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Robert Blums Rede auf die Frage des Herrn. Jellineks Rede. Des Herrn Streiflicht darauf und wiederholte Frage: »Was da zu tun sei?«
1 Spricht Robert Blum: »O Herr, wenn es auf mich ankäme, und was da mich betrifft, so habe ich nun keine Rechnung mehr mit ihr (der Erde), als der Trägerin mehr blinder als im Grunde böser Menschen, und so ich Dir schon mit einer Bitte käme, so solle sie also lauten: »Herr vergib ihnen, denn sie wissen alle nicht, was sie tun! Aber in ihre Herzen senke Frieden, Demut und Liebe, so wird die sonst schöne Erde wieder als eine liebliche Mutter ihre Kinder liebend küssen, und allen vollauf zu leben geben, durch Deine Gnade und Erbarmung! Sieh o Herr, das ist aber auch schon alles, was ich nun hier von Dir erbitten möchte für die Erde;
2 aber ich setze in diese meine allfällige Bitte oder vielmehr in diesen meinen Wunsch auch kein bestimmtes und festes Verlangen, indem ich doch füglich annehmen muß, daß vor Dir o Herr meine Bitten und Wünsche sicher im gleichen Maße unreif sein werden, als wie ich selbst als Bittsteller und Wünscher noch sicher vor Dir o Herr sehr unreif bin? Aber das denke ich mir im Herzen: Ein schlechter Lump ist, der mehr tun will als er kann, aber auch zum Hinauswerfen derjenige, der sein Pfund vergräbt! Wer aber das, was er mit seines Herzens besten Sinnen als gut und daher wünschenswert findet, auch allen seinen Brüdern wünschet und womöglich seine guten Wünsche an seinen Nebenmenschen und Brüdern auch möglich zu bewerkstelligen sucht, so halte ich solch einen Wunsch, und solch ein Handeln zur Realisierung des guten Wunsches für gut, recht und gerecht, indem der gute Wunsch wie nach ihm die Handlung unmöglich von wo anders herrühren können, als wie von der ganz eigentlichen und wahrsten Nächstenliebe, welche Du o Herr Selbst den Menschen zu einem ersten Gesetze gegeben hast.
3 Es kann wohl das, was ich unmöglich anders als wie für gut erkenne und halte, für meinen Nebenmenschen gerade das Gegenteil sein, wie z.B., so ich einen Kranken sähe, der da an einem Übel litte, und ich kenne das Übel und habe auch eine gute Arznei dafür, die schon bei gar manchen mit gleichen Übeln Behafteten stets die beste Wirkung hervorgebracht hat; was werde ich tun? so der Leidende vor mir um Hilfe fleht!? Ich bin von der Wirkung meiner Arznei vielfach überzeugt, und die Liebe zum leidenden Bruder gebietet es mir, ihm zu helfen! Ich gebe ihm die Arznei, und siehe, er wird darauf noch schlechter! Hätte ich ihm darum die Arznei vorenthalten sollen, weil sie nachher nur eine schlimme statt einer guten Wirkung hervorgebracht hat? O mit nichten! das darf mich nie abschrecken, meinen Brüdern alles das zu wünschen und zu tun, was ich nach meinen besten Erkenntnissen, mit meinem besten Wissen und Gewissen als gut erkenne! Denn der Effekt liegt nicht mehr in meiner, sondern in Deiner Macht, o Herr! Darum ich denn für ihn auch keine Rechnung legen kann! So wollte ich in Wien nach meinem damaligen besten Wissen und Gewissen den bedrängten Wienern auch nur Gutes tun; aber der Effekt meiner Bemühung fiel leider anders aus. Ich meine aber dennoch, daß ich dadurch nicht gefehlt habe; denn ich wollte ja nur das, was ich als gut erkannte!
4 Und so glaube ich, gibt es nun eine Menge, die nach ihren Erkenntnissen sicher allen nur jenes Gute wünschen, was sie als gut erkennen; sollen sie darob gerichtet werden? O das sei sicher auch sehr ferne; – aber Du, o Herr, gebe ihnen ein rechtes Licht, und besänftige ihre Herzen, und sie werden erlöst sein von allem Übel!
