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XXVI.

Peregrine ist endlich nach vielen vergebenen Versuchen so glücklich, mit seiner Geliebten zu einer Erklärung zu kommen, worauf sich Beide mit einander aussöhnen.

Dieses schnelle Verschwinden setzte Peregrine so außer Fassung, daß er starr und mit offenem Munde einige Minuten auf der Straße stehen blieb, eh' er sich von seinem Erstaunen zu erholen vermochte; dann aber ging er mit sich selbst zu Rathe, ob er unmittelbar Zutritt bei ihr verlangen oder eine andere Art wählen sollte, mit ihr zu sprechen. Ihr kurzes Verfahren verdroß ihn ob ihm gleich ihr Muth gefiel. So kam er, auf Mittel sinnend sie wieder zu sehen, nachdenkend in den Gasthof zurück, wo seine Gefährten ihn erwarteten, die einstweilen von den Frauenzimmern bereits Nachrichten eingezogen hatten, denen zufolge er nun erfuhr: daß Miß Sophy, die Begleiterin seiner Dame, die Tochter eines in Windsor lebenden Gentlemans sey, daß unter den beiden jungen Frauenzimmern die innigste Freundschaft herrsche, daß Emilie sich ohngefähr einen Monat bei ihrer Verwandtin aufhalten würde, daß sie auf dem letzten Ball gewesen sey, wo sie allgemeine Bewunderung erregt hätte, und daß seitdem mehrere junge Herren von guter Herkunft ihr sehr emsig den Hof machten.

Diese letztere Nachricht verfehlte nicht den Ehrgeiz und die Eifersucht unsers Helden zugleich zu entflammten, der es sich nun selbst zuschwor, nicht eher von hier zu wanken und zu weichen, bis er einen vollständigen Sieg über alle seine Nebenbuhler davon getragen haben würde.

Noch denselben Abend schrieb er einen Brief an Emilie, worin er sie flehentlich bat, ihm eine Gelegenheit zu gewähren sich rechtfertigen zu können; allein das Mädchen wollte weder seinen Brief annehmen noch seinen Boten sehen. Da dieser Versuch fehl schlug, so schloß er nun den Brief in einen andern Umschlag, ließ durch eine fremde Hand die Aufschrift machen und befahl Pipes nach London zu reisen und ihn da auf die Post zu geben. Wenn ihr das Schreiben so zukam, konnte sie den Verfasser desselben nicht ahnen und öffnete es sicher ehe sie noch den Betrug inne wurde.

Drei Tage wartete er jetzt die Wirkung seiner List ruhig ab, dann wagte er am vierten unter dem Titel eines Bekannten, einen förmlichen Besuch. Doch auch dieser Schritt blieb vergebens; es hieß: die junge Dame befinde sich unwohl, und so mußte er unverrichteter Sache wieder abziehen. Diese Hindernisse entflammten seinen Eifer jedoch noch mehr; er blieb bei seinem gefaßten Entschluß fest beharren und da seine Gefährten sahen, daß er nicht mit nach Oxford zurückkehren wollte, so verließen sie ihn den folgenden Tag. Ganz nur mit seinen Ideen beschäftigt, verdoppelte er jetzt seine Anstrengungen und wandte alle Mittel und Wege an die ihm seine Einbildungskraft zur Beförderung seines Planes an die Hand gab.

