Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Gemach im königlichen Pallaste
Moschopulos mit Mebon eintretend.
Moschopulos Er ist also da, wie Du mir meldest?
Mebon Großer König, Dir zu dienen. An der Pforte, wo er als König Einlaß begehrte, ergriffen wir ihn.
Moschopulos Mein Plan ist gelungen. Ich habe Herbed hieher gelockt, trotzdem daß Mobed es vereiteln wollte. Der verhängnißvolle Ring steckt an seinem Finger und dessen geheime Zaubergewalt umnebelt seine Sinne mit dem einfältigen Wahne, daß er der Weiseste auf Erden sei und der Hochmuth wird ihn vollends ins Verderben stürzen.
Mebon Vor Allem muß Dir daran liegen, daß Herbed nicht zur Erkenntniß komme über die eigentliche Wirkung und Kraft des Ringes. Sollte er ihn von sich werfen, so wärst Du verloren und unser Reich wäre hier zu Ende.
Moschopulos Wer könnte ihn dazu veranlassen?
Mebon Mobed wird nicht ablassen, ihn auf gute Wege bringen zu wollen.
Moschopulos Darüber befürchte ich nichts; denn eben der Wahn, in welchem Herbed durch des Ringes geheime Kraft befangen ist, wird ihn hindern, auf den Ring zu verzichten. Jedenfalls aber will ich mich von Herbeds Zustand selbst überzeugen. Laß ihn vor mich bringen. (Mebon ab)
Moschopulos (allein, kniet nieder)
O großer Rhabun, du, Onderah's Herrscher,
Der mit Moisasur du das Licht bekämpftest –
Dein Knecht erhebt die Hände zum Gebet:
Laß mir die Macht, die ich erstrebt, erhalten,
Daß dieses Reich mit allen seinen Völkern
Der Hölle angehör', in der du thronest.
Verflucht hat Brahma dich zur schwarzen Nacht;
Darum beschütz' uns, die wir dir gehören
Und durch die List schwarzer Magie verbreiten
Dein Reich, um deine Macht nur zu vermehren.
Was steht bevor mir nach der ird'schen Laufbahn,
Als zu versinken in die Nacht des Rark's,
Um tausend mal viel tausend Jahre wandernd
In schmählichster Umwandlung zu verkümmern.
So laß für diese kurze Erdenzeit
Mir den Genuß der Herrschaft und der Freude!
O großer Rhabun, höre mich! Ein Zeichen
Gib, daß mein heißes Flehen du vernahmst.
(Donner. Moschopulos steht auf)
Ich danke dir! des Donners mächtig Rollen
Ist deine Stimme, die jetzt zu mir sprach!
(Mebon tritt ein, mit ihm der gefeßelte Herbed)
Mebon Hier ist der Fremdling großer König!
Moschopulos. Mebon entferne Dich! (Mebon ab.) (zu Herbed.) Was suchst Du hier?
Herbed. Mein gutes Recht.
Moschopulos. Dein gutes Recht? und was ist's?
Herbed. Allahbad's Krone und Scepter.
Moschopulos. Nicht mehr als dieß? Wie bescheiden!
Herbed. Und wenn ich auch nicht des durch Dich selbst gestürzten Königes Sohn wäre, so müßte ich schon um meiner Weisheit willen der Herrscher dieses Reiches sein.
Moschopulos. Glaubst Du, daß Moschopulos auch dem weisesten der Erde seinen Thron überlassen würde? Die Macht ist das Recht und wer die Gewalt hat, weicht auch der Weisheit nicht.
Herbed. Alle Gewalt und weltliche Macht schwindet; die Weisheit kehrt zu den Göttern.
Moschopulos. Und doch begehrst Du weltliche Macht für Dich?
Herbed. Weil sie mein gerechtes Erbe ist.
Moschopulos. Ich aber habe die Erbfolge umgestoßen, weil die Götter es wollten. Fort mit Dir! Pflege der Weisheit, belehre die Menschen, wenn Du es vermagst, eines bessern. Nähre Dich von Deiner Weisheit wie das Murmelthier, das im Halbschlafe das Fett aus den eignen Tatzen saugt.
Herbed. Spotte wie Du willst! Immerhin! so will ich gehen und geduldig harren, bis der Tag erscheint, an welchem Herbed erkannt wird.
Moschopulos. (ruft) Mebon! (Mebon kömmt) Entfeßle diesen weisen Thoren und gib ihm die Freiheit.
Mebon. Wie Du befiehlst, hoher Herr. (Er entfeßelt Herbed.)
Herbed. Wohlan! – wir sehen uns wieder. (geht ab.)
Mebon. Aber warum, großer König, ließest Du ihn nicht tödten?
Moschopulos. Er soll leben! Noch war's nicht an der Zeit, ihn zu vertilgen. Fürchte nichts! mich schützt Rhabun, der finstern Mächte Gebieter. (ab mit Mebon.)