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Eine Bagatelle.
In das Amtszimmer des vorortlichen Bezirksgerichtes trat ein kleiner Mann mit einer großen schwarzen Kassette, stellte dieselbe auf einen Tisch im Hintergrunde, klappte den Deckel auf und setzte sich, nachdem er dem Richter eine Verbeugung gemacht, nieder, so daß er fast ganz hinter dem aufgeklappten Deckel verschwand. Es wurde eben über einen leichten Fall von Ehrenkränkung, begangen durch eine sogenannte »Patentwatschen« verhandelt, weshalb die Anwesenden vorläufig nicht sonderlich auf den Mann hinter dem schwarzen Kasten achteten. Nach einer Weile aber vernahm man ein eigenthümliches Geräusch, welches davon herrührte, daß der Mann mit einer Gummiwalze auf die neben ihm liegende Holzplatte Druckerschwärze auftrug. Dann hob er eine metallisch glänzende Platte aus dem Kasten, spannte einen Rahmen mit durchsichtigem Papier darüber, das er zuvor gegen das Licht hielt, und rückte seinen Stuhl zurecht, als ob jetzt das Kunstwerk beginnen könnte.
Ein freundlicher dicker Viktualienhändler, der als wichtigster Zeuge hinsichtlich der besagten »Patentwatsche« eine Aussage abgegeben und sich sodann wieder auf seinen Platz im Zuschauerraume niedergelassen hatte, war den Vorbereitungen des Kastenmannes mit gespannter Aufmerksamkeit gefolgt und schien nun ziemlich im Reinen darüber zu sein, was dieselben zu bedeuten hätten. Um ganz sicher zu gehen, deutete er mit einem fragenden Blicke auf sich, und als der Kastenmann nickte, zweifelte der Zeuge, ohne über die Seltsamkeit eines solchen Vorhabens weiter nachzudenken, nicht mehr daran, daß jener Mann im Begriffe stehe, ihn zu photographiren.
Die nächste Folge hievon war, daß der Zeuge sich bemühte, eine so steife und unnatürliche Haltung einzunehmen, sowie ein so thörichtes Gesicht zu machen, als nur irgend möglich. Als ihm dies gelungen war, zwang er sich außerdem zu einem Grinsen, durch welches er auf das Fatalste einem vergnügten alten Haifisch ähnlich wurde. Indem er noch die rechte Hand würdevoll auf den Bauch legte und die Augen so weit öffnete, als starre er voll Entsetzen auf irgend eine gräßliche Erscheinung, gab er sich voll und ganz dem Zauber hin, der für manche Menschen in dem photographischen Apparate liegt.
Von Secunde zu Secunde erwartete der gute Mann das Zeichen, daß die zwängliche Procedur beendigt sei und er wieder in den Naturzustand zurückkehren könne. Allein der Mann hinter dem Kasten nahm merkwürdiger Weise keine Notiz mehr von ihm, sondern begann mit einem Stifte, an dessen unterem Ende ein kleines Rädchen befestigt war, emsig auf der Metallplatte zu schreiben. In der Meinung, es sei dies eine neue Methode der Retouchirung, hielt sich der Zeuge mannhaft aufrecht, bis nach Ablauf von einigen Minuten seine Augen jenen unglücklichen Ausdruck gewannen, der im Volksmunde mit dem eines abgestochenen Gaisbockes verglichen wird, und bis er am ganzen Körper zitterte, wie vom Fieber geschüttelt.
– »Ist dem Zeugen da unwohl?« sagte plötzlich der Richter. Der Zeuge ächzte, wagte es aber noch nicht, eine Bewegung zu machen. Einige Anwesende sprangen hinzu und erwischten ihm beim Kopfe, worauf der Zeuge halb grimmig, halb erleichtert aufathmend sagte: »No hiazt is das Bild hin, was der Herr dort macht!«
– »Was unterstehen Sie sich?« fragte der Richter strenge den Kastenmann.
– »Aber, ich bitte sehr,« stammelte dieser und erhob den von Druckerschwärze triefenden Apparat, das ist ja blos ein neuer Pausapparat, der »Cyclostyl«, mit dem ich die Gerichtsverhandlungen vervielfältige für die Vororteblätter. Taugt übrigens nicht viel, der Apparat, das alte Hektographensystem ist besser. Entschuldigen vielmals!«
Er nahm den Kasten, verbeugte sich und ging. Der portraitlustige Zeuge folgte ihm auf dem Fuße nach. Allein der Mann mit dem Kasten ging beharrlich schneller als der ihm folgende Mann. Sämmtliche Anwesende bezeichneten dies als den besten Einfall, den der Cyclostylist haben konnte ...
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