Auf seinen Befehl mußte sich Pipes in die Nähe des Hauses postiren um ihm von jeder Bewegung sogleich Nachricht geben zu können. Emilie ging aber gar nicht weg, außer höchstens zu einem Besuche in der Nachbarschaft, so daß sie immer schon wieder zu Hause war, ehe Peregrine noch erfahren hatte, daß sie ausgegangen war. Er ging in die Kirche in der Absicht ihre Blicke auf sich zu ziehen und bezeigte sich sehr demüthig gegen sie; aber sie war so furchtbar andächtig, daß sie auf nichts als ihr Buch sah und ihn mit keinem einzigen Blick erfreute. Eben so fleißig besuchte er das Caffeehaus, um mit Miß Sophie's Vater Bekanntschaft anzuknüpfen, und so womöglich von ihm in sein Haus gebeten zu werden; aber auch dies mißglückte; der vorsichtige alte Herr sah ihn für einen jener Brautschatzjäger an, die im Lande umherziehen um zu suchen wen sie verschlingen können und lehnte wohlbedächtig alle seine Zuvorkommenheiten ab. Voll Verdruß über das Fehlschlagen seiner Bemühungen, begann Peregrine jetzt an der Erreichung seines Zwecke zu verzweifeln und beschloß noch eine letzte List zu wagen, die darin bestand, daß er sein Logis aufgab und zu Mittage scheinbar von dannen zog; doch ritt er nur wenige Meilen und kehrte dann in der Dämmerung wieder in die Stadt zurück, wo er in einem anderen Gasthause abstieg, dem Pipes befahl nicht über die Schwelle zu gehen, und selbst sich verborgen hielt, während er einem Fremden den Auftrag gab das Haus seiner Gebieterin zu bewachen.

Wirklich dauerte es auch nicht lange, so ärndtete er die Früchte dieser klugen Maßregel; schon den folgenden Tag berichtete ihm sein Kundschafter, die Damen wären in den Park spazieren gegangen. Jetzt folgte er ihnen augenblicklich dahin nach, voll des Vorsatzes, mit Emilie, selbst in Gegenwart von deren Freundin, um jeden Preis zu einer Erklärung zu kommen und letztere wo möglich in sein Interesse zu ziehen.

Als er die beiden Frauenzimmer soweit von der Stadt entfernt sah, daß sie nicht mehr umkehren konnten, eh' er Gelegenheit hatte seinen Entschluß auszuführen, verdoppelte er seine Schritte, und erschien so plötzlich und überraschend vor ihnen, daß Emilie vor Erstaunen und Schrecken laut aufschrie; jetzt aber nahte er sich ihr und bat sie mit einem demüthigen und gebeugten Ansehn ihm doch zu sagen: ob Ihr Widerwille so ganz unversöhnlich sey?

»Weshalb,« fuhr er fort, »sind Sie so grausam mir selbst das Recht zu verweigern, welches dem ärgsten Missethäter bleibt? Miß Sophy,« hiermit wandte er sich an die Begleiterin, »erlauben Sie, daß ich Sie um Ihre Fürsprache bei Ihrer Cousine anflehen darf! Gewiß, Sie werden milde genug seyn sich meiner anzunehmen wenn Sie erst erfahren wie schuldlos ich bin, und ich schmeichle mir, daß Ihre gütige Vermittlung das traurige Mißverständniß wird aufklären helfen, das mich so unglücklich macht.« – »Ich zweifle keinesweges, daß Ihr Betragen stets achtungswerth war,« entgegnete das Mädchen, »doch Sie werden mir verzeihen, wenn ich ein Amt nicht übernehme, welches ich nicht füglich für jemanden führen kann, den ich nicht die Ehre habe näher zu kennen.« – »Miß,« versetzte Peregrine, »ich hoffe Ihre Freundin wird, trotz ihres Unwillens auf mich, meinen Anspruch auf den Charakter eines ehrlichen Mannes bestätigen und ich kann hiermit auf meine Ehre versichern, daß ich es mir durchaus nicht zu erklären weiß, und stünde mein Leben darauf, wodurch ich Miß Emilie jemals beleidigt hätte.«

