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Kapitel 126

Fortsetzung der Kur an dem hinausgeworfenen Mönch. Der Mönch erwacht und vernimmt die heilige Geistlehre von Jesus, er kaut daran. Der Blinde Mönch Thomas wird nun sehend. Gespräche zwischen dem Herrn und dem Mönch Thomas über die Entwicklung der römischen Kirche

Am 1. Oktober 1849

1 Nun horcht der Mönch dem Gelispel nach, und vernimmt ganz leise die Worte: »Jesus der Gekreuzigte ist allein Gott über alle Himmel, und über alles, was den unendlichen Raum erfüllet; Er allein ist der Urschöpfer aller Dinge, aller Engel, Menschen, Tiere, Pflanzen und aller Materie. Er ist der Vater Seinem urewigen Liebewesen nach, der ewige Sohn Seiner Weisheit, und der allein heilige Geist Seiner unendlichen Macht, Kraft und Wirkung nach.

2 An diesen Jesus wende dich im Herzen wahrhaftig und getreu, und liebe Ihn, Der dich so sehr liebte und liebte, daß Er aus Liebe zu dir, wie zu allen Menschen, die Menschennatur annahm, und des Leibes bittersten Tod über sich kommen ließ, auf daß dir und allen Menschen ein ewiges Leben ermöglichet werden möchte.

3 Das ewige, Gott vollends gleiche seligste Leben ist durch Ihn allein ermöglicht worden, und gegeben als ein unendlicher Schatz aller Kreatur; und es bedarf nun nichts mehr und nichts weniger, als diese heilige große Gabe des heiligen Vaters liebewillig zu verlangen, und allerdankbarst anzunehmen, und der Mensch ist selig lebend in Ewigkeit in der Gesellschaft Gottes wie ein zweiter Gott.

4 Gott, der da ist unser aller Vater Jesus, ist die reinste Liebe, die niemanden richtet, und jeden seligst machen will; aber nur muß der Mensch auch das wollen, was Gottes reinste Liebe will, sonst kann er nicht selig werden. Denn Gott tut niemanden einen Zwang an, am allerwenigsten in dieser Welt der Geister; daher wird aber auch jedem nur das zuteil, was er selbst will. Was du demnach willst, das wirst du auch empfangen.

5 Es gibt aber kein Leben und keine Seligkeit außer in der reinen Gottesliebe; wer diese in sich aufgenommen hat, und selbst das will, was diese heilige Liebe will, der lebt und ist selig für ewig.« – – –

6 Als der Mönch diese Worte aus dem Gelispel vernommen hatte, staunt er nicht wenig, und spricht wieder bei sich selbst: »Merkwürdig, merkwürdig! eine ganz neue Lehre über Gott! Also keine drei gesonderten Personen! Merkwürdig, merkwürdig! auf der Erde wäre das die größte Ketzerei, wäre himmelhoch verschieden von der römisch-katholischen Lehre; aber ich finde sie dennoch ganz natürlich, und viel wahrer als die römisch-katholische. Was mich aber sehr wundert, daß dieser Geist, der aus der Luft zum Erstaunen weise zu mir geredet hat, von der allerseligsten Jungfrau Maria, und von den anderen lieben Heiligen mit keiner Silbe etwas erwähnet hat, daß man sie um ihre mächtige Fürbitte angehen solle. Das ist schon durchaus nicht katholisch, aber das macht gerade nichts. Der höchst wahrscheinlich das herrlich gute Brot, und den besten Wein ehedem mir zukommen ließ, hat nun auch diese Lehre mir gegeben; war das erste überaus gut, so ist es auch die Lehre. Sei ihm nun, wie ihm wolle, ich werde diese Lehre denn doch annehmen.

7 Muß offen gestehen, so der Teufel selbst von solcher Lehre durchdrungen wäre, da müßte er selbst selig sein oder er müßte schon der allerdümmste Teufel sein, so er einen Geist, wie ich einer bin, zu Gott dem Herrn wenden wollte, o, das tut ein Teufel sicher nicht, und solch ein Brot wird in der Hölle sicher nicht gebacken, und solch ein Wein nimmer gekeltert. Daher ist alles aus den Himmeln, Brot, Wein und Lehre, und ich will sie annehmen. – Aber wenn es so ist, wie es auch sicher so sein wird, dann freuet euch, ihr Kardinäle, und du Papst auch; ich werde in eurem Gehirne ganz kurios zu spuken anfangen. Ich will Jesus so lange bitten, bis Er mir das gewähren wird. Der Geist hat mir gesagt, daß man das alles haben kann, was man selbst will; gut, ich will aber die römische Kurie in die engste Enge treiben und ihr ein Licht anzünden, vor dem sie erschauern solle. Aber nun nichts mehr davon! Jetzt heißt es, sich also ganz ernstlich an den Herrn Gott Jesus wenden, alles andere wird dann erst von da ausgehen und unternommen werden.«

