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405 | Ihm antwortete Priamos drauf, der göttliche Herrscher: Wenn du denn ein Genoß des Peleiaden Achilleus Bist; wohlan so verkünde mir ganz die lautete Wahrheit: Ob noch dort bei den Schiffen mein Sohn ist, oder Achilleus Schon in Stücke zerhaun den gierigen Hunden ihn vorwarf. |
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Wieder begann dagegen der tätige Argoswürger: |
415 | Reger Schwarm, der gierig erschlagene Männer verzehret. Immer zwar um das Grab des trautesten Freundes Patroklos Schleift er ihn mitleidslos, wann der heilige Morgen emporsteigt; Doch nicht schändet er ihn. Mit Bewunderung sähest du selber, Wie er so frisch und tauig, umher vom Blute gereinigt, |
420 | Daliegt, nirgend befleckt, und die Wunden sich alle geschlossen, Die ihn durchbohrt, so viel' auch das Erz auf jenen gezucket. Also walten des edelen Sohns die seligen Götter Dir im Tode sogar; denn geliebt war er jenen von Herzen. Jener sprach's; froh hörte der Greis, und erwiderte also: |
425 | Kind, wie gut, wenn der Mensch den Unsterblichen bringt die Geschenke Seiner Pflicht! So vergaß mein Sohn auch, ach da er lebte, Nie im Palast der Götter, die hoch den Olympos bewohnen; Drum gedenken sie sein auch selbst in des Todes Verhängnis. Aber wohlan, nimm jetzo von mir den stattlichen Becher, |
430 | Dann verleihe mir Schutz, und geleite mich hin mit den Göttern, Bis ich komm' ins Gezelt des Peleiaden Achilleus. Wieder begann dagegen der tätige Argoswürger: |
435 | Jenen scheu' ich im Herzen, und zittere, ihn zu berauben, Ehrfurchtsvoll, daß nicht ein Übel hinfort mir begegne. Gern dich brächt' ich indes bis selbst zur gepriesenen Argos, Sorgsam im rüstigen Schiff, und sorgsam zu Fuß dich geleitend; Keiner auch würd', achtlos des Geleitenden, wider dich annahn. |
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Also der Bringer des Heils, und ins Rossegeschirr sich erhebend, |
445 | Doch sie betaute mit Schlaf der bestellende Argoswürger All', und öffnete schleunig das Tor, wegdrängend die Riegel, Führte dann Priamos ein, und die schönen Geschenk' auf der Lastfuhr. Als sie nunmehr das Gezelt des Peleiaden erreichten, Welches hoch dem Beherrscher die Myrmidonen erbauet, |
450 | Zimmernd der Tannen Gebälk, und obenher es bedecket Mit grauwolligem Schilf, aus sumpfigen Wiesen gesammelt: Ringsum bauten sie dann den geräumigen Hof dem Beherrscher Dicht von gereiheten Pfählen, und nur ein tannener Riegel Hemmte die Pfort'; es schoben ihn vor drei starke Achaier, |
455 | Und drei schoben zurück den mächtigen Riegel des Tores, Anderer; nur Achilleus vermocht' allein ihn zu schieben: Jetzo öffnete schnell der Bringer des Heils Hermeias, Führte den Greis ins Geheg' und das edle Geschenk für Achilleus, Stieg dann herab vom Wagen zur Erd', und redete also: |
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Greis, dir bin ich hieher ein unsterblicher Gott gekommen, |
465 | Geh du hinein, und die Kniee des Peleionen umfassend, Flehe bei seinem Vater ihn an, und der lockigen Mutter, Und dem geliebtesten Sohne; damit du das Herz ihm erregest. Dieses gesagt, nun eilte hinweg zum hohen Olympos |
