Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

III. Aufzug.

Zimmer auf Hohenburg (wie im zweiten Aufzuge.)

Frau Rosalinde. Emma.

Emma. Wo nur der Caspar so lange bleibt. Er könnte längst wieder zurück sein.

Rosalinde. Ei, weißt ja, daß der gute Bursch entweder plaudert, trinkt oder schläft. Vielleicht hat er sich auf dem Heimweg unter einen Baum gelegt und schläft bis ihn die Nachtluft weckt oder –

Emma. Er sitzt in der Waldschenke und plaudert bei einem Becher Neckarwein mit dem alten Hans. – Was wird wohl meine liebe Agnes jetzt machen?

Rosalinde. Sie wird mit Frau Ottilie im Ziergärtlein sitzen, etwa spinnen oder sonst was arbeiten.

Emma. Und Ritter Theobald wird vielleicht auf die Jagd geritten sein und einen schönen Hirsch erlegen.

Rosalinde Ja wohl! wie mein guter Adalrich auch that. Wie freuten wir uns immer auf seine Heimkehr!

Emma. Wie oft brachte mir der liebe Vater einen schönen Strauß Waldblumen heim, oder seine Jagdtasche voll süßer Beeren! Der gute Vater! Wir haben ihn nicht mehr!

Rosalinde. Der liebe Gott hat ihn zu sich gerufen und in seinen heiligen Willen haben wir uns zu ergeben. Danken wir ihm aber auch, daß er uns an Ritter Theobald einen so wackeren Freund und Schutzherrn gegeben hat.

Casperl, tritt noch zitternd eiligst ein.

Emma. Ah, da kömmt der Caspar!

Casperl. Da – da – da bin ich! Ja da – da – da bin ich.

Rosalinde. Was hast du denn? Du bist ganz außer Athem und zitterst.

Casperl. Glaub's gern! Da soll Einer nit bittern und zeben. Ich bin schon halb verstochen und zermalmt.

Rosalinde. Oho? was ist dir denn geschehen?

Casperl. Furchtbar! furchtbar! erschrecklich! unerhört! grausam! mörderisch! cannibalisch – –

Rosalinde Nun–nun! Du bist ja doch noch am Leben.

Casperl. Ja aber wie? Wenig hätt's gfehlt, so wär' ich maustodt nach Haus gloffen.

Emma. So sag einmal: Was ist's denn eigentlich?

Casperl. Ja, das geht nit so gschwind. Das ist eine fürchterliche Geschicht von einer Gschicht.

Rosalinde (wird ungeduldig) Nun so komm' zum Zweck!

Casperl. Ja, nit Zweck, sondern Zwick, Zwick hätt's bald gheißen. O gnädige Frau! das war eine Lebensgfahr, die ich ausgstanden hab! Das wär'n mir die rechten Pilger! Die frommen Männer sind Spitzbub'n! Räubergsindel! Heut Nacht wolln's dem Herrn Ritter Theobald seine Burg abbrennen!

Rosalinde. Gott im Himmel! wär's möglich!

Casperl. Ja nicht nur möglich, sondern gewiß. Die Pilger wollen den andern saubern Kameraden in der Nacht 's Thor aufsperren. Nacher wird zuerst Alles umgebracht und abgemuxt, nachher was nit umgebracht worden ist Alles gstohlen und g'raubt, und zum Schluß wird das Übriggebliebene in Feuer aufgeh'n! Und mich haben's auch schon halb abgemuxt (in tragischem Tone) Die Spitze des mörderischen Dolches war schon gegen meinen Busen gekehrt und ich wäre ein Opfer räuberischer Blutgier geworden, hätte mich nicht meine Geistesgegenwart, mein energischer Muth, meine Kouraschi gerettet; denn ich bin gleich davongloffen.

Emma. Aber wie hast du das schreckliche Vorhaben erfahren ?

Casperl. Gfahren sind wir nit, aber dag'legen sind wir im Wald und da haben die Spitzbub'n gemeint, ich schlaf, und haben die Spitzbuberei miteinander ausgemacht. So – jetzt wissen S' Alles.

Rosalinde. Erschreckliches Vorhaben! Ritter Theobald und die Seinen sind also verloren. Es ist zu spät sie zu warnen.

