Eduard Mörike
Maler Nolten
Eduard Mörike

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Dritte Szene

Nacht.
Ein offener, grüner Platz an einem sanften Waldabhang beim Schmettenberg, ohnweit des Flusses Weyla.
Thereile, eine junge Feenfürstin. Kleine Feen um sie her.
König an der Seite, mehr im Vordergrund.

Thereile: Seid ihr alle da?

Morry: Zähl nur, Schwester, ja!

Thereile: Ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben.
Silpelitt ist ausgeblieben!
Hat doch stets besondre Nester!
Nun, so sucht, ihr faulen Dinger,
Steckt euch Lichtlein an die Finger!

Kinder eilen davon.

Morry die heimlich zurückbleibt, leise:
Weithe!

Weithe:     Was?

Morry:             Siehst du nicht dort
Ihren Buhlen bei der Schwester?
Darum schickt sie uns nun fort,
Dieses hat was zu bedeuten.

Weithe: Ei, sie mag ihn gar nicht leiden.

Morry: Bleibe doch! und laß uns lauschen,
Wie sie wieder Küsse tauschen.
Guck, wie spröd sie tut zum Scheine,
Trutzig ihre Zöpfe flicht!
Sie nur immer ist die Feine,
Unsereins besieht man nicht.

Weithe: Aber wir sind auch noch kleine.

Morry: Nun, so sag, ist dieses Paar
Nicht so dumm wie eine war?
Darf sich süße Feenbrut
Einem Sterblichen wohl gatten?
Beide zwar sind Fleisch und Blut,
Doch die Braut wirft keinen Schatten.

Weithe: Ja, das ist doch unanständig.

Morry: Aber stets war sie unbändig.

Weithe: Morry, laß uns lieber fort!
Mir wird angst an diesem Ort.

Morry: Wie sich wohl dies Spiel noch endet!
Beide stehen abgewendet;
Wahrlich, wie im tiefsten Schlummer
Steht der König, unbeweglich.

Weithe: Ach, wie traurig scheint der Mann!
Liebe Schwester, ist's nur möglich,
Daß man so betrübt sein kann?

Morry: Seine Stirne, voller Kummer,
Seine Arme sind gesenkt!

Weithe: Was nur unsre Schwester denkt!

Morry: Wär er mir wie ihr so gut,
Ich ließ mich küssen wohlgemut.

Weithe: Bitte, komm und laß uns gehn!
Wollen nach dem Walde sehn,
Ob die holden Nachtigallen
Bald in unsre Netze fallen.

Beide ab.


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