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Fortsetzung des Lebensberichtes des Pathetikus: Am scheinbaren glücklichen Ehehimmel ziehen dunkle Wolken auf. Der Generalmajor wirkt als abermaliger Helfer in der Not. Die Klage der Ehefrau der Emma
1 Der Pathetikus erzählt weiter: »Ich sah nun nichts als ein Paradies ums andere vor mir, da ich nun das erreicht hatte, dessenwegen ich mich zu den größten Opfern herbeiließ! Aber leider stiegen um mein Paradies nur zu bald die düstersten Wolken auf!
2 Meine Emma, von Woche zu Woche stets mehr und mehr von Gewissensschwächen gepeinigt, daß sie ihren Vater verlassen hat, und daß er ihr noch vielleicht im Grabe fluchen werde, ward daher von Tag zu Tag mißmutiger, bereute den Schritt, den sie mit mir getan hatte, verwünschte Tag und Stunde, in der sie mit mir die erste Bekanntschaft gemacht hatte! Von Tag zu Tag wuchs bei ihr auch das Heimweh, daß ich ernstlich zu besorgen anfangen mußte, daß dadurch ihr mir über alles teures Leben nur zu bald in eine sehr bedenkliche Krisis gelangen möchte! – Was war da zu tun? Ich bot eine Zeit lang alles auf, um ihr vom Leben andere Begriffe beizubringen; aber alle meine Mühe war vergeblich! Und so blieb mir denn am Ende, und zwar schon nach dem Verlaufe von einem Jahre, denn doch nichts übrig, als meines Dienstes in England ledig zu werden, und mich dann als ein sehr wohlhabender Privatmann, und zwar nach Wien, mit meiner teuersten Ehehälfte zurückzuziehen.
3 In Wien angelangt, wollten wir zum Vater der Emma, und dort seine mögliche Vergebung erlangen. Aber er, wahrscheinlich mehr aus Gram, als an einem Nervenfieber, war leider – dahin! –
4 Jetzt erst war es bei meiner Emma völlig aus! Ihre hochmütigen Geschwister machten ihr die bittersten Vorwürfe, und machten sie gleichsam zur Mörderin ihres Vaters, der noch sterbend die Hände nach seiner einzigen Emma ausgestreckt hätte! Solche Nachrichten brachten sie, was leicht begreiflich, ans Krankenlager, und mich um mehrere Tausende. Sie ward wieder gesund, und verlangte von mir nicht selten Opfer, die ich kaum erschwingen konnte, die ich ihr aber dennoch mit aller Zartheit darbrachte, obgleich ich von ihr weder Geld noch die erste Liebe wieder zu erwarten hatte. Aber der Zufall wollte es, daß ihre Geschwister nach ein paar Jahren an einem bösartigen Typhus starben, wodurch mein Weib, und Mutter von ein paar Töchtern, die alleinige Erbin von einem großen Vermögen wurde! Da sollte man denken, dies wird meine Emma fröhlicher, und mir geneigter machen, indem sie früher oft das als einen Hauptgrund von ihrer Traurigkeit angab, daß sie als eines der reichsten Kavaliere Tochter mir zu einem gänzlich vermögenslosen Weibe ward, dessenungeachtet sie aber meine Kasse dennoch gehörig zu gebrauchen verstand, wenn es galt, sich als Tochter des reichen Barons zu zeigen.
5 Aber nach der Erbschaft erfuhr ich erst, wer sie, und wer ich war! Ihre frühere Gemütskrankheit hatte sich zwar nach etwa einem Jahre nach dem Empfange ihrer Erbschaft gelegt; aber an ihre Stelle trat eine andere, nämlich – die unersättliche Begierde nach Glanz, Pracht, nach ihr zusagenden Gesellschaften und Vergnügungen aller Art, und ich seligen Angedenkens ward zum Sühnmantel aller Sühnmäntel!