5 Es gibt wohl auch eine große Menge starrer Menschen, die sich von gewissen Prinzipien, die sie allein als Recht erkennen, so sehr verhärten ließen, daß sie eher die ganze Welt könnten zu Grunde gehen sehen, als nur ein Jota von ihren starren Prinzipien fallen zu lassen, bei ihnen gilt es, wie einst die alten Römer sagten: Pereat mundus, fiat jus! Aber Du, o Herr, hast ja noch eine Menge Feuers, das da mit großer Leichtigkeit die starrsten Felsen wie Wachs schmelzen macht! Ein Fünklein von solch einem Feuer in die Herzen der Starren gesenkt, wird sie bald sanfter und nachgiebiger machen!
6 Das ist so meine ganz harmlose Meinung, und auch mein möglichst bester Wunsch; in wie weit er aber auch in Deinen Augen, o Herr, gut ist, davon habe ich bis jetzt in meinem Herzen noch keinen verläßlichen Maßstab; daher sei alles weitere auch allein nur Dir, o Herr, anheim gestellt!«
7 Rede Ich: »Mein lieber Freund und Bruder, auch du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, vollste und getreueste Wahrheit floß aus deinem Munde; daher aber sollest auch du Mir für die Folge zu einem tüchtigen Rüstzeuge werden! Sehr ausgezeichnet gut, wahr und edel war dein Antrag, und Ich muß dir schon im voraus die Versicherung geben, daß Ich nach ihm sehr mächtig handeln werde, und eigentlich auch allezeit also gehandelt habe; aber nichts desto weniger solle nun auch Mein Jellinek einige Wörtlein von sich geben, und wir werden es sehen, in wie weit er mit dir einverstanden ist? Und so öffne denn nun auch du Mein lieber Bruder Jellinek deinen Mund!«
8 Spricht Jellinek: »O Herr! der Bruder Robert Blum hat nun wirklich ganz aus meiner Seele geredet, wie auch vor ihm der unerreichbare große Paulus, dessen Rede durchaus ein Meer voll Wahrheit und Feuers war; was solle ich da noch mehr reden können?! Ich sage daher bloß: Herr! Dein allein heiliger Wille geschehe – und die herrlichste Ordnung wird wieder die arme Erde küssen! Was aber ehedem die großen Väter der Erde geredet haben, war in einer gewissen Beziehung so zu sagen – zu hoch über meinem Erkenntnishorizonte! Sie meinen es vielleicht auch gut, und das sicher auf eine ganz andere Art, als ich und der Bruder Robert Blum; aber das allein kommt mir denn doch etwas sonderbar vor, daß sie von Dir stets die Erfüllung irgend einer gewissen Verheißung verlangen, und Dich eines gewissen Zauderns beschuldigen!? Aber wie gesagt, ich verstehe die Sache nicht; übrigens habe ich nun eine große Freude daran, daß ich nun als ein später Nachkomme endlich einmal die persönlich kennen lerne, deren Existenz ich gar so oft bezweifelt habe! Es liegt wirklich etwas heilig Ernstes in ihren Angesichtern! Da ist mein Antrag schon zu Ende.«
Am 26. Mai 1849
9 Rede Ich: »Höre du, Mein Bruder Jellinek: Ihr alle mehr oder weniger hier im Reiche der ewigen Wonne, könntet nun freilich leicht sagen: Herr! Dein Wille geschehe! Aber auf der Erde sieht es nun ganz anders aus, als hier im Reiche des freiesten Lebens. In den Leibern der Menschen wohnen dieselben freien Geister und unsterblichen Seelen, wie ihr es hier in der freiesten Wirklichkeit seid; diese möchten sich denn doch endlich einmal freier entwickeln können, und wollen daher eine rechte Freiheit und keine Knechtung unter einem eisernen Zepter der Könige. Sie erheben sich daher aller Orten, und bemühen sich die Macht der Könige zu brechen; aber die Könige sammeln ebenfalls alles, was ihnen sklavisch untertan ist, zu einer großen Streitmacht zusammen, und haben jedem Widersacher den Tod geschworen, und schlachten auch die Menschen ohne alle Gnade, Schonung und Erbarmung zu vielen Tausenden hin. Es schreien nun die frei werden Wollenden zu Mir um Rache wider ihre unbarmherzigen und unverbesserlichen Könige; und die Könige rufen Mich um den Beistand und um den Sieg wider ihre empörten Völker an!