Emma. Schon wird's Abend. Ein Bote würde Falkenburg nicht mehr erreichen; und wenn auch – die Außen heimlich Gelagerten würden ihm wohl am Zutritt hindern. O weh, weh!

Rosalinde. Ich möchte verzweifeln! die Armen nehmen in diesem Augenblick vielleicht die verrätherischen Pilger gastlich auf und haben von ihren schauderhaften Absichten keine Ahnung.

Emma. O Mutter, Mutter – was anfangen?

Casperl. Anfangen? – Ja was ist da anzfangen? Ich hab'en Höllendurft von der körperlichen und geistigen Anstrengung; ich muß trinken!

Rosalinde. Geh, geh – laß uns allein, unausstehlicher Bursch!

Casperl. Gehorsamer Diener; wenn's was brauchen, so bin ich gleich wieder da. (ab.)

Emma. Liebe Mutter; du bist eine so kluge Frau, fällt dir denn Nichts ein, unsere Freunde zu retten?

Rosalinde. Du selbst hast ja der Unmöglichkeit erwähnt, sie vor der nahen Gefahr zu warnen. Nichts bleibt uns, als uns zum himmlischen Vater zu wenden, und zu beten. Vielleicht sendet er uns em Mittel.

Emma. (auf den Knieen.) O lieber Gott, lieber Gott hilf uns! Schick' uns Rath und Trost, den Edlen zum Heil!

(Die Taube welche in einer Ecke des Zimmers gesessen, stiegt auf Emma's Hand.) Die Taube, die Taube!

Rosalinde. Gott hat dein Gebet erhört! Sie kann zum Rettungsmittel werden.

Emma. Wie so, liebe Mutter?

Rosalmde. Es ist bekannt, daß die Tauben, losgelassen von einem ihnen bekannten Orte zum anderen fliegen. Vielleicht fliegt sie in ihre alte Heimath nach Falkenburg zurück.

Emma. O, wär' es so! Ich könnte ihr ein Brieflein an den Hals befestigen, welches die Warnung enthielte.

Rosalinde. Recht,liebe Emma, also thu's. Schreibe rasch ein Zettelchen und laße das Täublein fliegen.

Emma. So schnell als möglich soll's geschehen und wenn das Thier hoch in Lüften schwebt, wird es wohl bald seiner lieben ehemaligen Herrin, meiner guten Agnes zufliegen; und eine Taube fliegt in kurzer Zeit hinüber.

Rosalinde. So kann die Warnung noch rechtzeitig ankommen. Gott schütze unser Unternehmen.

(Beide ab.)

Casperl (tritt ein.) Nun sind die Hungrigen gstillt und die Durstigen gelöscht. Ein halbes Pfund Kas ruht wohlversorgt in meinem Magen und schwimmt auf einem künstlichen Weiher, den ich durch ein paar Maß Flüßigkeit angelegt hab. Jetzt weiß ich aber nit, löst sich der Käs im Wein auf oder verschluckt Ersterer den Letzteren. Vielleicht legt sich der Wecken Brod in's Mittel, den ich auch verschlungen hab. Jedenfalls ist mein Magen so ein fleißiger Kerl, daß ich auf seine Bereitwilligkeit zählen darf, für das ihm Anvertraute gewißenhaft zu sorgen. Ich behaupt' halt fest, daß der Mensch mit seinem Magen der Mittelpunkt von der ganzen Welt ist. Ein Mensch ohne Kopf, der kann noch leben; denn wie oft sagt man: »der hat kein' Kopf, der ist kopflos, der ist hirnlos« und doch geht er noch dabei 'rum, der dumme Kerl. Allein das hab' ich noch nie ghört, daß man von einem Menschen sagt: »der hat kein' Magen. Beweis also, daß der Magen die Hauptsach' ist; denn wenn man nix mehr ißt oder trinkt – nachher ist die Comödi aus. Mit solchen Betrachtungen vertreib ich mir oft die Zeit. Schad, daß ich nit schreiben kann; aber das können ja sogar die wenigsten Ritter – also warum soll's nachher der Casperl glernt haben? Jetzt will ich aber doch nach der gnädigen Frau schau'n, ob's nix braucht. Und wenn's nix braucht, so leg ich mich auf's Ohr. (ab)


 << zurück weiter >>