6 Als ich ihr einmal mit der größten Gelassenheit und Zartheit vorstellte, daß so ein Leben nicht in der Ordnung sei, und daß im Grunde sie mich viel unglücklicher gemacht habe, als wie ich sie; der ich doch nur durch sie, und hauptsächlich durch ihr Wollen und Raten sie entführet habe; und daß ich nun in England schon ein Admiral sein könnte, so ich nicht ihr zu Liebe alldort meine Charge, (das Offizierspatent) verkauft hätte, und nicht nach Wien gezogen wäre! Als ich ihr solches unter Tränen sagte, da war erst der Teufel vollkommen los! Ohne mir ein Wort zu erwidern, lief sie hastig in ihr Gemach, und brachte mir nach einer halben Stunde Papiere im Werte von 2 mal hunderttausend Gulden, und sprach: »Da mein Herr Gemahl, von Geburt ein Sauhalter, empfangen sie, was ich sie allenfalls gekostet habe; verlassen sie meine Wohnung, und sehen sie sich wo um eine andere um! Auch steht es ihnen frei, die paar Bälge von Kindern mit zu nehmen; denn mit derlei Geschöpfen kann ich mich nicht abgeben, die mir leider in meiner großen Verblendung ein Bauernjunge gezeuget hat! Adieu, wir sind quitt!«
7 Mit diesen Worten warf sie die Türe hinter sich zu, und ich stand mit den zwei weinenden lieben Töchtern wie versteinert da. Ich harrte darauf eine volle Stunde, in der Meinung, Emma wird ihren Fehler einsehen und zu mir zurückkehren?! Aber nichts dergleichen; ich ging nach ein paar Stunden selbst zu ihr hin; ward aber nicht vorgelassen, und der Kammerdiener sagte mir, daß die gnädige Baronin es wünsche, daß ich sogleich aus dem Hause solle, ansonst sie genötigt wäre, dies Haus für immer zu verlassen! – Vom Schmerze zu sehr übermannt konnte ich kaum reden; bedeutete aber dennoch dem Kammerdiener, daß er der Gnädigen vermelden solle, daß ich weder ihres Geldes noch ihres Hauses bedarf, und habe sie auch nie darum zum Weibe genommen! – Da ich ihr aber nun zu stinken anfange, so lasse ich ihr eine gute Nacht wünschen; – ich aber werde mit meinem eigenen redlich erworbenen Vermögen mich mit den zwei Kinderchen schon durchbringen!
8 Darauf eilte ich sogleich in mein Zimmer, wo ich meine beiden Kinder mit ihrer Gouvernannte noch schluchzend traf, zog da an der Glocke meiner Dienerschaft, die sogleich herbeieilte, um meine Aufträge zu vernehmen. Als mich mein Kammerdiener fragte, was ich wünsche, sprach ich: »Martin! Geh' er, und bestelle er mir wenigstens auf einen Monat ein Quartier, koste es, was es wolle! Komme aber längstens in zwei Stunden wieder. Ihr andern aber packet nur schnell meine Sachen zusammen; denn wir müssen heute noch aus dem Hause, da mir meine erhabene Gemahlin solches geboten hat! Hole einer aus euch aber auch noch andere Tagelöhner, damit die Sache hurtiger vom Flecke gehe! Meine Dienerschaft machte große Augen und sehr lange Gesichter; aber sie fügte sich emsigst meinen Befehlen.
9 Als ich gerade mit dem Einpacken am emsigsten beschäftig war, pochte jemand an meine Türe. Herein! Wer wars?! Mein guter Herr Generalmajor, der gerade an diesem Tage in Geschäften nach Wien kam. Ein Engel aus den Himmeln hätte mir gerade in dieser Stunde nicht gelegener kommen können, als gerade dieser, mein einziger und bester Freund! Was seh ich, was tun sie denn, ziehen sie denn aus? Oder was hat das zu bedeuten? das waren seine ersten Worte. – Ich erzählte ihm natürlich alles auf ein Haar, was in meinem Hause vorgefallen ist, und das alles ohne meine allergeringste Schuld, und wie ich von meiner angebeteten Emma bedient worden bin!
