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Sechzehntes Kapitel.

Über die Grundlagen des Staates; über das natürliche und bürgerliche Recht jedes Einzelnen; und über das Recht der höchsten Gewalten.


Bis hierher war ich bemüht, die Philosophie von der Theologie zu trennen und nachzuweisen, daß die Theologie jedem das freie Philosophieren gestattet. Daher ist nunmehr zu untersuchen, wie weit sich in einem recht guten Staate die Freiheit im Denken und Reden erstreckt. Um bei dieser Untersuchung ordnungsmäßig zu verfahren, müssen wir die Grundlagen des Staates behandeln, zunächst aber das natürliche Recht eines jeden, ohne noch auf Staat und Religion Rücksicht zu nehmen.

Unter Recht und Verordnung der Natur verstehe ich nichts anderes als die Regeln der Natur jedes einzelnen Individuums, welche nach unsern Begriffen dieses Individuum naturgemäß bestimmen, auf eine gewisse Weise zu sein und zu wirken. Z. B. die Fische sind von der Natur bestimmt, zu schwimmen, die großen, die kleinen zu fressen. Mit dem höchsten natürlichen Recht bemächtigen sich daher die Fische des Wassers und fressen die großen die kleinen. Denn es ist gewiß, daß die Natur an sich betrachtet das höchste Recht hat zu allem, was sie vermag, mit andern Worten, daß sich das Recht der Natur gerade so weit erstreckt als ihre Macht. Denn die Macht der Natur ist die Macht Gottes selbst, welcher das höchste Recht zu allem hat. Weil nun aber die allgemeine Macht der ganzen Natur nichts ist als die Macht aller einzelnen Individuen zusammengenommen, so folgt, daß jedes Individuum das höchste Recht hat zu allem, was es vermag, oder daß das Recht jedes einzelnen Individuums sich so weit erstreckt als seine besondere Macht. Und weil es das oberste Gesetz der Natur ist, daß jedes Ding in seinem Zustande, so gut es vermag, zu beharren sucht, und zwar nur mit Rücksicht auf sich selbst, nicht eines andern, so folgt daraus, daß jedes Individuum das höchste Recht dazu hat, nämlich (wie gesagt) zu sein und zu wirken, wozu es von der Natur bestimmt ist.

Ich erkenne hier keinen Unterschied an zwischen Menschen und andern Individuen der Natur, auch nicht zwischen vernunftbegabten Menschen und andern, welche die wahre Vernunft nicht kennen, und nicht zwischen Blödsinnigen, Geisteskranken und Gesunden. Denn was jedes Ding nach den Gesetzen seiner Natur thut, thut es mit dem höchsten Rechte, weil es nämlich das thut, wozu es von der Natur bestimmt ist, und nicht anders kann. So lange man daher die Menschen als Individuen betrachtet, die bloß unter der Herrschaft der Natur leben, lebt sowohl derjenige, welcher die Vernunft noch nicht kennt, oder der eine tugendhafte Gesinnung noch nicht hat, mit demselben höchsten Recht bloß nach den Gesetzen seiner Begierden, wie ein anderer, der sein Leben nach den Gesetzen der Vernunft regelt. Mit andern Worten: Wie der Weise das höchste Recht hat zu allem, was die Vernunft vorschreibt, oder zu einem vernunftgemäßen Leben, so hat der Unwissende und sittlich Schwache das höchste Recht zu allem, wozu die Begierde reizt, oder zu einem den Begierden gemäßen Leben. Es ist das ganz dasselbe, was Paulus lehrt, der vor dem Gesetz, d. h. so lange die Menschen unter der Herrschaft der Natur lebend betrachtet werden, keine Sünde anerkennt.

Das natürliche Recht eines jeden Menschen wird demnach nicht durch die gesunde Vernunft, sondern durch die Begierde und die Macht bestimmt. Denn nicht alle Menschen sind von Natur aus bestimmt, nach den Regeln und Gesetzen der Vernunft zu handeln, vielmehr kommen sie ganz unwissend auf die Welt, und bevor sie die wahre Lebensweise erkennen und die tugendhafte Gesinnung sich erwerben können, vergeht, auch bei guter Erziehung, ein beträchtlicher Teil ihres Lebens, während dessen sie aber gleichwohl leben und sich so gut als möglich erhalten müssen, und zwar bloß nach dem Antrieb der Begierden. Denn die Natur hat ihnen nichts anderes gegeben und ihnen die wirkliche Macht, nach der gesunden Vernunft zu leben, verweigert, daher sind sie ebensowenig verpflichtet, nach den Gesetzen der gesunden Vernunft zu leben, als die Katze verpflichtet ist, nach den Gesetzen der Löwennatur zu leben. Was also jeder, unter der Herrschaft der Natur allein betrachtet, als vorteilhaft für sich erachtet, mag er sich dabei von der gesunden Vernunft leiten oder von den Begierden treiben lassen, das darf er mit dem höchsten Naturrecht anstreben und auf jede mögliche Weise, mit Gewalt, List, Bitten oder wie immer, durchführen, und er darf folglich auch jeden für seinen Feind betrachten, der ihn an der Befriedigung seines Verlangens hindern will.