470 | Ließ dann Idäos im Hofe zurück, daß bleibend der Herold Ross' und Mäuler bewahrt', und eilte gerad' in die Wohnung, Dort wo Achilleus saß, der Göttliche. Jenen daheim nun Fand er; es saßen getrennt die Seinigen; aber allein zween, Held Automedon nur, und Alkimos, Sprößling des Ares, |
475 | Dieneten jenem gesellt; er ruhete kaum von der Mahlzeit, Satt der Speis' und des Tranks, und vor ihm stand noch die Tafel. Ein nun ging unbemerkt Held Priamos, und ihm genahet Stand er, umschlang dem Peleiden die Knie', und küßt ihm die Hände, Ach die entsetzlichen Würger, die viel der Söhn' ihm gemordet! |
480 | Wie wenn ein Mann, belastet mit Blutschuld, der in der Heimat Einen Bürger erschlug, zum anderen Volke sich rettet, In des Begüterten Haus, und erstaunt ihn jeder betrachtet: Also staunt' Achilleus, den göttlichen Priamos schauend. Auch die übrigen staunten, und sahn einander ins Antlitz. |
485 | Aber flehend begann der erhabene Priamos also:
Deines Vaters gedenk', o göttergleicher Achilleus, |
490 | Aber doch, wann jener von dir dem Lebenden höret, Freut er sich innig im Geist, und hofft von Tage zu Tage, Wiederzusehn den trautesten Sohn, heimkehrend von Troja. Ich unglücklicher Mann! die tapfersten Söhn' erzeugt' ich Weit in Troja umher, und nun ist keiner mir übrig! |
495 | Fünfzig hatt' ich der Söhn', als Argos Menge daherzog: Ihrer neunzehn wurden von einer Mutter geboren, Und die anderen zeugt' ich mit Nebenfraun im Palaste. Vielen davon zwar löste der stürmende Ares die Glieder; Doch der mein einziger war, der die Stadt und uns alle beschirmte, |
500 | Diesen erschlugst du jüngst, da er kämpfte den Kampf für die Heimat, Hektor! Für ihn nun komm' ich herab zu den Schiffen Achaias, Ihn zu erkaufen von dir, und bring' unendliche Lösung. Scheue die Götter demnach, o Peleid', und erbarme dich meiner, Denkend des eigenen Vaters! ich bin noch werter des Mitleids! |
505 | Duld' ich doch, was keiner der sterblichen Erdebewohner: Ach zu küssen die Hand, die meine Kinder getötet! Sprach's, und erregt' in jenem des Grams Sehnsucht um den Vater; |
510 | Weinete laut, vor den Füßen des Peleionen sich windend: Aber Achilleus weinte den Vater jetzo, und wieder Seinen Freund; es erscholl von Jammertönen die Wohnung. Aber nachdem sich gesättigt des Grams der edle Achilleus, Und aus der Brust ihm entfloh der Wehmut süßes Verlangen; |
515 | Sprang er vom Sessel empor, bei der Hand den Alten erhebend, Voll Mitleids mit dem grauenden Haupt, und dem grauenden Barte; Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte: Armer, fürwahr viel hast du des Wehs im Herzen erduldet! |
520 | Jenem Mann vor die Augen, der dir so viel und so tapfre Söhn' erschlug! Du trägst ja ein eisernes Herz in dem Busen! Aber wohlan, nun setz' auf den Sessel dich; laß uns den Kummer Jetzt in der Seel' ein wenig beruhigen, herzlich betrübt zwar. Denn wir schaffen ja nichts mit unserer starrenden Schwermut. |
525 | Also bestimmten die Götter der elenden Sterblichen Schicksal, Bang' in Gram zu leben; allein sie selber sind sorglos. Denn es stehn zwei Fässer gestellt an der Schwelle Kronions, Voll das eine von Gaben des Wehs, das andre des Heiles. Wem nun vermischt austeilet der donnerfrohe Kronion, |
530 | Solcher trifft abwechselnd ein böses Los, und ein gutes. Wem er allein des Wehs austeilt, den verstößt er in Schande; Und herznagende Not auf der heiligen Erde verfolgt ihn, Daß, nicht Göttern geehrt noch Sterblichen, bang' er umherirrt. Also verliehn zwar Peleus die ewigen glänzende Gaben |