10 Was solle Ich nun tun? – Beider Parteien Recht ist wahrlich nicht weit her, d.h. nach der gegenwärtigen Gestaltung der Sachlage; denn die Könige wollen einmal um jeden Preis herrschen, und das freiwerdenwollende Volk will nun auch herrschen; aber gehorchen und untertan sein will niemand mehr!
11 Nun steht die Sache in einer sehr großen Frage, was Ich nun denn so ganz eigentlich tun solle? Helfe Ich den Königen, so werden diese wieder die alte Finsternis über ihre Völker ausbreiten, in der es keinem Geiste leicht möglich wird, sich freier zu entwickeln, und der Haß gegen die Geist-Erdrücker wird wachsen; helfe Ich aber dem Volke, so wird dieses eine starke Rache nehmen an allen Großen und ehemaligen Machthabern, und wird häufig Meine durch Rom sehr verdächtig gemachte Lehre, aus der so viele Übel hervorgegangen seien, am Ende ganz verbannen, und den Völkern dafür eine rein weltliche Lehre im Zuschnitte des Ronge geben!
12 Ihr sehet, liebe Freunde, daß die Dinge auf der Erde nun also stehen, daß Ich vorderhand weder der einen noch der anderen Partei so ganz vollkommen helfen kann; denn helfe Ich der einen, so ist es gefehlt, und helfe Ich der anderen, so ist es auch gefehlt! – Also es fragt sich hier nun ganz erstlich: Was ist da zu tun? Lasse Ich die Sache also fortgehen, so werden die zwei auf einander zu Tode erbitterten Feinde mit einander nimmer fertig; denn die gegenseitige Wut ist zu groß! Helfe Ich aber, so fragt es sich hier ganz ernstlich: Wem? Tue Ich etwas, so ist es gefehlt, so oder so; und tue Ich nichts, so ist es auch gefehlt, so oder so! – Was also machen?!
13 Ja, Mein liebster Bruder Jellinek; es ist leicht sagen, Herr, Dein Wille geschehe! aber wie? bei solchen Verhältnissen, das ist eine ganz andere Frage!? Robert meint freilich, Ich könnte Fünkchen der himmlischen Sanftmut in die Herzen der Fürsten legen, und so würden sie dann sanfter, besser und weiser werden! Das ist wohl wahr und richtig; aber werden ihnen die vielen und über alle Maßen aufgeregten und erbitterten Völker wohl trauen? O nein! das werden sie nicht; denn ein gebranntes Kind traut dem Feuer nimmer, und alles läßt sich leichter wieder finden, als ein verlorenes Vertrauen!
14 Du meinst freilich, daß man da auch in die Herzen der Völker solche Fünkchen legen solle, so würde dann alles gewonnen sein! Das wäre freilich ein sehr leichtes Mittel; aber so Ich das täte, da hörten die Könige wie die Völker ja auf, freie Menschen zu sein; – sie würden dadurch gerichtet, und würden zu edlen, menschenähnlichen Tieren umgestaltet werden, bei denen von keiner freien geistigen Bewegung mehr die Rede sein könnte. – Wir dürfen, so lange wir Menschen als Menschen erhalten wollen, durchaus keine uns zu Gebote stehende Gewalt ausüben; denn täten wir das, so wäre es in dem Augenblicke um die eigentliche »Menschheit« geschehen; sie würde zum Tieren, und zu gerichteten Sklaven unserer ewig unbesiegbarsten Macht. – Du siehst also, daß es sich auf diese Art nicht tun wird!
15 Wir werden demnach schon müssen auf ganz andere Mittel zu sinnen anfangen. Sage Du, mein lieber Becher, was Du da für rätlich erachten möchtest, das da eine rechte Hilfe brächte den bedrängten Völkern der Erde?«