Es folgt hieraus, daß das Recht und die Verordnung der Natur, unter welchem alle geboren werden und größtenteils leben, nichts verbietet, als was niemand wünscht und niemand kann, und weder Streitigkeiten noch Haß, noch Zorn, noch Betrug, noch überhaupt irgend etwas, wozu die Begierde reizt, verwehrt. Kein Wunder; denn die Natur steht nicht unter den Gesetzen der menschlichen Vernunft, welche nichts als den wahren Vorteil und die Erhaltung der Menschen bezwecken, sondern unter zahllosen andern Gesetzen, welche die ewige Ordnung der ganzen Natur betreffen, von welcher der Mensch nur ein kleiner Teil ist. Die Notwendigkeit der Natur allein ist es, welche alle Einzelwesen in einer gewissen Weise bestimmt, zu sein und zu wirken. Wenn uns also in der Natur manches lächerlich, widersinnig oder schlecht erscheint, so kommt das daher, daß wir die Dinge nur zum Teil erkennen, die Ordnung und den Zusammenhang der ganzen Natur aber zum größten Teil nicht kennen, und daß wir alles so geleitet haben wollen, wie es unsere Vernunft für zweckdienlich hält, während doch das, was die Vernunft für schlecht erklärt, nur in Bezug auf die Gesetze unserer Natur schlecht ist, nicht aber in Bezug auf die Ordnung und die Gesetze der gesamten Natur.

Es kann jedoch hinwiederum niemand bezweifeln, daß es für die Menschen viel nützlicher ist, nach den Gesetzen und bestimmten Vorschriften unserer Vernunft zu leben, welche wie gesagt nichts als den wahren Nutzen der Menschen bezwecken. Zudem giebt es keinen Menschen, der nicht wünscht, möglichst sicher und ohne Furcht zu leben. Dies kann aber unmöglich der Fall sein, so lange es jedem erlaubt ist, nach Belieben alles zu thun, und der Vernunft kein größeres Recht eingeräumt ist als dem Haß und dem Zorn. Denn unter Feindschaft, Haß, Zorn und Betrug muß jedermann in Angst leben, weshalb sie jeder, so gut er kann, zu vermeiden suchen wird. Wenn man weiter bedenkt, daß die Menschen ohne wechselseitige Hilfeleistung und ohne Pflege der Vernunft sehr elend leben, wie im 5. Kapitel gezeigt wurde, so wird man klar einsehen, daß die Menschen, um sicher und angenehm zu leben, sich notwendig vereinigen müssen, um zu bewirken, daß sie das Recht, welches von der Natur jeder zu allem hatte, nunmehr gemeinsam haben, so daß sie nicht mehr von der Kraft und dem Begehren des Einzelnen bestimmt werden, sondern von der Macht und dem Willen der Gesamtheit. Indessen würden sie dies nicht zustande bringen können, wenn sie nur dem Antrieb ihrer Begierden folgen würden, (da nach den Gesetzen der Begierden die Einzelnen nach verschiedenen Richtungen getrieben werden). Sie mußten daher fest bestimmen und Übereinkommen, bloß nach den Vorschriften der Vernunft (denen niemand offen zu widersprechen wagt, um nicht als sinnlos zu erscheinen,) alles zu leiten, und die Begierde, soweit sie zu etwas anreizt, was andern zum Schaden gereichen würde, zu zügeln, niemand zu thun, was man selbst nicht angethan haben will, und das Recht des Nebenmenschen dem eigenen gleich zu achten. – Auf welche Weise nun dieser Vertrag geschlossen werden muß, damit er giltig und fest sei, müssen wir jetzt näher sehen.

Die menschliche Natur wird von dem allgemeinen Gesetz beherrscht, daß niemand etwas, das er für ein Gut hält, vernachlässigt, wenn nicht in der Hoffnung eines größeren Gutes oder aus Furcht vor einem größeren Schaden; und daß niemand ein Übel erträgt, wenn nicht zur Vermeidung eines größeren Übels, oder in der Hoffnung auf ein größeres Gut. Mit andern Worten: Jeder wählt unter zwei Gütern dasjenige, welches ihm das größere dünkt, unter zwei Übeln dasjenige, welches ihm das kleinste dünkt. Ich sage ausdrücklich: welches ihm, dem Wählenden, das größere oder kleinere dünkt, nicht daß die Sache sich wirklich so verhält, wie er urteilt. Und dieses Gesetz ist der menschlichen Natur so fest eingeprägt, daß es zu der ewigen Wahrheit gezählt werden muß, die niemand verkennen kann.

