Jean Paul
Leben Fibels
Jean Paul

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Vor-Geschichte oder Vor-Kapitel

»Das Zähl-Brett hält der Ziegen-Bock« sind die sieben letzten Worte, die der Verfasser der gelehrten Welt zuriefDas Werk selber oder das Abcbuch ist hinter diesem Büchlein als Anhang beigefügt. ; er hat recht, wenn ich ihn anders hier verstehe, was ich nicht glaube.

Dieses Werk nun, das mit den Elementen aller Wissenschaften, nämlich mit dem Abcdef etc. etc. zugleich eine kurze Religionslehre, gereimte Dichtkunst, bunte Tier- und Menschenstücke und kleine Still-Leben dazu, eine flüchtige Natur- und Handwerks-Geschichte darbringt, hat gleichwohl einen Verfasser, den in der deutschen Nation kein Mensch namentlich kennt, ausgenommen ich. In ganz Sachsen, Vogtland und Franken u. s. w. hat dieses Werk Millionen Leser nicht bloß gefunden, sondern vorher dazu gemacht; – sogar ich gehöre unter die Männer, welche demselben das erste Monds-Viertel ihrer nachherigen gelehrten Glanz-Fülle verdankten, indem ich aus ihm nicht nur Buchstaben erlernte, sondern auch mein Buchstabieren und mein noch fortdauerndes Lesen der verschiedensten Lektüre.

Desto unbegreiflicher bleibt es, daß gleichwohl so viele gelehrte Gesellschaften nebst den ungelehrten, die deutsche in Leipzig, die lateinische in Jena, die baireuthische in Baireuth, und sogar der lange Bartstern-Schwanz von so zahlreichen Universitäten und noch mehrerern Literatoren und Nekrologen – z. B. Jöcher, Jördens, Meusel etc. etc. – nicht viel mehr von ihm wissen als vom Mann im Mond, dessen Namen gleichfalls, so bedeutend dieser kinderlose Adam und Universal-Monarch eines ganzen, uns so nahen und wichtigen Nebenplaneten auch ist, noch keine Katze kennt, geschweige ein Mensch. Wenigstens in Chirographa personarum celebrium. E collectione Christ. Theoph. de Murr. Missus I. duodecim tabularum. Vinariae, sumptibus novi Bibliopolii vulgo Landes-Industrie-Comtoir dicti 1804. gr. Folio hofft' ich Sachdienliches zu finden, ging aber leer aus.

Zwar wird (mir unbegreiflich) in einem neuern Büchlein: »Enthüllung der Hieroglyphen in dem Bienrodischen Abcbuche. Arnstadt, in Kommission bei Klüger 1807« ein Konrektor BienrodAm Namen Bienrod ist wirklich etwas Wahres, aber diese Lebensbeschreibung selber wird am besten zeigen, inwiefern der ganze Irrtum, der noch fortdauert, entstanden. in Wernigerode als Verfasser genannt; ob der gute Konrektor existiert hat (gestorben wär' er ohnehin schon jetzt), untersuch' ich gar nicht; aber daß er das Abcbuch nicht geschrieben, dazu braucht es weiter keines andern Beweises als mein Buch, welches historisch dartut, daß Fibel das Werk gemacht; daher ja eben später allen Abcbüchern der Name Fibel geworden, wie man etwa raffaelische Gemälde Raffaele nennt; wiewohl leider noch ganze gelehrte Knappschaften aus Unwissenheit über den Verfasser sagen die Fibel und es (fast zu lächerlich) von Fibula ableiten. Einen ähnlichen Fehler begingen wir jungen Leute sonst am verdienten und verdienenden Kirchenrat Seiler in Erlangen. Da nämlich das markgräfliche Konsistorium – gleichsam eine Royal Jennerians Society – mehrere seiner Werke, die Katechismen, den Bischofs-Extrakt aus der Bibel, die lateinische Dogmatik, den Fürstentümern Baireuth und Anspach, nämlich den Kindern darin, eingeimpft hatte: so hielten wir Impflinge, auf welcher Schulbank wir auch saßen, immer etwas Gedrucktes in der Hand, was wir unsern »Seiler« hießen. Als wir nun einmal nach der Schule mit unsern Seilern im Bücherriemen vor dem Posthause vorübergingen und vernahmen, unser Seiler stehe darin und bestelle Postpferde: so wollt' es keiner begreifen, wie der gedruckte Seiler am Leben sein und einen Geist haben könne, so daß wir alle so lange warteten, bis der ungedruckte herauskam und wirklich einstieg.