8 Sage Ich zum Robert: »Berühre nun seine Augen!« Robert tut es, und der Mönch erschaut nun zu seinem größten Erstaunen die große Schar Seliger samt Mir um ihn her versammelt, aus der er aber dennoch niemanden erkennt. Er betrachtet bald den einen, bald den anderen, und gebärdet sich wie ein vom Schlafe Trunkener.

9 Nach einer ziemlichen Weile kommt der Mönch erst zur volleren Besinnung, und fragt ganz schüchtern den ihm zunächst stehenden Robert: »O du lieblicher, himmlischer Freund! sage mir doch, wo ich denn bin! und so du es nicht für zu unartig nimmst, daß ich mir die Dreistigkeit nehme – dich sogleich mit Fragen zu belästigen, so sage es mir auch, mit wem ich in dir, du lieber, himmlischer Freund, zu reden die hohe Ehre und Gnade habe?«

10 Spricht Robert: »Du bist Nr.1 hier auf meinem himmlischen Grunde und Boden, und dies Haus, das da vor dir in einer unbeschreiblichen Größe, Pracht und Majestät sich darstellet, ist mein himmlisches Wohnhaus für ewig. Ich aber bin der nun selige Geist des auf Erden dir nur zu wohlbekannten unglücklichen Robert Blum, und dies allerschönste Weib an meiner Seite ist mein von Gott dem Herrn mir gegebenes und für ewig angebundenes Weib! Nun weißt du, um was du gefragt hast; und nun rede du, wie dir die Sache vorkommt, und was du vor allem wünschest?« –

11 Der Mönch, ein wenig seinen Kopf hin- und herschüttelnd, und dazu etwas mit den Achseln zuckend spricht: »Du – der – Robert Blum? – und im Himmel? Der Hauptketzer Robert Blum – und im Himmel!? – Ach, ach, ach, da geht es doch nicht mit rechten Dingen zu! und das solle dein Grund und dein Haus sein. Gibt es denn im Himmel auch Gründe und Häuser? Der Himmel bestehet ja nur aus lauter lichten Wolken, auf denen die himmlischen Bürger in der Luft gleich den Engeln herumschweben, und Gott von Angesichte zu Angesichte schauen, und in einem fort ausrufen: heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Zebaoth, Himmel und Erde sind Seiner Herrlichkeit voll. Die Ehre sei Gott dem Vater, und dem Sohn, und dem heiligen Geiste, als es war, jetzt ist und es sein wird in alle ewige Zeiten, Amen! Von alledem ist aber hier auch nicht eine allerleiseste Spur, wie könnte das sonach der Himmel sein? Das wird vielleicht nur so ein neukatholischer Himmel sein, den euch Gottes Gnade zuläßt, wahrscheinlich nur bis zum Jüngsten Tage hin, um euch für so manches Gute, das ihr auf der Erde gewirket habt, zeitlich zu belohnen; aber nach dem Jüngsten Tage wird auch dieser Himmel schier vergehen, und in die Hölle verwandelt werden. Gott gebe es, daß ich Unrecht haben möchte! und dies Haus, das du dein nennst, wird wahrscheinlich auf lockerem Sande und nicht auf einen Felsen gebauet sein; und so des Jüngsten Tages Stürme an seine Wände schlagen werden, da wird es schier nur zu bald und leicht in den nichtigsten Schutt zusammenstürzen.