Aus diesem Gesetze nun folgt mit Notwendigkeit, daß niemand ohne heimlichen Vorbehalt versprechen wird, sich seines Rechts, das er zu allem hat, zu begeben, und daß niemand dieses Versprechen in jeder Beziehung halten wird, wenn nicht aus Furcht vor einem größeren Übel oder in der Hoffnung auf ein größeres Gut. Um dies besser verständlich zu machen, setze man den Fall, ich würde von einem Räuber gezwungen, ihm zu versprechen, daß ich ihm mein Hab und Gut überliefere, sobald er es verlangt. Da nun, wie ich bereits gezeigt habe, mein natürliches Recht nur von meiner Macht bestimmt wird, so darf ich nach dem Naturrecht sicherlich dem Räuber was er will hinterlistig versprechen, wenn ich mich dadurch von ihm befreien kann. Oder angenommen, ich hätte jemand ganz aufrichtig versprochen, zwanzig Tage keine Speise, überhaupt kein Nahrungsmittel über die Lippen zu bringen, hinterher aber hätte ich eingesehen, daß dieses Versprechen ein thörichtes war, und ich es ohne den größten Schaden nicht halten könnte; da ich nun nach dem Naturrecht unter zwei Übeln das kleinste wählen muß, so kann ich mit dem größten Recht diesen Vertrag brechen und mein Wort als nicht gegeben betrachten. Dieses, sage ich, ist nach dem Naturrecht erlaubt, ob ich nun mit gutem Grunde oder nur in der Einbildung dieses Versprechen für ein schlechtes ansehe. Denn mag ich recht oder falsch sehen, immer werde ich ein größeres Übel fürchten, und es also nach der Verordnung der Natur auf jede Weise zu vermeiden suchen.

Hieraus ist zu folgern, daß kein Vertrag Kraft haben kann, als nur durch seine Nützlichkeit; fällt diese weg, so fällt damit auch der Vertrag und ist soviel wie nicht vorhanden. Daher ist es thöricht, wenn man sich von jemand ewige Treue versprechen läßt und nicht zugleich veranstaltet, daß aus dem Vertragsbruch dem Betreffenden mehr Schaden als Nutzen erwächst. Dies hat ganz besonders bei der Gründung von Staaten seine Geltung.

Wenn nun alle Menschen durch die Vernunft allein leicht geleitet werden und den überaus großen Nutzen und die Notwendigkeit des Staats einsehen könnten, so gäbe es niemand, der nicht jeden Trug verabscheuen würde; jedermann würde vielmehr aus Neigung zu diesem höchsten Gute, nämlich die Erhaltung des Staates, mit größter Treue die Verträge in jeder Hinsicht halten und die Treue, diesen höchsten Schutz des Staates, mehr als alles bewahren. Aber weit entfernt, daß alle Menschen immer durch die Vernunft allein leicht geleitet werden können, läßt sich vielmehr jeder von seinen Lüsten beherrschen und Habsucht, Ehrsucht, Neid, Zorn u. s. f. nehmen den Geist dermaßen ein, daß für die Vernunft kein Raum mehr bleibt. Obgleich darum die Menschen mit den sichersten Zeichen der Aufrichtigkeit versprechen und sich verpflichten, Treue zu bewahren, so kann doch niemand der Treue eines andern sicher sein, wenn nicht zu dem Versprechen noch etwas anderes hinzukommt, weil nämlich jeder nach dem Naturrecht trügerisch handeln kann und sich nicht veranlaßt fühlt, die Verträge zu halten, wenn nicht aus Hoffnung auf ein größeres Gut oder aus Furcht vor einem größeren Übel.

Da nun aber gezeigt wurde, daß das natürliche Recht eines jeden bloß durch seine Macht bestimmt wird, so folgt, daß wenn jemand einen Teil von seiner Macht, gezwungen oder freiwillig, auf einen andern überträgt, er ihm damit notwendig den gleichen Teil seines Rechts abtritt, und daß derjenige das höchste Recht allein hat, der die höchste Macht hat, vermöge welcher er alle andern mit Gewalt zwingen und durch Furcht vor harten Strafen, die man allgemein fürchtet, im Zaume halten kann. Dieses Recht wird er indessen nur so lange inne haben, als er die Macht behält, was er will auszuführen; andernfalls wird sein Befehl eigentlich nur eine Bitte sein, und keiner, der stärker ist als er wird ihm gehorchen müssen, wenn er keine Lust dazu hat.

