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Kapitel 44

Robert Blums neue Aufgabe im neuen Heim. Verhaltenshinweise. Empfang im Hause; erste Gesellschaft, und schwierige Arbeit. Seine freundliche aber entschiedene Belehrung an die Gäste

1 Rede Ich: »Du siehst hier vor uns in unserer nächsten Nähe ein recht großes und herrliches Wohngebäude! Sieh', das wirst du nun bewohnen, und Ich werde bei dir sein zeitweilig, woraus du dir aber eben nichts zu machen brauchst; denn Ich werde allezeit und alle Male bei dir sein, und dir helfen, so oft du Mich nur immer in deinem Herzen berufen wirst; was aber eben so viel sagen will, als: Ich bleibe stets bei dir!

2 Du wirst auch keinesweges etwa allein sein, so Ich Mich auch dann und wann auf Momente sichtlich von dir entfernen werde; denn du wirst in diesem deinem Hause eine bei weitem größere Gesellschaft finden, als du sie je irgendwo zu finden vermeinen möchtest! Im gleichen Maße ist auch diese ganze Gegend, so weit nur immer deine Augen reichen, vollauf bewohnt, daher es dir von nun an um eine Gesellschaft auch nimmer bange zu sein braucht.

3 Aber Ich sage dir, daß diese Gesellschaften zumeist sehr radikaler Art sind; es wird daher eine Hauptaufgabe von deiner Seite sein, alle diese Radikalen auf den gleichen Weg zu bringen, als auf welchen nun Ich dich gebracht habe; wird dir dieses Werk gelingen, so wirst du dann noch ganz andere Wunderdinge zu entdecken anfangen, als wie du sie nun bis jetzt an Meiner Seite entdecket hast! Denn eben dadurch wirst du erst so recht in deine eigene Schatzkammer und Wunderkammer eingehen, in der sich dir Dinge offenbaren werden, von denen dir bisher noch nie etwas geträumt hat!

4 Vor allem aber mußt du das bebachten, daß du Mich an gar keinen aller derer, die dir hier bald entgegenkommen werden, verratest! Denn sie alle kennen Mich nicht, da es mit ihrem Glauben noch mangelhafter aussieht, als es mit dem deinigen ausgesehen hat! – Und so du Mich ihnen vor der Zeit verrietest, so würdest du ihnen dadurch um vieles mehr schaden als nützen! Daher sei du da vorsichtig.

5 Nun aber folge Mir durch den Garten in dein Haus; an der Flur des Hauses wird uns eine große Gesellschaft empfangen.«

6 Ich gehe nun voran, und der Robert Blum folgt Mir, in der allergrößten Liebe, Ehrfurcht und Demut auf dem Fuße nach.

7 Als wir durch den Garten vor eine gar herrlich geformte Hausflur gelangen, da strömen aus derselben Massen von Menschen beiderlei Geschlechtes, und schreien ein lautes: »Vivat hoch! – Hoch lebe unser hochverehrtester Robert Blum, der größte Volksfreund Europas; Vivat – hoch – dir, du erster und größter Deutscher des 19.Jahrhunderts! Willkommen, 1.000 Male willkommen, du unser größter Freund, und mutvollster Anführer deiner vielen 1.000 Freunde gegen die starren Feinde der Freiheit der Menschen, komme, komme in deiner Brüder Mitte! Wie lange harrten wir hier schon deiner, und du wolltest nicht vorkommen, obschon wir gar wohl wissen, daß du gar vielen aus uns vorangegangen bist! Wie sehr drängt uns die höchste und gerechteste Begierde, dein Blut und unser Blut an jenen hochmütigen Barbaren zu rächen, die aus der pursten und absolutesten Herrschsucht uns haben gemeinsten Hunden gleich erschießen lassen! Aber es fehlte uns an einem Anführer. Nun aber bist du hier als derjenige Mann, der mit allen Gesetzen der Naturwelt und Geisterwelt gar wohl vertraut ist; daher ordne uns zuvor nach unseren Fähigkeiten, und führe uns dann dorthin, wo wir die Rache nehmen können! – Und diese irdisch großglänzenden Raubtiere in menschlicher Gestalt sollen Wunder der schaurigsten Rache erleben, die wir an ihnen verüben werden und wollen!«

8 Spricht Robert: »Freunde! kommt Zeit, kommt Rat! vor allem meinen Dank für euren herzlichsten Gruß, und Gott dem Herrn alles Lob, daß Er mich euch alle hier beisammen hat treffen lassen. Vorderhand sage ich euch bloß nur das: Wie auf der Erde, also auch hier hat alles seine Zeit; bevor der Apfel nicht reif ist, fällt er nicht vom Baume; wann er aber reif ist, dann richtet ein kleines Lüftchen, das gar leise durch die Zweige säuselt, mehr aus, als ehedem ein Orkan. Was sollen wir uns hier nun vor der Zeit eine extra ordinäre Mühe machen, um uns an jenen Wüterichen zu rächen, die auf der Erde nun die Herren über alle Menschen zu sein sich dünken?! Lassen wir ihnen nur diese elende Freude noch einige Wochen oder Monde; sie werden uns dann schon von selbst kommen; und haben wir sie einmal hier, dann, Freunde, werden wir mit ihnen so ein paar Wörtleins diskutieren! Ihr versteht mich hoffentlich, was ich damit sagen will?!«

9 Schreien alle: »Ja, ja, wir verstehen dich! Du bist wohl doch stets ein grundgescheiter Mann gewesen, und bist es sicher auch noch hier in dieser Welt, in der wir uns eigentlich noch gar nicht auskennen, und auch gar nicht wissen, wie wir hierher gekommen, und wo wir nun so ganz eigentlich sind?

