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Aus den Papieren eines Rauchers.
Das interessante Schriftstück gelangte zwar nicht zur Verlesung, allein es war uns gegönnt, eine Kopie desselben zu erhalten. Herr Florian Rußwurm, ein höherer Privatbeamter, hat darin anläßlich eines lästigen Auftrittes, den er mit einem unverschämten Individuum auf der Straße gehabt, dem Gerichte seine Erfahrungen hinsichtlich des Umganges mit Leuten, von welchen man auf der Straße um Feuer angesprochen wird, in anschaulicher Weise geschildert. Wir halten das Schriftstück für einen wertvollen Beitrag zur endlichen Regelung des Verhältnisses zwischen Feuergebern und Feuernehmern, weshalb wir es hier auch vollständig zum Abdrucke bringen. Es betitelt sich:
Memorandum über die Verabreichung von Feuer an gänzlich Unbekannte auf der Straße, samt den hiebei beobachteten Arten und Unarten.
Wohllöbliches Gericht! Ich muß wohl das Unglück haben, ein zu frivolen Störungen besonders einladendes Gesicht zu besitzen, denn ich habe die Wahrnehmung gemacht, daß Leute, die nach Feuer für ihre Cigarre förmlich brannten, drei oder vier andere Raucher passieren ließen, um sich gerade mir mit der Phrase in den Weg zu stellen: »Darf ich um etwas Feuer bitten?« Ich bin von Natur ein gutmütiger Mensch und stehe jedermann gerne zu Diensten, aber wie es scheint, will ein dunkles Geschick, daß sich gerade mir immer der Abschaum der rauchenden Menschheit entgegenwirft. Von den unmündigen Jungen, die mit namenloser Frechheit Erwachsene um Feuer ansprechen und im Falle der Verweigerung sehr geneigt sind, einem das kränkende Wort »Andümmel« zuzurufen, will ich gar nicht reden. Ich möchte nur jeden Raucher fragen, welche Gefühle ihn beherrscht haben, wenn der Unbekannte, dem er barmherzig die eigene Cigarre dargereicht hat, mit derselben zu folgenden grausamen Verrichtungen schreitet: Zuvörderst quetscht er sie vorne zwischen den Fingern, daß die Funken heraussprühen, indem er zur Entschuldigung dieses verruchten Vorgehens sagt: »Anders ging's nicht; sie brennt hohl ... ja, man raukt jetzt verflucht schlechte Cigarren.« Hierauf stemmt er die mißhandelte Cigarre mit solcher Wucht an die seinige, daß jene beinahe in Fransen geht. Mp ... mp ... mp ... p ... p ... p! Jetzt zieht er mächtig an, unausgesetzt deine Cigarre an der seinigen reibend, daß durch die Friktion fast schon Feuer entstehen könnte. Es will nicht gehen. Die eine Cigarre qualmt trübe und stinkend, als wollte sie sich dadurch für die rohe Behandlung rächen, die andere hat einen Aschenkegel an der Feuerseite, bleibt aber kalt. Der Unbekannte setzt ab, betrachtet die in seinen beiden Händen befindlichen Exemplare genauer und meint:
– »Entschuldigen Sie, bester Herr, aber da haben Sie die höchste Canaljos derwischt. Können's denn das G'fraßt Zeug. rauken? Sollten nachschau'n, ob net falsche Haar, Hosentrager oder Strumpfbandeln drinn' sein ... Mein Gott, m'r muaß no froh sein, wann nix giftig's 'neing'wuzzelt word'n is. Ich fürcht mi am meisten, daß i amal a Krot oder gar ein' Basilisken drinnat find't, dem net amal 's Feuer was anhab'n kann. No gengan m'rs wieder an!«
Nun bohrt er seine Cigarre vollständig in die deinige hinein, um den weit rückwärts befindlichen Feuerherd zu erreichen. Dabei schaut er dich ab und zu mit listigen Blicken an, als wollte er dir zu verstehen geben, daß ihn nichts abhalten werde, das gewünschte Feuer zu erreichen und sollte auch deine Cigarre in Stücke gehen. Plötzlich hält er an, packt dich am Rockkragen und ruft: »G'schwind, g'schwind, tummeln's Ihnen!«
– »Was giebt's denn?« fragt man erschrocken.
– »G'schwind ziagn' an bei Ihnerer Cigarr', sonst geht's aus und wir stengen alle zwa da mit die Kenntnisse. Da hab'ns den Suzzel.«
– »Mp ... mp ... mp ... p ... p ... p ... ppp!«
– »Mp ... mp ... mp ... p ... p ... p ... ppp!«
– »Pfui Teufel!«
– »Erlauben Sie, das ist doch ...«
– »San's net bös, 's war net so g'mant, aber Sie haben mir einen ganzen Aschenmark' in d' Augen blasen ... Jessas, jetzt fangt's gar ins regnen an! Sein's so gut, stell'n m'r uns in das Hausthor da einer, sunst hab' i morgen fruah a no ka Feuer. Net wahr, i kann hiazt a bissel gröber umgehn mit Ihnerer Cigarr'? Sö schmeißen 's ja eh nachher weg ... Fix Grammatanten no amal, hiazt is richti ausgangen. Da bleibt uns allen zwa nix übri, als daß m'r 'nübergehn in die Tabaktrafik und uns dort'n a Feuer hol'n. Sö hab'n ka Zeit? Na, was möcht denn erst i sag'n, der i weg'n Ihnerer spottschlechten Cigarr' so viel Zeitversäumnis g'habt hab' – a anderer lasset sich's zahlen. Geb'nster Diener!«
Ungefähr so, wohllöblicher Richter, ist es mir in zahllosen Fällen ergangen und ich habe es mir daher zum Grundsatze gemacht, nur des Nachts, wenn ich niemanden an eine Trafik verweisen kann, Feuer zu geben. Allenfalls noch geneigt, von diesem Grundsatze abzugehen, wenn ich Muße und nur mehr ein Stümpchen von einer Cigarre habe, beharre ich aber auf der Verweigerung, sobald meine Zeit gemessen ist. Und dies war der Fall, als jener Mensch, gegen den ich in der Beilage klagbar auftrete, für eine höchst unheimlich aussehende Virginier Feuer verlangte. »Ich habe keine Zeit«, erwiderte ich und ging vorüber. Er stellte sich darauf mit gespreizten Beinen über das Trottoir und rief mir mit der Stimme eines gereizten Wagenthürlaufmachers nach: »Wahrlich ein roher Bursche!«
Es ist der Zweck dieses Memorandums, die rauchende Mitwelt von einer öffentlichen Kalamität zu unterrichten, eventuell eine würdigere, schonungsvollere Behandlung der für einen Augenblick fremden Händen anvertrauten, ohnehin so schwachen ärarischen Cigarren anzubahnen. –
Hoffen wir, daß dieser Appell des Herrn Florian Rußwurm nicht erfolglos – verraucht.
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