Auf diese Weise kann, ohne den geringsten Widerspruch gegen das Naturrecht, eine Gesellschaft sich bilden und jeder Vertrag immer mit der größten Treue gehalten werden; wenn nämlich jeder seine eigene Macht gänzlich auf die Gesellschaft überträgt, welche so das höchste Naturrecht zu allem, das heißt die höchste Macht, allein inne habt, und welcher jedermann entweder aus freiem Antrieb oder aus Furcht vor harten Strafen zu gehorchen gezwungen sein wird. Das Rechtsverhältnis einer solchen Gesellschaft wird Demokratie genannt, welche hiernach zu definieren ist als eine allgemeine Verbindung von Menschen, welche als Gesamtheit das höchste Recht zu allem hat, was sie kann. Es folgt daraus, daß die höchste Macht durch kein Gesetz eingeschränkt ist, vielmehr jedermann in jeder Hinsicht ihr zu gehorchen hat; denn hierzu mußten sich alle stillschweigend oder ausdrücklich verpflichten, als sie ihre ganze Macht, d. h. ihr ganzes Recht auf dieselbe übertragen haben. Denn hätten sie sich etwas davon vorbehalten wollen, so hätten sie gleichzeitig sich eines Mittels versichern müssen, das Vorbehaltene zu verteidigen. Da sie das aber nicht thaten, und es auch nicht thun konnten ohne die Staatsgewalt zu zersplittern, wodurch sie naturgemäß untergraben worden wäre, so haben sie sich eben dadurch dem Gutdünken der höchsten Gewalt unbedingt unterworfen. Indem sie dies aber unbedingt gethan haben, und zwar (wie bereits gezeigt wurde) sowohl durch die Notwendigkeit gezwungen als auch durch die Vernunft bewogen, so folgt, daß, wollen wir anders nicht Feinde der Staatsgewalt sein und der Vernunft entgegenhandeln, welche die Staatsgewalt mit allen Kräften zu verteidigen verlangt, wir verpflichtet sind, alle Befehle der höchsten Gewalt unbedingt zu vollziehen, wenn sie auch noch so widersinnig sein sollten; denn auch den Vollzug solcher Befehle gebietet die Vernunft, da dies das geringste unter zwei Übeln ist.

Hierzu kommt, daß jedermann leicht dieses Wagnis unternehmen konnte, nämlich die Unterwerfung seiner selbst unter die Herrschaft und das Gutdünken eines andern, da, wie gezeigt wurde, den höchsten Gewalten dieses Recht, alles zu gebieten was ihnen beliebt, nur so lange zukommt, als sie thatsächlich die höchste Gewalt inne haben; verlieren sie dieselbe, so verlieren sie damit auch das Recht, alles zu gebieten, und dieses fällt dem- oder denjenigen zu, welche diese Gewalt erlangt haben und behaupten können. Es kann daher nur sehr selten geschehen, daß die höchsten Gewalten ganz widersinnige Dinge gebieten, denn ihnen selbst liegt es am meisten ob, sich vorzusehen und die Staatsgewalt zu behaupten, durch die Sorge für das Gemeinwohl und eine vernunftgemäße Regierung. Eine gewaltthätige Herrschaft hat niemand lange behauptet, sagt Seneca. Überdies sind in einem demokratischen Staat solche Widersinnigkeiten weniger zu befürchten, weil es fast unmöglich ist, daß in einer großen Versammlung die Mehrheit dem Widersinnigen zustimmt; wie nicht minder im Hinblick auf seine Grundlage und den Zweck, welcher, wie bereits gezeigt, kein anderer ist, als der, die thörichten Begierden zu hemmen und die Menschen so gut als möglich innerhalb der Schranken der Vernunft zu halten, damit sie in Eintracht und Frieden leben; eine Grundlage, mit deren Beseitigung der ganze Bau rasch zusammenstürzen würde. Hierfür zu sorgen, ist lediglich Obliegenheit der höchsten Gewalt; den Unterthanen aber liegt es ob, ihre Befehle zu vollziehen und kein anderes Recht anzuerkennen, als dasjenige, welches die höchste Gewalt aufstellt.

Vielleicht wird nun aber mancher glauben, ich wolle auf diese Weise die Unterthanen zu Sklaven machen, indem man der Ansicht ist, ein Sklave sei, wer auf Befehl handelt, ein freier Mensch, wer nach eigenem Antrieb lebt. Allein diese Voraussetzung ist nicht unbedingt richtig. In Wahrheit ist der größte Sklave derjenige, der von seinen Lüsten dermaßen beherrscht wird, daß er seinen Vorteil weder sieht noch verfolgt; ein freier Mensch aber ist nur derjenige, der mit voller Zustimmung seines Innern sich nur von der Vernunft leiten läßt. Das Handeln auf Befehl aber, d. h. der Gehorsam, hebt zwar die Freiheit auf gewisse Weise auf, macht aber noch nicht zum Sklaven, dies thut nur der Grund des Handelns. Bezweckt eine Handlung nicht den Nutzen des Handelnden, sondern desjenigen, der sie befohlen, so handelt er als Sklave, unnütz für sich selbst. In einem Gemeinwesen und Staat jedoch, wo das Wohl des ganzen Volkes, nicht des Gebietenden, höchstes Gesetz ist, kann derjenige, der in allen Dingen der höchsten Gewalt gehorcht, nicht ein sich selbst unnützer Sklave, sondern nur ein Unterthan heißen. Daher ist der Staat der freieste, dessen Gesetze auf die gesunde Vernunft sich gründen, denn in einem solchen kann jeder überall frei sein, d. h. mit voller Übereinstimmung seines Innern nach der Anleitung der Vernunft leben. So sind auch Kinder keine Sklaven, obgleich sie in allen Dingen den Befehlen der Eltern zu gehorchen haben; weil nämlich die Befehle der Eltern vor allem auf den Vorteil der Kinder abzielen. Ich mache also einen großen Unterschied zwischen einem Sklaven, einem Kinde und einem Unterthan. Ein Sklave ist, wer den Befehlen eines Herrn, die nur den Vorteil des Herrn bezwecken, Gehorsam leisten muß; ein Kind, wer auf Befehl seiner Eltern thut, was ihm selbst zum Vorteil gereicht; ein Unterthan, wer auf Befehl der höchsten Gewalt thut, was dem Gemeinwohl, und damit auch ihm selbst, zum Vorteil gereicht.