»Mein Gott! Sir Pickle,« unterbrach ihn hier Emilie, die sich unterdessen wieder gesammelt hatte, »ich habe nie weder an Ihrer Ehre noch an Ihrer Lebensart und Ihrem Geschmacke gezweifelt, allein ich bin auch fest entschlossen, Ihnen nie Gelegenheit zu geben, Ihre Talente auf meine Kosten zu üben. Ich bitte Sie daher weder sich noch mich ferner zu beunruhigen und uns jetzt zu erlauben, daß wir uns entfernen dürften.« – »Gütiger Himmel!« rief Peregrine auf das Aeußerste gebracht mit großer Lebhaftigkeit aus: »Warum wollen Sie mich durch eine solche fürchterliche Gleichgültigkeit um meinen Verstand bringen? Bleiben Sie theure Emilie, auf meine Knien beschwöre ich Sie, hören Sie mich an! Bei allem was heilig ist, ich bin ganz schuldlos: irgend ein Feind, der mir mein Glück mißgönnte, muß Sie hintergangen haben um meiner Liebe den Todesstreich zu versetzen.«

Da Sophy, die viel Gutherzigkeit besaß und von ihrer Cousine den Grund von deren Benehmen wußte, den jungen Mann jetzt so ergriffen von einem Unwillen sah der wie sie wohl wußte, nur verstellt war, so hielt sie Emilie zurück, und sprach lächelnd zu ihr: »Eile doch nicht so meine Liebe; ich merke daß ein Mißverständniß zwischen Euch obwalten muß und da ist Hoffnung zur Aussöhnung wenn beide Partheien so vernünftig sind, überzeugende Beweise nicht zu verschmähen.«

»Was mich anlangt,« rief Peregrine voll Feuer aus, »so berufe ich mich auf Miß Sophie's Entscheidung. Doch was rede ich von Berufen? Ob ich gleich von keiner Beleidigung weiß, so bin ich doch bereit mich jeder Bedingung zu unterwerfen, wenn mir nur zuletzt Miß Emilie dafür ein Recht auf ihre Gewogenheit und Verzeihung einräumen will.« –

Diese Erklärung überwand zum Theil Emilie; sie sagte zu ihm: sie beschuldige ihn keinesweges eines Vergehens und erwarte daher auch keine Vergütigung; dann drang sie von neuem in ihre Gefährtin nach der Stadt zurückzukehren; aber Sophy wollte nicht und machte die Bemerkung: daß da die Bedingungen des Herrn so billig wären, sie zu vermuthen anfange ihre Cousine möchte Unrecht haben, und sie wäre nicht abgeneigt die Stelle einer Schiedsrichterin in diesem Streite zu übernehmen.

Höchst erfreut hierüber dankte ihr Pickle in den wärmsten Ausdrücken und küßte der freundlichen Vermittlerin so feurig die Hand, daß Emilie nicht umhin konnte etwas finster dazu zu sehen, indem ihr eine so lebhafte Erkenntlichkeit nicht besonders zuzusagen schien. Nach vielen Bitten von einer und vielen Vorstellungen von der andern Seite, gab sie indeß endlich doch nach, und sprach mit einem sanften Erröthen: »Wohlan mein Herr, wenn ich nun geneigt wäre die Sache auf diesen Ausschlag ankommen zu lassen, was könnten Sie dann wohl zur Entschuldigung des Briefes sagen, den Sie mir von Winchester aus sendeten?« Diese Aufforderung führte jetzt eine Auseinandersetzung des ganzen Vorganges herbei, von welchem jeder Umstand genau geprüft wurde. Emilie blieb dabei zu behaupten: jener Brief sey bloß geschrieben worden um sie zu beleidigen, denn unmöglich könne ein Mensch so schwachsinnig seyn etwas Anderes durch solche Redensarten bezwecken zu wollen.

Peregrine, welcher den Hauptinhalt jenes unheilvollen Briefes sowohl als die Verse noch im Gedächtniß hatte, konnte sich dagegen keines einzigen Ausdruckes erinnern, der nur im Entferntesten hätte beleidigen können. In dieser Verlegenheit bat er noch einmal, die ganze Sache möchte dem Ausspruch der Miß Sophy unterworfen und dann deren Urtheil treu und ohne Widerrede angenommen werden. Mit scheinbarem Widerstreben willigte Emilie endlich ein und man traf nun die Abrede, den folgenden Tag an demselben Orte zusammenzukommen. Beide Partheien sollten sich dabei mit ihren Beweisschriften einfinden und hiernach dann der Ausspruch geschehen.

