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Schuhmacherwerkstätte. Im Vordergrund ein schlechtes Ruhbett.
Casperl tritt mit Myrrha ein.
Casperl. So, jetzt sam' mer z'Haus. Da drinnen ist dein Stübl. Ein Strohsack von Palmblätter und eine Decken. Jetzt kannst a bißl rasten. Du weißt, was ein Gschlav oder eine Gschlavin zu thun hat?
Myrrha. Zu gehorchen.
Casperl. Also erwarte meine weiteren Befehle. In der früh machst du mir meinen Kaffee. Viel Kaffee und viel Rahm! nachher aufbetten, Zimmer putzen, auf'n Markt geh'n, 's Fleisch holen. Um 10 Uhr zwei Maß Bier und 12 paar Bratwürst – – (man hört Schritte) Still, da hör ich was. Das könnt der Türk sein, der sein Geld will. Also marsch, gschwind hinein ! (Myrrha ab.)
(Ein Türk tritt ein)
Türk. Hier bin ich, jetzt bezahle?
Casperl. Was? wer? wie? Ich bezahlen?
Türk. Die 100 Piaster, die Du mir für die Sklavin schuldest.
Casperl. Was? ich schuldig? was geht mich die Gschlavin an? Ich weiß von keiner Gschlavin nir!
Türk. Wie kommst Du mir vor? hast Du mir nicht vor einer Stunde ein Mädchen abgekauft?
Casperl. Ich? – ja was wär denn das?
Türk. Ja Du! um 100 Piaster. Also zahle.
Casperl. Jetzt, weißt was, Türk? ich verbitt mir die Spaß da.
Türk. Wie? Du willst so unverschämt sein, es zu leugnen? her mit den Piastern, oder – –
Casperl. Wart Kerl, Du sollst Dein Pflaster haben.
(prügelt den Türken.)
Türk. Unverschämter, hör auf!
Casperl. Nein, die 100 Pflaster sollst Du haben!
(schlägt immer heftiger bis der Türke unter Geschrei zu Boden fällt)
So, da liegt der Türk! Mir scheint er hat seine türkische Seele ausgehaucht. Um den constantinopolitanischen Kerl ist kein' Schad'. Naus damit! (schiebt ihn zur Thüre hinaus) der wird seinen Kameraden nix davon sagen, wie die Pflaster gschmeckt haben und kommt der andere, so mach ich ihm's grad so. Gschlavin! raus da, 's is Zeit zum Kochen.
Myrrha (kömmt.) Hier bin ich, Herr; was befiehlst Du?
Casperl. Schlipperment nochemal! du gfallst mir! Ich glaub' immer, ich werde dir deine Gschlavenketten in die Rosenguirlanden des öhlichen Bandes verwandeln.
Myrrha. Deine Sklavin will ich sein; aber nie werd' ich Deine Gattin.
Casperl. Wie? du niedrige Person lehnst meinen Heirathsantrag ab? du verschmähst es, daß ich dich aus deiner erbärmlichen Stellung in die Lage einer bürgerlichen Schuhmachermeisterin versetzen will?
Myrrha. Dringe nicht weiter in mich. Alle Deine Worte wären vergebens verschwendet.
Casperl (hochtragisch) Du stoßest mich von dir? – Ha! so werde ich also nicht dein Gatte, aber dein Herr sein und die ganze Wucht des Gschlaventhumes soll auf dir lasten! Grausam werde ich sein; seckiren werd' ich dich auf alle Arten – bis du endlich »ja« sagst und ich dich – nach Erlangung der Erlaubniß von Seite einer königlichen hohen Polizei- Direction – die Moinige in höherem und bedeutungsvollerem Sinne nennen kann.
Myrrha. Wie Du willst! Du bist der Herr – ich die Sklavin.