Damit glaube ich die Grundlagen einer demokratischen Staatsgewalt hinlänglich klar dargethan zu haben. Ich habe die demokratische Staatsform vor allem behandelt, weil sie, wie mir scheint, die natürlichste ist und der Freiheit, welche die Natur jedem Einzelnen gewährt, am meisten entspricht. Denn in einer Demokratie überträgt niemand sein Naturrecht derart auf einen andern, daß er selbst in Zukunft nie mehr zu Rat gezogen wird, sondern er überträgt sein Naturrecht auf die Mehrheit der ganzen Gesellschaft, von welcher er selbst einen Teil bildet. Aus diese Weise bleiben sich alle gleich, wie zuvor im natürlichen Zustande. Noch aus einem Grunde habe ich diese Staatsform zu behandeln vorgezogen: weil sich der Nutzen der Freiheit im Staate, welchen darzuthun ja meine Absicht ist, an ihr am besten nachweisen läßt. Ich gehe daher auf die Grundlagen anderer Staatsformen nicht ein. Es ist auch nicht nötig zu wissen, wie dieselben entstanden sind und noch entstehen, um das Recht derselben zu erkennen, da dieses aus dem bereits Ausgeführten sich vollständig entnehmen läßt. Denn es ist ja klar, daß das höchste Recht, zu gebieten, was ihm beliebt, demjenigen zusteht, der die höchste Macht hat, ob dies nun ein Einzelner, oder wenige Personen oder endlich alle insgesamt; und ferner, daß wer die Macht, sich zu schützen, freiwillig oder gezwungen, auf einen andern übertragen hat, ihm auch sein natürliches Recht vollständig abgetreten und folglich sich entschlossen hat, ihm in allen Dingen unbedingt zu gehorchen, und so lange ist er verbunden, dies alles zu halten, als der König oder der Adel oder das Volk die höchste Macht, welche sie empfangen haben und welche die Grundlage der Rechtsübertragung war, im Besitz haben. Ich habe nicht nötig, weiteres hinzuzufügen.

Nach unseren Auseinandersetzungen über die Grundlagen und das Recht der Staatsgewalt ist es leicht, zu bestimmen, was das bürgerliche Privatrecht, was Unrecht, was Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit im bürgerlichen Leben seien; ferner wer ein Bundesgenosse oder ein Feind sei, und endlich was ein Majestätsverbrechen sei.

Unter dem bürgerlichen Privatrecht nämlich können wir nichts anderes verstehen, als die Freiheit des Einzelnen, sich in seinem Zustand zu erhalten, welche Freiheit durch die Edikte der höchsten Gewalt näher bestimmt und durch ihre Autorität allein geschützt wird. Denn nachdem ein jeder sein Recht, nach eigenem Gutdünken zu leben, worin er bloß durch seine Macht beschränkt wird, oder mit andern Worten, seine Freiheit und die Macht sich zu schützen, auf einen andern übertragen hat, so ist er auch gehalten, ganz im Sinne des andern zu leben und sich ganz unter dessen Schutz zu stellen.

Unrecht ist, wenn ein Bürger oder Unterthan von einem andern einen Schaden, dem bürgerlichen Recht, oder dem Edikt der höchsten Gewalt zuwider, zu erleiden gezwungen ist. Denn der Begriff Unrecht ist nur im bürgerlichen Zustande denkbar; von den höchsten Gewalten aber, denen von Rechts wegen alles erlaubt ist, kann den Unterthanen kein Unrecht zugefügt werden; es kann somit nur unter Privatpersonen vorkommen, welche rechtlich gehalten sind, sich gegenseitig nicht zu verletzen.

Gerechtigkeit ist die feste Gesinnung, jedem zu lassen, was ihm nach dem bürgerlichen Rechte zukommt; Ungerechtigkeit dagegen, unter dem Schein des Rechts jemand entziehen, was ihm nach der wahren Auslegung des Gesetzes zukommt. Man sagt auch statt dessen Gleichheit und Ungleichheit, weil diejenigen, welche eingesetzt sind, Streitigkeiten zu entscheiden, kein Ansehen der Person walten lassen dürfen, sondern die Pflicht haben, alle gleichmäßig zu behandeln und das Recht eines jeden gleichmäßig zu schützen, und weder gegen den Reichen Mißgunst noch gegen den Armen Geringschätzung walten lassen dürfen.