Pickle überhäufte jetzt Miß Sophy mit Danksagungen für ihre großmüthige Vermittlung und unterließ nicht während des Spazierganges, den man nun noch machte und den Emilie jetzt nicht mehr zu beenden eilte, dieser eine Menge zärtlicher Betheuerungen zuzuflüstern: sie behielt aber immer noch ihr zurückhaltendes Benehmen bei, denn sie war entschlossen dasselbe nicht eher abzulegen, bis alle ihre Zweifel gehoben seyn würden.

Pickle, welcher Mittel gefunden hatte bis zur Dämmerung den Damen in dieser ländlichen Gegend die Zeit zu vertreiben, sah sich jetzt genöthigt sich ihnen zu empfehlen, nachdem er sich vorher noch einmal das feierliche Versprechen hatte geben lassen, sich zur bestimmten Stunde und an dem bestimmten Orte unfehlbar einzufinden; hierauf begab er sich in sein Zimmer zurück, wo er die ganze Nacht mit mannigfachen Muthmaßungen in Betreff des Briefes zubrachte. Aller Anstrengung ohngeachtet, war er aber nicht im Stande diesen Gordischen Knoten zu lösen. Eine Zeitlang glaubte er irgend ein Schalk möchte seinem Boten einen Streich gespielt und Emilie hierdurch einen untergeschobenen Brief erhalten haben; allein bei weiterem Nachsinnen vermochte er durchaus nicht zusmmenzuräumen, wie der Betrug hätte geschehen können. Dann begann er wieder an der Aufrichtigkeit der Geliebten zu zweifeln und auf den Verdacht zu gerathen, sie könne die Karte wohl selbst so gemischt haben um ihn zu Gunsten eines Nebenbuhlers zu entfernen.... Doch seine eigene Redlichkeit verbot ihm diesem niedern Argwohn Raum zu geben und so versank er denn von neuem in ein Meer von Zweifeln und Muthmaßungen.

Den folgenden Tag stand er bis es fünfe schlug, wie auf Kohlen; kaum war es aber Zeit zu gehen, so gebot er Pipes ihm zu folgen im Fall er etwa dessen Zeugnisses bedürfen sollte. Wenige Minuten nur hatte er auf dem verabredeten Platze gewartet, so erschienen auch schon die Damen und nach den gegenseitigen Complimenten ließ man sich nun unter dem Schatten einer Eiche auf dem Grase nieder, während Pipes in einiger Entfernung Platz nahm. Peregrine, zu den Füßen der Damen gelagert, bat jetzt um Untersuchung des Papiers, von dem sein Urtheil abhängen sollte: es wurde demnach der Schiedsrichterin überliefert, die es nun mit vernehmlicher Stimme vorlas.

Kaum hatte der junge Mann die beiden ersten Worte gehört, so fuhr er zusammen und stützte dann nachdenkend den Ellenbogen auf seine Knie. In dieser Stellung lauschte er bis zu Ende der ersten Periode, dann sprang er außer sich vor Erstaunen auf und rief glühend vor Unwillen: »Tod und Teufel! was ist das? Sie treiben Ihren Scherz mit mir Miß!« – »Ich bitte Sie,« erwiederte Sophy, »mich nur noch wenige Minuten ruhig anzuhören, dann mögen Sie zu Ihrer Vertheidigung sagen was Sie wollen.« Sie begann jetzt von neuem zu lesen, kaum aber war sie bis zu der Hälfte des Briefes gekommen, so vermochte sie nicht länger ernsthaft zu bleiben und brach in einen so heftigen Anfall von Lachen aus, daß die beiden Liebenden sich, trotz dem Unmuthe, der in ihrer Brust lebte, nicht enthalten konnten einzustimmen. Die Richterin nahm indeß bald ihre feierliche Miene wieder an und las nun den Brief bis zu Ende: jetzt aber sahen sich alle Dreie einige Augenblicke an, dann brachen sie zugleich von neuem in ein lautes Gelächter aus. Wer das Ganze nicht näher kannte, hätte hiernach glauben können, beide Theile wären mit dem Scherze sehr zufrieden gewesen; dies war jedoch keineswegs der Fall, denn Emilie bildete sich ein, ihr Liebhaber habe jetzt, trotz seinem wie sie glaubte, nur erkünstelten Erstaunen, von neuem, wiewohl wider seinen Willen, sich über sie lustig gemacht und so gewissermaßen seinen Beifall über seine unziemliche Spötterei an den Tag gelegt; ein Argwohn, der ihrem Unwillen frische Nahrung gab: und Peregrine war über die unwürdige Begegnung erzürnt, die sie ihm seiner Meinung nach dadurch widerfahren ließ, daß sie sich eines so plumpen und albernen Kunstgriffes bediente, ihn zu hintergehen.

