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Der Vorhof der Kirche bestand wieder in einer schönen, hohen Säulenhalle mit hochgesprengten, gotischen Fenstern.
Oben am Gewölbe erblickte man Kunstgebilde in Stein und in Farben, unter anderem ein Gemälde, in dem die Mönche sich naiverweise, wie im Bilde jenes auf einer Traube reitenden Klosterbruders, selbst persifliert zu haben scheinen.
Es war auf das Gewölbe das Bild einer Gans gemalt, an welcher eine Flasche, eine Bratwurst, ein Bratspieß etc. hingen, neben einer Fuge mit unterlegtem Texte, gleichwohl nur mit den Anfangsbuchstaben: A. V. K. L. W. H. All voll, Keine leer, Wein her!
In dem Schiffe der schönen, echt gotischen Kirche war uns immer das 14 Fuß hohe Kreuz merkwürdig, das aus einem einzigen Stein gehauen war, aber sehr täuschend von Holz zu sein schien. Es blieb der würdige, obgleich schmerzensreiche Ausdruck im Gesichte seines Christusbildes mir lange im Gedächtnisse. Am liebsten aber verweilte ich mit meinen Gespielen im Chor der Kirche. Durch das viele Bildwerk der Chorstühle, auf deren Boden man, entstanden durch das viele Knien der Mönche im Gebete, ausgeschliffene Vertiefungen bemerkte, durch die vielen Grabmonumente und Gemälde auf dem Boden und an den Wänden wurde unsere Phantasie immer reichlich beschäftigt.
Da war an den Chorstühlen in schönster Schnitzarbeit das Opfer Kains, die Trunkenheit Noahs, Isaaks Opfer, Davids Tanz vor der Bundeslade, Moses vor dem feurigen Busche, Simsons Kampf mit dem Löwen usw. zu erblicken.
Ein großer Teil der alten biblischen Geschichte prägte sich mir durch die Bilder dieser Chorstühle lebendig ein. Merkwürdig, aber zu bedauern war, daß sich in dieser Kirche unter den Tausenden von Bildern in Stein und Holz auch nicht ein einziges Bild eines Menschen befand, das noch eine Nase hatte. Wir suchten oft nach einem solchen, fanden aber nie eines. Die Schweden hatten in dem Dreißigjährigen Kriege diesen Vandalismus ausgeübt. Auch einen schönen Hochaltar mit vielen Bildern und der heiligen Jungfrau enthielt dieser Chor.
Von den Seiten sahen große Steinbilder der Stifter dieses Klosters, der Bischof Günther und der edle Ritter Walther, uns an.
Über all diese Gebilde gossen die mit den schönsten Glasgemälden erfüllten riesigen Fenster des Chores eine oft zauberhafte Beleuchtung. Welche Lust aber, über all diesen Bildern, den Chorstühlen, dem Hochaltar, in dem magischen Schimmer, leicht, wie zum Vogel verzaubert, zu schweben! Und dies geschah oft und auf eine für den älteren Zuschauer höchst beängstigende Weise. Wir umwanden uns nämlich oft mit den Glockenseilen, die von dem hohen Chorgewölbe herniederhingen, den Leib und ließen uns durch Kameraden vermittelst anderer, an diese Glockenstränge befestigten Seile, zuerst langsam, dann immer stärker und stärker, hin und her schwingen, bis wir zuletzt durch den ganzen Chor, ja! fast bis an das Gewölbe desselben, über all die Wunder da unten dahinflogen und aus unsern seligen Träumen, wir seien fliegende Engel, nur dann erst erwachten, wenn wir unter uns auf einmal die Schlüssel und die Stimme des in Zipfelkappe und Schlafrock herbeigekommenen Professors Mayer hörten, der durch die Türe des Dormentes ins Chor der Kirche auf unser Lärmen stieg und seinen Gottfried und mich unter dem Rufe »Hebräisch! Büble! Hebräisch! Und Sie, Christel! (so nannte man mich) Lateinisch!« aus unserem Himmel auf seine Stube im Dormente zum Lernen transportierte.