10 Der General schlug die Hände über dem Kopfe zusammen, und wußte anfangs nicht, ob er lachen, oder ob er sich ärgern solle?! Nach einer Weile erst faßte er sich ganz und sprach: »Mein armer, geliebtester Freund! beruhigen sie sich! Wenn ihre Gemahlin so ist, wie ichs nun aus ihrem Munde zu meinem großärgerlichen Erstaunen erfahren habe, da seien sie recht von Herzen froh, daß sie auf eine so honette Art dieser adligen Rackalie los geworden sind! Aber diese wertvollen Papiere behalten sie für ihre Kinder, das sage ich ihnen, denn da wären sie wohl nicht gescheit, ihr diese namhafte Summe für nichts und wieder nichts zurück zu lassen!« –
11 Als der General also mich tröstete und belehrte, da trat der Kammerdiener der Gnädigen ganz barsch ins Zimmer und sagte: »Die Gnädigste läßt euch sagen, daß sie das, was sie euch als Entschädigung gab, unter gar keiner Bedingung mehr zurücknehmen wolle und zurücknehmen werde! Solle aber etwa dies zu wenig sein, so ist die erbötig, euch noch mehr zu geben!?« Ich biß mir in die Lippen vor Ärger, und konnte wahrlich nicht reden; aber dafür nahm der Herr General für mich das Wort, und sprach: »Sagen sie der Gnädigen, diese 200.000 Gulden sind nichts anderes für die Opfer, die dieser Mann für sie brachte, als ein allerlausigster Bettel! Mir an seiner Stelle wäre eine Million zu wenig! – Denn die Ehre eines Offiziers, wie dieser einer war, bezahlt man nicht mit solch einem Bettel! Darum solle die Gnädige nur in die große Kasse greifen, und diesem Ehrenmanne, der seinesgleichen sucht, seine von ihr mit Füßen getretene Ehre vergüten! Haben sie mich verstanden?! Sagen sie aber der Gnädigen, ich der Fürst N.N., Vater dieses meines liebsten Sohnes, fordere das von ihr! und sagen sie ihr auch, daß sie sich für die Zukunft ja keine Hoffnung machen solle, von diesem, meinem einzigen Sohne, je wieder angenommen zu werden, und daß sie sich auch nimmer unterstehen solle, seinen Namen zu führen! Hat er das alles verstanden?!« – Spricht der Kammerdiener: »Ja, eurer Durchlaucht!« – »So packe er sich!« donnerte der General! – Der Kammerdiener verbeugte sich bis zum Boden und ging.
12 Nach einer Weile öffnete sich die Türe, und die Baronin stürzte nahe wie besessen vor den General hin, und bat ihn und mich, ihre Hände ringend, um Vergebung, und sprach viel von einer kränklichen Laune, und von der durch sie bewirkten Übereilung, und Gott weiß, was sie noch alles zusammengeschnattert hat!?
13 Der General ließ sie ausreden, und sprach dann in seiner ihm so zu sagen ganz allein eigenen leidenschaftslosen Ruhe: »Madam! ich kannte ihren bornierten Vater, und kenne sie! – Der Apfel fällt nicht weit vom Baume, und so werden auch sie meine Holde nicht viel besser sein, als es ihr Vater war! Ich und mein Sohn sind Fürsten; aber uns wäre es sogar im Traume nie eingefallen, sich auf den Fürstentitel in hundert von Jahren so viel einzubilden, als sie sich in einer Stunde auf ihren Baronstitel eingebildet haben. Dieser ihr gewesener Mann ist zwar nicht mein leiblicher Sohn, aber da ich keine Kinder habe, so habe ich es bei meinem guten Kaiser dahin gebracht, daß er ihn einstweilen insgeheim als meinen rechtmäßigen Sohn unter dem Titel Graf adoptiert hat; sterbe ich aber heute oder morgen, so ist er Fürst! Verstehen sie mich?! Und sollen sich die Umstände ändern, oder sollen es andere Hochadlige beim Kaiser dahin bringen, daß ihm der Fürstentitel auch im Geheimen nicht zugelassen würde, so bleibt er aber dennoch mein Adoptivsohn und der alleinige Erbe aller meiner Güter; verstehen sie mich?! Dieser mein Sohn ist reich, sehr reich, und benötigt weder ihres Hauses, noch ihres Vermögens; aber sie, als sein Weib, das er anbetete, haben seine Ehre als Baronin geschändet, und dafür verlange ich, als sein Vater, eine Genugtuung von einer halben Million! Verstehen sie mich Madame?!« – Spricht die Baronin: »Durchlauchtigster Herr Schwiegerpapa! nicht nur eine halbe Million, sondern mein ganzes Vermögen gebe ich her, wenn sie mir's nur verzeihen, und mir meinen geliebten Gemahl nicht wegnehmen!« –