12 O die Sache, die Sache kommt mir ganz und gar nicht richtig vor. – Sage mir, wo ist denn hernach Gott der Herr mit allen Seinen heiligen Engeln? und allen den sonstigen Heiligen, so das hier der Himmel ist?«

13 Spricht Robert: »Sehe dich nur nach rechts um, und du wirst dir zu allernächst Gott den Herrn Jesus, und hinter Ihm die heiligen Apostel ganz klar erschauen, und hinter den Aposteln die Urväter der Erde von Adam angefangen!« –

14 Der Mönch sieht sich nun ganz schüchtern um, und ersieht und erkennt sogleich an mir Jesus den Gekreuzigten, und so auch die Apostel, die er an den ihm bekannten Attributen, die an den Gewändern der Apostel ersichtlich sind, erkennt. – Er fällt sogleich auf seine Knie vor Mir nieder, und spricht: »Herr Gott Jesus! so Du es bist, wie Du Dich zeigest, so sei mir armen Sünder gnädig und barmherzig! Denn ich bin ein grober und großer Sünder!«

15 Und Ich sage: »Thomas! stehe auf! schaue und lebe! Ich bin das Alfa (a) und das Omega (W), der Erste und der Letzte. Warum aber zweifelst du noch an Mir, und an der Wahrheit dieses Meines Himmels?«

16 Spricht der Mönch Thomas: »O Herr! Du fragst mich, als könnte ich Dir etwas sagen, das Du nicht wüßtest! Siehe gnädigst Dich nach Meinem Herzen um, und Du wirst noch jene Urschriftzüge im selben finden, die Deine allmächtige Rechte in dasselbe gezeichnet hat. In diesen Zügen spricht sich eine unendliche Größe, Majestät und Erhabenheit aus, unter der allein Dich mein Herz fühlen konnte, und es war darum stets außer Stande, Dich anders sich vorzustellen, als wie es Dich nach der heiligen Urschrift in sich selbst besaß. Jede kleinliche, ja wie bei der römisch-katholischen Kirche sogar schändlich schmutzige und herrschsüchtige und habsüchtige Vorstellung von Dir konnte daher in diesem meinem Herzen nimmmer Platz fassen! Aus diesem Grunde konnte ich denn auch den Glauben an die Gottheit Jesu des Gesalbten nie so ganz vollkommen annehmen, obschon ich streng genommen an der Möglichkeit nie gezweifelt habe; aber freilich müßte die Gottheit Christi evidenter hervorgetreten sein, ungefähr so, wie bei den Aposteln, so ich zu einem festen Glauben hätte sollen genötigt werden. Aber das war sicher aus göttlich wohlweisesten Gründen nie der Fall; sondern Christus oder Sein Geist ließ es noch allezeit zu, daß die römische Kurie aus Ihm machen durfte, was sie nur immer wollte, ja nicht selten Dinge und allerschuftigste Spekulationen, von denen die ältere Zeit mit all ihrem Götzentume sich nie etwas hätte träumen lassen können!

17 Welch einem nur einigermaßen geweckteren Geiste hätte bei der genauen Kenntnis der römisch-katholischen Theologie, die in manchen Stücken sogar für die Säue zu dumm wäre, nur in einem allerentferntesten Sinne einfallen können, solch eine Lehre für reinst göttlich zu halten? Ich selbst habe aus rund ausgestochenen Oblaten mehrere tausend allerechteste Christuse gemacht, und habe sie dann wieder getötet und zum größten Teile auch selbst beim Butzen und Stengel aufgefressen. Was aber solle ein ehrlicher Mensch sich von einer Gottheit denken oder vielmehr von einer Lehre, die einem unter solchen Auspizien (Aussichten) aufgebürdet wird, über die ein jeder ehrliche Chinese hoch aufzulachen genötigt wird. Wie oft habe ich nach einer verrichteten Messe gedacht, wenn ich darauf die große schöne freie Erde betrat, und einen Blick zur großen Sonne, und abends zu den Miriaden Sternen sandte: Also Der, den du heute Morgen durch die sogenannte Konsekration aus einer runden Oblate aus Stärkemehl gebacken zum allerhöchsten Gotte machtest, und Ihn darauf als quasi lebendig gegessen hast, soll' dies alles gemacht haben?! O Herr! das war für den Glauben eines Sterblichen denn doch ein wenig zu viel! Wer das ganz ruhig glauben kann, dem ist es wahrlich nicht zu gratulieren; denn der kann doch kein noch so kleines Fünklein irgend eines Geistes in sich besitzen; er ist und bleibt eine bloß durch ein elektrisches Fluidum auf eine kurze Zeit belebte materielle Maschine, der es eins ist, ob sie äußerlich mit Kot oder mit Gold überzogen wird, und ob deren inneres Räderwerk aus Holz, Eisen, Kupfer oder Gold ist. Wohl verrichtete ich den sogenannten Gottesdienst vor den Augen der total blinden Welt vollkommen vorschriftsgemäß; aber ich selbst glaubte doch unmöglich daran, weil die Urschrift in meinem Herzen und in der ganzen Schöpfung mich denn doch allezeit eines ganz anderen belehrte.