Um nun mit einem Manne bekannt zu werden und bekannt zu machen, mit einem Fibel, den ich früher gelesen als Bibel und Homer, versucht' ich viel ohne Erfolg. Mein gelehrter Briefwechsel deshalb ließ mich so leer, als ich war – Aus den öffentlichen Büchersälen ging ich so heraus, wie ich hineingekommen – Mehrere Mädchen- und Knabenschulmeister in Sachsen, die über Fibels Buch lesen ließen, standen noch leerer vor mir als ich – Der gelehrte Nicolai sagte, er wisse alles, ausgenommen dies – Herrn von Murr hab' ich schon genannt – Lessings Bruder in Schlesien versicherte mich, er wisse nicht, was sein eigner Bruder gewußt, nämlich davon – Ja ich stattete in Leipzig sogar zwei Mitarbeitern des vorigen literarischen Anzeigers, welche ich als hohle Köpfe (der eine hatte darin gegen mich gebollen, der andere gezischt) zu kennen glaubte, einen gelehrten Besuch ab, in der Voraussetzung, daß ausgeleerte ausgeweidete Seelen oft am besten vergrabne Schätze und Namen ans Licht, so wie leere Fässer, an versunknes Schiffgut angebunden, dasselbe aus dem Meere, aufziehen. Aber die Köpfe nahmen aus Einfalt die Frage für Spaß und krumm, so daß sie mich beinahe nicht auf die hergebrachte langsame Weise wollten die Treppen hinabgelangen lassen.

Die Sache mußte anders angefangen werden, nämlich fortgesetzt.

Ich faßte den Entschluß zu meinen gelehrten Reisen – wohl mehr gelehrte Aufenthalte – und hielt mich in Hof, Leipzig, Weimar, Meiningen, Koburg und Baireuth wie andere Einwohner auf. Mein Schluß war dieser: Kaufleute sind nicht bloß die Ausschnitthändler mit Büchern, auch mit Handschriften; ihr Gewölbe ist das Invaliden-Hospital abgedruckter Bücher und der Magnetbruch von anziehenden Papieren. Der Buchhandel hat sich vielleicht nie so stark als jetzt fast mit allen Handelszweigen verflochten, indem er überall die Tara festsetzt und der gemeinen Material-Materie erst ein Kleid geben muß. Da er sich aus den schmalen Buchläden so in die stolzen Kaufgewölbe aller Art gezogen: so ists kein Wunder, daß ein Buch, das sonst, nach der Verleger Klagen, mehr Leser als Käufer fand, jetzt in zwanglosen Heften mehr gekauft wird als sogar gelesen.

So läßt denn der Handelsmann seine Ladenkunden täglich Weisheit und Kunst – oder Licht- und Wärme-Stoff – also die größten Lose ziehen, mit beigefügter Lotterie-Prämie von Magen-Ware, die mancher fast dem gedruckten Gewinste vorzieht. Der Freund des Höhern findet hier gern den Belgier, Briten und Deutschen wieder, den Völker-Drilling, welcher das Himmlische vom Irdischen gebären und alles Göttliche ein Stück Fleisch werden lässet; so hat man auch von den Alten (den Vorgängern des Drillings) im HerkulanumStolbergs Reisen B. III. eine Sonnenuhr gefunden, die in die Form eines Schinkens (der Schweinschwanz wies die Stunden) eingekleidet gewesen.

