur, die mich in der freien Natur herumjagte, gerade der richtige Zeitvertreib. Eine kleine Dosis Praxis, urteilte mein Vater, könnte mir für meinen künftigen Juristenberuf auch nicht schaden, und wills Gott, so treibe mir die gesunde kräftige Betätigung, der lebendige Verkehr mit dem Volk die künstlerischen Mucken aus. Aber, o Logik! Da habe ich ganz vergessen, zuerst zu berichten, daß Papa aus Gefälligkeit darauf eingegangen war, seinen geehrten Namen der soliden Basler Feuerversicherungsgesellschaft zu leihen und sich Generalagent dieser Gesellschaft für den Kanton Baselland nennen zu lassen. Ich stand mithin als Unteragent in väterlichen Diensten.

Um mich in das Geschäft einzuführen, ließ sich Papa von der Versicherungsgesellschaft irgendeinen erfahrenen Agenten leihen. Der wurde also mein Lehrer.


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