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Obgleich mein Vater im Durchschnitt und besonders, wo es sein Amt galt, einen strengen und ernsthaften Charakter hatte, so war er doch wieder ein großer Freund vom Scherze, besonders mit Frauen, in deren Gesellschaft er immer am aufgeheitertsten war.
In Ludwigsburg lebte ein Hauptmann, namens Seyffertiz, der eine Frau von schon ziemlich vorgeschrittenem Alter und eine ganze Sammlung von alten Jungfern, Schwägerinnen und Basen bei sich hatte. Mit diesen wurde oftmals Scherz getrieben, mein Vater schickte ihnen komische Verse zu, lud sie zum Tarockspiele ein, führte sie in seinem Chaischen mit dem alten Rappen in seinen Garten, und einsmals, als er von einem Amtsorte hereinritt und die alte Frau Hauptmännin ihm vor dem Tore begegnete, lud er sie ein, sich zu ihm auf den Gaul zu setzen; nur einige Schritte solle sie es versuchen, bis zum Tore. Sie ließ es sich gefallen, aber mit den Worten: »Aber das sag ich Ihm, am Tor muß Er mich absetzen.« (Sie pflegten sich immer scherzhaft per Er und Sie anzusprechen.) »Das glaub Sie«, versetzte er; aber am Tore angekommen, gab er dem Pferde die Sporen und ritt mit ihr durch die ganze Stadt bis an die Oberamtei. Dies konnte dazumal, ohne Spektakel zu erregen, ein Oberamtmann tun; man denke sich aber einen Auftritt der Art in jetziger Zeit.
Auch bei der Unterhaltung meines Vaters mit jüngern Frauen kam in das gute, ihm ganz ergebene Herz meiner Mutter nie das Gefühl der Eifersucht; sie erschwerte ihm keinen Besuch, keine Einladung. Oft wurden im Hause kleine Feste gegeben, die schon seine amtliche Stellung, sein vieler Umgang mit Militär und Adel, erforderten. Das Tarockspiel liebte er, und es fanden sich dazu kleine Spieltische im Hause; auch ein Billard war vorhanden, welches Spiel mein Vater meisterhaft verstand und fast täglich nach dem Mittagessen mit dem Hauptmann Seyffertiz, dem Oberforstmeister Stettink oder dem Franzosen Martel übte. Meine Mutter, die immer in Zittern und Furcht lebte, hatte einmal große Sorge, als mein Vater eine Reise auf 14 Tage nach Erlangen machen mußte. »Gott«, sagte sie, »da kannst du umkommen, und ich erhalt keine Nachricht von dir!« – »Oh«, versetzte er, »heilig versprech ich dir, alle Tage sollst du pünktlich einen Brief von mir erhalten.« Vor seiner Abreise setzte er sich noch eine Stunde hin und schrieb 14 Briefe voll der erfreulichsten Nachrichten von ihm, diese übergab er dem Postmeister, der alle Tage einen an die erfreute Mutter sandte. Mit großem Vergnügen wies sie der Frau Bürgermeisterin und anderen Frauen die Briefe des Getreuen. Als er nach 14 Tagen wiederkam und sie sogleich ihre Freude über die vielen Briefe äußerte, sagte er: »Weil ich nun glücklich wieder da bin, so muß ich dir gestehen, daß ich die Briefe alle vorher geschrieben; aber ich denke, sie hat mir mein guter Genius alle vorher diktiert, der wohl wußte, wie es mit mir gehen würde, und mein Versprechen, daß du bestimmt jeden Tag einen Brief bekommen werdest, habe ich ja getreulich gelöst.« Diese Täuschung machte die gute Mutter nicht böse; sie war nur erfreut, ihren Geliebten wieder glücklich bei sich zu sehen.