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Fortsetzung der Rede Jesus. Von den Gefahren des Wohllebens. Beispiel: der verzogene Knabe. Besuch im Palast und in der Hütte. Segen des Gebetes, und Fluch des Übermutes. Ohnmacht der Allmacht gegenüber der Freiheit des Menschen. Führungen der göttlichen Weisheit. Die Unmöglichkeit einer wahren Glückseligkeit auf Erden
1 Rede Ich, Jesus: »Aber so ein Volk unter guten und sanften Regenten, und unter friedevollen und gesegneten Jahren zu sehr las, geil und vollends naturmäßig sinnlich wird, und auf nichts anderes mehr denkt, als wie es sich auf der Erde für sein Fleisch einen Himmel der Himmel schaffen könnte! – siehe, so was kann und darf die gute, nur für's rein geistige (und somit ewige) Wohl eines jeden Menschen über alles besorgte Gottheit nimmer dulden, noch also belassen, weil ein irdischer Fleischhimmel nach der ewigen notwendigsten Urordnung Gottes stets den Tod des Geistes in sich führt und enthält. Gleich wie ein Knabe, der im größten Wohlleben sich schon von der Wiege an befindet, für jede geistige Entwicklung und Fortbildung entweder gar keinen oder nur sehr wenig Sinn haben wird, also auch ein Volk, dem es irdisch zu gut ginge.
2 Gehe in die Paläste der Reichen, und erkundige dich da nach der rechten von Gott angeordneten Bildung, und du wirst es zumeist finden, daß da selten eine zu Hause ist; gehe aber dann in die Hütte eines armen Landmannes, und du wirst ihn in der Mitte der Seinigen betend und das wenige Brot segnend antreffen! – Sage, was gefällt dir besser? – Du sagst, der arme Landmann in seiner armen Hütte. Ich sage dir, auch Mir! Denn dieser betet aus seinem Geiste, erzieht dadurch seine Kinder geistig, und erhebet sie zu Gott; des Reichen Gott aber ist nur sein Fleisch, das er durch alle erdenklichen Wohlgenüsse anbetet und hochverehrt, und erzieht also auch seine Kinder auch nur fleischlich für's Fleisch, des Fleisches wegen; solch eine Erziehung aber kann doch Gott unmöglich gefallen, weil durch sie jener heilige Zweck, dessenwegen Gott die Menschen geschaffen hat, ewig nie erreicht werden kann!
3 Und siehe, derselbe Fall ist es auch mit einem ganzen Volke. Wird es irdisch zu wohlhabend, so wird es sinnlich, stets mehr und mehr, – und weil es ihm zu wohl gehet, so braucht es auch keinen Gott mehr, und vergißt am Ende des wahren Gottes ganz, und macht dafür sich selbst, oder was seinen Sinnen am meisten zusagt, zu einem Gotte, und das ist noch allezeit der Ursprung des Götzentums und somit Heidentums gewesen! (wie auch nun vielfach wieder.)
4 Du sprichst freilich bei dir: Wozu sei denn die Gottheit dann höchst weise und allmächtig, wenn Sie so was nicht verhüten könne? – Ich aber sage dir: Wenn die Gottheit die absolutest frei werden sollenden Geister mit Ihrer Allmacht richtete, da wäre es mit der Freiheit wohl auf ewig gar! Denn die Allmacht würde da anstatt der freiesten Geister »nur gerichtete Spielpuppen« darstellen, aber ewig nie sich frei von der Gottheit ganz unabhängig selbst bestimmende Geister, die in ihrer Vollendung selbst Götter werden sollen!
5 Was aber die Einwirkung der göttlichen Weisheit betrifft, so verfügt diese eben solche Zustände über entartete Menschen, durch die sie wieder auf den Weg zum rechten Ziele gebracht werden können. Es ist zwar das auch ein Gericht, und gewisserart eine Nötigung, aber nur den Außenmenschen berührend, auf daß der innere desto eher und leichter erwache, und seine wahre Bestimmung wieder ergreifen möchte und könnte. Die Allmacht aber würde den ganzen Menschen richten und töten!
6 Bedenke daher nun, ob du nun wohl noch ein Recht hast, die Gottheit zu beschuldigen – als täte Sie entweder nichts für die Menschen oder so Sie was täte, bloß nur Hartes, Liebloses – und somit auch allerbarstes Schlechtes!? –
7 Findest du nun immer noch das Erdenleben so verächtlich? Ist der Erfinder desselben in deiner Kritik noch gewisserart ein Wesen, das sich solch einer Erfindung durchaus nicht zu rühmen hätte?
8 Ich meine, so du nur irgend einen Funken eigenen Lichtes und des Heglischen besitzest, so mußt du es ja doch einsehen, und zwar aus endlos vielen Erfahrungen, daß auf der Erde, wo alles vergänglich sein muß, denn doch unmöglich je eine wahre Glückseligkeit zu suchen und zu finden ist, und das, wie gesagt, eben darum, weil sie nach der natürlichsten Ordnung aller Dinge der Außenwelt – mit der Zeit notwendig veränderlich und am Ende ganz und gar vergänglich sein muß!
9 Wer sich aber nach Meiner Lehre Schätze sammelt, die kein Rost angreift, und die Motten nicht zerstören, der allein nur kann von einer wahren Glückseligkeit reden; denn was für ewig bleibet, wird doch offenbar besser sein, als was dem scharfen Zahne der Zeit unterliegt?
10 Was wohl hast du selbst nun von all' deinen rein irdischen Glückseligkeitsbestrebungen? Siehe, ein viertel Lot Pulver und ebenso viel Blei hat allen deinen Mühen für die irdische Glückseligkeit ein vollkommenes Ende für ewig gemacht, – ob du das gerade verdient oder nicht verdient hast, das lassen wir nun dahingestellt sein; denn Ich habe das gleiche Los ertragen müssen, nur mit dem Unterschiede, – Ich – für Gott und Geist, du aber – für die Welt und für ihre vermeintliche materielle Glückseligkeit; Ich – für's ewige und du – für's zeitliche Wohl der Menschen;
11 wie Ich, so auch kannst du nun sagen: Herr, vergebe ihnen; denn was sie taten, das taten sie in ihrem blinden Eifer, glaubend, was Rechtes zu tun! – Also darüber ist nicht viel mehr zu reden; aber – – was hast du nun für die sichere Ewigkeit mit herübergebracht?! – Siehe Freund, das ist eine ganz andere Frage! – Wird dir die, für dich so gut wie für immer vergangene Welt wohl was zu geben imstande sein? – Denke nur einmal darüber nach und sage Mir, wie du es nun hier anfangen wirst?!« – –