535 | Seit der Geburt; denn hoch vor allen Menschen gesegnet Ragt' er an Hab' und Macht, der Myrmidonen Beherrscher; Ja dem sterblichen Manne vermähleten jene die Göttin. Aber auch Unheil gab ihm ein Himmlischer; denn er versagt' ihm Edle Söhn' im Palaste gezeugt zu künftiger Herrschaft. |
540 | Einen Sohn nur zeugt' er, der früh hinwelkt, und sogar nicht Pflegen des Alternden kann; denn weit entfernt von der Heimat Sitz' ich in Troja hier, dich selbst und die Deinen betrübend. Dich auch priesen, o Greis, vordem glückselig die Völker: Alles, was Lesbos dort, des Makars Insel, begrenzet, |
545 | Phrygia dort, und hier der unendliche Hellespontos, Das beherrschest du, Greis, durch Macht und Söhne verherrlicht. Aber nachdem dies Leid dir gesandt die Uranionen, Tobt dir stets um die Mauern von Schlacht und Männerermordung. Duld' es, und jammere nicht so unablässig im Herzen; |
550 | Denn doch nichts gewinnst du, um deinen Sohn dich betrübend, Noch erweckest du ihn; eh' schaffst du dir anderen Kummer! Ihm antwortete Priamos drauf, der göttliche Herrscher: |
555 | Daß ich mit Augen ihn seh', und du empfahe die Lösung, Reichliche, die wir gebracht. Du geneuß des Gutes, und kehre Heim in das Vaterland, nachdem du zuerst mir vergönnet, Lebend annoch zu schauen das Licht der strahlenden Sonne. Finster schaut' und begann der mutige Renner Achilleus: |
560 | Nicht mehr jetzt mich gereizet, o Greis! Ich gedenke ja selber, Hektor dir zu erlassen; denn Zeus entsandte mir Botschaft, Meine Gebärerin Thetys, erzeugt vom alternden Meergott. Auch erkenn' ich im Geist, o Priamos, ohne zu zweifeln, Daß ein Gott dich geführt zu dem hurtigen Schiffen Achaias. |
565 | Denn nicht wagt' es fürwahr ein Sterblicher, wär' er auch Jüngling, Her ins Lager zu kommen; auch nie entschlich' er den Wächtern, Noch eröffnet' er leicht die Riegel unserer Tore. Drum laß ab, noch mehr mein bekümmertes Herz zu erregen; Denn sonst möcht' ich, o Greis, auch dein nicht schonen im Zelte, |
570 | Wie demütig du flehst, und Zeus' Gebote verletzen.
Jener sprach's; bang' hört' es der Greis, und gehorchte der Rede. |
575 | Ehrete Peleus' Sohn, nach dem abgeschiednen Patroklos. Und sie entlösten dem Joch die Rosse zugleich und die Mäuler; Dann herein auch führend des Königes tönenden Herold, Setzten sie ihn auf dem Sessel; und drauf vom zierlichen Wagen Huben sie Hektors Lösegeschenk, unendliches Wertes. |
580 | Zween nur ließ man der Mäntel, und einen köstlichen Leibrock, Daß er die Leich' in Gewande gehüllt dargäbe zur Heimfahrt. Jener berief die Mägd', und hieß sie waschen und salben Hektors Leib, doch entfernt, und ungesehn von dem Vater; Daß nicht tobte der Zorn in Priamos' traurender Seele, |
585 | Schaut' er den Sohn, und eifernd Achilleus' Herz er erregte, Daß ihn selbst er erschlüg', und Zeus' Gebote verletzte. Als nunmehr ihn gewaschen die Mägd' und mit Öle gesalbet, Dann mit dem köstlichen Mantel ihn wohl umhüllt, und dem Leibrock; Hub ihn Achilleus selbst auf ein hingebreitetes Lager; |
590 | Und ihn erhoben die Freund' auf den zierlichen Wagen der Mäuler. Jener nunmehr wehklagt', und rief dem teuren Genossen: Zürne mir nicht, Patroklos, noch eifere, hörest du etwa |
595 | Dir auch weih' ich davon zum Geschenk ein gebührendes Anteil. |