Casperl. So können dich auch meine Drohungen nicht bewegen? Wohlan! wonicht, woher, wohin, worauf – es sei. Du, meine Gschlavin – ich dein Herr und Gebieter! Ha! es sei! Ich glaubte, daß du, wie jeder ordentlicher Dienstbot, mehr auf gute Behandlung als auf guten Lohn siehst – allein ich habe mich getoischt. Du willst es selbst: also schlechte Behandlung und gar keinen Lohn! dieß wäre überhaupt mancher Herrschaft am liebsten. Jetzt aber muß ich meine Stiefel zum Leibkutscher hinein tragen, sonst verliere ich seine Kundschaft. Einstweilen sperr die Thür von innen zu und schieb den Nachtriegel vor; denn es könnte der Türkl Nummero Zwei seine Pflaster holen und dich bei der Gelegenheit wieder mitnehmen wollen. (gebieterisch) Gschlavin, gehorche! (ab.)
Myrrha (allein.) Mein weiser Vater hat es so gewollt; ich füge mich seinen Anordnungen; denn er will ja nur Gutes. Aus der stillen Hütte, wo ich bei meiner Pflegemutter am Ganges seit meiner Kindheit lebte, sollte ich von den beiden Männer geraubt werden, um bei diesem gemeinen Schuhmacher das Weitere zu erwarten, was über mich verfügt würde. Wie dem auch sei, ich harre geduldig. Aber ich bin ermattet von der Aufregung, von der Herzensangst. Auf diesem Lager will ich etwas ruhen.
(Sie legt sich auf das Ruhebett.)
Ihr guten Götter beschützt mich! (Sie schläft ein.)
Unter sanfter Musik verhüllt sich die Bühne mit Wolken; aus ihnen erscheint im Hintergrunde Mobed. Er hält eine Rose in der Hand.
Mobed. Sie schlummert, ahnet nicht der Vaters Nähe; Mög ihr ein holder Traum den Schlaf versüßen, Da Sorge nun bewegt ihr kindlich Herz. Ihr Götter! lenket gnädig mein Beginnen Und segnet der Magie geheime Kraft, Auf daß den dunklen Mächten zum Verderben Ich meinen Zauber euch zur Ehre übe.
(er tritt aus den Wolken an das Ruhebett.)
Erwache, Myrrha, sieh hier deinen Vater!
Myrrha (erwachend). Mein Vater! Deiner Stimme holder Klang hat mich geweckt.
Mobed. Ich weckte dich, liebe Tochter; denn raschen Fluges enteilt die Zeit und wir müssen sie benützen.
Myrrha. Sprich – was soll ich hören? Was soll mit mir geschehen?
Mobed. Der arme Prinz Herbed wird heute noch dieß Haus betreten. Ich sah dieß voraus und deßhalb veranlaßte ich selbst deinen Raub und daß du hieher gebracht würdest. Er ist durch den Zauber des Ringes, den ich ihm seiner verderblichen Einwirkung wegen vorenthielt und zu dessen Besitz er nur durch Moschopulos Tücke gelangt ist, verblendet. Der Wahn angeblicher Weisheit hat ihn mit Stolz und Hochmuth erfüllt, während er nur durch Demuth zu seinem Ziele gelangt wäre; denn nur mit dieser kann meine Magie vereint wirken. Ich hab nur Ein Mittel, das ich in diesem Falle zu seinem Besten anwenden kann. Sieh hier diese Rose. Sie wuchs in meinem den Göttern geweihten Garten, in welchem ich den Strauch mit Brahma's Segen gepflanzt. Ihr Duft verbreitet Liebe und Demuth. Nimm sie und stecke sie an deinen Busen.
Myrrha. Und was habe ich zu thun, wenn Herbed naht?
Mobed. Die Rose wird dir's sagen. Mehr brauchst du nicht zu erfahren. Wenn aber Herbed den verhängnißvollen Ring einmal von sich wirft, wird alles Räthsel schwinden. Leb wohl, geliebte Tochter! lasse dich an mein Herz drücken! Bald sehen wir uns wieder!
Myrrha. O mein theurer Vater!
Mobed nähert sich dem Hintergrunde und verschwindet mit den Wolken, welche das Zimmer umhüllt hatten.
(Werkstatt wie vorher.)
Casperl (tritt ein.) Schlipperment, da bin ich wieder. Die Stiefel sind beim Herrn Leibkutscher. Aber jetzt hungert's und durst't's mich. Geschlavin, was hast du mir 'kocht.
Myrrha. Verzeih mir, Gebieter! Die Müdigkeit hat mich überwältigt. Ich bin eingeschlummert und vor kurzem erst wieder erwacht.
