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Kapitel 149

Der störrige Franziskaner. Miklosch kuriert ihn; seine kritischen Fangfragen an denselben. Endlich kommt auch er zum Heils-Mahle an die an den Tisch den Herrn

1 Nach einer Weile des tiefsten Erstaunens spricht der Graf zum nicht gar sehr ferne stehenden Franziskaner: »Freund, wenn es in deiner vermeintlichen Höll' so aussieht, da bleibe ich schon unverrückt in dieser Höll' und der Bruder Miklosch sicher auch samt allen anderen. So sehen auch jene höllischen Geister, und – ich möchte sagen – auch Geistinnen ganz ungeheuer schön und herrlich aus. Wahrlich in der Gesellschaft solch einer höllischen Kompagnie wird sich's für ewig gar nicht so schlecht bestehen lassen; he, Freund, was meinst du da?« –

2 Spricht ganz mürrisch der Franziskaner: »Es sind schon unendlich viele an der illusorischen höllischen Süße zu Grunde gegangen; dies Los wird etwa auch euch zuteil werden. Ich bin zwar wohl auch sehr hungrig und ganz besonders aber durstig. Aber bis ich nicht gleich einem Thomas handgreifliche Beweise über alles das habe, traue ich dem Landfrieden nicht. Denn bei Ketzern, wie der Robert Blum und Konsorten es sind, kann Gott der Herr nicht wohnen.«

3 Spricht der Miklosch: »Freund, da komm mit mir an jenes große Fenster dort; ich werde dir etwas zeigen.« – Spricht der Franziskaner: »Was denn?« – Spricht Miklosch: »Wirst schon sehen!« – Spricht der Franziskaner: »Gut, so gehen wir hin; aber täusche mich nicht, sonst!« –

4 Die beiden gehen an's Fenster, und der Miklosch zeigt ihm eine große Freie außerhalb des Hauses, und in einer bedeutenden Ferne gen Abend eine Stadt wie Ofen und Pest (Budapest) aussehend, und sagt zu ihm: »Freund, jener Herr, den deine ungeheure Dummheit noch stets für der Teufel Obersten hält, läßt dir's durch mich sagen: Ich gebe dich los von dieser Hölle. Dort ersiehst du Ofen und Pest; gehe hin, und schaffe dir daselbst oder auch irgendwo anders einen besseren Himmel. Du kannst auch gleich hier durch's Fenster hinaus gehen; denn diese Fenster haben kein Glas.« – Spricht der Franziskaner: »Ein wenig werde ich denn doch noch warten.« – Spricht der Miklosch: »O warum denn? So das hier die Hölle ist, wie möchtest du dich wohl noch länger darinnen aufhalten?« –

5 Spricht der Franziskaner: »Weißt du, ich möchte nur noch für gewiß erfahren, ob etwa der Blum vor seiner Hinrichtung sich doch wieder in den Schoß der allein wahren und seligmachenden Kirche zurückbegeben hat, samt seinen Glaubensgenossen. Ist dies nicht der Fall, was ich eben am meisten befürchte, so ist das hier nichts als höllisches Blendwerk. Denn auch die Hölle ist darin voll des hartnäckigsten Eifers, daß die Ihrigen eher wohl zubereitet werden, als bis sie als vollends tauglich in die eigentliche wahre Hölle hineingelassen werden. Es ist hier wahrlich alles beisammen: Christus, Maria und der heilige Joseph, alle heiligen Apostel, alle Urväter, Patriarchen und Propheten, und sonst noch eine Masse (Menge) männlicher und weiblicher Heiligkeiten; so ist auch dies Lokal mehr als hinreichend, um den Seligen als eine Art Paradies oder Vorhimmel zu dienen; aber wie gesagt, so der Blum und Konsorten noch stets die gleichen Ketzer sind, so ist dies alles nur höllisches Blendwerk, und ich muß mich dann schnellst von hier entfernen. Denn schau du, Freund, wenn der römische Papst nicht der allein wahre Stellvertreter Gottes auf Erden ist, und die römische Kirche nicht ausschließend die allein wahre und seligmachende, die allein die Schlüssel zum Himmel und zur Hölle in ihren allerheiligsten Händen hat für alle Menschen der Erde, so ist Christus gar nicht Christus, und alle Religionen der Erde sind keine Religionen mehr, sondern ganz wertlose menschliche Hirngespinste, und es ist bei solchen Umständen auf kein Fortbestehen dieses geistigen Lebens sich zu verlassen. Siehe, so stehen die eigentlichen Dinge, und ich bin nun darum auch äußerst auf der Hut, mich irgendwo von der Hölle berücken zu lassen; denn die wahre Kirche ist ein Fels, den die Pforten der Hölle ewig nimmer überwinden werden.« –

