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Kapitel 65

Ein Wiener und ein Böhme. Jellineks guter Rat an die Heldin; er weist sie an den Herrn

Am 28. März 1849

1 Als unsere Heldin wieder in der Mitte der ihrigen sich befindet, d.h. jener, mit denen sie früher ein etwas beißendes Zwiegespräch hielt, da sagt der schon bekannte Franz zu ihr: »No, du odrati luxemburger Achazibaum-Mierl, wie is dir denn gaonge mit den bratschultrigen Kolifonifeuerhelden?! No, hast iehme so recht eine gsogt af ächt weanerisch?« – Spricht die Heldin: »Na, verstanden wird er's wuhl hobn! Hietzt mant der Tolkentipl, daß er do a no a gnädiger Herr is! Na, den werdns do glei anondri Wurst broden! Ober gsogt hob is iehma! Hätts eis nur ghört, wie iehms der Herr Blum eini gsogt hot, weil er mi verkloge is gaongen! Eis hätts a narische Fraid ghobt! I wünsch kan Menschen was Schlechts, a diesem Tapschädl nit; aber weil er holt goar a so a hochmietiger Dinger is überanant, do hob i a rechti Fraid, won iehma die guaten Herrn dort a wengerl die Flügel stutzen than; o dös gschiacht iehme schun recht!« – Spricht der Franz: »Na, Mierl, hietzt gfohlst mi schon wieder, und i bin schon wieder guat af di; ober dos sog i di a, woans mi wieder a mohl so angreifst, wie's ehnter ton host, da mogst schaun, wie's weiter kummen mogst! Ober hietzt is olles wieder guat; vesteast mi? Olles wieder guat!«

2 Spricht die Heldin: »No, no, mir san ja kani Böhmen, doß af a nond 7 Johr sölle harbig san; die Weaner, wons no so than, als wulltes anonder fressen; wons sie sich ober don a Mohl umdrahn, do sans noche glei wieder die beste Freund! Aber mit d' Böhmen ist do a Kreuz; i hob a mohl so an Dolken harbig gmocht, i glaub, der hätt mi vor lauter Lieb nach drei Jahrln no zrissen, wo er mi wo griegen hätt kinnen!« – Spricht der Franz: »Mierl! i sog dir, red neit so laut! Denn mon koan net wisse, wer an do olles zuhört; waß denn net, daß d' Böhmen die längste Finger, und d' längste Uhrwaschl hobn, deßhalb se auch imme d' besten Spitzl und Bollizeidiener warn?!«

3 Auf diese Worte des Franz erhebt sich sogleich eine kräftige, dickbackige männliche (bömische) Gestalt, holt einen tiefen Odem, und spricht dann hauptsächlich zum Franz: »Hörte mi Kedl flukte! Wer hot de Hurwaschel lunge, un wer hot de Finge lunge? A, sog du mi nu a muhl a su, noche wart mi! Wer bin a Krist, obe wer die noche schunt zogen, wer hot die Hurwaschl lunge! A, host di mi verstonde, Kedl flukte!« – Spricht die Heldin: »O jegrl, o jegrl! Fraonz! hietzt schau mer, daß mer weiter kummen! Won ma in Wulfe nennt, so kummt er grennt! Da war scho grad Anner, wi ma sich sei Lebtag ka beßre winsche kunnt! No, won der zurni wurd, i glaub, der bringet an no in 100 Jährln um! Mir scheint, der hot schun mit olli Russen d' Bruderschaft trunke!« – Spricht der Böhme: »Holt de Kusche deine fladerwaschete! Ole, i schlag de ani eine, do wirst de kenug hobn! Ole manst di, de Böhme sei Teibl!? Du bist de ani Hur satrazena, obe de Böhme sein kude Leut! Verstehs mi, du fladerwaschete krußkuschete!?« – Spricht die Heldin: »Hörts meine lieben Weaner, do is Aner! won mer nit do in so an ehrsamen Haus warn, der mießt mi hinaus gwutzelt werde, und won das 's Lebn meiner Mudr koste tät! Ober do ist nix zu moche! Gea mer do nur glai weg, sunst gib's Spektakl!«

4 Auf diese Worte begibt sich die Heldin mit mehreren Wienern schnell, und zwar gerade zum Jellinek und zu Mir hin, und fängt sogleich mit dem Jellinek folgendes Gespräch an, sagend: »No, no, Herr Dokter, hietzt hätt i iehna bold nit kennt! Grieß iehna Gott! Wia gehts iehna, und wos moche denn sei do?«

5 Spricht Jellinek: »Schau, mir geht es sehr gut, viel besser, als je auf der Welt. Mein sehnlichster Wunsch aber ist es, daß es euch allen bald ebenso gut gehen möchte, wie mir nun, so werdet ihr miteinander nicht mehr also hadern, wie bis jetzt! Ihr müsset das hier ganz ablegen, sonst kann's mit euch allen wohl schwerlich besser werden! Lernet es von uns, wie man mit den Schwächen seiner Brüder Geduld haben kann, und haben muß, so werdet ihr euch gleich leichter verstehen, und das wird euch goldene Früchte tragen; aber wenn ihr euch untereinander stets so bekrittelt, beschimpfet, und mit Schlägen bedrohet, da wird noch lange nicht jene christlich-himmlische Liebe unter euch sich aufzuhalten anfangen, die allein die wahre Seligkeit aller Menschen und Geister bedingt.