Nun zurück zu den Kauf-Städten, in welchen ich nach Fibels Hand- und Druckschriften forschte. In Hof, wo der Handel sehr blüht, hatt' ich gelehrte Ausbeute in Materialhandlungen zu finden gehofft; aber sogar in Leipzig traf ich leichter alles Papier, selber Wiener, an, als Fibelsches. Natürlich war in Meiningen, Koburg, Baireuth, wo die Handelschaft und folglich die wissenschaftliche Makulatur viel weniger florieren, noch weniger zu erbeuten, und man mußte letztere mehr bei den Buchhändlern selber suchen.

Zum Glück fuhr ich auf meinen Reisen selten vor Landschulmeistern vorbei, ohne bei ihnen einzusprechen (oft mühsam genug – denn einmal im Sommer jagte ich einem eine Viertelmeile weit nach, bevor ich ihn endlich unter den Schweinen fand, deren Hirt er war) – und zwar tat ichs, um mir von jedem das Abcbuch zeigen zu lassen, worüber er im Winter las. Hier fand ich nun häufig auf der innern Seite des goldnen Abcbuchs-Deckel bald das Wort Fibel, bald Heiligengut geschrieben, bald mit griechischen Buchstaben, bald mit hebräischen, syrischen; – ja in einem stand mit arabischen. Fibel, Heiligengut. Ich zitiere meine Quellen – die diese Exemplare noch traktieren mit ihren Untergebnen –, nämlich die Herren Schulmeister in Münchberg, Hof, Schleiz, Planen, Posseck, desgleichen viele im alten Kursachsen. Ich dachte aber noch nichts, sondern stutzte.

Endlich traf sichs bei meiner Durchreise durch die Markgrafschaft Markgrafenlust, daß ich in der Hauptstadt gleichen Namens einem getauften Juden – der sich funfzehnmal, wiewohl ohne Erfolg, hatte taufen lassen, um durch die Menge des Taufwassers und die wiederholten Exorzismen sich reinzuwaschen – in die Hände geriet, als er eben eine verbotne Bücher-Versteigerung hielt. Sie bestand anfangs aus 135 Bänden jedes Formats und jeder Wissenschaft, aber sämtlich (zufolge des Titelblattes) von einem Verfasser namens Fibel geschrieben. Vierzigjährige Literatoren wie ich können nicht genug darüber erstaunen über ihre sämtliche Unkenntnis eines solchen vielbändigen Verfassers. Fast aus Zorn erstand ich, was abends noch zu haben war, was aber bloß folgendes betrug:

  1. Fibels Zufällige Gedanken von dem bishero so zweifelhaften wahren Ursprung der heutigen Reichs-Ritterschaft. 1753.
  2. Fibels Alphabetische Verzeichnus und Beschreibung der aus denen neuern Jauner-Actis und Listen gezognen Jauner, Mörder etc. Fol. Stuttgart 1746.
  3. Fibelii catalogus Bibliothecae Brühlianae. Fol. Dresdae 1750.
  4. Etat abrégé de la Cour de Saxe sous le Règne d'Auguste III, de Fibel. 1734.
  5. Fibels Erlangische gelehrte Anzeigen, Jahrgang 1749.
  6. Fibels Gründliche Ausführung derer dem Kurhause Bayern zustehenden Erbfolgs- und sonstigen Ansprüche auf Ungarn und Böhmen wie ingleichen auf das Erzherzogtum Österreich. Fol. München 1741.
  7. Fibels Ruhe des jetztlebenden Europa, dargestellt in Sammlung der neuesten Europäischen Friedensschlüsse von dem Utrechtischen bis auf 1726. Coburg 1726.
  8. Fibelii Nobilis territorio subjectus. Culmbach 1722.
  9. Fibelii Biblia. Tondern 1737.
  10. Lettres Turques de Fibel. A Amsterd. 1750.

Zwei Tage vorher hatte der Judenchrist Buchbinder bloß auf leere Bände bieten lassen, gleichsam auf ausgeleerte Pastetenrinden für neues Meßgefüllsel; einen Tag nachher wurde den Materialkrämern, denen weniger am kostbaren Marmorbande als am Inhalte (am Papier) gelegen war, dieser allein versteigert.