Bundesgenossen sind die Menschen zweier Staaten, welche, um nicht durch kriegerische Verwickelungen in Gefahr zu kommen, oder um irgend eines andern Vorteils willen, einen Vertrag miteinander schließen, daß sie einander keinen Schaden zufügen, vielmehr im Notfall sich gegenseitig beistehen wollen, aber so, daß jeder Teil seine Staatsgewalt behält. Ein solcher Vertrag wird so lange wirksam sein, als dessen Grundlage, nämlich die Rücksicht auf die Gefahr oder den Nutzen, vorhanden sein wird; da niemand einen Vertrag schließt, noch gezwungen ist, Verträge zu halten, ohne die Hoffnung auf irgend ein Gut oder die Furcht vor irgend einem Übel. Mit dieser Grundlage wird auch der Vertrag von selbst aufgehoben, was die Erfahrung zur Genüge lehrt. Denn obgleich verschiedene Reiche unter einander Verträge schließen, sich gegenseitig keinen Schaden zuzufügen, suchen sie doch nach Kräften das Wachsen der Macht des andern zu verhindern, und trauen den gegenseitigen Versicherungen nur, soweit Zweck und Nutzen des Vertrags klar ersichtlich ist; andernfalls fürchten sie Betrug und nicht mit Unrecht. Denn wer anders als ein thörichter Mensch, der das Recht der höchsten Gewalten nicht kennt, wird sich auf die Worte und Versicherungen von jemand verlassen, der die höchste Macht und das Recht zu allem Beliebigen inne hat, und dem die Wohlfahrt und der Vorteil des eigenen Reiches höchstes Gesetz sein muß. Wenn man überdies die Sache unter dem Gesichtspunkt der Frömmigkeit und Religion betrachtet, wird man sagen müssen, daß niemand, der die Staatsgewalt inne hat, zum Schaden des eigenen Staats ein Versprechen halten darf, ohne sich einer Sünde schuldig zu machen. Denn wenn er merkt, daß das, was er versprochen hat, dem eigenen Staat zum Nachteil ausfällt, so kann er es nicht halten, ohne daß er den Unterthanen die zugesicherte Treue bricht, die er doch vor allem zu halten verpflichtet ist, und welche zu bewahren man gewöhnlich aufs heiligste versichert.

Ein Feind ist, wer außerhalb eines Staates so lebt, daß er die Staatsgewalt eines Staates weder als Bundesgenosse noch als Unterthan anerkennt. Denn nicht der Haß macht jemand zum Feind eines Staates, sondern das Recht, und das Recht eines Staates gegen jemand, der seine Staatsgewalt in keiner Weise, auch nicht vertragsmäßig, anerkennt, ist ganz dasselbe wie gegen den, der ihm Schaden zufügt; er kann ihn also von Rechts wegen auf jede mögliche Weise zur Unterwerfung oder zu einem Bündnis nötigen.

Ein Majestätsverbrechen endlich kann nur von Unterthanen oder Bürgern, die stillschweigend oder ausdrücklich ihr gesamtes Recht auf den Staat übertragen haben, begangen werden, und zwar hat sich ein Unterthan dieses Verbrechens schuldig gemacht, wenn er das Recht der höchsten Gewalt auf irgend eine Weise an sich zu reißen oder auf jemand anders zu übertragen versucht hat. Ich sage: versucht hat; denn wenn die Strafbarkeit erst nach vollbrachter That eintreten würde, so würde der Staat in den meisten Fällen zu spät kommen, indem sein Recht bereits von dem andern an sich gerissen oder auf einen dritten übertragen worden ist. Ich sage ferner schlechtweg: wer auf irgend eine Weise das Recht der höchsten Gewalt an sich zu reißen versucht, und mache keinen Unterschied, ob damit dem gesamten Staat ein Schaden zugefügt, oder ein Vorteil, wenn auch noch so augenscheinlich, verschafft wird. Denn aus welchem Grunde immer er es versucht hat, so hat er die Majestät beleidigt und wird mit Recht bestraft, ein Verfahren, das im Krieg von jedermann als vollkommen rechtmäßig anerkannt wird. Wenn nämlich jemand nicht auf seinem Posten bleibt, sondern ohne Vorwissen des Feldherrn den Feind angreift, wird er, selbst wenn er wohl überlegt, aber eben nur auf eigene Faust, es unternommen und den Feind geschlagen hat, dennoch mit Recht zum Tode verurteilt, weil er seinen Eid und das Recht des Feldherrn verletzt hat. Daß alle Bürger überhaupt dem gleichen Rechte jederzeit unterworfen sind, wird zwar nicht ebenso klar von jedermann eingesehen, der Grund aber ist ganz derselbe. Denn da der Staat lediglich nach dem Ratschluß der höchsten Gewalt erhalten und geleitet werden muß, und dieses Recht vertragsmäßig ihr allein und ausschließlich zusteht, so hat derjenige, der nach eigenem Gutdünken, ohne Vorwissen des obersten Rats, eine öffentliche Angelegenheit durchzuführen unternommen hat, das Recht der höchsten Gewalt verletzt und die Majestät beleidigt, auch wenn, wie gesagt, sein Unternehmen unzweifelhaft gute Folgen für den Staat gehabt hat, und er wird mit Recht verdientermaßen abgestraft.