In dieser Stimmung folgten daher auf die augenblickliche Fröhlichkeit von beiden Seiten finstere Gesichter. Sophy wandte sich jetzt an Pickle um ihn zu fragen, ob er etwas zu seinen Gunsten vorzubringen hätte? »Es thut mir sehr leid,« versetzte dieser, »daß Ihre Cousine mich für einen Patron so jämmerlicher Art zu halten vermag, daß man ihn durch eine solche seichte Erfindung täuschen könnte.« – »Die Erfindung ist von Ihnen, mein Herr,« erwiederte Emilie, »und ich kann Ihre Kühnheit nicht genug bewundern sie mir zuschreiben zu wollen.« – »Auf mein Ehrenwort, Miß Emilie,« antwortete Peregrine: »Sie treten sowohl meinem Verstande als meiner Liebe durch die Annahme sehr nahe, ich könnte etwas so Albernes und Lächerliches geschrieben haben. Das bloße Ansehen und die Aufschrift selbst ist dem Briefe, den ich die Ehre hatte Ihnen zu schreiben, so unähnlich, daß ich sagen darf, Pipes wird sich noch dieses Unterschiedes erinnern so lange auch die Sache schon her ist.« Er rief mit diesen Worten den Bootsmann herbei, allein Emilie wollte dessen Zeugniß nicht für gültig annehmen, indem sie bemerkte; sie wäre überzeugt, Master Pipes würde wohl bereits die nöthigen Instruktionen haben. Peregrine bat sie jetzt mit einem ernsten Blick, ihm die Kränkung zu ersparen, sich von ihr in einem solchen Lichte betrachtet zu sehen und befahl nun seinem Diener die Außenseite des Briefes zu betrachten und ehrlich zu sagen, ob dies derselbe sey, den er vor etwa zwei Jahren der Miß Gauntlet gegeben hätte.

»Das kann wohl seyn,« entgegnete Pipes, indem er das Papier von der Seite anschielte und dabei die Beinkleider in die Höhe zog: »Wir haben aber seit der Zeit so manchen Abstecher gemacht und sind in so vielen Buchten und Winkeln gewesen, daß ich's nicht für gewiß behaupten mag. Ich halte kein Tagebuch oder Lok über unsere Bahn.« – Emilie lobte ihn jetzt wegen seiner Aufrichtigkeit und warf dabei einen spöttischen Blick auf Peregrine als wenn sie damit sagen wollte: er hätte sich vergebens bemüht die Rechtlichkeit seines Bedienten zu bestechen.

Der junge Mann war jetzt außer sich; laut verwünschte er sein Schicksal, das ihn einem so unwürdigen Verdachte blos stellte und rief dabei Himmel und Erde zum Zeugen an, daß er, weit entfernt das unsinnige Schreiben zu verfertigen, es nie gesehen und nicht das Mindeste von dem hier zum Grunde liegenden Plane gewußt hätte.