Der jüdische Wieder-Täufling sagte mir, er habe die Werke nicht aus der ersten Hand, sondern aus der letzten, welches ich – da die seinige die letzte war – auslegte, er habe sie durch die göttliche Hülfe des Diebs-Gottes Merkur bekommen. Er erklärte aber, er sei französischen Nachzüglern auf die Dörfer nachgezogen mit einem Packwägelchen, um in französischer Uniform – da er sein Äußeres so leicht veränderte als sein Inneres oder die Religion den Marodeurs das, was sie weniger gebrauchen als zerstören könnten, um zivilen Militär-Preis abzukaufen. Er nannte mir unter den passiven Raubnestern zufällig Heiligengut mit. Himmel! Fibel und Heiligengut standen ja schon in Höfer und Schleizer Abcbüchern arabisch; und konnte nicht der Verfasser von 135 Werken auch der vom 136ten sein, vom Abc? – Der Jude sollte mir noch das Übrige von Fibel zeigen; er hatte aber nichts mehr davon vorzuweisen als kostbare leere Band- oder Buchschalen, die er dem Hofbuchbinder aufgehoben. Dennoch sah ich darnach; und da fand ich nicht nur im ersten Bande noch anderthalb Ruinen Blätter, sondern unter diesen zum höchsten Erstaunen folgendes Titelblatt: »Curieuse und sonderbare Lebens-Historie des berühmten Herrn Gotthelf Fibel, Verfassern des neuen Markgrafluster, Fränkischen, Voigtländischen und Kur-Sächsischen Abc-Buchs, mit sonderbarem Fleiße zusammengetragen und ans Licht gestellt von Joachim Pelz, der heil. Gottesgelahrtheit Beflissenen. Erster Tomus, so desselbigen Fata im Mutterleibe enthält.«

Seid außer euch, ihr sämtlichen Literatoren dieser Zeit! –

– Und noch ganze 39 Bände waren da, welche den Teil seines Lebens nach der Geburt berührten, und in welchen oft über zwei bis dritthalb Bogen stehen geblieben. »Und welcher Höker erstand das Übrige darin?« fragt' ich. »Gar keiner«, sagte der Jude. Denn ach! die Marodeurs hatten die Lebensbeschreibung, diese herrliche historische Quelle für uns alle, zerschnitten und aus dem Fenster fliegen lassen und die besten Notizen sonst schlecht gebraucht. Aber zum Glücke für uns alle lasen (nach des Juden Aussage) die guten Heiligenguter alle übriggebliebenen Quellen auf und verschnitten sie zu Papierfenstern, Feldscheuen und zu allem – Daraus war immer etwas zu machen – wenigstens ein Buch aus den Vierzigern, welches nicht leicht aus den 40 französischen Generalpächtern und nicht immer aus den 40 geistigen der Akademisten zu destillieren war.

Ich kaufte dem Judenchristen leicht um den Ladenpreis die Erlaubnis ab, alles Gedruckte aus den Werken auszuziehen, nämlich auszureißen, sobald ich die Einbände verschonte. So setzt' ich mich instand, in folgender Lebensbeschreibung Kapitel, die aus ausgezogenen Blättern ausgezogen waren, gleichsam wie mit Judeneiden und Urkunden zu verbriefen, indem ich über ein solches setzte: Judas–Kapitel. Judas nämlich nennt sich unser wiedertäuferischer Judenchrist; denn er hatte seinen frühern jüdischen Namen Judas, welchen Ischariot der Verräter geführt, vertauscht gegen den christlichen Namen Judas, welcher bekanntlich als Apostel im Neuen Testamente mit seiner sehr kurzen Epistel St. Judä steht. Indes diese Namens-Assonanz oder Milchbrüderschaft mag wohl mehr, als man denkt, dazu beigeholfen haben, daß der ehrliche Judas immer von neuem nach Taufwasser durstig wurde, weil er sogleich, wenn er aus dem Taufbecken gesprungen und kaum abgetrocknet war, sich wieder in seine Simultankirche zweier Judasse verlor und Gütergemeinschaft mit altem und neuem Bunde als ein et Compagnie machen wollte. Und so wurd' ers gar nicht satt, sich zu bekehren.