14 Darauf sagte der General: »Ja, ja, meine holde Tochter, jetzt, da sie zum ersten Male erfahren haben, daß dieser Sauhalter, wie sie ihn zu titulieren die Gewohnheit hatten, mein Sohn ist, fühlen sie wieder Liebe zu ihm; hätten sie das auch ehedem für den Sauhalter gefühlt, da würden wir uns nun sehr leicht verständigen; aber auf diese Art wird es sich wohl schwerlich mehr tun! – Gehen sie daher in ihr Gemach zurück; denn ich habe meinem Sohne wichtige Dinge zu eröffnen, wobei ich sie in der Art als Zeugin durchaus nicht brauchen kann!« – Emma bittet nun nur noch gewaltiger um Vergebung, und gelobt bei allem, was ihr heilig ist, mit mir durch ihr ganzes Leben lieber eine Schweinehirtin zu sein, als mich nur eine Minute mehr zu verlassen! – »Gut!« sprach darauf der General, »das werden wir sehen! Ich werde mir die Freiheit nehmen, ihnen sogleich auf den adligen Zahn zu fühlen, und werde es sehen, wie sie die Probe bestehen werden?!« – Spricht Emma: »Tun sie mit mir, was sie wollen; nur als eine Leiche werde ich von meinem Gemahle mich trennen lassen!« – Spricht der General: »No, no, das wird sich sogleich zeigen, liebste Baronin! Warten sie ja auf keine neue Probe von mir; denn ich habe mit ihnen die Probe schon angestellt, und sie haben diese zur Hälfte schlecht bestanden; wer weiß, ob die andere Hälfte nicht noch schlechter ausfallen wird!? – Sie lieben nun diesen meinen Sohn, weil sie ihn nach meinem Geständnisse nun ungezweifelt dafür halten, daß er mein Sohn sei; aber es ist dem dennoch nicht also! Ich sagte das nur darum, um sie zu prüfen, und sie endlich dadurch von der Schmählichkeit ihres Aristokratenhochmutes desto schlagender zu überzeugen! – Als ihre Leichtgläubigkeit dadurch in ihrem Gemahle nicht mehr den stinkenden Sauhalter, sondern einen Fürsten gewahrte, da fingen sie an, zum Kreuze zu kriechen! Aber was werden sie nun tun, so ich all das nur zu ihrer Probe Gesagte fest widerrufe, und sage: ihr mir über alles schätzbarer Herr ist und bleibt nur der Sohn eines Bauern!?«
15 Als die Emma solches vernahm, da sprang sie jählings auf, und sprach: »Waaaaas! so verfährt man mit der Tochter des reichen Barons N.N.!? – Also mein Gemahl kein Fürst, sondern nur ein Bauernsohn, und ein in England neugebackener Gentleman! O, das ist schändlich, das ist unaussprechlich niederträchtig! Mich eine Baronin ersten Ranges, so zu einer barsten Gans herunter zu stempeln! – Kammerdiner!« – »Was schaffen gnädige Frau Baronin?« »Gehe er eilends in mein Gemach, und hole er mir die Wertpapiere, die auf meinem Tische liegen, damit ich diesem Bauer da (auf mich deutend) seine gekränkte Ehre vergüte!« – Sprach der General: »Hat nicht von nöten, meine Gnädige! Ich sagte es ja, daß die zweite Probehälfte schlechter denn die erste ausfallen werde! Sie sind und bleiben, was sie sind; sie verstehen mich hoffentlich?! – Und dieser mein wirklicher Sohn, bleibt aber auch trotz seines Bauerntums das, wie ich's ihnen früher kund gab! und nun gehen sie weiter!«