6 Daher werdet vernünftiger nun! Lasset ab von eurem dummen Hader, und werdet sanft in eurem Herzen, so wird euch auch leicht und bald zu helfen sein; aber so ihr stets also untereinander forthadern werdet, da werdet ihr noch lange leiden müssen; und so es euch auch geholfen wird, da wird aber die Hilfe dennoch eben so karg bemessen sein, als wie karg da ist eure gegenseitige Liebe und Freundschaft. Denket doch, daß wir vor Gott alle gleich sind, und niemand einen andern Vorzug hat, außer allein, wie er am meisten demütig ist, und die stärkste Liebe zu Gott und allen seinen Brüdern in seinem Herzen berget, da werdet ihr euch gleich leichter verstehen! Hast du die Worte wohl verstanden?«

7 Spricht die Heldin: »O ja, verstaonde hätt ich's wuhl, wia's nur glai recht war; ober unser Weaner Göscheln! De kinnen holt nit still sein, wons wo a Lüftl kriega! Da war holt a so a Wunderkur guat! Wär dos denn nit migli dohie in Geisterreich! Wisse's, unsre Herze warn grod so schleacht net, aber holt 's Göschl, 's Göschl, das hot holt 'n Teixel gsechn!«

8 Spricht Jellinek: »Nun, nun, wir werden es schon sehen, was sich da wird tun lassen; aber ein bißchen müsset ihr euch denn doch auch selbst bestreben, eure Zungen im Zaume zu halten, dann wird sich wohl so manches tun lassen. – Bitte diesen Herrn neben mir da, Der vermag sehr viel; wenn Der euch hilft, so wird euch wahrhaft geholfen sein! Hast mich verstanden, du Heldin?«

9 Spricht die Heldin: »Sie, Herr Jellinek, soges mi, versteht der Herr do a unser Weanerisch? A guats Gsichtl hot er wuhl, und goar so gmüthli sahet er aus! Den trauet i mi schun anz'redn; ober wann er nur Weanerisch verstehat?« –

10 Spricht Jellinek: »O, und das wie, Der versteht und spricht ja alle erdenklichen Sprachen. Ja, ich sage es dir, daß Er sogar die Sprache des Herzens ganz genau versteht, und sozusagen von der Nase herabliest, was sich nur immer jemand noch so geheim denken möchte! Versuch's nur einmal, und du wirst dich gleich überzeugen, daß ich recht habe!«

11 Spricht die Heldin: »Ei der Tausend, was sogn sö mir da! Wann Der dös kaon, da muß Er fast mit unsern lieben Herrgott a bißl verwaondt sein? 'S wird ober a a spaßigs Reden werdn, waon Der schun ehenter olles waß, wos mi iehma soge miecht! Aber aongeahn thu i jähn a Mol, und do möcht Er schun soge, wos er nur glai immer wullt! Aber nur dos sogns mi no, wia Er haaßt, nocher brauch i nix mehr?«

12 Spricht Jellinek: »Ja, meine liebe Freundin, da klopfst du bei mir gerade auf dem Flecke an, unter dem es auch bei mir so ziemlich hohl ist! Ich ahne und vermute es, daß Er ein gar großer und mächtiger Engelsgeist Gottes ist, und ist zu uns gesandt, um uns zu belehren, und den rechten Weg zu Gott zu zeigen; das ist aber auch alles, was ich dir sagen kann; wie Er aber so ganz eigentlich heißt, und welche hohe Stellung Er vor Gott bekleidet, das weiß ich eben so wenig als du! Aber das ist gewiß, daß Er hier ganz allein wahrhaft helfen kann, weil er dazu die hinreichende Macht besitzt.« –

13 Spricht die Heldin: »Aha, aha, hietzt geht mir schun so a Lichtl uf! Wissens sei, Herr Jellinek, i man, das wird leicht wuhl goar so an Apostel san?! Vielleicht goar der Petrus oder der Paulus? He, was maanens denn sei do, hob i recht oder nit?«

14 Spricht Jellinek: »Meine Liebe! das kann alles gar leicht sein, wende dich daher nur schnurgerade zu Ihm hin, und du wirst es bald wissen, wie du mit Ihm daran bist. Nur ein wenig zu selbständig spricht Er mir für einen Petrus oder Paulus! und ich vermute daher, daß Er noch etwas Bedeutenderes sein müsse. Vielleicht so eine Art Erzengel!? Aber rede du nur selbst mit Ihm, da wirst du am ersten in's klare kommen!«


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