6 Spricht der Miklosch: »Gut, gut, gut; alle diese römisch-katholischen Narrheiten kenne ich so gut als du; ich könnte dir deinen römisch-katholischen Mund zwar augenblicklich stopfen, so daß du auf 100 nicht eins erwidern könntest; aber ich ziehe es vor, dich bloß durch einige Fragen in die engste Enge zu treiben; sage dir's aber im voraus, daß du eine jede beantworten mußt; denn beantwortest du sie mir nicht, so wirst du mir dadurch nur stets mehr und mehr bejahen, daß das Papsttum ebenso wenig von Christus gegründet ist, als wie wenig je der Apostel Petrus auf der Erde mir ein natürliches Fischernetz ausgeflicket hat. Und so höre denn! Da sind die Fragen:

7 Bei welcher Gelegenheit hat Christus das von der Kirche so hoch gehaltene Meßopfer und zwar ausschließend nur in der damals heidnischen römischen Sprache nahe bei Verlust des ewigen Lebens angeordnet? Bitte um eine streng aus der heiligen Schrift dokumentierte Antwort!« –

8 Dem Franziskaner geschieht bei dieser Frage, wie den Ochsen vor einem neuen Tore, und es erfolget keine Antwort;

9 und der Miklosch fragt weiter: »Da du auf diese Frage keine Antwort findest, so muß ich dir schon mit etwas Leichterem kommen. Wann und bei welcher Gelegenheit hat denn Christus die Zeremonien, die reich verbrämten Gewänder, die Stola, das Quadratel, rote Strümpfe, die Impfel, den sehr wertvollen Hirtenstab, denn meines Wissens hat Er sogar den Aposteln verboten, einen Stock zu tragen, die päpstliche Tiara, die sehr teuren Kardinalshüte verordnet? Bitte um eine Antwort! – Du bist schon wieder stumm! Nun, nun, ich werde gleich mit etwas Leichterem da sein.

10 Sage mir: Wann hat denn Christus, der Herr, Der eigentlich bloß nur eine lebendige Kirche im Herzen des Menschen erbauet hat, und für alle Zeiten erbaut haben wollte, die gemauerten Tempel, deren es nun schon bei einer Million und darüber auf der Erde geben dürfte, ihre inneren heidnischen Einrichtungen, die privilegierten und nicht privilegierten Altäre, die Gnadenbilder, das hochgeweihte Taufwasser, eben so das heiligste Chrisam, denn die wahren Apostel tauften mit ganz natürlichem Wasser, wie es Gott erschaffen hat; ob sie sich bei der Taufe auch des allerheiligsten Öles bedienten, davon scheint die Geschichte zu schweigen; wann die Glocken, Orgeln und Meßlieder? Die teuren Meßrequisiten, wann die Exequien (feierliches Leichenbegräbnis) und die teuren Totenämter? Und wann und bei welcher Gelegenheit hat Er die Kapläne, die Pfarrer, die Dechanten, die Domherrn, die Pröbste, Prälaten, Bischöfe und Kardinäle eingeführt, und sie mit so großen Einkommen dotiert? Denn meines Wissen hat Er den Aposteln, als Er sie hinaussandte, auszubreiten Seine Lehre, sogar verboten, Säcke zu haben, um irgend ein Geschenk einstecken zu können. Bitte hier abermals um eine wohl dokumentierte Antwort! Rede nun, rede! hast ja doch sonst stets eine so geläufige Zunge gehabt! Wie magst du denn nun gar so stumm vor mir dastehen! Du bist und bleibst stumm, das heißt also: Ich weiß nichts zu sagen zugunsten der römisch-katholischen Kirche, und bin daher lieber still!«

11 Spricht endlich doch ganz unwillig der Franziskaner: »Ich könnte dir wohl so manches sagen, aber vor einem Ketzer ist es besser, so man schweigt.« – Spricht Miklosch: »Das glaube ich auch, besonders so man mit gar keinen Beweisen aufkommen kann. Sage mir aber doch wenigstens das, wann Christus die gottlose (fluchvolle) Übertrittsformel von einer christlich-ketzerischen Religionssekte in die römische angeordnet? Wann den Ablaß? Wann das Rosenkranzfest, wann das Partiunkolafest und das Fronleichnamsfest? Bei welcher Gelegenheit hat Er denn die heilige (!!) römische und spanische Inquisition eingesetzt, und wann und warum eingeführt alle die Ordensgeistlichkeit? Rede, und gib mir Antwort! Sieh, du bist schon wieder stumm wie eine Grabmauer! – – Warum? Das weiß ich! – also etwas Leichteres:

12 Sage mir, wo in der Apostelgeschichte stehet es denn geschrieben, daß der Apostel Petrus wirklich in Rom war, und das Papsttum gegründet hat? Meines Wissens hat sich dieser Apostel in seiner letzten Zeit wohl in Babylonien aufgehalten, und hat von dorther nach Jerusalem auch einen Brief geschrieben; aber Rom und Petrus haben einander eben so wenig gesehen, als wie ich und der Kaiser von China. Aber vielleicht hast du andere verbürgte Daten? Nun so rede! – – Aber du redest schon wieder nichts! Dir fällt sicher wieder nichts Gescheites und Haltbares ein; schau, schau, was du doch für ein armer Mensch mit deiner Papstverteidigung bist? –

13 Aber das wirst du mir vielleicht doch sagen können, wie und wann Christus oder Petrus, dem Papste den Titel: »Heiliger Vater« gegeben haben? und angeordnet den ablaßreichen Pantoffelkuß? Christus hat ja meines Wissens freilich sogar strenge untersagt, irgend jemand anderen gut und heilig zu nennen, als bloß nur Gott allein; so sollte man auch niemanden Vater nennen, als bloß nur Gott ganz allein; so sollte man auch niemanden Vater nennen, als Gott ganz allein; denn alles andere wäre Bruder und Schwester. Aber wer weiß, ob da Christus, der Herr, hintendrein, so Ihm etwas Besseres mag eingefallen sein (!!), nicht eine Menge uns Laien ganz unbekannte nachträgliche Verordnungen hat ergehen lassen, trotz dem, daß Er es Selbst offen vor vielen Menschen zu Jerusalem göttlich fest erklärte, und sagte: Himmel und Erde werden vergehen; aber Meine Worte werden nicht vergehen. –

14 Ja, mein Freund, du schweigst noch immer, und deine ärgervollste Verlegenheit könnte man dir schon auf eine Meile Entfernung aus dem Gesichte lesen! – Was solle denn daraus werden? – Schau, ich könnte dir noch mit einem ganzen Millionerl von solchen sonderbaren Fragen aufwarten; aber was nützete es, du magst mir keine beantworten, und so wird es besser sein, du lässest entweder den Papst ganz fahren, und gehest mit mir zum wirklichen Herrn hin, und bekennest vor Ihm treu und offen deine Dummheit; oder du machst dich auf die Reise nach dem ersichtlichen Pest und Ofen hin.«

15 Spricht endlich der Franziskaner: »Freund, du hast durch deine merkwürdigen Fragen mich nun auf ganz andere Ideen gebracht, wofür ich dir sehr dankbar bin, und ich werde dir folgen hin zu jenem Wahren.«

16 Spricht Miklosch: »Also nicht nach Ofen und Pest hin?« – Spricht der Franziskaner: »Nein, wahrlich nein, denn ich glaube, in diesen Städten der Welt schaut für einen Geist ganz verdammt wenig mehr heraus; sind die dort noch Lebenden schon wie man sagt, petschiert auf ihr Lebenlang physisch und moralisch, was könnte alldort erst einem Geiste alles widerfahren, so er sich irgend blicken ließe?« – Spricht Miklosch: »Aber rede nur nicht gar so ein geschwollenes Zeug zusammen! Welcher Sterbliche hat denn noch irgend einem Geiste etwas antun können! Aber besser wärest du dort durchaus nicht geworden, sondern nur um sehr vieles schlechter; denn von solchen Disteln pflegt man wohl nie Trauben zu ernten.«

17 Spricht der Franziskaner: »Aber sage mir, weil du schon wirklich um ein Bedeutendes weiser bist denn ich, ist denn das wohl das leibhaftige Ofen und Pest von Ungarn? Mir kommt die Sache denn doch ein wenig verdächtig vor. Ich bin der Meinung, daß jenes sichtbare Ofen und Pest mehr eine Illusion denn etwas Wirkliches ist.« – Spricht Miklosch: »Lassen wir beide nun das gut sein; ob das, was wir sehen, Wirklichkeit oder nicht Wirklichkeit ist; das wird uns schon noch einmal klar werden; wir gehen nun hin zum Herrn, und bekennen vor Ihm unsere große Torheit, und lassen dann alles andere Ihm allein über.«

18 Spricht der Franziskaner: »Aber meinst du nicht, daß es vielleicht gut wäre, so wir uns denn doch eher an die allerseligste Jungfrau Maria wendeten, weil sie auch da ist.« – Spricht Miklosch: »Warum nicht gar an Adam und Eva, und an alle Patriarchen und Propheten vor Maria! Sieh' hin, an wen hat sich denn der Graf gewendet? An niemand anderen, als geradewegs an den Herrn Selbst; und sieh', er ist bei Ihm, und zwar zu allernächst. Willst du etwa noch näher sein? Sieh‘ an den Robert Blum, dem der Herr dies Haus, dessen Pracht und Größe wir von draußen schon nicht genug bewundern konnten, zu eigen für ewig gegeben hat; der hat sich zuvor doch sicher an niemand anderen gewendet, als an den Herrn selbst; und er ist selig, überselig! willst du etwa noch mehr?«