16 Bei diesen Worten kehrt sich die Emma noch einmal um und sagt: »Euer Durchlaucht! Sie haben mich auf die Probe gestellt, und hatten die Güte – mir soeben zu bemerken, daß ich diese Probe schlecht bestanden habe; das mag wohl sein, wenigstens also, wie euer Durchlaucht es nehmen! Aber dieselben bedenken dabei nicht, daß vielleicht dieser ganze heutige von mir gar wohl und schlau berechnete und bewirkte Auftritt nichts anderes, als eine energische Frage an meinen Herrn Gemahl gerichtet war, ob er mich wohl noch liebe?! – Denn ich muß nun offen gestehen, daß mein Herr Gemahl seit nahe anderthalb Jahren sich gegen mich mit einer mir kaum begreiflichen Kälte und Gleichgültigkeit benommen hat, die mich heimlich, je länger sie währte, desto unerträglicher unglücklich machte. Ich gab ihm oft zu verstehen, wie ich ihm nun das nicht mehr sei, was ich ihm einstens war! Aber da wußte sich der fürstliche Herr Gemahl allezeit mit Tausenderlei zu entschuldigen. Ich kosete ihn, ich zupfte ihn oft an seinen Locken; aber er blieb nicht selten wie eine Statue ungerührt vor mir, und wußte meine an ihm verschwendete Zärtlichkeit mit gar nichts zu erwidern; da dachte ich mir dabei: Bin ich denn gar so ein gemeines Wesen für dich geworden? Mein Vater war ein Baron von großem Vermögen, und liebte mich wie sein Leben, und dennoch liebte ich diesen meinen Gemahl so sehr, daß ich zur Verbrecherin an der heiligen Liebe meines Vaters wurde! und für diese meine große Liebe zu ihm solle nun eine unbegreifliche Kälte von seiner Seite der Lohn sein!? O, da muß es irgend einen Haken haben.
17 Ich bin nun sehr reich, und kann so manches tun, um dadurch das Herz meines Gemahls zu erforschen, wie es mit seiner Liebe zu mir steht. Ich gab Gesellschaften und Bälle, und ließ mir von Kavalieren den Hof machen, um zu sehen, was etwa doch mein Herr Gemahl dazu sagen werde? Ob er doch etwa einmal mit etwas Eifersuchtsähnlichem zum Vorscheine kommen werde?! Aber da war alle meine Mühe vergeblich! Er blieb dabei stets des allergleichsten Mutes, und es schien ihm sogar sehr recht zu sein, wenn ich ihm zeigte, daß ich mich mit andern besser unterhielt, als mit ihm! Wie gesagt, ein Jahr und einhalbes Jahr ertrug ich diese wahre Schmach für mein Herz; da aber seine Kälte gegen mich nur zunahm , statt abnahm, und er auch meine Zimmer und mein Schlafgemach gar nicht mehr zu kennen schien, so faßte ich eben diesen Entschluß, den ich heute ausführte, um eine letzte ernste Frage an sein Herz zu tun!
18 Aber wie bisher jede meiner Bemühungen, so auch blieb diese, meine letzte, ohne den geringsten von meinem verwaisten Herzen so sehnlichst erwünschten Erfolg! Weil ich aber denn schon ohne mein Verschulden seine Liebe ganz und gar verloren habe, so sei sie denn in Gottes Namen auch verloren! –
19 Wahrlich, eurer Durchlaucht, ich rede nun die volle Wahrheit, so lange ich als eine Arme an seiner Seite stand, da liebte er mich mit einer Kraft, die ich kaum begreifen konnte; als ich aber durch den traurigen Zufall die alleinige Erbin eines großen Vermögens wurde, und notwendig glaubte, daß mich mein Herr Gemahl nun noch doppelt mehr lieben werde, weil ich nun auch in den Stand gesetzt bin, ihm die vielen Opfer, die er mir darbrachte, nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit aller Tat wieder zu erstatten! Aber da ward es gerade aus bei ihm! Er äußerte mir nicht nur keine Freude darüber, sondern er ärgerte sich allezeit darüber und sagte mir wie oft ins Gesicht: – Dein Geld wird diesem Hause Fluch, nie aber einen Segen bringen! – Wenn ich ihm die großen Stöße von wertvollen Staatspapieren, und andere große Schätze zeigte, da blickte er mit Verachtung über sie hin, als wären sie ein kaum zu beachtender Hausmist! Überlegen euer Durchlaucht nun ganz nüchtern solche meine Lage, und urteilen dann erst über mich, ob ich hier wohl eine so große und infame Sünderin bin, als wie sie und ihr Herr Adoptivsohn es nun meinen!«