Casperl. So? –das ist dein Diensteifer? Die Gschlavin schlaft und der Herr darf hungern. Marsch hinaus in die Kuchl! Knödl will ich haben! Sauerkraut! Schlegelbraten! Bratwurst! Rahmstrudel! Zwetschbendatschi! – fort – aus meinen Augen!
Myrrha. Ich gehe, wie Du befiehlst; allein Alles was Du so eben genannt, ist meinen Ohren neu!
Casperl. Das macht nix! – nur fort du, sonst vergeß ich mich in meiner Wuth und beiß dich selber an !
(Myrrha ab.)
Casperl (allein.) Das wär' mir a sauberer Dienstbot! Nit amol von die Knödl weiß was. Schlipperment! in meiner Hühnersteigen sind ja noch a paar Indian. Die muß sie mir braten; nachher einen grünen Palmblattlsalat dazu und eine saure Feigensauce. Das muß ich ihr gleich sagen. (will hinaus; es pocht an der Thüre.)
No! No! wieder kein' Ruh! kaum bin ich z' Haus und will a bißl rasten, hat der Deixel scho wieder wem da. Schlipperdibix! wer ist draußen?
Die Thüre geht auf. Herbed tritt ein.
Herbed. Der weise Herbed sucht ein Obdach.
Casperl. Der weiße Herbed? Ja schwarz bist freilich nit, sonst wärst ein Mohr.
Herbed. Gönne, daß ich diese Nacht unter Deinem Dache ruhe, und ich werde Dir's königlich lohnen.
Casperl. Oho! oho! Schon wieder eine neue Gsellschaft! Jetzt hab ich erst eine Gschlavin ins Haus bekommen und da kommt noch ein Gast dazu.
Herbed. Du wirst Deine Gastfreundschaft nicht zu bereuen haben; denn wo die Weisheit einkehrt, da ist auch die Huld der Götter.
Casperl. Die Huld der Götter wird bald so gnädig sein, daß ich selber Nix mehr zum Essen hab, wenn die Huld der Götter einem armen Schuster, der sich nit emal ein' Gsellen halten kann, allerhand Hungerleider in's Haus schickt. Ich will von die Götter nix wissen, wenn ich nur was zum Essen und Trinken hab, nachher kann mir die Huld der Götter vom Leib bleiben. Hab'n Sie's ghört, weißer Gast? Oder sind Sie vielleicht ein wandernder Schuhmachergsell, der en Arbeit sucht? –
(Herbed hat sich unterdessen auf das Ruhebett gesetzt)
O, geniren S' Ihnen nur net. Gleich niedergsessen! Soll ich wohl aufwarten mit Etwas, was Ihnen besonders schmeckt?
Herbed. Nichts verlange ich, als ein Obdach.
Casperl. Ja, das ist aber noch die Frag, ob ich's Dach hergib? Rasten kann Er a bißl, aber nachher mach' Er, daß Er 'nauskommt zum Tempel. Ich bin kein Wirthshaus. Einweilen werde ich suppiren, wie der Franzos sagt, (ruft hinaus) Gschlavin! mein' Suppen!
(Myrrha tritt ein. Bei ihrem Anblick steht Herbed überrascht und begeistert auf.)
Herbed. Welche Erscheinung! Mädchen, bist Du eine himmlische Bajadere? Ein süßer, wonniger Duft strömt von Deinem Antlitz aus! Wie ist mir? Laß mich zu Deinen Füßen niedersinken!
(Er eilt auf sie zu und kniet vor ihr nieder.)
Casperl So? – eine alte Bekanntschaft vielleicht? brav, es kommt immer besser. Endlich krieg ich noch die ganze Verwandtschaft in's Haus.
Herbed Bei allen Göttern, wer bist Du? sag es mir, ehe ich in Deinem Anblick vergehe!
Myrrha Ich bin Myrrha, Mobed's Tochter.
Herbed (erschüttert). Mobed's – meines Verräthers Tochter? Weh mir! weh Dir!
(Er sinkt bewußtlos zu Boden. Casperl fällt ebenfalls um.)
Der Vorhang fällt rasch