Um allen Zweifel zu beseitigen, erübrigt noch, auf einen Einwand zu antworten. Ich habe oben behauptet, daß jeder, der nicht imstande ist, von der Vernunft Gebrauch zu machen, mit dem höchsten Recht im natürlichen Zustande nach den Gesetzen seiner Begierden lebt. Steht dies nun aber nicht offenbar mit dem geoffenbarten göttlichen Gesetze in Widerspruch? Da nämlich alle ohne Ausnahme (mögen sie von der Vernunft Gebrauch machen können oder nicht,) einer wie der andere, verpflichtet sind, nach dem göttlichen Gebote den Nächsten wie sich selbst zu lieben, so können wir also nicht ohne ein Unrecht zu begehen einem andern Schaden zufügen und bloß nach den Gesetzen der Begierden leben. – Auf diesen Einwand läßt sich jedoch leicht antworten, man darf nur den Naturzustand recht ins Auge fassen. Derselbe geht nämlich sowohl der Natur als der Zeit nach der Religion voran. Von Natur aus weiß niemand, daß er Gott gegenüber zum Gehorsam verpflichtet sei, er kann es sogar auf keine Weise einsehen, sondern jeder kann es aus einer durch Zeichen bestätigten Offenbarung haben. Vor der Offenbarung ist daher niemand durch das göttliche Recht verbunden, das er noch nicht wissen kann. Deshalb darf der natürliche Standpunkt mit dem religiösen nicht vermischt werden, sondern muß ohne Religion und Gesetz und demgemäß auch ohne Sünde und Unrecht begriffen werden, wie dies von uns geschehen ist und durch die Autorität des Paulus unterstützt wurde.

Aber nicht bloß in Bezug auf das Nichtwissen geht der Naturzustand dem geoffenbarten göttlichen Gesetze voraus und ist ohne dasselbe zu denken, sondern auch in Bezug auf die Freiheit, in welcher alle geboren werden. Denn wenn die Menschen schon von Natur aus nach dem göttlichen Gesetze verpflichtet wären, oder wenn das göttliche Recht von Natur aus zu Recht bestände, so wäre es überflüssig, daß Gott mit den Menschen einen Vertrag schließt und sie durch Bündnis und Schwur verpflichtet. Daher muß unbedingt zugestanden werden, daß das göttliche Recht erst mit der Zeit beginnt, wo die Menschen durch ein eigenes Bündnis versprochen haben, Gott in allem zu gehorchen, womit sie gleichsam ihre natürliche Freiheit aufgegeben und ihr Recht auf Gott übertragen haben, wie das unserer obigen Ausführung gemäß im bürgerlichen Stande der Fall ist. Doch hierüber soll im Folgenden noch ausführlicher gehandelt werden.

Es wird aber noch weiter entgegengehalten werden, daß die höchsten Gewalten so gut wie die Unterthanen diesem göttlichen Rechte unterworfen seien, während ich sagte, daß sie das Naturrecht inne hätten und ihnen von Rechts wegen alles erlaubt sei. Um diese Schwierigkeit gänzlich zu beseitigen, die nicht sowohl aus dem natürlichen Zustand als aus dem natürlichen Recht sich ergiebt, sage ich, daß jedermann im Naturzustande ganz ebenso nach dem geoffenbarten Rechte leben muß, wie er den Vorschriften der gesunden Vernunft zufolge nach diesem Rechte leben muß; nämlich weil es für ihn vortheilhaft und zu seiner Wohlfahrt notwendig ist. Will er dies nicht, so mag er es lassen, aber auf seine Gefahr. Also braucht er da bloß nach eigener Entschließung, nicht aber nach der Entschließung eines andern zu leben, und braucht keinen Sterblichen als seinen Richter, oder als Rächer an dem Recht der Religion anzuerkennen. Und dieses Recht, behaupte ich, hat die höchste Gewalt inne, indem sie zwar die Menschen um Rat fragen kann, aber niemand als Richter und keinen Sterblichen neben sich als Rächer an irgend einem Recht anzuerkennen braucht, sondern bloß einen Propheten, welcher eigens von Gott gesendet worden ist und dies durch sichere Zeichen als zweifellos beweist. Aber auch in diesem Falle ist die höchste Gewalt nicht gezwungen, einen Menschen, sondern Gott selbst als Richter anzuerkennen. Wollte sie Gott in seinem geoffenbarten Rechte nicht gehorchen, so steht ihr das auf ihre eigene Gefahr und ihren eigenen Schaden hin frei; weder das bürgerliche noch das natürliche Recht kann sie dazu zwingen. Denn das bürgerliche Recht hängt von ihrem eigenen Ratschluß ab. Das natürliche Recht aber hängt von den Gesetzen der Natur ab, welche sich nicht nach der Religion richten, die bloß auf den menschlichen Vorteil abzielt, sondern nach der Ordnung der Gesamtnatur, dem ewigen uns unbekannten Ratschluß Gottes. Dies scheinen einzelne dunkel begriffen zu haben, indem sie behaupten, der Mensch könne zwar gegen den geoffenbarten Willen Gottes sündigen, nicht aber gegen dessen ewigen Ratschluß, nach welchem er alles vorherbestimmt hat.