18 Daß aber dadurch auch der wirkliche Christus, Der solchen Unsinn, und solche Greuel duldete, und nimmer mit einer himmlischen Gegendemonstration zuwege kommen wollte, bei mir und vielen anderen in einen Mißkredit kam, wirst Du, o Herr, sicher noch endlos klarer einsehen denn ich! Jetzt glaube ich freilich wohl an Deine ausschließend alleinige Gottheit, da Du nun wieder ganz so da bist, wie Du einst sicher auf der Erde unter den sterblichen Menschen gewandelt und gehandelt hast; aber an einen Oblatenchristus aus Stärkemehl glaube ich auch jetzt nicht, und werde auch nie glauben.

19 Siehe Herr! das stand und stehet noch in meinem Herzen geschrieben! Das ist mein Leben, weil ich es als etwas rein Göttliches in mir selbst ansehe, und somit habe ich armer Sünder Dir Allwissendem nichts als das mit höchst mangelhaften Worten äußerlich dargetan, was Du als der alleinige Urheber alles dessen schon von Ewigkeit allerklarst eingesehen hast, und so denn geschehe mit mir Dein allein heiliger Wille!«

20 Rede Ich: »Gut, Mein lieber Thomas; es ist alles ganz in der Ordnung, was du geredet hast; aber daß du Mir darum gewisserart einen Vorwurf machst, daß Ich der römischen Kirche ob ihrer Greuel noch nie eine energische Gegendemonstration zukommen ließ, da tust du Mir Unrecht! Betrachte du alle die Trennungen von der Römerin! Siehe, das sind ganz gewaltige Gegendemonstrationen! Aber sie fruchteten wenig, weil ich den Drachen noch nicht richten wollte, wegen Meiner Liebe! Weiter betrachte du die große Verbreitung des reinen Wortes durch die Druckschrift in allen Zungen! Aber sie fruchten wenig, weil Ich den Drachen noch nicht richten wollte, wegen Meiner Liebe! Wieder weiter betrachte die zahlreich zu allen Zeiten von Mir Selbst erweckten (neueren) Propheten; diese übten eine starke Gegendemonstration aus; aber es fruchtete wenig, weil Ich den Drachen noch nicht richten wollte, wegen Meiner Liebe! Dann betrachte du noch die tausendfachen Demütigungen, die Ich als starke Gegendemonstrationen der Römerin habe zukommen lassen von allen Seiten; aber sie fruchteten auch bisher noch wenig, weil Ich den Drachen noch immer nicht richten wollte, wegen Meiner Liebe!

21 Von nun an aber wird es ohnehin mit der Römerin ein ganz stark anderes Verhältnis zu nehmen anfangen; ihre Weltmacht wird sehr erschüttert werden, und eine offene Zunge gegen sie allenthalben gestattet (werden); wird sie solch eine Demonstration auch noch nicht fruchtend berücksichtigen, so wird der Drache gerichtet werden, wegen Meiner zu lange gemißbrauchten Langmut.

22 Ich meine, du wirst nun auch wegen der Römerin, und wegen Meinen von dir vorgeworfenen Vernachlässigungen in der Ordnung sein, und so schließe dich nun vollends an Mich an, und gehe mit uns allen in dies Haus, zu einem schon bereiteten Mahle.«

23 Spricht Thomas: »O Herr! Du ewiger Heiland aller kranken Seelen und Geister! Eines Mahles, das Du Selbst für Deine verdientesten und Deiner Gnade würdigsten Diener bereitet hast, bin ich wohl ewig nicht wert! Das wäre ja gar zu viel Gnade und Erbarmung für mich, der ich stets als ein nur zu großer Sünder nun dastehe, in dem ich auf der Erde doch allezeit gröbst gesündiget habe vor Dir und allen Deinen lieben geheiligten Brüdern. Mit hinein ins Haus werde ich wohl gehen, aber teilnehmen an einem so heiligen Mahle würde ich's mir ewig nimmer getrauen, indem ich da gar leicht das Los eines Judas Ischariot an mir selbst erfahren könnte, und das wäre denn doch etwas überaus Erschreckliches!«


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