10 Es ist wohl diese Gegend sehr schön, ja, sie ist so schön wie ein wahrhaftiges Paradies; aber wir kennen uns hier weiter gar nicht aus, als was uns sogleich bei unserer Ankunft hier von ein Paar recht freundlich aussehenden Männern gesagt worden ist, und zwar sogestaltig: »Dies Haus gehöre dem Robert Blum samt allem, was hier unsere Augen ersähen, also auch sogar die Sterne am Firmamente?« fragten wir. – »Ja, auch die Sterne«, antworteten die zwei Männer; darauf beschieden sie uns, so lange hier ganz ruhig uns zu verhalten, bis du, als der alleinige Besitzer aller dieser Herrlichkeit, selbst kommen wirst, mit noch einem großen und guten Freunde; da werdest dann schon du selbst mit deinem Freunde uns bescheiden, was wir in dieser Gegend werden anzufangen haben.

11 Und so verhielten wir uns denn auch bisher in diesem deinem Hause und dessen Gemächern ganz mäuschenruhig und stille; nur als wir dich nun mit diesem deinem Freunde ankommen sahen, brachen wir die Ruhe, und eilten dir entgegen, und teilten dir auch sogleich unser Hauptanliegen mit; worauf du auch die Güte hattest, uns allen sogleich einen rechten Bescheid zu geben, den wir auch alle mit der größten Freude annahmen;

12 aber nur sei du nun so gut, und zeige uns allen gütigst an, was wir denn unternehmen und tun sollen? Denn durch so ein ganz müssiges und sinnloses Herbrüten wird uns auch diese schönste Zeit und Gegend sehr langeilig! – Kurz und gut, wir hoffen von deiner weisen Einsicht und von deinem redlichsten Brudersinne das aller Beste! Denn einem Robert Blum soll künftighin nichts mehr mißglücken! – Vivat! hoch!!!«

13 Spricht Robert: »Ganz wohl und gut; es wird euch alles werden, was ihr wünschet, und es freut mich ganz außerordentlich, daß ihr alle euch hier nicht minder folgsam zeiget, als wie ihr es auf der Erde wirklich waret, was euch hier aber auch sicher bessere Früchte tragen wird, als weiland auf der Erde; aber nun lasset mich vor allem in dies mein sein sollendes Haus ziehen, auf daß ich als der Eigentümer es auch einmal in den Augenschein nehmen kann.

14 Vor allem aber muß ich euch darauf aufmerksam machen, mir von nun an ja kein »vivat hoch« mehr darzubringen, was hier auch eine reine Dummheit wäre, wo wir ein ewiges unverwüstliches Leben zu leben anfangen, dem ewig kein Tod mehr folgen wird; warum sollen wir sonach einander ein Lebehoch zurufen, wo wir ohnehin durch Gottes außerordentliche Güte und Gnade das eigentliche höchste Leben überkommen haben?!

15 Euer künftiger Ruf sei daher ganz ein anderer, und er laute also: Hochgelobt, und über alles geliebt und gepriesen sei Gott der Herr in Christus Jesus, den wir für einen puren Menschen hielten; Der aber dennoch ist von Ewigkeit zu Ewigkeit der alleinige Gott, und somit Schöpfer der Unendlichkeit und alles dessen, was in ihr ist! So ihr also rufen werdet, da werdet ihr euch ehestens eines vollkommenen Lebens zu erfreuen den vollsten Grund haben, während euch Ehrenbezeugungen, die ihr mir erweiset, nicht um ein Haar weiter bringen werden!

16 Dieses merket euch auch und denket, daß der Blum kein Narr ist, und seinen guten Grund hat, euch allen solches hier gleich anfangs kund zu geben, was er auf der Erde leider selbst im hohen Grade bezweifelt hatte! Und das tut Blum hier, wie auf der Erde als euer alter, bester und aufrichtigster Freund, und so ihr das wohl erwäget, da wird es euch auch hoffentlich ein Leichtes sein, das auf das Wort eures Freundes anzunehmen, was euch sonst wohl ziemlich schwer ankommen dürfte; nicht wahr, Freunde! Was ich euch sage, das wollet und werdet ihr auch glauben, da ihr es wohl wisset, daß ich nichts leichten Kaufs annehme, beonders, wo es sich um Sachen des Glaubens und der Religion handelt!?«

17 Schreien alle: »Ja, ja, was du uns sagst und lehrst, das nehmen wir alle unbedingt an; denn wir wissen es ja alle, daß unser Robert eine weiße Kuh auch bei der stockfinstersten Nacht niemals für eine schwarze angeschaut hat. Was du uns sagst, das ist auch sicher wahr; denn du hast uns auch auf der Erde, und zwar in Wien, die Wahrheit gesagt, und rietest uns vom Gefechte abzustehen, da der Feind zu stark, und das Zusammenhalten und der Mut der Verteidiger Wiens zu locker sei! Aber wir glaubten dir's nicht und sprachen: Ist denn nun auch Blum ein Feigling geworden?! – Da riefst du mit männlicher Stimme: »Blum, der das Leben nie für der Güter höchstes gehalten hat, fürchtet auch hunderttausend Teufel nicht, geschweige diese frechen Söldlinge! Daher zu den Waffen von Neuem, der Mut hat, an meiner Seite zu sterben!« – Da griffen wir zu den Waffen, und sahen es leider zu spät ein, daß du ehedem die Wahrheit geredet hast!

18 Nun aber wollen wir dir denn alles auf's Wort glauben, und dir nimmer in etwas Widerrede tun; aber nur bleibe du stets unser Führer und Lehrer! Denn du bist weiser in einem Finger, als wir alle zusammen im ganzen Leibe! – Nun aber gehe ungestört in dein Haus und besehe es, und gebe uns bald irgend eine unsern Kräften angemessene Beschäftigung.«


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