Es könnte nun aber jemand die Frage aufwerfen: Wie wenn die höchste Gewalt etwas gegen die Religion und den Gehorsam, den wir Gott durch Vertrag ausdrücklich gelobt haben, befehlen sollte? Wem ist da Gehorsam zu leisten, dem göttlichen oder dem menschlichen Befehl? Weil ich indessen dieses im Folgenden eingehend behandeln möchte, sage ich hier nur kurz, daß man Gott über alles gehorchen müsse, da wir eine sichere und unzweifelhafte Offenbarung haben. Weil jedoch gewöhnlich die Menschen über die Religion häufig irren und miteinander wetteifern, je nach der Verschiedenheit ihres Geistes verschiedenes ihr anzudichten, was die Erfahrung genug und übergenug bestätigt, so würde sicherlich das Recht eines Staats von den verschiedenen Urteilen und Leidenschaften seiner Angehörigen abhängig sein, wenn diese der höchsten Gewalt in Angelegenheiten, die ihrer Meinung nach zur Religion gehören, den Gehorsam zu verweigern berechtigt wären. Denn niemand wäre alsdann an das Recht des Staates gebunden, wenn er der Meinung wäre, es stehe im Widerspruch mit seinem Glauben und Aberglauben, und so könnte sich jeder unter diesem Vorwand alles mögliche erlauben. Da also auf diese Weise das Recht des Staates ganz und gar zerstört würde, so folgt, daß der höchsten Gewalt, welcher es nach göttlichem und natürlichem Recht allein zukommt, die Rechte des Staates zu wahren und zu schützen, auch das höchste Recht zusteht, in Religionsangelegenheiten zu bestimmen, was sie für gut hält, und daß jedermann ihren diesbezüglichen Beschlüssen und Anordnungen Gehorsam zu leisten verpflichtet ist, kraft des ihr geleisteten Versprechens der Treue, welches Gott unbedingt zu halten befiehlt.

Sind diejenigen, welche die höchste Staatsgewalt inne haben, Heiden, so muß man eben keinen Vertrag mit ihnen schließen, sondern lieber sich entschließen, das Äußerste zu erdulden, als daß man sein Recht auf sie überträgt. Ist aber der Vertrag bereits geschlossen, und das eigene Recht auf sie übertragen, so muß man, da man sich dadurch des Rechts, sich und seine Religion zu schützen, beraubt hat, ihnen Gehorsam leisten und Treue bewahren, oder sich hierzu zwingen lassen. Eine Ausnahme macht nur, wem Gott durch eine sichere Offenbarung seine besondere Hilfe gegen den Tyrannen verheißen, oder wem Gott ausdrücklich hiervon ausnehmen wollte. So finden wir, daß unter den vielen Juden, welche in Babylon waren, nur drei Jünglinge, welche an Gottes Beistand nicht zweifelten, dem Nebukadnezar den Gehorsam verweigerten. Die übrigen aber, Daniel allein ausgenommen, da ihn der König hoch verehrte, leisteten ohne Zweifel Gehorsam, durch das Recht gezwungen. Vielleicht dachten sie auch, sie seien nach Gottes Ratschluß dem König unterthan, und der König habe die höchste Staatsgewalt inne und behaupte sie durch die göttliche Leitung. Dagegen wollte Eleazar, als sein Vaterland noch bestand, den Seinigen ein Beispiel der Standhaftigkeit geben, damit sie nach seinem Beispiel lieber alles erdulden, als sich gefallen lassen sollten, daß ihr Recht und ihre Macht auf die Griechen übertragen würde, und damit sie alle Mittel anwenden sollten, um den Heiden nicht Treue schwören zu müssen.

Auch die tägliche Erfahrung stimmt damit überein. Die christlichen Machthaber tragen kein Bedenken, zur größeren Sicherheit ihrer Staaten mit den Türken oder Heiden Bündnisse zu schließen und ihren Unterthanen, die sich unter diesen Völkern niederlassen, einzuschärfen, daß sie sich in weltlichen und göttlichen Angelegenheiten nicht mehr Freiheit herausnehmen, als die Verträge ausdrücklich gestatten oder jene Staaten erlauben. Dies zeigt z. B. der Vertrag der Niederländer mit den Japanesen, von welchem oben die Rede war.


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