Jetzt war wohl für mich fibelschen Lebensbeschreiber nichts in der Welt wichtiger, als mit meinen Trümmern von historischen Quellen in der Tasche schleunigst nach dem Geburtsdorfe Fibels abzureisen und mich da ein wenig anzusetzen, um wenigstens noch so viele aufzutreiben, als etwa nötig wären, um aus allen biographischen Papierschnitzeln geschickt jenen Luftballon zusammenzuleimen, welcher, sobald ich mein Feuer dazufüge, aufgeblasen und rund genug wird, um den unten darangehängten Helden Fibel (in Paris stieg zuerst nur ein Hahn gleich dem bekannten Fibelhahn empor) von der Erde in die Höhe und in den Himmel zu tragen.

Als ich in Heiligengut abstieg, so war es von höchster Importanz, daß ich mich sogleich an die Dorfjungen wandte und namentlich an die Schwein-, Schaf- und Gäns-Hirten darunter, um durch Personen unter ihnen, welche zu Kompilatoren der im Dorfe zerstreueten Quellen tüchtig waren, mir die nötigsten einfangen zu lassen. Ich sollte auch so glücklich werden, daß ich dieses ganze streifende corps diplomatique gewann und anwarb – ein Aufwand von Düten voll Heller durfte dabei nicht geachtet werden –, so daß ich die trefflichen barfüßigen Sammler nicht wie ein Forstmann nach Fichtenraupen und Maikäfern, sondern nach Kaffee-Düten, Heringspapieren und andern guten (Heiligenguter) Papieren ausschicken konnte. In wenigen Wochen war ich vermögend, gegenwärtiges Leben oder Buch anzufangen – in so außerordentlichem Grade wurd' ich von meiner nackten Pennypost unterstützt durch Fidibus, durch Stuhlkappen, Papier-Drachen und andere fliegende Blätter fiblischen Lebens (und mancher Wisch ist oft ein Kapitel stark), welche mir die Knaben-Knappschaft täglich einbrachte, daß ich also sofort anfangen und nach den eingebrachten papiernen Verkröpfungen gut das Kapitel benennen konnte; so ist z. B. schon das dritte Haubenmuster-Kapitel benannt und das vierte Leibchen-Muster.

So wäre denn nun wieder durch Gesamt-Wirkung vieler das entstanden, was man ein Werk nennt, eine Lebensbeschreibung durch Jungen, zwei Beschreiber und den Helden selber. Ja vielleicht stell' ich im kleinen persönlich eine große Académie des Inscriptions vor – weil die Jungen deren korrespondierende Mitglieder sind und ich zeitiger Präsident und beständiger Sekretär oder Erzschreinhalter –; oder ich bin, will ich jenes nicht, doch jene Gesellschaft in Edimburg persönlich, welche Ossians Überbleibsel sammelt und prüft.

Das folgende Buch ist demnach der treue Auszug aus den 40 bruchstücklichen Bänden des Christen-Judas und meiner Jünger, und das Dorf Heiligengut hebt sich zu einer biographischen Schneiderhölle voll zugeworfener Papier-Abschnitzel.

Ich bekenne letzlich gern, daß ich oft unter dem Benutzen und Überfärben der köstlichsten, aber unwahrscheinlichsten (von den Knaben gelieferten) Züge, auf welche schwer ein Dichter zu fallen wagt, unmoralische Stunden hatte, worin ich es beinahe bereuete, daß ich nicht das Ganze für mein eigenes Gemächt ausgegeben; denn ich fragte mich: welcher kann mich denn einen Plagiarius (Gedanken-Dieb oder Geistes-Räuber) schelten, da kein Beiträger nicht einmal lesen kann – – geschweige schreiben, ich meine meine Jungen?

Sonst was ich noch zu sagen hätte, wüßt' ich meines Wissens nicht.

Baireuth, den 7. Juni 1808

Jean Paul Fr. Richter


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