Eduard Mörike
Maler Nolten
Eduard Mörike

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Dreizehnte Szene

Nacht. Wald. Bezauberte Stelle.
Feenkinder.

Talpe: Dies ist der Platz; dort steht die schwarze Weide.
Was nun? sagt, wie befahl die Fürstin uns?

Windigal: Was kümmert's mich? Ich rühre keine Hand.

Talpe: Hast du die Püffe schon versaust von gestern?

Windigal: Pfui! Bückel und Beulen übern ganzen Leib!
Ich lege mich ins weiche Moos; kommt nur,
Wir ruhen noch ein Stündchen aus und plaudern;
Zur Arbeit ist noch Zeit; die andern sind
Auch noch nicht da. – Seht, eine feine Nacht!

Malwy: Vollmond fast gar.

Windigal:                 Wir singen eins; paßt auf!

Sie singen.

Bei Nacht im Dorf der Wächter rief:
    Elfe!
Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief;
    Elfe!
Und meint', es rief ihm aus dem Tal
Bei seinem Namen die Nachtigall,
Oder Silpelitt hätt ihm gerufen.

Drauf schlüpft's an einer Mauer hin,
Daran viel Feuerwürmchen glühn:
»Was sind das helle Fensterlein!
Da drin wird eine Hochzeit sein,
Die Kleinen sitzen beim Mahle
Und treiben's in dem Saale;
Da guck ich wohl ein wenig 'nein –«
    Ei, stößt den Kopf an harten Stein!
    Elfe, gelt, du hast genug?
        Gukuk! Gukuk!

Morry kommt mit den andern:
Ei brav. So? tut sich's? Nun, das ist ein Fleiß;
Wollt ihr nicht lieber schnarchen gar? Thereile
Wird euch fein wecken. Das vertrackte Volk,
Noch bluten Maul und Nasen ihm, und doch
Um nichts gebessert.

Talpe leise:         Schaut, wie sie sich spreizt!
Sie äfft der Schwester nach, als wenn sie nicht
So gut wie wir voll blauer Mäler wäre.

Morry: Den Baum sollt ihr umgraben, rings ein Loch,
Bis tief zur Wurzel, dann wird er gefällt.
Dies alles muß geschehen sein, bevor
Die erste Lerche noch den Tag verkündet.
Rasch, sputet euch, faßt Hacken an und Schaufel!

Windigal: Hört ihr nicht donnern dort?

Talpe:                     Beim Käuzchen, ja.
Es wetterleuchtet blau vom Häupfelberg,
Der Mond packt eilig ein; gleich wird es regnen.

Morry: Dann habt ihr leidlich graben. Frisch daran!

Thereile tritt auf in Trauerkleidern, für sich:
Zum letztenmal betritt mein scheuer Fuß
Den Ort der Liebe, den ich hassen muß.
Vor diesem Abschied wehret sich mein Herz
Und krümmt sich wimmernd im verwaisten Schmerz!
Verblutet hast du, vielgeliebter Baum,
Vom goldnen Pfeil, zerronnen ist dein Traum.
Wie grausam du es auch mit mir geschickt,
Seist du zu guter Letzte doch geschmückt!
Ach, mit dem Schönsten, was Thereile hat,
Bekränzet sie der Liebe Leichenstatt:
Ihr süßen Haargeflechte, glänzend reich,
Mit dieser Schärfe langsam lös ich euch;
Umwickelt sanft die Wunde dort am Stamm!
Noch quillt die Sehnsucht nach dem Bräutigam.
Mit euch verwese Liebeslust und Leiden,
Auf solche will ich keine neuen Freuden!
Und du, verwünschtes, mördrisches Geschoß,
Um das die Träne schon zu häufig floß,
Mein Liebling hat dich wohl zuletzt berührt,
So nimm den Kuß, ach, der dir nicht gebührt!
    Und nun, ihr kleinen Schwestern, macht ein Grab,
Und berget Stamm und Zweige tief hinab.
Seid ohne Furcht, und wenn ich sonsten gar
Zu hart und ungestüm und mürrisch war –
Von heute an, geliebte Kinder mein,
Wird euch Thereile hold und freundlich sein. Ab.


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