Jetzt erst begann Pipes zu merken, welch Unheil er angerichtet hatte; ihn rührte der Schmerz in welchem sich sein Gebieter befand, für den er die unverbrüchlichste Anhänglichkeit hatte, und mit offener Treuherzigkeit erklärte er nun: er sey bereit zu beschwören, daß Sir Pickle keinen Theil an dem Briefe gehabt habe, den er abgeliefert hätte. Dies Geständniß, dessen Sinn noch Keiner einzusehen vermochte, setzte alle Dreie in kein geringes Erstaunen. Nach einer kleinen Pause stürzte aber Peregrine jetzt auf den Bootsmann los, faßte ihn bei der Gurgel und rief im heftigsten Ausbruche des Zornes: »Schurke, den Augenblick gesteh, wo ist der Brief, den ich Dir gab, hingekommen?« Halb erdrosselt, sprützte Pipes eine ansehnliche Masse Tabakssaft aus dem einen Winkel des Mundes und antwortete dann mit vieler Ruhe: »In's Feuer. Sie wollten doch nicht, daß ich dem jungen Frauenzimmer ein Ding geben sollte, das der Wind in Fetzen fortwehte? oder sollte ich?« – Die Damen schlugen sich jetzt für den bedrängten Diener in's Mittel und durch eine Mengen Fragen, denen er weder Geschicklichkeit noch Neigung hatte auszuweichen, entlockte man ihm nun eine Erklärung der ganzen Sache. Aus dem von ihm getroffenen Auskunftsmittel blickte aber eine so belustigende Einfalt und eine so unschuldige Absicht hervor, daß selbst die Erinnerung an den Verdruß den er verursacht hatte, den Unwillen nicht wieder zu erregen vermochten, und Alle von neuem in ein herzliches Gelächter ausbrachen.

Mit der Warnung sich künftig klüger zu betragen, ward Pipes entlassen und Emilie stand nun mit einem Gesichte da, in welchem sich zugleich die Bestürzung der Freude und Zärtlichkeit malte; Peregrinens Augen funkelten aber vor Entzücken und als Sophy nun zur Sühne anrieth, da nahte er sich der Geliebten und sprach: »Die Wahrheit ist mächtig und siegt immer!« Mit diesen Worten schloß er das Mädchen in seine Arme und raubte ihr einen Kuß, den sie ihm nicht zu verweigern vermochte und in dem Taumel seiner Freude nahm er sich nun bei Sophy, die er seine liebenswürdige Vermittlerin und seinen Schutzengel nannte, dieselbe Freiheit. Kurz, sein Betragen zeigte völlig, wie feurig und aufrichtig seine Liebe war.

Es würde unnütz seyn die zärtlichen Versicherungen hier zu wiederholen die von der einen Seite gegeben und die Blicke des Beifalls zu beschreiben, womit sie von der andern Seite aufgenommen wurden; genug die beseligende Vertraulichkeit des ersten Umganges stellte sich schnell wieder ein und Sophy, die beiden Theilen zur Beendigung ihres Zwistes Glück wünschte, ward von ihnen mit einem gegenseitigen Vertrauen beehrt.

In Folge der stattgefundenen Versöhnung, berathschlagte man nun über die Mittel, einander öfter zu sehen, und da Peregrine nicht füglich ohne vorher förmlich eingeführt zu seyn, die Damen in ihrem Hause besuchen konnte, so kam man überein, sich einstweilen jeden Nachmittag bis zum nächsten Ball hier im Parke zu finden; auf diesem Balle sollte er sich dann Emilie zur Tänzerin erbitten und sie wollte in Erwartung dieses Gesuches unversagt bleiben. Hierdurch erlangte er aber dann ein Recht sie den Tag nach dem Balle zu besuchen, wo sich dann ein Umgang knüpfen konnte gegen den Niemand etwas einzuwenden haben würde.

Dieser Plan wurde ausgeführt, doch ereignete sich dabei ein Umstand, der leicht üble Folgen hätte haben können, wenn Peregrines Glück nicht größer gewesen wäre als seine Besonnenheit.


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