19 Spricht der Franziskaner: »Ja, ja, du hast recht; es hängen einem nur so viele katholische Narrentrümmer an, die man nicht auf einmal los werden kann; aber nur Geduld! Es wird sich mit der Zeit alles machen. Gehen wir daher nun nur zum Herrn hin, und zeigen uns Ihm, wie wir sind; und ich meine – Er wird es mit unsereinem ja doch nicht gar so römisch-katholisch genau nehmen.«

20 Spricht Miklosch: »Das ist meine geringste Sorge, schau, ich bin doch etwa schön dumm und unweise, und dazu noch sehr schlechten Herzens gegenüber dem Herrn; und schon ich, als nur ein bißchen besser denn ein römischer Kardinal, könnte dich deiner Blindheit wegen doch unmöglich scharf angehen, sondern dich als ein rechter Bruder nur ganz gemütlich behandeln, wie ich's bisher auch stets getan habe; um wie viel mehr läßt sich das vom Herrn, der Selbst die reinste Liebe ist, im Vollmaße erwarten! Der Herr wird übrigens auch Seine höchst scharfen Seiten haben, besonders gegen den Hochmut, Geiz und Neid, und gegen alle, die ihre irdisch ärmeren Brüder als reine Nullen angesehen haben, aber gegen uns, die wir auch in dem gemeinsten Honved stets einen Menschen sahen, wird Er sicher viel humaner sein. Und so gehen wir nun nur ganz guten Mutes zu Ihm hin.« –

21 Die beiden gehen nun schnell zu Mir hin, – und – Ich gehe ihnen wenige Schritte entgegen, und sage zum Miklosch: »Nun, nun, ist dir der Bruder Cyprian doch nicht durchgegangen? Das freut Mich, das freut Mich recht sehr! Nun so kommet nur! Etwas Brot und Wein ist noch vorrätig; esset und trinket davon nach eurem Bedürfnis! Nachher werde Ich euch alle in das große Museum dieses Hauses führen; da werdet ihr Augen machen! Gehet nun nur schnell zum Tische hin, und stärket euch! – Sollte nicht genug da sein, da wird der Hausherr Robert Blum sogleich die Dosis repetieren.«

22 Die beiden treten ganz ungeheuer schüchtern zum Tische hin, und der Franziskaner, weil er gerade der Maria unter's Gesicht zu stehen kommt, getraut sich kaum etwas anzurühren.

23 Die Mutter aber lächelt ihn an, und spricht: »Aber mein lieber Freund Cyprian, warum denn gar so verlegen? Iß und trink! Meinst denn du, hier im Himmelreiche gehe es auch so hochmütig zu, wie an den Höfen der Könige auf der finstern Erde? O mit nichten; hier sind wir alle wie Kinder, und lieben den Vater, und sind voll Liebe, Güte und Sanftmut gegen jedermann. Daher also keine Scheu mehr, mein lieber Cyprian!«

24 Der Cyprian sinkt fast zusammen vor Ehrfurcht vor der Maria. Aber der Miklosch sagt zu ihm: »Sei nur jetzt nicht dumm, lieber Bruder, und tue, was dir der Herr Selbst und die liebste und herrlichste Maria gesagt haben.« – Spricht der Franziskaner ganz weinerlich vor Gefühl: »Du hast leicht reden; denn das feine höhere Gefühl war dir sicher nie im höchsten Grade eigen; aber ich, der ich schon von Geburt an so ein empfindlicher Kerl war, daß ich über den Tod einer Fliege 3 Tage habe weinen können, bin hier auf ganz kuriose Gefühlskohlen gestellt.«

25 Rede Ich: »Mach' dir nichts d'raus; sieh', das ist nur anfangs so; mit der Weile wirst du schon mutiger werden.« – Spricht der Franziskaner: »O Herr, wenn Du nur nicht gar so herablassend wärest, da ginge es auch noch leichter; aber Deine zu ungeheuere Herablassung könnte einem gerade das Herz vor Liebe zu Dir zerbersten machen!« – Rede Ich: »Nun, nun, so esse und trinke, denn sieh, der Miklosch hat seinen Mann schon gestellt. Robert! mehr Brot und Wein herbeigeschafft! Ich merke es dem Miklosch an, daß es ihm schmeckt.«


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